BAG Urteil v. - 9 AZR 161/18

Staffelung des Urlaubsanspruchs nach dem Lebensalter - Diskriminierung jüngerer Arbeitnehmer - Verzug des Arbeitgebers mit der Urlaubsgewährung - Entbehrlichkeit einer Mahnung

Gesetze: § 1 AGG, § 7 Abs 2 AGG, § 7 Abs 1 AGG, § 8 AGG, § 10 AGG, § 286 Abs 2 S 3 BGB, § 4 Abs 5 TVG

Instanzenzug: ArbG Gießen Az: 7 Ca 294/16 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 2 Sa 370/17 Urteil

Tatbestand

1Der Kläger verlangt von der Beklagten, ihm für die Jahre 2013 bis 2016 jeweils drei Arbeitstage Ersatzurlaub zu gewähren.

2Der am geborene Kläger war seit dem beim Land Hessen als Lehrer für Pflegeberufe beschäftigt. Er ist Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit ursprünglich Art. III § 1 des „Tarifvertrags zu § 71 BAT betreffend Besitzstandswahrung“ vom (im Folgenden TV zu § 71 BAT) Anwendung. Darin heißt es:

3Die Urlaubsverordnung für die Beamten im Lande Hessen vom (GVBl. I S. 269) in der vom bis zum gültigen Fassung (Verordnung vom [GVBl. I S. 179]; im Folgenden HUrlVO 1982) regelt ua.:

4Das Land Hessen trat zum aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) aus. Die HUrlVO 1982 wurde durch die Urlaubsverordnung für die Beamtinnen und Beamten im Lande Hessen vom (GVBl. I S. 671; im Folgenden HUrlVO 2006) ersetzt. Diese trat am in Kraft und enthielt in § 5 Abs. 1 Satz 2 (Urlaubsdauer) eine Staffelung des Urlaubsanspruchs nach dem Lebensalter, die inhaltlich § 4 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO 1982 entsprach.

5Das mit dem Land Hessen bestehende Arbeitsverhältnis des Klägers ging infolge eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Unter dem schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di den „Manteltarifvertrag Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH“ (im Folgenden MTV UKGM), der am in Kraft trat. Dieser Tarifvertrag sieht ua. vor:

6Die Anlage 1b zum MTV UKGM sieht ua. Folgendes vor:

7Weiter heißt es dort auszugsweise (im Folgenden Besitzstandsklausel):

8In den Jahren 2009 bis einschließlich 2012 gewährte die Beklagte dem Kläger jeweils an 30 Arbeitstagen Erholungsurlaub. Mit einer am beim Arbeitsgericht Gießen eingegangenen Klage hat der Kläger die Gewährung von jeweils drei weiteren Tagen (Ersatz-)Urlaub für die Jahre 2009 bis 2012 verlangt. Das Arbeitsgericht Gießen hat die Klage mit Urteil vom (- 10 Ca 359/12 -) abgewiesen. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat die hiergegen eingelegte Berufung mit Urteil vom (- 3 Sa 686/13 -) zurückgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der Senat mit Urteil vom (- 9 AZR 659/14 -) erkannt, dass die Beklagte dem Kläger drei Tage Ersatzurlaub für das Jahr 2012 zu gewähren hat. Etwaige Ansprüche aus den Jahren 2009 bis 2011 seien verfallen.

9Während dieses Rechtsstreits richtete der Kläger mehrere Schreiben an die Beklagte. Im Schreiben vom heißt es ua.:

10Unter dem teilte der Kläger insoweit mit:

11Im Schreiben vom führte er auszugsweise aus:

12Mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am zugestellten Klage hat der Kläger für die Jahre 2013 bis einschließlich 2016 die Gewährung von jeweils drei Tagen Ersatzurlaub verlangt. Er hat die Rechtsauffassung vertreten, die Staffelung des Urlaubsanspruchs nach dem Lebensalter in der HUrlVO diskriminiere ihn wegen seines Lebensalters. Er könne deshalb im Wege einer „Anpassung nach oben“ jährlich 33 Arbeitstage Urlaub beanspruchen. Der so erhöhte Urlaubsanspruch stehe ihm auch im Anwendungsbereich des MTV UKGM zu. Nach der Besitzstandsklausel in der Anlage 1b zum MTV UKGM bestehe der Anspruch nach dem weiter.

