BAG Urteil v. - 10 AZR 596/17

Jahressonderzuwendung nach § 3 Nr. 1 des Tarifvertrags über die Zahlung einer Weihnachtszuwendung - Jahressondervergütung im Maler- und Lackiererhandwerk vom idF des Änderungstarifvertrags vom

Gesetze: § 1 TVG, § 1 BUrlG

Instanzenzug: Az: 4 Ca 63/17 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 15 Sa 880/17 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über eine tarifliche Sondervergütung für das Kalenderjahr 2016.

2Der Kläger ist seit dem bei der Beklagten als gewerblicher Arbeitnehmer in E beschäftigt. Kraft beiderseitiger Tarifbindung findet der Tarifvertrag über die Zahlung einer Weihnachtszuwendung - Jahressondervergütung im Maler- und Lackiererhandwerk vom idF des Änderungstarifvertrags vom (TV-Weihnachtszuwendung) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Darin heißt es auszugsweise:

3Der Kläger konnte seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung im Kalenderjahr 2016 an 123 von insgesamt 252 Arbeitstagen krankheitsbedingt nicht erbringen. An 20 Arbeitstagen hatte er Urlaub. Mit Schreiben vom machte er vergeblich die Sondervergütung für das laufende Kalenderjahr in - rechnerisch unstreitiger - Höhe von 796,00 Euro brutto geltend.

4Der Kläger hat gemeint, Voraussetzung für den Anspruch auf die Sondervergütung sei nach § 3 TV-Weihnachtszuwendung neben dem ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses am 1. Dezember lediglich eine tatsächliche Arbeitsleistung „in“ sechs von insgesamt zwölf Kalendermonaten. Überdies müssten urlaubs- und krankheitsbedingte Fehltage zu seinen Gunsten mitgerechnet werden. Danach stehe ihm die Sondervergütung für das Kalenderjahr 2016 zu. Die Beklagte schulde ihm auch die Pauschale nach § 288 Abs. 5 BGB.

5Der Kläger hat beantragt,

6Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Nach ihrer Auffassung setzt der Anspruch auf die Sondervergütung für das Kalenderjahr 2016 voraus, dass an mindestens 126 Tagen tatsächlich gearbeitet wurde. Der Kläger habe unstreitig nur an 107 Tagen gearbeitet.

7Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt er sein Klageziel weiter.

Gründe

8Die Revision ist überwiegend begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers in Bezug auf die Sondervergütung zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist insoweit begründet. Hinsichtlich der geltend gemachten Pauschale nach § 288 Abs. 5 BGB ist die Revision unbegründet. Dem Kläger steht ein solcher Anspruch nicht zu.

9I. Der Kläger hat nach § 3 Nr. 1 und Nr. 2 Spiegelstrich 2 iVm. § 4 Nr. 1 Buchst. a TV-Weihnachtszuwendung Anspruch auf die volle Sondervergütung für das Kalenderjahr 2016.

101. Der räumliche, betriebliche und persönliche Geltungsbereich des Tarifvertrags ist eröffnet (§ 1 Nr. I bis Nr. III TV-Weihnachtszuwendung). Die Lackiererei der Beklagten liegt in Nordrhein-Westfalen. Er unterfällt dem betrieblichen Geltungsbereich des Rahmentarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk vom in der im Streitzeitraum geltenden Fassung des letzten Änderungstarifvertrags vom (RTV). Der Kläger übt in diesem Betrieb eine versicherungspflichtige Beschäftigung aus und ist kein Auszubildender.

112. Der Kläger erfüllt die nach § 3 Nr. 1, Nr. 2 Spiegelstrich 2 TV-Weihnachtszuwendung bestehende Voraussetzung für den Anspruch auf die „volle“ Sondervergütung. Er gehörte dem Betrieb der Beklagten am Stichtag des seit mindestens 24 Monaten an.

