Zweifelsfragen zur Übertragung und Überführung von einzelnen Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 EStG
Bezug: BStBl 2011 I S. 1279
Bezug: BStBl 2013 I S. 1164
Zur Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom (BGBl 2001 I S. 3858, BStBl 2002 I S. 35), zuletzt geändert durch das Jahressteuergesetz 2010 vom (BGBl 2010 I S. 1768), nehme ich nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung:
I. Überführung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG
1 Bei der Überführung eines einzelnen Wirtschaftsguts nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG handelt es sich um eine Entnahme i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG aus dem abgebenden Betriebsvermögen und um eine Einlage i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG bei dem aufnehmenden Betriebsvermögen (vgl. BStBl 2005 I S. 1019, Rdnr. 10), deren Bewertungen abweichend von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 EStG in § 6 Abs. 5 EStG geregelt sind.
1. Persönlicher Anwendungsbereich
2 Überführender i. S. v. § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist grundsätzlich jede unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtige natürliche Person, die mehrere Betriebe unterhält. Es können aber auch Erbengemeinschaften und eheliche Gütergemeinschaften mit mehreren eigenen Betriebsvermögen unter den Anwendungsbereich der Sätze 1 und 2 fallen. Da eine Körperschaft i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG und eine Personengesellschaft steuerlich immer nur einen Betrieb führen können, steht der Körperschaft als Mitunternehmer (über § 8 Abs. 1 KStG) oder der (doppelstöckigen) Personengesellschaft regelmäßig nur der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG offen.
2. Sachlicher Anwendungsbereich
3 Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG müssen einzelne Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert angesetzt werden, wenn sie aus einem (Sonder-)Betriebsvermögen in ein anderes Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt werden, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei dem zu überführenden Wirtschaftsgut um ein Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens handelt. Das zu überführende Wirtschaftsgut kann auch eine wesentliche Betriebsgrundlage des abgebenden Betriebsvermögens sein. Bei der Überführung von Wirtschaftsgütern ist die gleichzeitige Übernahme von Verbindlichkeiten unschädlich.
4 In den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG fallen auch selbst geschaffene nicht bilanzierungsfähige immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (§ 5 Abs. 2 EStG) und im Sammelposten erfasste Wirtschaftsgüter (vgl. BStBl 2010 I S. 755), sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist (siehe auch Rdnr. 24).
5 Das Betriebs- oder Sonderbetriebsvermögen, in das das Wirtschaftsgut überführt wird, muss nicht bereits vor der Überführung bestanden haben, sondern es kann auch erst durch die Überführung des Wirtschaftsguts entstehen. Das abgebende und aufnehmende Betriebsvermögen muss nicht derselben Einkunftsart (§§ 13, 15, 18 EStG) zuzuordnen sein.
A und B sind zu jeweils 50 % an der AB-OHG beteiligt. Die AB-OHG betreibt eine Metzgerei. Im Sonderbetriebsvermögen des A befindet sich ein Verkaufswagen, mit dem die AB-OHG ihre Waren auf Wochenmärkten verkauft. Diesen Wagen vermietet A an die AB-OHG für ein monatliches Entgelt. Die AB-OHG stellt den Verkauf auf den Wochenmärkten ein. A will nun diesen Wagen im Rahmen eines im eigenen Namen neu gegründeten Einzelunternehmens zum Fischverkauf einsetzen.
Lösung:
Der Verkaufswagen ist nunmehr dem Betriebsvermögen des neu gegründeten Einzelunternehmens des A zuzurechnen. Die Überführung aus dem Sonderbetriebsvermögen des A bei der AB-OHG in das Betriebsvermögen des Einzelunternehmens muss nach § 6 Abs. 5 Satz 2 EStG zum Buchwert erfolgen.
6 Der Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG steht nicht entgegen, dass mehrere Wirtschaftsgüter zeitgleich überführt werden. Dabei ist es unschädlich, wenn die überführten Wirtschaftsgüter einen Betrieb, Teilbetrieb bilden oder es sich insgesamt um einen Mitunternehmeranteil handelt.
7 Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven bedeutet, dass im Zeitpunkt der späteren Veräußerung auch diejenigen stillen Reserven zu besteuern sind, die sich in dem überführten Wirtschaftsgut zeitlich erst nach der Überführung gebildet haben (also Besteuerung auch der künftigen stillen Reserven). Eine Sicherstellung der Besteuerung der stillen Reserven liegt deshalb unter anderem dann nicht vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zugeordnetes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zugeordnet wird (§ 6 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG).
II. Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG
8 Bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten handelt es sich als eine Spezialform des Tauschs um einen Veräußerungsvorgang (tauschähnlicher Vorgang), dessen Bewertung abweichend von den allgemeinen Grundsätzen zwingend zum Buchwert vorzunehmen ist (§ 6 Abs. 6 Satz 4 EStG). Die unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG stellt hingegen eine Entnahme dar (vgl. Rdnr. 1).
1. Persönlicher Anwendungsbereich
9 Übertragender i. S. v. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG ist ein Mitunternehmer, der neben seiner Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft mindestens einen weiteren Betrieb unterhält, oder dem Sonderbetriebsvermögen bei derselben Mitunternehmerschaft oder einer weiteren Mitunternehmerschaft zuzurechnen ist; bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft kann Mitunternehmer der Tochterpersonengesellschaft auch die Mutterpersonengesellschaft (Mitunternehmerschaft) und der Mitunternehmer der Mutterpersonengesellschaft sein. Bei Mitunternehmerschaften ohne Gesamthandsvermögen, z. B. atypisch stillen Gesellschaften und Ehegatten-Mitunternehmerschaften in der Land- und Forstwirtschaft, gelten § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG entsprechend. Auch für eine Körperschaft i. S. d. KStG gelten über § 8 Abs. 1 KStG die Regelungen des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG. Bei Übertragungen unter Beteiligung einer Kapitalgesellschaft sind die Regelungen zur verdeckten Gewinnausschüttung und zur verdeckten Einlage zu beachten ( BStBl 2006 II S. 457).
2. Sachlicher Anwendungsbereich
10 Nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG müssen einzelne Wirtschaftsgüter mit dem Buchwert angesetzt werden, wenn diese
aus dem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten oder unentgeltlich (Nr. 1),
aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft und umgekehrt gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten oder unentgeltlich (Nr. 2),
aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen bei einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist, und umgekehrt gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten oder unentgeltlich (Nr. 2),
unentgeltlich aus einem Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers in das Sonderbetriebsvermögen eines anderen Mitunternehmers bei derselben Mitunternehmerschaft, (Nr. 3),
übertragen werden und die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei dem zu übertragenden Wirtschaftsgut um ein Wirtschaftsgut des Anlage- oder Umlaufvermögens handelt. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG gilt auch, wenn es sich bei dem zu übertragenden Wirtschaftsgut um eine wesentliche Betriebsgrundlage des abgebenden Betriebsvermögen handelt.
11 Für den Zeitpunkt der Übertragung ist aus steuerlicher Sicht immer die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO) maßgeblich.