13Der Kläger hat beantragt,

14Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, der Kläger habe nach Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO 1982 am Stichtag des keinen Jahresurlaub von 33 Arbeitstagen beanspruchen können, weil die HUrlVO 1982 bereits am außer Kraft getreten sei. Ab diesem Zeitpunkt habe für den Kläger wieder die allgemeine Urlaubsregelung des § 48 BAT gegolten. Die Bezugnahme auf die Dauer des Erholungsurlaubs für die Beamten des Landes Hessen in Art. III § 1 TV zu § 71 BAT habe die am in Kraft getretene HUrlVO 2006 nicht mehr erfassen können, weil das Land Hessen bereits zum aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ausgetreten sei.

15Außerdem hat die Beklagte geltend gemacht, die Staffelung des Urlaubsanspruchs nach dem Lebensalter sei aufgrund des höheren Erholungsbedürfnisses älterer Arbeitnehmer sachlich gerechtfertigt. Jedenfalls sei ein höherer Urlaubsanspruch des Klägers mit Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres untergegangen. Ein Anspruch auf Ersatzurlaub sei nicht entstanden, weil sich die Beklagte mit der Gewährung des Urlaubs nicht in Verzug befunden habe. Weder habe der Kläger seine Urlaubsansprüche ordnungsgemäß geltend gemacht, noch habe sie deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert. Schließlich hat die Beklagte den Verfall der Ersatzurlaubsansprüche gemäß § 34 Nr. 1 MTV UKGM eingewandt.

16Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Gründe

17Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeweils drei Arbeitstage Ersatzurlaub für die Jahre 2013 bis 2016 zu gewähren.

18A. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wandelt sich der Urlaubsanspruch nach § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 287 Satz 2 und § 249 Abs. 1 BGB in einen Schadensersatzanspruch um, der auf Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet ist, wenn der Arbeitgeber den rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt und der Urlaub aufgrund seiner Befristung verfällt (st. Rspr., vgl.  - Rn. 12 mwN, BAGE 159, 106). Diese Rechtsprechung beruht darauf, dass der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Gewährung von Erholungsurlaub nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG in der bisherigen Auslegung des Senats grundsätzlich am Ende des Urlaubsjahres verfällt (vgl.  (A) - Rn. 13). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zwar inzwischen entschieden, dass der automatische Verfall des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub am Ende des Urlaubsjahres grundsätzlich gegen Unionsrecht verstößt ( - [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften]). Unabhängig davon, wie der Senat diese Rechtsprechung des Gerichtshofs rezipiert und welche Auswirkungen dies auf den von den Tarifvertragsparteien frei regelbaren Mehrurlaub hat, kann vorliegend zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass die zusätzlichen Urlaubsansprüche des Klägers aus den streitbefangenen Urlaubsjahren jeweils am Ende des Bezugszeitraums verfallen sind. Die geltend gemachten Ansprüche stehen dem Kläger jedenfalls als Ersatzurlaub unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs zu.

19B. Die Beklagte befand sich hinsichtlich der Urlaubsansprüche aus den Jahren 2013 bis 2016 jeweils mit der Gewährung von drei Urlaubstagen in Verzug (§ 286 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 3 BGB), bevor der Anspruch - frühestens - mit Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres unterging (§ 29 Nr. 10 Abs. 1 Satz 1 MTV UKGM).

20I. Für die Jahre 2013 bis 2016 erwarb der Kläger jeweils am 1. Januar des Urlaubsjahres einen Anspruch auf 33 Arbeitstage Urlaub. Der Urlaubsanspruch folgte aus der tariflichen Regelung des § 29 Nr. 3 Abs. 1 MTV UKGM iVm. der Besitzstandsklausel in der Anlage 1b zu diesem Tarifvertrag und Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO 1982. Diese Bestimmungen sind auf den Kläger so anzuwenden, als hätte er bereits bei Inkrafttreten des MTV UKGM das 50. Lebensjahr vollendet gehabt.

211. Bis zum Inkrafttreten des MTV UKGM am bestimmte sich der Urlaubsumfang des Klägers nach Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO 1982.

22a) Die Regelung in Art. III § 1 TV zu § 71 BAT fand ursprünglich kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem Land Hessen Anwendung. Die dort geregelte dynamische tarifvertragliche Verweisung auf die zu diesem Zeitpunkt gültige HUrlVO 1982 ist aufgrund des engen sachlichen Zusammenhangs (vgl.  - Rn. 20) zulässig und bewirkt, dass die in Bezug genommene HUrlVO 1982 inkorporierter Teil des Verweisungstarifvertrags wird. Mit einer - dynamischen - tarifvertraglichen Verweisung auf eine gesetzliche Bestimmung ist keine eigenständige und normative Geltung der in Bezug genommenen Bestimmung verbunden. Der verweisende Tarifvertrag und die in Bezug genommene Rechtsnorm bilden eine Einheit. Die Normen des in Bezug genommenen Regelungswerks sind Teil der Normen des Verweisungstarifvertrags (vgl. zu einer tarifvertraglichen Verweisung auf einen anderen Tarifvertrag  - Rn. 25).