123. Im Bundesland Nordrhein-Westfalen belief sich die „volle“ Sondervergütung für gewerbliche Arbeitnehmer nach § 4 Nr. 1 Buchst. a TV-Weihnachtszuwendung im Kalenderjahr 2016 auf 796,00 Euro. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus. Der Betrag entspricht dem 50-fachen Ecklohn, der nach § 2 Nr. 2 Buchst. b des Lohntarifvertrags 2016 bis 2018 für das Maler- und Lackiererhandwerk vom am für den Kläger maßgebend war. Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass § 4 Nr. 1 Buchst. a Spiegelstrich 2, Nr. 3 TV-Weihnachtszuwendung diese Berechnung ausdrücklich nur für das Kalenderjahr 1995 vorschreibt.

13a) Dass der Anspruch auf die Sondervergütung nicht auf die Kalenderjahre 1994 und 1995 beschränkt sein soll, folgt bereits aus § 7 TV-Weihnachtszuwendung. Danach ist der Tarifvertrag nicht befristet.

14b) Nach § 4 Nr. 1 Buchst. a Spiegelstrich 2 iVm. § 4 Nr. 3 TV-Weihnachtszuwendung ist die Sondervergütung bereits für das Kalenderjahr 1995 dynamisiert. Anders als für das Kalenderjahr 1994 wurde kein zahlenmäßiger Betrag festgelegt, sondern bestimmt, dass die Sondervergütung das 50-Fache des am 1. Dezember des Kalenderjahres maßgeblichen Ecklohns beträgt.

15c) Diese Dynamisierung gilt auch für die Folgejahre. Im Änderungstarifvertrag vom wurden weder die Jahreszahlen angepasst noch die DM-Beträge auf Euro umgestellt. Die über den Unterschriftszeilen befindliche Zeile mit Ort und Datum des ursprünglichen Tarifabschlusses wurde nicht gestrichen. Es wurden lediglich unter dieser Zeile Ort und Datum des Änderungstarifvertrags eingefügt. Dadurch haben die Tarifvertragsparteien bekräftigt, dass sich die jährliche Sondervergütung weiterhin auf 50 jeweils am 1. Dezember aktuelle Ecklöhne beläuft.

164. Der Kläger erfüllte im Kalenderjahr 2016 die ersten beiden in § 3 Nr. 1 TV-Weihnachtszuwendung normierten Anspruchsvoraussetzungen: Er stand unstreitig am „Stichtag“ () in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis und war zu diesem Zeitpunkt mehr als 24 Monate ununterbrochen im Betrieb beschäftigt.

175. Indem der Kläger an 107 der in Nordrhein-Westfalen insgesamt auf das Kalenderjahr 2016 entfallenden 252 Arbeitstage arbeitete und ihm an 20 Tagen Urlaub gewährt wurde, hat er iSv. § 3 Nr. 1 letzter Halbs. TV-Weihnachtszuwendung „im Kalenderjahr mindestens sechs Monate tatsächlich gearbeitet“. Die Auslegung ergibt, dass ein Vollzeitbeschäftigter diese Voraussetzung jedenfalls dann erfüllt, wenn er an mindestens der Hälfte der auf das jeweilige Kalenderjahr entfallenden Arbeitstage seine Arbeitsleistung erbracht hat. Wegen gesetzlichen Mindesturlaubs ausgefallene Arbeitstage sind dabei mitzuzählen.

18a) Da § 3 Nr. 1 letzter Halbs. TV-Weihnachtszuwendung auf das „Kalenderjahr“ abstellt, muss die Anspruchsvoraussetzung im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember erfüllt werden. Der Wortlaut lässt keine andere Deutung zu. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, wonach die geforderte Arbeitsleistung bereits am 1. Dezember erbracht worden sein müsse, teilt der Senat nicht.

19aa) Der in § 3 Nr. 1 TV-Weihnachtszuwendung genannte Stichtag des „1. Dezember“ bezieht sich unzweifelhaft nur auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses.

20bb) Die in § 2 Nr. 3 TV-Weihnachtszuwendung geregelte Fälligkeit der Sondervergütung mit der Abrechnung für den Monat November spricht ebenfalls nicht für das Verständnis des Landesarbeitsgerichts (wie hier  11 (8) Sa 1418/95 - zu B I 2 der Gründe; aA  - zu I 2 c aa der Gründe; - 8 Sa 665/11 - zu I 2 c (2) der Gründe;  - zu II 1 der Gründe).