12 Die Rdnrn. 4, 5, 6 Satz 1 und 7 gelten bei der Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG entsprechend (siehe auch Rdnr. 24). Vorrangig sind jedoch die Vorschriften des § 6 Abs. 3 EStG oder § 24 UmwStG anzuwenden, wenn die dortigen Voraussetzungen erfüllt sind. Dies ist insbesondere bei der gleichzeitigen Übernahme von Verbindlichkeiten der Fall.
13 § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG regelt nicht die Übertragungen von Wirtschaftsgütern aus dem Privatvermögen in das Gesamthandsvermögen und umgekehrt (vgl. BStBl 2000 I S. 462). Für die Übertragung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft gelten die Grundsätze des (BStBl 2011 I S. 713).
3. Unentgeltliche Übertragung oder Übertragung gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten
14 § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 und 2 EStG ist anzuwenden, soweit die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten erfolgt; § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG ist anzuwenden, soweit die Übertragung unentgeltlich erfolgt. Ob eine Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten vorgenommen wird, richtet sich auch nach den Grundsätzen des (BStBl 2011 I S. 713).
a) Unentgeltlichkeit
15 Die Übertragung eines Wirtschaftsguts erfolgt unentgeltlich, soweit keine Gegenleistung hierfür erbracht wird. Eine Gegenleistung kann sowohl durch die Hingabe von Aktiva als auch durch die Übernahme von Passiva (z. B. Verbindlichkeiten) erfolgen. In diesen Fällen ist die Übertragung des Wirtschaftsguts nicht vollumfänglich unentgeltlich. Die Übernahme von Verbindlichkeiten stellt wirtschaftlich gesehen ein (sonstiges) Entgelt dar. Ob eine teilentgeltliche Übertragung vorliegt, ist nach den Grundsätzen der sog. „Trennungstheorie” anhand der erbrachten Gegenleistung im Verhältnis zum Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts zu prüfen. Liegt die Gegenleistung unter dem Verkehrswert, handelt es sich um eine teilentgeltliche Übertragung, bei der der unentgeltliche Teil nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zum Buchwert zu übertragen ist. Hinsichtlich des entgeltlichen Teils der Übertragung liegt eine Veräußerung des Wirtschaftsguts vor und es kommt insoweit zur Aufdeckung der stillen Reserven des Wirtschaftsguts (vgl. BStBl 2002 II S. 420).
A und B sind zu jeweils 50 % an der AB-OHG beteiligt. In seinem Einzelunternehmen hat A einen PKW mit einem Buchwert von 1.000 €. Der Verkehrswert des PKW beträgt 10.000 €. Zudem hat A eine Verbindlichkeit bei der Bank des PKW-Herstellers i. H. v. 3.000 €. A überträgt den PKW nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen der AB-OHG. Dabei übernimmt die AB-OHG auch das Darlehen.
Lösung:
Es handelt sich um eine teilentgeltliche Übertragung des PKW. Der entgeltliche Anteil liegt durch die Übernahme der Verbindlichkeit bei 30 % (3.000 € von 10.000 €), der unentgeltliche Anteil bei 70 %. Im Einzelunternehmen des A werden durch die teilentgeltliche Übertragung stille Reserven i. H. v. 2.700 € (3.000 € abzgl. 30 % des Buchwerts = 300 €) aufgedeckt. Die AB-OHG muss den PKW mit 3.700 € (3.000 € zzgl. 70 % des Buchwerts = 700 €) auf der Aktivseite und die Verbindlichkeit mit 3.000 € auf der Passivseite im Gesamthandsvermögen bilanzieren.
b) Gesellschaftsrechte
16 Für die Entscheidung, ob eine Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 und 2 EStG gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten erfolgt, ist maßgeblich auf den Charakter des in diesem Zusammenhang angesprochenen Kapitalkontos des Gesellschafters abzustellen. Zur Abgrenzung zwischen Eigenkapital- und Darlehenskonten des Gesellschafters wird auf das BStBl 2009 II S. 272) sowie auf das (BStBl 1997 I S. 627) verwiesen.
Der Buchwert des PKW beträgt 1.000 € (Verkehrswert 10.000 €). Von der AB-OHG wurden keine Verbindlichkeiten übernommen. A überträgt den PKW in das Gesamthandsvermögen der AB-OHG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten i. H. v. 1.000 € (Buchung auf dem Kapitalkonto I des A) und Buchung auf dem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto i. H. v. 9.000 €. Die OHG setzt den PKW mit 10.000 € in ihrem Gesamthandsvermögen an.
Lösung:
Die nur teilweise Buchung über ein Gesellschaftsrechte vermittelndes Kapitalkonto führt insgesamt zu einem entgeltlichen Vorgang. Die Übertragung des PKW muss gleichwohl zwingend mit dem Buchwert angesetzt werden, weil die Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt ist (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG). Ist mit der Übertragung eine Änderung der Gewinnverteilung und der Beteiligung am Liquidationserlös verbunden, haben sowohl A als auch B zum Zwecke der Erfolgsneutralität des Vorgangs eine negative Ergänzungsbilanz aufzustellen. In den übrigen Fällen sind nach § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven in vollem Umfang dem Einbringenden A zuzuordnen.
4. Einzelfälle zu Übertragungen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG
a) Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG
17 § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG regelt ausschließlich die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter zwischen dem Betriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft, an der der Übertragende beteiligt ist oder umgekehrt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Für die Übertragung eines Wirtschaftsguts nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Betriebsvermögen des Mitunternehmers und umgekehrt ist die Buchwertfortführung nicht auf den ideellen Anteil des Mitunternehmers am Wirtschaftsgut des Gesamthandsvermögens begrenzt; § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG ist zu beachten (siehe auch Rdnr. 31).
Vater V und Sohn S betreiben eine land- und forstwirtschaftliche GbR. Zum scheidet V in der Form aus der GbR aus, dass er nur die wesentlichen Betriebsgrundlagen (Grund- und Boden, Hofstelle), die sich in seinem Sonderbetriebsvermögen befinden, behält. Das gesamte Gesamthandsvermögen erhält hingegen S, der das land- und forstwirtschaftliche Unternehmen als Einzelunternehmen fortführt. V verpachtet die wesentlichen Betriebsgrundlagen (Grund- und Boden, Hofstelle) an S und übt gleichzeitig das Verpächterwahlrecht (R 16 Abs. 5 EStR 2008) aus.