23b) Nach Beendigung der Mitgliedschaft des Landes Hessen als Rechtsvorgänger der Beklagten in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder zum galt der TV zu § 71 BAT nach § 3 Abs. 3 TVG bis zu seiner Beendigung am weiter.

24aa) Die von den Tarifvertragsparteien mit ihrer Verweisung vorgenommene Verknüpfung des TV zu § 71 BAT und § 4 HUrlVO 1982 zu einem Regelungswerk hat weitreichende Folgen für den zeitlichen Umfang der Nachgeltung. Nach ständiger Rechtsprechung zu § 3 Abs. 3 TVG bewirkt jede Änderung des Tarifvertrags dessen Beendigung. Dafür genügt jede Änderung der durch den nachbindenden Tarifvertrag geschaffenen materiellen Rechtslage (vgl.  - Rn. 31, BAGE 159, 222; - 4 AZR 8/10 - Rn. 26 mwN). Soweit der Arbeitgeber an den inkorporierenden Verweisungstarifvertrag - wie hier nach Verbandsaustritt - nur noch nach § 3 Abs. 3 TVG nachgebunden ist, führt deshalb jede Änderung, Ergänzung oder Ersetzung der inkorporierten Normen zum Ende der - normativen - Geltung des Verweisungstarifvertrags. Ist aufgrund einer solchen Änderung das Ende des Tarifvertrags eingetreten, bleibt die Tarifgebundenheit an den Verweisungstarifvertrag nicht länger normativ nach § 3 Abs. 3 TVG bestehen (vgl. zu einer tarifvertraglichen Verweisung auf einen anderen Tarifvertrag  - Rn. 26 mwN).

25bb) Danach endete der TV zu § 71 BAT iSv. § 3 Abs. 3 TVG mit dem Außerkrafttreten der inkorporierten HUrlVO 1982 am . Die Tarifgebundenheit an den Verweisungstarifvertrag war seither nicht mehr normativ.

26cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten wirkt der TV zu § 71 BAT einschließlich der inkorporierten HUrlVO 1982 über diesen Zeitpunkt hinaus nach. Dem steht nicht entgegen, dass die HUrlVO 1982 mit Ablauf des außer Kraft getreten ist.

27(1) Tarifverträge wirken kraft Gesetzes (§ 4 Abs. 5 TVG) nur grundsätzlich nach. Die Tarifvertragsparteien können die Nachwirkung wirksam ausschließen. Das kann ausdrücklich oder auch konkludent geschehen ( - Rn. 33 mwN, BAGE 141, 288).

28(2) Die Bezugnahme auf die „jeweils geltenden Vorschriften“ in Art. III § 1 TV zu § 71 BAT ist nicht dahin zu verstehen, dass die HUrlVO stets nur befristet inkorporiert und eine Nachwirkung konkludent ausgeschlossen wird. Der TV zu § 71 BAT hat lediglich für die Dauer des Erholungsurlaubs auf die für die Beamten des Landes Hessen jeweils geltenden Vorschriften verwiesen und damit allein § 4 HUrlVO 1982 zum Gegenstand des Tarifvertrags gemacht. Insoweit sollten die allgemeinen Bestimmungen des BAT über die Dauer des Urlaubs für die Tarifangestellten im Land Hessen unanwendbar sein und die Regelungen für die Beamten „an die Stelle von § 48 Abs. 1 BAT und von Nr. 12 der SR 2a BAT“ treten. Hierdurch sollte die Urlaubsdauer der Angestellten an die der Beamten angeglichen werden. Die Auslegung der Beklagten, dass mit dem bloßen Außerkrafttreten des Verweisungsobjekts nach Wegfall der Tarifgebundenheit die für unanwendbar erklärten allgemeinen Bestimmungen des BAT über die Urlaubsdauer gelten oder die Arbeitnehmer ggf. sogar auf den gesetzlichen Mindesturlaub zurückfallen, steht in einem unauflösbaren Widerspruch zu dem Angleichungszweck der Tarifnorm. Ein darauf gerichteter Regelungswille der Tarifvertragsparteien hätte deutlicher Anhaltspunkte bedurft. Diese sind vorliegend nicht ersichtlich.

