Anhörungsrüge: Ausschluss der Gehörsrüge bei Nichtbeachtung richterlicher Hinweise des Erstgerichts
Gesetze: Art 103 Abs 1 GG, § 139 ZPO, § 295 ZPO, § 531 Abs 2 S 1 Nr 1 ZPO
Instanzenzug: Az: 15 U 2534/17 Raevorgehend LG München I Az: 4 O 3437/14
Gründe
1Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
21. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das neue Vorbringen der Klägerin war in Einklang mit der Würdigung des Berufungsgerichts nicht gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO im Berufungsrechtszug zuzulassen, weil das Erstgericht der aus § 139 ZPO folgenden Prozessleitungspflicht durch den Hinweis, dass die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten ist, genügt hat.
32. Im Übrigen steht der Berücksichtigung des geltend gemachten Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG der allgemeine Grundsatz der Subsidiarität entgegen.
4a) Nach diesem Grundsatz muss ein Beteiligter die nach Lage der Sache gegebenen prozessualen Möglichkeiten ausschöpfen, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (BVerfGE 73, 322, 325; 77, 381, 401; 81, 22, 27; 86, 15, 22; 95, 163, 171; BGH, Beschlüsse vom - XI ZR 35/94, NJW 1995, 403; vom - IV ZB 10/15, VersR 2016, 137; vom - IX ZR 211/14, NJW-RR 2016, 699 Rn. 4; vom - VI ZR 81/17, NJW-RR 2018, 404 Rn. 8). Diese Würdigung entspricht dem in § 295 ZPO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, nach dessen Inhalt eine Partei eine Gehörsverletzung nicht mehr rügen kann, wenn sie die ihr nach Erkennen des Verstoßes verbliebene Möglichkeit zu einer Äußerung nicht genutzt hat (, WM 2010, 1722 Rn. 7; Urteil vom - VIII ZR 285/09, WuM 2011, 178 Rn. 10; Beschluss vom , aaO).
5b) So liegt es hier. Das Erstgericht hat die Klägerin durch schriftliche Verfügungen vom 4. Januar und darüber unterrichtet, dass ihre Aktivlegitimation nunmehr "bestritten" sei. Diesen Hinweis hat das Erstgericht in der mündlichen Verhandlung vom erneuert. Die wiederholten inhaltsgleichen Mitteilungen forderten eine Reaktion der Klägerin geradezu heraus. Die Klägerin musste den Hinweisen, selbst wenn sie den Schriftsatz des Beklagten vom nicht erhalten hatte, entnehmen, dass sich die Zweifel an ihrer Aktivlegitimation aus einem "Bestreiten" und mithin einer schriftsätzlichen Erklärung des Beklagten ergaben. Die Klägerin hat die Möglichkeit, sich über das Vorbringen des Beklagten zu vergewissern, weder auf die schriftlichen Erklärungen noch auf die mündliche Erläuterung in der Verhandlung genutzt (vgl. aaO). Bei dieser Sachlage ist die Klägerin, welche mehrere gerichtliche Hinweise gänzlich unbeachtet ließ, nach dem allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität mit der Gehörsrüge ausgeschlossen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:280319BIXZR147.18.0
Fundstelle(n):
LAAAH-15712