Lösung:
Es handelt sich nicht um einen Fall der steuerneutralen Realteilung i. S. v. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG, weil S das nämliche Unternehmen in unveränderter Weise fortführt und es somit begrifflich an der erforderlichen Betriebsaufgabe fehlt. Es liegt auch kein Fall des § 6 Abs. 3 EStG vor, da V zwar seinen gesamten Anteil am Gesamthandsvermögen auf S übertragen, jedoch seinen Anteil am Sonderbetriebsvermögen zurückbehalten hat. Das zurückbehaltene Sonderbetriebsvermögen gehört infolge der Auflösung der Mitunternehmerschaft nicht mehr zum Betriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft. Bei der Übertragung der Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens von der land- und forstwirtschaftlichen GbR in das Betriebsvermögen des Einzelunternehmens hat S jedoch nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG zwingend die Buchwerte der Wirtschaftsgüter fortzuführen, wenn er im Rahmen der Übertragung keine Verbindlichkeiten übernommen hat.
b) Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG
18 § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG regelt ausschließlich die Übertragung zwischen dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der der Übertragende beteiligt ist oder umgekehrt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Die unmittelbare Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern zwischen den Gesamthandsvermögen von Schwesterpersonengesellschaften stellt hingegen keinen Anwendungsfall des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG dar und ist somit nicht zu Buchwerten möglich ( BStBl 2010 II S. 471); dies gilt selbst dann, wenn es sich um beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaften handelt. [1] Die Buchwertfortführung kann in diesen Fällen auch nicht nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG erfolgen, da es sich um einen Übertragungsvorgang mit Rechtsträgerwechsel handelt und nicht um einen Überführungsvorgang ( BStBl 2006 I S. 228, Tz. IV.1.).
19 Bei einer Kettenübertragung eines Wirtschaftsguts zwischen zwei Mitunternehmerschaften, bei der das zu übertragende Wirtschaftsgut in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zunächst vom Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft in das Sonderbetriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft und anschließend ins Gesamthandsvermögen der anderen (Schwester-)Mitunternehmerschaft übertragen wird, ist zu prüfen, ob der Buchwertfortführung die Gesamtplanrechtsprechung oder andere missbräuchliche Gestaltungen i. S. d. § 42 AO entgegen stehen.
20 Durch die Rückkehr zur gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise bei Anwendung des § 6b EStG für Veräußerungen nach dem können nach § 6b EStG begünstigte Wirtschaftsgüter von einer Mitunternehmerschaft verkauft und (gleichzeitig) der Gewinn bei der erwerbenden Mitunternehmerschaft über §§ 6b, 6c EStG im Rahmen der Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter übertragen werden, soweit die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieser Wirtschaftsgüter anteilig dem Mitunternehmer der anschaffenden Gesellschaft zuzurechnen sind und soweit der begünstigte Gewinn anteilig auf diesen Mitunternehmer entfällt (R 6b.2 Abs. 7 EStR 2008). Eine vollständige Gewinnübertragung nach §§ 6b, 6c EStG ist möglich, wenn dieselben Mitunternehmer an beiden Mitunternehmerschaften in demselben Beteiligungsverhältnis beteiligt sind.
c) Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG
21 § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG regelt ausschließlich die Übertragung zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist.
Vater V und Sohn S betreiben eine land- und forstwirtschaftliche GbR. Zum scheidet V aus der GbR aus. Im Rahmen der Aufgabe der land- und forstwirtschaftlichen GbR erhält S zusätzlich zu den gesamten Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens auch die im Sonderbetriebsvermögen des V stehende Hofstelle. Den Grund und Boden überträgt V nicht auf S.
Lösung:
Die Übertragung der Hofstelle vom V auf S kann nicht zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG erfolgen, da durch das Ausscheiden des V und die sich dadurch ergebende Anwachsung des Anteils auf S zu einem Einzelunternehmen die GbR beendet und somit eine Übertragung zwischen zwei Sonderbetriebsvermögen (des V und des S) begrifflich nicht mehr möglich ist. Die in der Hofstelle enthaltenen stillen Reserven sind daher aufzudecken. Soweit die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens in das Einzelunternehmen des S übertragen werden, gelten die Ausführungen zu Beispiel 3.
Vor seinem Ausscheiden überträgt V die Hofstelle aus seinem Sonderbetriebsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen des S. Zum scheidet V dann aus der GbR aus und S erhält die gesamten Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens. Den Grund und Boden überträgt V nicht auf S.
Lösung:
Die Übertragung der Hofstelle vom V auf S erfolgt zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG vom Sonderbetriebsvermögen des V in das Sonderbetriebsvermögen des S. Durch das Ausscheiden des V zum wird die GbR beendet. Soweit die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens in das Einzelunternehmen des S übertragen werden, gelten die Ausführungen zu Beispiel 3.
III. Einzelheiten zu § 6 Abs. 5 Satz 4 bis 6 EStG
1. Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG und rückwirkender Ansatz des Teilwerts
22 Der zwingende Buchwertansatz bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG ist beim Übernehmer zur Vermeidung von missbräuchlichen Gestaltungen mit einer sog. Sperrfrist verknüpft (§ 6 Abs. 5 Satz 4 EStG). Der Übernehmer darf innerhalb der Sperrfrist das übertragene Wirtschaftsgut weder aus dem Betriebsvermögen entnehmen noch veräußern; ansonsten wird rückwirkend auf das Ereignis der Übertragung der Teilwert für das Wirtschaftsgut angesetzt. Die Sperrfrist endet drei Jahre nach Abgabe der Steuererklärung des Übertragenden für den Veranlagungs-/Feststellungszeitraum der Übertragung. Wurde keine Steuer-/Feststellungserklärung abgegeben, endet die Sperrfrist mit Ablauf des sechsten Jahres, das auf den Veranlagungs-/Feststellungszeitraum der Übertragung folgt.
23 Keine Verletzung der Sperrfrist (§ 6 Abs. 5 Satz 4 EStG) liegt vor, wenn die einer Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nachfolgende Übertragung ebenfalls wieder unter § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG fällt und damit auch zwingend zum Buchwert vorzunehmen ist, wenn bei einer Realteilung für die übertragenen Wirtschaftsgüter eine neue Sperrfrist ausgelöst wird oder wenn das Wirtschaftsgut aufgrund höherer Gewalt (Zerstörung, Untergang, etc.) aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist. Die Sperrfrist wird durch jede nachfolgende Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG neu ausgelöst und tritt somit an die Stelle der bisherigen Sperrfrist. Bei einer nachfolgenden Überführung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG liegt ebenfalls keine Verletzung der Sperrfrist vor; allerdings läuft hier die ursprüngliche Sperrfrist weiter, da eine Überführung keine neue Sperrfrist auslösen kann. Im Fall einer Veräußerung oder Entnahme innerhalb der Sperrfrist ist der Teilwert rückwirkend auf den Zeitpunkt der letzten Übertragung anzusetzen. Eine „fiktive” Entnahme i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG oder eine „fiktive” Veräußerung i. S. v. § 12 Abs. 1 KStG innerhalb der Sperrfrist führt ebenfalls zum rückwirkenden Ansatz des Teilwerts auf den Übertragungsstichtag i. S. v. § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG.
24 Bei der Übertragung selbst geschaffener nicht bilanzierungsfähiger immaterieller Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (§ 5 Abs. 2 EStG) und von im Sammelposten erfassten Wirtschaftsgütern (§ 6 Abs. 2a EStG) muss die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt sein.