292. Die Urlaubsstaffelung des Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO 1982, die dem Kläger einen um drei Tage geringeren Urlaubsanspruch einräumt als Arbeitnehmern, die älter als 50 Jahre sind, verstieß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG und war deshalb nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Dies hatte zur Folge, dass der Kläger bereits vor Vollendung seines 50. Lebensjahres in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 33 Arbeitstage Urlaub hatte.

30a) Der Senat hat bereits entschieden, dass der vor Inkrafttreten des AGG vereinbarte Art. III § 1 TV zu § 71 BAT, der den Regelungsgehalt des § 4 HUrlVO 1982 zum Inhalt der Tarifregelung gemacht hat, am Maßstab des AGG zu messen ist ( - Rn. 19).

31b) Die tarifliche Urlaubsstaffelung, die dem Arbeitnehmer, der das 40., aber noch nicht das 50. Lebensjahr vollendet hat, einen drei Tage geringeren Urlaubsanspruch einräumt, enthält eine unmittelbare Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG. Die Tarifnorm knüpft die Dauer des dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubs an dessen Lebensalter und behandelt Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unmittelbar wegen des Alters anders als Arbeitnehmer, die älter als 50 Jahre sind (vgl.  - Rn. 15; - 9 AZR 529/10 - Rn. 14 f., BAGE 141, 73).

32c) Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

33aa) Bei ihr handelt es sich nicht um eine nach § 8 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen. Die Urlaubsstaffelung des Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO 1982 knüpft nicht an die Art der auszuübenden Tätigkeit oder die Bedingungen ihrer Ausübung an. Sie stellt nicht auf die Art der auszuübenden Tätigkeit ab und beansprucht damit die Geltung für alle dem Art. III § 1 TV zu § 71 BAT unterfallenden Arbeitnehmer (vgl.  - Rn. 17).

34bb) Die Ungleichbehandlung ist auch nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt.

35(1) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. Beides ist im Hinblick auf das konkret angestrebte Ziel zu beurteilen. Die Mittel sind deshalb nur dann angemessen und erforderlich, wenn sie es erlauben, das mit der unterschiedlichen Behandlung verfolgte Ziel zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Arbeitnehmer zu führen, die wegen ihres Alters benachteiligt werden, und die Maßnahme nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist ( - Rn. 19 mwN).

36(2) § 10 Satz 1 AGG definiert nicht, was unter einem legitimen Ziel zu verstehen ist. Für die Konkretisierung des Begriffs ist deshalb auf Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG zurückzugreifen (vgl.  - Rn. 33, BAGE 159, 92). § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht. Der deutsche Gesetzgeber hat den Text der Richtlinie nahezu wörtlich in das nationale Recht übernommen. Dessen Regelungen sind unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen ( - aaO mwN). Ziele, die als legitim iSv. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, sind auch legitime Ziele iSv. § 10 Satz 1 AGG. Sie sind geeignet, unmittelbare Benachteiligungen wegen des Alters zu rechtfertigen ( - aaO).

37(3) Zu den legitimen Zielen in diesem Sinne gehört auch der Schutz älterer Arbeitnehmer. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG konkretisiert das Ziel durch eine Aufzählung von Maßnahmen, die zu diesem Zweck ergriffen werden dürfen. Der Schutz kann erreicht werden, wenn besondere Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen festgelegt werden ( - Rn. 34, BAGE 159, 92; vgl. auch  - Rn. 22). Dazu können zusätzliche Urlaubstage in Abhängigkeit vom Lebensalter gehören. Notwendig ist jedoch, dass mit zunehmendem Alter ein erhöhtes Erholungsbedürfnis entsteht, das durch die konkrete Regelung der Urlaubsansprüche gefördert wird. Die Regelung darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um diesen Zweck zu erreichen. Diese Umstände hat der Arbeitgeber im Prozess darzulegen. Er genügt der Darlegungslast nicht bereits dann, wenn er allgemein geltend macht, die Regelung diene dem Schutz älterer Arbeitnehmer. Er hat substanziierten Sachvortrag zu leisten ( - aaO; - 9 AZR 534/15 - Rn. 20).

38(4) Die unmittelbare Benachteiligung des Klägers ist nach diesen Grundsätzen nicht gerechtfertigt. Es ist nicht dargelegt, dass die sich aus der Urlaubsstaffelung ergebende Ungleichbehandlung wegen des Alters durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist.