21(1) Zwar tritt die Fälligkeit eines Anspruchs regelmäßig nicht vor seiner Entstehung ein. Regelt ein Tarifvertrag die „Fälligkeit“ jedoch ausdrücklich, kann dieser Termin nicht ohne nähere Anhaltspunkte mit dem Zeitpunkt der Anspruchsentstehung gleichgesetzt werden ( - zu A IV 4 der Gründe).

22(2) Der von § 2 Nr. 3 TV-Weihnachtszuwendung verfolgte Zweck rechtfertigt nicht den Schluss, dass bei Auszahlung der Sondervergütung auch die Anspruchsvoraussetzung in § 3 Nr. 1 letzter Halbs. TV-Weihnachtszuwendung bereits erfüllt sein muss. Die Fälligkeitsregelung soll ganz offensichtlich den Arbeitnehmern entgegenkommen, die mit der Sondervergütung ihre Weihnachtseinkäufe bestreiten wollen (vgl.  - Rn. 18; - 6 AZR 647/85 - zu I 1 d der Gründe). Dieser Zweck wird auch erreicht, wenn der Anspruch vor seiner Fälligkeit noch nicht entstanden ist.

23cc) Gegen die Auffassung des Landesarbeitsgerichts spricht auch die Tarifsystematik: Die im Dezember erbrachte Arbeitsleistung kann nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Nr. 1 letzter Halbs. TV-Weihnachtszuwendung im Folgejahr nicht berücksichtigt werden (in diesem Sinn  - zu I 2 c (2) der Gründe;  - zu II 1 der Gründe). Für das Herausfallen eines ganzen Monats aus der Berechnung lässt sich vor dem Hintergrund, dass der Tarifvertrag eine „Jahressondervergütung“ regelt und in der für den Bezugszeitraum maßgeblichen Norm auf das „Kalenderjahr“ abstellt, keine in das Tarifsystem passende Erklärung finden.

24b) Mit der Zeitspanne „mindestens sechs Monate“ in § 3 Nr. 1 letzter Halbs. TV-Weihnachtszuwendung ist ein nicht zwingend zusammenhängender Zeitraum von 180 Kalendertagen gemeint.

25aa) Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff „Monat“ nicht definiert. Somit ist davon auszugehen, dass sie ihn in seiner gesetzlich definierten Bedeutung verstanden wissen wollen (vgl.  - Rn. 28). Nach § 191 BGB braucht ein Zeitraum, der nach Monaten bestimmt ist, nicht zusammenhängend zu verlaufen und wird mit 30 Tagen gerechnet. „Sechs Monate“ meint mithin einen Zeitraum von 180 Kalendertagen. Dieses Begriffsverständnis wird durch § 18 Nr. 4 Satz 1 RTV bestätigt. Danach gilt die Gewerbezugehörigkeit für ein Kalenderjahr für die Berechnung des Jahresurlaubs als erreicht, wenn der Arbeitnehmer insgesamt „mindestens 6 Monate (180 Kalendertage)“ eine Beschäftigung in Betrieben des Maler- und Lackiererhandwerks nachweist.

26bb) § 3 Nr. 1 TV-Weihnachtszuwendung enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich um einen zusammenhängenden Zeitraum von 180 Kalendertagen handeln muss. Für die Auffassung der Revision, wonach lediglich „in“ sechs Monaten des Kalenderjahres gearbeitet worden sein müsse, lässt der Wortlaut keinen Raum (vgl.  - zu I 2 c bb der Gründe;  - zu II 2 der Gründe; aA  - zu I 2 c (2) der Gründe).

27c) Von den 180 Kalendertagen sind die Wochenenden und die Feiertage abzuziehen, die im jeweiligen Kalenderjahr auf einen Arbeitstag fielen. In Anspruch genommener gesetzlicher Mindesturlaub ist als „tatsächlich gearbeitet“ anzusehen.