A und B sind Mitunternehmer der AB-OHG. In 01 schafft sich A für seine Tätigkeit bei der AB-OHG einen Schreibtisch (AK 900 €) und einen Stuhl (AK 400 €) an. Diese Wirtschaftsgüter erfasst er im Sammelposten 01 in seinem Sonderbetriebsvermögen bei der AB-OHG. In 03 benötigt B diese Wirtschaftsgüter für seine Tätigkeit bei der AB-OHG. Die Übertragung von A auf den B erfolgt unentgeltlich.
Lösung:
Die Übertragung des Schreibtisches und des Stuhls vom Sonderbetriebsvermögen des A in das Sonderbetriebsvermögen des B bei der AB-KG führt nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven (§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG), da diese unentgeltlich erfolgt. Die Wirtschaftsgüter sind nun dem Sonderbetriebsvermögen des B zuzurechnen und entsprechende stille Reserven sind dort steuerverstrickt. Gleichwohl werden die Wirtschaftsgüter nicht aus dem Sammelposten 01 im Sonderbetriebsvermögen des A ausgebucht. Dieser wird regulär über 5 Jahre aufgelöst.
Entsprechendes gilt, wenn der Steuerpflichtige von der Regelung des R 14 Abs. 2 EStR 2008 für das übertragene Feldinventar, die stehende Ernte und die nicht zum Verkauf bestimmten Vorräte Gebrauch gemacht hat.
25 Der mit der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG verbundene rückwirkende Ansatz des Teilwerts für das veräußerte Wirtschaftsgut wird ausschließlich einheitlich angewendet, d. h. bei einer vorherigen Übertragung auf eine Gesamthand wird der rückwirkende Ansatz des Teilwerts in voller Höhe vorgenommen und nicht nur für den Anteil des Wirtschaftsguts, der auf neue Mitunternehmer der Gesamthand übergegangen ist.
A und B sind zu jeweils 50 % an der landwirtschaftlichen AB-GbR beteiligt. Neben der AB-GbR betreibt A noch ein landwirtschaftliches Einzelunternehmen. A überträgt aus seinem Einzelunternehmen eine Maschine in das Gesamthandsvermögen der AB-GbR. Die Maschine wird nach einem halben Jahr von der AB-GbR an einen fremden Dritten veräußert.
Lösung:
Die Übertragung der Maschine aus dem Einzelunternehmen des A in das Gesamthandsvermögen der AB-GbR erfolgt zunächst nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG zum Buchwert. Bei einer Veräußerung innerhalb der dreijährigen Sperrfrist (§ 6 Abs. 5 Satz 4 EStG) muss rückwirkend auf den Tag der Übertragung der Teilwert der Maschine angesetzt werden. Der Entnahmegewinn fällt beim Einzelunternehmen des A an. Der Teilwert ist in voller Höhe rückwirkend anzusetzen und nicht lediglich für den hälftigen Anteil an der Maschine, der durch die Übertragung auch dem B zuzurechnen ist.
26 Ein rückwirkender Ansatz des Teilwerts erfolgt nicht, wenn die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven durch Erstellung einer Ergänzungsbilanz dem übertragenden Mitunternehmer zugeordnet werden. Hierdurch ist sichergestellt, dass die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven in der Person des übertragenden Mitunternehmers – wie in Beispiel 6 – versteuert werden.
Trotz Erstellung einer Ergänzungsbilanz ist nach R 6.15 EStR 2008 ein sofortiger (rückwirkender) Ansatz des Teilwerts im Übertragungszeitpunkt vorzunehmen, wenn durch die Übertragung keine Änderung des Anteils des übertragenden Gesellschafters an dem übertragenen Wirtschaftsgut eingetreten ist, aber das Wirtschaftsgut einem anderen Rechtsträger zuzuordnen ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn ein Wirtschaftsgut aus einem Betriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft übertragen wird, an deren Vermögen der Übertragende zu 100 % beteiligt ist.
An einer KG ist A zu 100 % und eine GmbH zu 0 % beteiligt. A überträgt aus seinem Einzelunternehmen ein unbebautes Grundstück (Buchwert 100.000 €, Teilwert 500.000 €) in das Gesamthandsvermögen der KG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten. Die KG setzt das unbebaute Grundstück mit dem Teilwert in ihrer Gesamthandsbilanz an; zum Zwecke der Erfolgsneutralität des Vorgangs wird für A eine negative Ergänzungsbilanz mit einem Minderwert des unbebauten Grundstücks von 400.000 € ausgewiesen. Das unbebaute Grundstück wird nach einem Jahr von der KG an einen fremden Dritten veräußert.
Lösung:
Auf den Tag der Übertragung ist der Teilwert des Grundstücks anzusetzen. A versteuert somit – wie auch durch die Erstellung der Ergänzungsbilanz sichergestellt – die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven (400.000 €). Die Versteuerung erfolgt jedoch nicht erst im Veräußerungs-, sondern schon im Übertragungszeitpunkt. Sofern A § 6b EStG anwenden will, ist somit für die Sechs-Jahres-Frist i. S. d. § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG auf den Übertragungszeitpunkt abzustellen.
27 Ob die dreijährige Sperrfrist eingehalten worden ist, kann regelmäßig nur das Finanzamt des Übernehmers erkennen. Stellt dieses fest, dass das übertragene Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist vom Übernehmer entnommen oder veräußert wurde, muss es dieses Ereignis dem Finanzamt des Übertragenden mitteilen. Dieses Finanzamt muss dann prüfen, ob rückwirkend der Teilwert anzusetzen und deshalb die Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 AO zu ändern ist. Die entsprechenden Änderungen beim Übernehmer hat das für die Besteuerung zuständige Finanzamt ebenfalls nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorzunehmen, z. B. eine höhere Abschreibungsbemessungsgrundlage für das übertragene Wirtschaftsgut.
Im April 06 übertragen die Mitunternehmer A und B jeweils ein Wirtschaftsgut (keine wesentliche Betriebsgrundlage), das sie bis dahin in ihrem jeweiligen Einzelunternehmen genutzt haben, in das Gesamthandsvermögen der AB-OHG. A gibt seine Einkommensteuererklärung für 06 im Mai 07 und B seine Einkommensteuererklärung 06 im Dezember 07 ab. Im September 10 veräußert die AB-OHG, die auf sie im April 06 übertragenen Wirtschaftsgüter.
Lösung:
Für das von A übertragene Wirtschaftsgut ist bei der Veräußerung durch die AB-OHG die Sperrfrist bereits abgelaufen; es verbleibt beim Buchwertansatz zum Übertragungsstichtag. Für das von B übertragene Wirtschaftsgut ist dagegen rückwirkend der Teilwert anzusetzen.
2. Begründung oder Erhöhung eines Anteils einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an einem Wirtschaftsgut i. S. d. § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG
28 Bei einer Übertragung eines Wirtschaftsguts nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 oder 2 EStG aus dem (Sonder-)Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft, an der vermögensmäßig auch eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse beteiligt ist, ist der Teilwert anzusetzen, soweit der vermögensmäßige Anteil einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem Wirtschaftsgut unmittelbar oder mittelbar begründet wird oder sich erhöht (§ 6 Abs. 5 Satz 5 EStG). Auch die Erstellung einer Ergänzungsbilanz ändert an den Rechtsfolgen des § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG nichts.