39(a) Die Tarifvertragsparteien haben das mit der Verweisungsnorm des Art. III § 1 TV zu § 71 BAT verfolgte Ziel nicht ausdrücklich bezeichnet. Nennt eine Regelung oder Maßnahme kein Ziel, müssen zumindest aus dem Kontext abgeleitete Anhaltspunkte die Feststellung des hinter der Regelung oder der Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, um die Legitimität des Ziels sowie die Angemessenheit und die Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüfen zu können. Dabei können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die sozialpolitischen Ziele als legitim angesehen werden, die im allgemeinen Interesse stehen. Derjenige, der eine Ungleichbehandlung vornimmt, muss den nationalen Gerichten in geeigneter Weise die Möglichkeit zur Prüfung einräumen, ob mit der Ungleichbehandlung ein Ziel angestrebt wird, das die Ungleichbehandlung unter Beachtung der Ziele der Richtlinie 2000/78/EG rechtfertigt (vgl.  - [Age Concern England] Rn. 45 ff.). Denn das nationale Gericht hat zu prüfen, ob die Regelung oder Maßnahme ein rechtmäßiges Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt. Gleiches gilt für die Frage, ob die Tarifvertragsparteien als Normgeber angesichts des vorhandenen Wertungsspielraums davon ausgehen durften, dass die gewählten Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich waren (vgl. und C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 39; - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 49 ff.; vgl. auch  - Rn. 22 mwN). Das in Art. 28 GRC proklamierte Recht auf Kollektivverhandlungen muss im Geltungsbereich des Unionsrechts im Einklang mit diesem ausgeübt werden. Wenn die Sozialpartner Maßnahmen treffen, die in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG fallen, die für Beschäftigung und Beruf das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters konkretisiert, müssen sie daher unter Beachtung dieser Richtlinie vorgehen ( - [Prigge ua.] Rn. 47 f. mwN).

40(b) Wenn eine Tarifregelung die Urlaubsdauer nach dem Lebensalter staffelt, liegt die Annahme nahe, die Tarifvertragsparteien hätten einem mit zunehmenden Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Arbeitnehmer Rechnung tragen wollen. Diese Annahme darf freilich nicht durch die konkrete Wahl der Altersgrenze(n) widerlegt werden ( - Rn. 23 mwN).

41(c) Die Beklagte hat pauschal darauf verwiesen, dass die Tarifvertragsparteien mit der Zubilligung zusätzlicher drei Urlaubstage für Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, deren höherem Erholungsbedürfnis und längerer Regenerationszeit Rechnung tragen und damit dem Gesundheitsschutz dienen wollten. Bei sämtlichen Arbeitnehmern, die älter als 50 Jahre sind, läge ein gegenüber jüngeren Arbeitnehmern erhöhtes Erholungsbedürfnis vor. Die physische Belastbarkeit eines Menschen nehme mit zunehmendem Alter ab, die Krankheitsanfälligkeit hingegen zu. Mit dieser Begründung hat die Beklagte die ihr obliegende Darlegungslast nicht erfüllt. Sie hat nicht dargetan, aufgrund welcher konkreten Umstände unter Berücksichtigung des den Tarifvertragsparteien zustehenden Ermessensspielraums (vgl.  - Rn. 18, BAGE 149, 315) und ihrer grundsätzlichen Befugnis zur Generalisierung und Typisierung bei der Gruppenbildung (vgl. hierzu  - Rn. 28, BAGE 149, 297) anzunehmen ist, dass bei sämtlichen tarifunterworfenen Arbeitnehmern, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von ihrer ausgeübten Tätigkeit ein gegenüber anderen Arbeitnehmern erhöhtes Erholungsbedürfnis vorliegen soll.