28aa) Die Formulierung „tatsächlich gearbeitet hat“ in § 3 Nr. 1 letzter Halbs. TV-Weihnachtszuwendung verlangt bei wörtlichem Verständnis, dass die Arbeitsleistung tatsächlich erbracht wird. Aus dem tariflichen Zusammenhang mit den im RTV getroffenen Regelungen zur Lage der Arbeitszeit und zur Feiertagsbezahlung folgt jedoch, dass Wochenenden und auf Arbeitstage fallende Feiertage von den 180 Kalendertagen in Abzug zu bringen sind.

29(1) An Wochenenden kann grundsätzlich nicht „tatsächlich gearbeitet“ werden. Dies folgt aus § 7 Nr. 1 RTV, wonach „die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit … montags bis freitags“ zu leisten ist. Die Parteien haben die Verteilung der Arbeitszeit „- soweit möglich -“ auf fünf Tage in der Woche auch vertraglich vereinbart (§ 3 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags).

30(2) Feiertage müssen bei der Berechnung ebenfalls außer Betracht bleiben. Nach § 6 Satz 2 RTV werden „Feiertage … mit so vielen Stunden angerechnet, wie an diesem Tag im Betrieb gearbeitet worden wären“. Dies korrespondiert mit § 9 Abs. 1 ArbZG, wonach Arbeitnehmer - abgesehen von den in § 10 ArbZG geregelten Ausnahmen - nicht an gesetzlichen Feiertagen beschäftigt werden dürfen.

31bb) Im Zweifel sind Tarifverträge im Einklang mit höherrangigem Recht auszulegen ( - Rn. 17). Deshalb ist der im jeweiligen Kalenderjahr in Anspruch genommene gesetzliche Mindesturlaub als „tatsächlich gearbeitet“ iSv. § 3 Nr. 1 letzter Halbs. TV-Weihnachtszuwendung anzusehen. Die Tarifnorm verstieße sonst gegen § 1 BUrlG.

32(1) Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Zur Erfüllung dieses Anspruchs reicht die Entbindung von der Arbeitsverpflichtung allein nicht aus. Vielmehr muss die Zeit der Freistellung von der Arbeit „bezahlt“ sein. Insoweit entspricht § 1 BUrlG der Regelung in Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG ( - Rn. 21 mwN, BAGE 150, 355; - 9 AZR 77/13 - Rn. 23). Danach soll der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub es dem Arbeitnehmer ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen. Deswegen darf er während seines Jahresurlaubs nicht mit Umständen konfrontiert sein, die Unsicherheit in Bezug auf das ihm geschuldete Entgelt auslösen könnten ( - [King] Rn. 37 ff. mwN; s. auch - C-684/16 - [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften] Rn. 41 f.).

33(2) Bei der Sondervergütung nach § 2 Nr. 1 TV-Weihnachtszuwendung handelt es sich - zumindest auch - um Entgelt für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung.

34(a) Nach § 3 Nr. 1 letzter Halbs. TV-Weihnachtszuwendung ist die erbrachte Arbeitsleistung - eigenständige - Voraussetzung für den Sondervergütungsanspruch (vgl.  - Rn. 10). Der Entgeltcharakter der Sondervergütung kommt darüber hinaus in der Anrechnungsregelung des § 2 Nr. 2 Satz 1 TV-Weihnachtszuwendung und in § 5 Nr. 1 TV-Weihnachtszuwendung zum Ausdruck, wonach Teilzeitbeschäftigten der Anspruch nur pro rata temporis zusteht (vgl.  - Rn. 19 zu § 20 TVöD-AT [VKA]). Dass daneben auch die erwiesene Betriebstreue honoriert werden soll, zeigen die Stichtagsregelung des § 3 Nr. 1 TV-Weihnachtszuwendung und die in § 6 TV-Weihnachtszuwendung enthaltene Rückzahlungsklausel (vgl.  - Rn. 17 zu § 20 TV-L).