A und die B-GmbH sind zu jeweils 50 % vermögensmäßig an der AB-OHG beteiligt. In seinem Einzelunternehmen hat A einen PKW mit einem Buchwert von 1.000 €. Der Teilwert des PKW beträgt 10.000 €. A überträgt den PKW unentgeltlich in das Gesamthandsvermögen der AB-OHG. A ist nicht Gesellschafter der B-GmbH und auch keine nahe stehende Person.
Lösung:
Grundsätzlich ist bei einer Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG aus einem Betriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft die Buchwertverknüpfung vorgeschrieben. Durch die Beteiligung der B-GmbH an der AB-OHG gehen 50 % der stillen Reserven des PKW auf die B-GmbH über. Aus diesem Grund muss nach § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG der hälftige Teilwert i. H. v. 5.000 € angesetzt werden, da ein Anteil der B-GmbH am übertragenen PKW von 50 % begründet wird. Die AB-OHG muss den PKW mit 5.500 € (5.000 € zzgl. 50 % des Buchwerts i. H. v. 500 €) im Gesamthandsvermögen bilanzieren. Im Einzelunternehmen des A entsteht ein anteiliger Gewinn aus der Übertragung des PKW i. H. v. 4.500 € (5.000 € abzgl. 50 % des Buchwerts = 500 €).
29 Ist eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse zu 100 % vermögensmäßig am Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft beteiligt, ist die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem (Sonder-)Betriebsvermögen dieser Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse in das Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft oder umgekehrt zwingend nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 oder 2 EStG zum Buchwert vorzunehmen, da ihr vermögensmäßiger Anteil an dem Wirtschaftsgut weder begründet wird noch sich erhöht. Gleiches gilt, wenn eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nicht am Vermögen der Mitunternehmerschaft beteiligt ist, auf die das Wirtschaftsgut übertragen wird. In beiden Fällen findet § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG keine Anwendung.
A ist als Kommanditist vermögensmäßig alleine an der B-GmbH & Co. KG beteiligt. Die B-GmbH ist als Komplementärin vermögensmäßig nicht an der B-GmbH & Co. KG beteiligt. In seinem Einzelunternehmen hat A einen PKW mit einem Buchwert von 1.000 €. Der Teilwert des PKW beträgt 10.000 €. A überträgt den PKW unentgeltlich in das Gesamthandsvermögen der KG.
Lösung:
Grundsätzlich ist bei einer Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG aus einem Betriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft die Buchwertverknüpfung vorgeschrieben. Da die B-GmbH an der B-GmbH & Co. KG vermögensmäßig nicht beteiligt ist, gehen hier – anders als in Beispiel 9 – auch keine stillen Reserven des PKW auf die B-GmbH über, denn wirtschaftlich gesehen ist der PKW sowohl vor als auch nach der Übertragung allein dem A zuzurechnen. Aus diesem Grund müssen bei der Übertragung des PKW keine stillen Reserven nach § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG aufgedeckt werden.
30 § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG findet auch dann keine Anwendung, wenn sowohl eine natürliche Person als auch eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse vermögensmäßig am Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft beteiligt sind und sich durch die Übertragung der ideelle Anteil der Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse am Wirtschaftsgut verringert.
A und die B-GmbH sind im Verhältnis 2: 1 an der AB-OHG beteiligt. Zum Gesamthandsvermögen der OHG gehört ein PKW (Buchwert 1.000 €, Teilwert 10.000 €). Gegen Minderung von Gesellschaftsrechten überträgt die OHG den PKW in das Einzelunternehmen des A.
Lösung:
Bei der Übertragung des PKW aus dem Gesamthandsvermögen der OHG in das Betriebsvermögen des A ist nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG die Buchwertverknüpfung vorgeschrieben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven bei A sichergestellt ist. § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG ist nicht einschlägig, da der Anteil der B-GmbH am PKW nicht begründet oder erhöht wird, sondern sich verringert.
31 Ist eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse zu weniger als 100 % vermögensmäßig am Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft beteiligt, ist die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem (Sonder-)Betriebsvermögen einer anderen beteiligten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse in das Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft zwingend nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 oder 2 EStG zum Buchwert vorzunehmen, allerdings beschränkt auf den der übertragenden Kapitalgesellschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nach der Übertragung mittelbar zuzurechnenden Anteil am Wirtschaftsgut. Die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse in das Sonderbetriebsvermögen einer anderen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse bei derselben Mitunternehmerschaft nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG erfolgt unter Beachtung des § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG stets zum Teilwert.
Die A-GmbH ist Komplementärin und die B-GmbH ist Kommanditistin der X-GmbH & Co. KG. Die A-GmbH ist am Vermögen der KG zu 90 % und die B-GmbH zu 10 % beteiligt. Nun überträgt die A-GmbH einen PKW aus ihrem Betriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen der KG
Lösung:
Der PKW kann nur i. H. v. 90 % zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG in das Gesamthandsvermögen der KG übertragen werden, da der übertragenden A-GmbH der PKW nur insoweit weiterhin mittelbar zugerechnet wird. Hinsichtlich des 10 %igen Anteils am PKW, der auf die B-GmbH entfällt, sind die stillen Reserven aufzudecken, da insoweit ein 10 %iger Anteil an dem PKW für die B-GmbH neu begründet wird (§ 6 Abs. 5 Satz 5 EStG).
Die A-GmbH ist Komplementärin und B (natürliche Person) ist Kommanditist der X-GmbH & Co. KG. Die A-GmbH ist am Vermögen der KG zu 90 % und B zu 10 % beteiligt.
Lösung:
Der PKW kann insgesamt zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG in das Gesamthandsvermögen der KG übertragen werden. Der übertragenden A-GmbH wird der PKW weiterhin zu 90 % zugerechnet. Somit wird der vermögensmäßige Anteil der A-GmbH an dem Wirtschaftsgut nicht unmittelbar oder mittelbar begründet oder erhöht. Hinsichtlich des 10 %igen Anteils am PKW, der auf B entfällt, sind ebenfalls nicht die stillen Reserven aufzudecken, da insoweit ein (mittelbarer) Anteil einer natürlichen Person begründet wird.
32 Ist der Gesellschafter der Körperschaft gleichzeitig Mitunternehmer der Mitunternehmerschaft und wird ein Wirtschaftsgut von der Körperschaft in das Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft übertragen, können die Regelungen zur verdeckten Gewinnausschüttung Anwendung finden.
3. Sperrfrist bei Umwandlungsvorgängen (§ 6 Abs. 5 Satz 4 und 6 EStG)
33 Eine Veräußerung innerhalb der Sperrfrist ist z. B. auch eine Umwandlung oder eine Einbringung i. S. d. UmwStG unabhängig davon, ob die Buchwerte, gemeinen Werte oder Zwischenwerte angesetzt werden, wenn zu dem eingebrachten Betriebsvermögen ein Wirtschaftsgut gehört, für das noch die Sperrfrist nach § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG läuft.
34 Die zwingende Buchwertverknüpfung bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern wird innerhalb einer Sperrfrist von sieben Jahren nach § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG rückwirkend versagt, wenn innerhalb dieser Frist ein Anteil einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem übertragenen Wirtschaftsgut unmittelbar oder mittelbar begründet wird oder sich erhöht. Diese Regelung gilt insbesondere in Umwandlungsfällen (z. B. in den Fällen der §§ 20, 25 UmwStG) oder auch – vorbehaltlich der Rdnr. 29 – bei Anwachsung des Vermögens auf eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse.
35 Für die Überwachung der siebenjährigen Sperrfrist gelten die Ausführungen zu Rdnr. 27 entsprechend.
IV. Verhältnis von § 6 Abs. 5 EStG zu anderen Vorschriften
Die Buchwertverknüpfung des § 6 Abs. 5 EStG steht bei Überführungen oder Übertragungen von Wirtschaftsgütern in Konkurrenz zu anderen steuerrechtlichen Vorschriften:
1. Fortführung des Unternehmens (§ 6 Abs. 3 EStG)
36 Scheidet ein Mitunternehmer aus der Mitunternehmerschaft aus und überträgt er zu Lebzeiten oder durch Tod seinen gesamten Mitunternehmeranteil auf eine oder mehrere natürliche Personen unentgeltlich, so sind nach § 6 Abs. 3 EStG die Buchwerte fortzuführen (vgl. im Weiteren BStBl 2005 I S. 458 – unter Berücksichtigung der Änderungen durch das BStBl 2006 I S. 766). Der Rechtsnachfolger tritt in die steuerliche Rechtsstellung des Rechtsvorgängers ein (Gesamtrechtsnachfolge), dies gilt insbesondere für die Sperrfristen des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG.
2. Realteilung
37 Eine Realteilung einer Mitunternehmerschaft nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG liegt vor, wenn die bisherige Mitunternehmerschaft beendet wird und zumindest ein Mitunternehmer den ihm zugeteilten Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil oder die ihm zugeteilten Einzelwirtschaftsgüter als Betriebsvermögen fortführt. Insoweit sind die Buchwerte fortzuführen (vgl. auch BStBl 2006 I S. 228). Scheidet ein Mitunternehmer aus einer bestehenden Mitunternehmerschaft aus und wird diese von den verbleibenden Mitunternehmern unverändert fortgeführt, liegt kein Fall der Realteilung vor ( BStBl 1999 II S. 269). Die Realteilung, bei der unschädlich zusammen mit Einzelwirtschaftsgütern auch Verbindlichkeiten übertragen werden können, hat Vorrang vor der Regelung des § 6 Abs. 5 EStG.
3. Veräußerung
38 Bei einer teilentgeltlichen oder vollentgeltlichen Veräußerung des Wirtschaftsguts kommt es zur anteiligen oder zur vollumfänglichen Aufdeckung der stillen Reserven des Wirtschaftsguts, insoweit findet § 6 Abs. 5 EStG keine Anwendung (sog. „Trennungstheorie” – vgl. Rdnr. 15).
4. Tausch
39 Der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG geht den allgemeinen Regelungen zur Gewinnrealisierung bei Tauschvorgängen nach § 6 Abs. 6 EStG vor.
V. Zeitliche Anwendung
40 Dieses Schreiben ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
1. Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG bei Übertragung eines einzelnen Wirtschaftsguts und Übernahme von Verbindlichkeiten innerhalb einer Mitunternehmerschaft;
2. Unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG bei gleichzeitiger Ausgliederung von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens nach § 6 Abs. 5 EStG;
Anwendung der , und
VI. Urteile des BFH zur Übertragung von Mitunternehmeranteilen und von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG
1. Teilentgeltliche Übertragungen und Übernahme von Verbindlichkeiten
a)
Der IV. Senat des entschieden, dass die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen derselben Personengesellschaft nicht zur Realisierung eines Gewinns führe, wenn das Entgelt den Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts nicht übersteige. Er ist der Auffassung, dass bei Annahme einer teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts der entstandene Veräußerungsgewinn in der Weise zu ermitteln sei, dass dem erbrachten Teilentgelt der gesamte Buchwert des Wirtschaftsguts gegenübergestellt werden müsse. Erreiche das Teilentgelt den Buchwert des Wirtschaftsguts nicht, so sei von einem insgesamt unentgeltlichen Vorgang auszugehen.
b)
In dem zu § 6 Abs. 5 EStG i. d. F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 ergangenen hat der IV. Senat des BFH zur teilentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer Schwesterpersonengesellschaft im Streitjahr 1999 Stellung genommen. Er ist dabei der Auffassung des Finanzamts gefolgt, dass diese Übertragung nach der damaligen Gesetzeslage gemäß dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 zur Aufdeckung der gesamten stillen Reserven des Grundstücks geführt habe. In der Urteilsbegründung führt der IV. Senat des BFH aus, dass es hinsichtlich des entgeltlich übertragenen Teils zu keinem Gewinn komme, weil ein Entgelt (eine Forderung) genau in Höhe des Buchwerts des Grundstücks eingeräumt worden sei (Rdnr. 22). Soweit die Übertragung unentgeltlich durchgeführt worden sei, habe sie zu einem Entnahmegewinn geführt (Rdnr. 23).
2. Übertragungen auf Grund eines „Gesamtplans” –
Ferner hat der entschieden, dass der Gesellschafter einer Personengesellschaft seinen Gesellschaftsanteil steuerneutral übertragen könne, auch wenn er ein in seinem Sonderbetriebsvermögen befindliches Grundstück zeitgleich und ebenfalls steuerneutral auf eine zweite (neugegründete) Personengesellschaft übertrage. Im entschiedenen Fall war der Steuerpflichtige alleiniger Kommanditist einer GmbH & Co. KG sowie alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH. Der Steuerpflichtige vermietete der KG das in seinem Eigentum stehende Betriebsgrundstück. Am 01.10. 2002 schenkte er seiner Tochter zunächst 80 % seines Anteils an der KG sowie die gesamten Anteile an der GmbH. Anschließend gründete er eine zweite GmbH & Co. KG, auf die er dann am das Betriebsgrundstück übertrug. Am selben Tag wurde auch der restliche KG-Anteil auf die Tochter übertragen. Der Stpfl. ging davon aus, dass alle Übertragungen zum Buchwert und damit steuerneutral erfolgen könnten. Das Finanzamt stimmte dem nur in Bezug auf die Übertragung des Grundstücks zu. Wegen dessen steuerneutraler Ausgliederung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG sei nicht der gesamte Mitunternehmeranteil übertragen worden mit der Folge, dass die stillen Reserven im Mitunternehmeranteil aufzudecken seien. Nach Tz. 7 des BMF-Schreibens zu § 6 Abs. 3 EStG vom (BStBl 2005 I S. 458) bewirke die steuerneutrale Ausgliederung von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens (hier das Grundstück) in ein anderes Betriebsvermögen, dass der Anteil am Gesamthandsvermögen nicht nach § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert übertragen werden könne. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme („Kumulation”) von Steuervergünstigungen nach § 6 Abs. 3 EStG einerseits und nach § 6 Abs. 5 EStG andererseits sei nicht möglich.