35(b) Nur wenn die Urlaubstage als „tatsächliche“ Arbeitstage im Tarifsinn mitzählen, muss ein Arbeitnehmer keine Nachteile in Bezug auf sein Entgelt in Form der Sondervergütung befürchten, wenn er die nach § 3 Nr. 1 letzter Halbs. TV-Weihnachtszuwendung vorausgesetzte Beschäftigungszeit vor Antritt des Urlaubs noch nicht erreicht hat. Dass die Sondervergütung lediglich einen Bruchteil seiner Vergütung ausmacht, steht dem nicht entgegen. Selbst wenn das Urlaubsentgelt auch ohne die Sondervergütung gerade noch so bemessen wäre, dass keine ernsthafte Gefahr für den Urlaubsantritt bestünde, genügte es nicht den Vorgaben des § 1 BUrlG (vgl.  - [Williams ua.] Rn. 21, Slg. 2011, I-8409).

36cc) Ein Tarifverständnis, demzufolge Zeiten in Anspruch genommenen Mindesturlaubs im Rahmen des § 3 Nr. 1 letzter Halbs. TV-Weihnachtszuwendung unberücksichtigt blieben, wäre nicht durch die allgemeine Öffnungsklausel für Tarifverträge in § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG getragen. Soweit Tarifverträge für den gesetzlichen Mindesturlaub Bemessungsregelungen treffen, ist zumindest die Vergütung sicherzustellen, die der Arbeitnehmer ohne die Freistellung beanspruchen könnte ( - Rn. 16). Danach durften die Tarifvertragsparteien Zeiten in Anspruch genommenen Mindesturlaubs im Rahmen des § 3 Nr. 1 letzter Halbs. TV-Weihnachtszuwendung nicht anspruchshindernd berücksichtigen.

37d) Dem so gewonnenen Verständnis des § 3 Nr. 1 letzter Halbs. TV-Weihnachtszuwendung stehen Praktikabilitätserwägungen nicht entgegen. Die Erfüllung der dort formulierten Voraussetzung, wonach der Arbeitnehmer „im Kalenderjahr mindestens sechs Monate tatsächlich gearbeitet“ haben muss, kann spätestens am Ende des Kalenderjahres ohne Weiteres geklärt werden. Die Anzahl der Arbeitstage, die nach Abzug der Wochenenden und der auf Arbeitstage entfallenden gesetzlichen Feiertage verbleiben, steht für jedes Bundesland und jedes Kalenderjahr im Voraus fest. Aus den monatlichen Entgeltabrechnungen ergibt sich, ob der Arbeitnehmer an mindestens der Hälfte der ermittelten Arbeitstage gearbeitet und in welchem Umfang er den gesetzlichen Mindesturlaub in Anspruch genommen hat.

386. Ob auch auf krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit beruhende Fehlzeiten als Tage mitzählen, an denen der Arbeitnehmer im Tarifsinn „tatsächlich gearbeitet“ hat, kann offenbleiben. Der Senat musste die Tarifnorm insbesondere nicht auf ihre Vereinbarkeit mit § 4a EFZG hin überprüfen. Der Kläger hat die nach § 3 Nr. 1 letzter Halbs. TV-Weihnachtszuwendung im Kalenderjahr erforderliche Mindestanzahl von 126 Arbeitstagen bereits unter Berücksichtigung des ihm gewährten Mindesturlaubs um einen Tag überschritten.

397. Der in Bezug auf die Hauptforderung geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB. Die Sondervergütung ist nach § 2 Nr. 3 TV-Weihnachtszuwendung mit der Abrechnung für den Monat November fällig. Die Vergütung für November 2016 war nach § 34 Nr. 2 Satz 2 und Nr. 3 Satz 1 RTV spätestens fällig am Donnerstag, den . Dementsprechend schuldet die Beklagte Zinsen ab dem .

408. Auf die Pauschale nach § 288 Abs. 5 BGB in Höhe von 40,00 Euro hat der Kläger keinen Anspruch (vgl.  - Rn. 8 ff., 23 ff.).

41II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Hinsichtlich der geltend gemachten Pauschale handelt es sich um eine verhältnismäßig geringfügige Zuvielforderung, die keine höheren Kosten veranlasst hat.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2019:300119.U.10AZR596.17.0

Fundstelle(n):
BB 2019 S. 1396 Nr. 24
OAAAH-15549