Von dieser Ansicht der Finanzverwaltung ist der IV. Senat des abgewichen. In der Urteilsbegründung führt er aus, dass der gleichzeitige Eintritt der Rechtsfolgen beider Normen (Buchwerttransfer) dem Sinn und Zweck des Gesetzes regelmäßig nicht zuwiderlaufe. Der Zweck der Regelungen des § 6 Abs. 3 EStG und des § 6 Abs. 5 EStG gebiete keine Auslegung beider Vorschriften dahingehend, dass bei gleichzeitigem Vorliegen ihrer Tatbestandsvoraussetzungen § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG stets nur eingeschränkt nach Maßgabe einer anders lautenden Zweckbestimmung des – im Streitfall einschlägigen – § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG verstanden werden und zur Anwendung gelangen dürfe. Bei der gleichzeitigen (auch taggleichen) Anwendung beider Normen komme es auch nicht zu einer Kumulation von Steuervergünstigungen. Denn die durch ein nach § 6 Abs. 5 EStG begünstigtes Einzelwirtschaftsgut verkörperten stillen Reserven wären anlässlich der Übertragung einer nach § 6 Abs. 3 EStG begünstigten Sachgesamtheit gleichfalls nicht aufzudecken gewesen, wenn das betreffende Wirtschaftsgut weiterhin dieser Sachgesamtheit zugehörig gewesen wäre. Zugleich blieben die stillen Reserven dieses Wirtschaftsguts in beiden Fällen gleichermaßen steuerverhaftet. Soweit durch die parallele Anwendung beider Vorschriften missbräuchliche Gestaltungen zu befürchten seien, werde dem durch die Regelung von Sperrfristen in beiden Vorschriften vorgebeugt. Das Gesetz gestatte somit beide Buchwertübertragungen nebeneinander und räume keiner der beiden Regelungen einen Vorrang ein.
VII. Auffassung der Finanzverwaltung
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder in der Sitzung ESt II/2013 zu TOP 15 wird zur Anwendung der o. g. BFH-Urteile durch die Finanzverwaltung wie folgt Stellung genommen:
1. Teilentgeltliche Übertragungen und Übernahme von Verbindlichkeiten
a)
Der IV. Senat des BFH lehnt in dieser Entscheidung die von der Finanzverwaltung in Tz. 15 des (BStBl 2011 I S. 1279) vertretene Rechtsauffassung ab. Danach ist die Frage, ob eine teilentgeltliche Übertragung vorliegt, nach den Grundsätzen der „Trennungstheorie” anhand der erbrachten Gegenleistung im Verhältnis zum Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts zu prüfen. Liegt die Gegenleistung unter dem Verkehrswert, handelt es sich um eine teilentgeltliche Übertragung, bei der der unentgeltliche Teil nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zum Buchwert zu übertragen ist. Hinsichtlich des entgeltlichen Teils der Übertragung liegt eine Veräußerung des Wirtschaftsguts vor und es kommt insoweit zur Aufdeckung der stillen Reserven des Wirtschaftsguts. Nach Auffassung des IV. Senats des BFH ist bei einer teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns dem erbrachten Teilentgelt der gesamte Buchwert des Wirtschaftsguts gegenüber zu stellen. Eine Gewinnrealisierung ist nicht gegeben, soweit das Entgelt den Buchwert nicht übersteigt.
Zur Frage der Gewinnrealisation bei teilentgeltlichen und mischentgeltlichen (d. h. gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und sonstiges Entgelt) Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern ist ein Revisionsverfahren beim X. Senat des BFH anhängig – X R 28/12 –. Die noch ausstehende Entscheidung des X. Senats des BFH bleibt abzuwarten. Daher wird die Entscheidung über die Veröffentlichung des im Bundessteuerblatt Teil II zunächst zurückgestellt. In einschlägigen Fällen ist vorerst weiterhin uneingeschränkt die in Tz. 15 des BMF-Schreibens zu § 6 Abs. 5 EStG vom (BStBl 2011 I S. 1279) vertretene Rechtsauffassung anzuwenden. Einsprüche von Steuerpflichtigen, die gegen entsprechende Steuerbescheide unter Berufung auf das eingelegt werden, ruhen gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes bis zur endgültigen Klärung der Problematik.
b)
Mit den Aussagen des IV. Senats des BFH in seinen Entscheidungsgründen zeichnete sich bereits in diesem Urteil ab, dass er bei einer teilentgeltlichen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern nicht dem Verständnis der Finanzverwaltung zur Behandlung von teilentgeltlichen Übertragungsvorgängen gemäß Tz. 15 des BMF-Schreibens zu § 6 Abs. 5 EStG vom (BStBl 2011 I S. 1279) folgen will. Deshalb wird die Entscheidung über die Veröffentlichung des im Bundessteuerblatt Teil II gleichfalls vorerst zurückgestellt.
2. Übertragungen auf Grund eines „Gesamtplans” –
Das weicht nicht nur von Tz. 7 des BMF-Schreibens zu § 6 Abs. 3 EStG vom (BStBl 2005 I S. 458) ab, sondern berücksichtigt auch nicht in ausreichendem Maß den historischen Willen des Gesetzgebers. Bis einschließlich VZ 1998 regelte § 7 Abs. 1 EStDV in den Fällen der unentgeltlichen Übertragung von betrieblichen Sachgesamtheiten, wie Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen, die Buchwertfortführung durch den Rechtsnachfolger. Nach der Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 3 EStG im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 sollen mit dem neu eingefügten Abs. 3 in den Fällen der unentgeltlichen Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen die bisherigen Regelungen des § 7 Abs. 1 EStDV übernommen werden. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die bisherige Regelung des § 7 Abs. 1 EStDV beizubehalten und insbesondere eine Einschränkung des bisherigen Anwendungsbereichs der Vorschrift nicht beabsichtigt ist (BT-Drucks. 14/6882, Seite 32; BT-Drucks. 14/7344, Seite 7). Der im Rahmen des Vermittlungsverfahrens zum Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetz 2001 neu eingefügte § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG geht auf eine Prüfbitte des Bundesrates zurück. Der Bundesrat hatte um eine gesetzliche Klarstellung gebeten, dass die Zurückbehaltung von Sonderbetriebsvermögen für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG unschädlich sein soll. Dabei ging es dem Bundesrat aber nur um eine Öffnung des gleitenden Generationenübergangs, wobei er davon ausging, dass der Übernehmer letztlich ebenfalls das im Sonderbetriebsvermögen zurückbehaltene funktional wesentliche Wirtschaftsgut erhält. Das widerspricht dieser Zielsetzung des Gesetzgebers und eröffnet unter Außerachtlassung der „Gesamtplanrechtsprechung” in bestimmten Fallkonstellationen die Möglichkeit einer schrittweisen steuerneutralen Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen auf mehrere verschiedene Rechtsträger.
Zur Frage der Anwendung der „Gesamtplanrechtsprechung” ist ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig – I R 80/12 –. Im Verfahren I R 80/12 geht es zwar im Schwerpunkt um eine Einbringung zum Buchwert nach § 20 UmwStG. Allerdings besteht im Verfahren I R 80/12 insofern eine gewisse Ähnlichkeit mit dem vom IV. Senat des entschiedenen Fall, als hier kurz vor der Einbringung die beiden Grundstücke als funktional wesentliche Betriebsgrundlagen in ein anderes Betriebsvermögen ausgegliedert wurden. Es stellt sich demzufolge auch im Verfahren I R 80/12 die Frage, ob unter Berücksichtigung der „Gesamtplanrechtsprechung” ein vollständiger, nach § 20 Abs. 1 UmwStG begünstigter Betrieb eingebracht worden ist. Das Vorliegen eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils als Buchwertfortführungsgegenstand ist nämlich sowohl bei § 6 Abs. 3 EStG als auch bei den §§ 20 und 24 UmwStG erforderlich und grundsätzlich nach denselben Kriterien zu beurteilen. Die noch ausstehende Entscheidung des I. Senats des BFH ist deshalb abzuwarten. Daher wird die Entscheidung über die Veröffentlichung des im Bundessteuerblatt Teil II gleichfalls vorerst zurückgestellt. In einschlägigen Fällen ist weiterhin uneingeschränkt die Tz. 7 des BMF-Schreibens zu § 6 Abs. 3 EStG vom (BStBl 2005 I S. 458) anzuwenden. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme der Steuervergünstigungen nach § 6 Abs. 3 EStG einerseits und nach § 6 Abs. 5 EStG andererseits ist danach nicht möglich. Einsprüche von Steuerpflichtigen, die gegen entsprechende Steuerbescheide unter Berufung auf das eingelegt werden, ruhen gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes bis zur endgültigen Klärung der Problematik.
Zusatz der OFD
Ergänzung zum Tz. I.1.a) und II.1.a)
Das Verfahren X R 28/12 sowie die diesbezügliche Vorlage an den Großen Senat des BFH (GrS 1/16) sind zwischenzeitlich ohne Entscheidung der vorgelegten Rechtsfrage beendet worden.
Allerdings sind nunmehr zur Thematik zwei neue Verfahren am BFH anhängig geworden (X R 18/18 und X R 19/18), sodass Einspruchsverfahren weiterhin nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruhen.
Durch Beschluss der Referatsleiter des Bundes und der Länder wurden weitere Zweifelsfragen geregelt:
Behandlung von Verbindlichkeiten, die mit einem nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgut in Zusammenhang stehen
Bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft wird ein Grundstück (Anlagevermögen), das bisher im Eigentum der Obergesellschaft (OG) stand und zu einem Teil (1) für eigenbetriebliche Zwecke der OG genutzt und zum anderen Teil (2) an die Untergesellschaft (UG) vermietet war, nach § 6 Abs. 5 EStG (für den Teil 1 gegen Minderung von Gesellschaftsrechten und für den Teil 2 unentgeltlich) auf den Gesellschafter X der OG übertragen. Das mit diesem Grundstück zusammenhängende Darlehen bleibt unverändert bestehen; es wird von X nicht übernommen. Auch die Nutzung beider Grundstücksteile bleibt unverändert.
Vor der Übertragung gehörte Teil 1 des Grundstücks zum Gesamthandsvermögen der OG, Teil 2 zum Sonderbetriebsvermögen der OG bei der UG. Das Darlehen war bisher, soweit es auf den Teil 1 des Grundstücks entfällt, in der Gesamthandsbilanz der OG und soweit es auf den Teil 2 des Grundstücks entfällt, als negatives Sonderbetriebsvermögen der OG bei der UG ausgewiesen.
Nach der Übertragung stellt Teil 1 des Grundstücks Sonderbetriebsvermögen des X bei der OG und Teil 2 des Grundstücks Sonderbetriebsvermögen des X bei der UG dar.
Lösung
Das mit Teil 1 des Grundstücks (Fall des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG) im Zusammenhang stehende Fremdfinanzierungsdarlehen bleibt – wegen der Veräußerung gegen Minderung von Gesellschaftsrechten – in vollem Umfang eine betriebliche Schuld der OG.
Das mit Teil 2 des Grundstücks (Fall des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG) im Zusammenhang stehende Fremdfinanzierungsdarlehen wird, soweit ein Beteiligungsverhältnis zwischen der übertragenden OG und dem übernehmenden X unverändert besteht (also entsprechend dem Anteil des X an der OG), zu einer betrieblichen Schuld im Sonderbetriebsvermögen des X bei der UG.
Wegen der insoweit unentgeltlichen Eigentumsübertragung (Rz. 1 und 8 Satz 2 des a. a. O.) wird der restliche Fremdfinanzierungsanteil zum Teil 2 zu einer privaten Schuld der übrigen Gesellschafter der OG.
Anwendung des § 6b EStG bei Übertragung/Veräußerung von Wirtschaftsgütern zwischen personenidentischen Schwestergesellschaften
Die Ehegatten A und B führen in der Rechtsform einer GbR einen Betrieb, zu dessen Betriebsvermögen ein vermietetes Einfamilienhaus gehört. Das Einfamilienhaus soll aus dem Gesamthandsvermögen der GbR in eine neu gegründete, gewerblich geprägte GmbH & Co. KG (die Kommanditanteile halten die Ehegatten zu jeweils 50 %) übertragen werden. Die Übertragung soll gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an A und B (Buchung auf dem jeweiligen Kapitalkonto von A und B bei der KG) erfolgen.
Lösung
Gegen die Annahme einer Veräußerung i. S. der §§ 6b und 6c EStG bestehen Bedenken, denn die Übertragung der Immobilie erfolgt gegen Minderung von Gesellschaftsrechten von A und B an der GbR und einer entsprechenden Erhöhung von Gesellschaftsrechten von A und B an der personenidentischen KG; im Ergebnis liegt nur eine „Verschiebung” von bisher schon bestehenden Gesellschaftsrechten und gerade keine „Gewährung” von zusätzlichen (neuen) Gesellschaftsrechten vor, wie sie für die Annahme eines tausch- oder veräußerungsähnlichen Vorgangs regelmäßig verlangt wird.
Eine Anwendung von § 6b und § 6c EStG ist daher nicht zuzulassen.
OFD Frankfurt/M. v. - S 2241 A - 117 - St 213
Fundstelle(n):
AAAAH-16034
1(Hinweis auf das (BStBl 2010 I S. 1206) zum AdV-BStBl 2010 II S. 971).)