42(aa) Der von der Beklagten behauptete Erfahrungssatz, infolge einer Abnahme der physischen Belastbarkeit sei bei Arbeitnehmern, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, generell, dh. beschäftigungsgruppenübergreifend von einem erhöhten Urlaubsbedürfnis und einer längeren Regenerationszeit auszugehen, existiert in dieser Allgemeinheit nicht. Die Abnahme körperlicher Fähigkeiten, die auch altersbedingt sein kann ( - Rn. 24 mwN), bedeutet nicht, dass diese unabhängig vom Berufsbild zu einem in bestimmtem Umfang erhöhten Erholungsbedürfnis führt, das zudem an bestimmten Altersstufen festgemacht werden könnte ( - Rn. 25; - 9 AZR 659/14 - Rn. 26). Zwar führt die Beklagte zum Vorliegen eines erhöhten Erholungsbedürfnisses älterer Arbeitnehmer aus, dass diese im Klinikbereich tätig und deshalb durch ungünstige Arbeitszeiten mit Wechselschichtarbeit, Nachtarbeit und Arbeit an Wochenenden und Feiertagen belastet seien. Belastend sei zudem der ständige Umgang mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen unter einem auf wirtschaftliche Zwänge zurückzuführenden Zeitdruck. Besonders im Pflegebereich beständen schwere körperliche Belastungen. Diese speziell auf den Klinikbereich bezogenen Ausführungen lassen unberücksichtigt, dass Art. III § 1 TV zu § 71 BAT nicht auf im Klinikbereich beschäftigte Arbeitnehmer begrenzt war, sondern für sämtliche (tarifgebundenen) Angestellten des Landes Hessen galt. Die Tarifnorm räumte mithin allen älteren Tarifangestellten des Landes Hessen unabhängig von der ausgeübten Tätigkeit und den bestehenden körperlichen Anforderungen einen erhöhten Urlaubsanspruch ein.

43(bb) Im Übrigen galt die tarifliche Regelung auch für Arbeitnehmer, die bei Vollendung des 50. Lebensjahres noch nicht längere Zeit im öffentlichen Dienst tätig waren. Die Begünstigung dieser Arbeitnehmer lässt sich jedenfalls nicht damit rechtfertigen, dass sie generell länger den dortigen Belastungen im Allgemeinen oder denen im Klinikbetrieb im Besonderen ausgesetzt gewesen seien (vgl.  - Rn. 25).

44(d) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die unmittelbare Benachteiligung des Klägers nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Anlage 1b zum MTV UKGM eine diskriminierungsfreie Urlaubsregelung schaffe, die zugleich den Besitzstand zum Stichtag wahre.

45(aa) Den Besitzstand einer Personengruppe zu wahren, kann zwar ein Ziel sein, dass eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters rechtfertigt (vgl.  ua. - [Specht ua.] Rn. 64). Wird eine altersdiskriminierende Regelung abgeschafft, kann es gerechtfertigt sein, den begünstigten Arbeitnehmern die bislang aus ihr folgenden Vorteile für einen Übergangszeitraum zu belassen (vgl.  - [Unland] Rn. 46, 49; - C-530/13 - [Schmitzer] Rn. 42; - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs und Mai] Rn. 90, 92, 98;  - Rn. 35 mwN, BAGE 159, 92). Das Ziel der Besitzstandswahrung kann jedoch keine Maßnahme rechtfertigen, mit der eine Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig festgeschrieben wird, die durch die Reform eines diskriminierenden Systems, zu der diese Maßnahme gehört, beseitigt werden soll. Eine solche Maßnahme ist, auch wenn sie die Wahrung des Besitzstands und den Schutz des berechtigten Vertrauens der vom früheren System begünstigten Arbeitnehmer sicherstellen kann, nicht geeignet, für die vom früheren System benachteiligten Arbeitnehmer ein diskriminierungsfreies System zu schaffen (vgl.  - [Starjakob] Rn. 39; - C-530/13 - [Schmitzer] Rn. 44;  - Rn. 36, aaO).

46(bb) Das von der Beklagten vorgetragene Argument einer (vorübergehenden) Besitzstandswahrung als Rechtfertigungsgrund für die unmittelbare Benachteiligung des Klägers ist daher nicht belastbar. Da die Besitzstandsklausel in der Anlage 1b zum MTV UKGM keiner zeitlichen Beschränkung unterliegt, werden die am erworbenen Urlaubsansprüche dadurch dauerhaft fortgeschrieben. Dies wiederum bewirkt, dass die Ungleichbehandlung wegen des Alters endgültig festgeschrieben wird. Der nach der Anlage 1b zum MTV UKGM nach Beschäftigungsjahren zu berechnende Urlaubsumfang beträgt höchstens 30 Urlaubstage und kann somit den 33 Arbeitstage Urlaub umfassenden Besitzstand der Arbeitnehmer, die am das 50. Lebensjahr vollendet hatten, nicht erreichen.

47(5) Die Rüge, der angebotene Zeugenbeweis sei nicht erhoben und die Beklagte dadurch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt worden, ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Allein die Verfahrensrüge, ein Beweis sei nicht erhoben worden, ist unzureichend, wenn die Beklagte - wie hier - nicht vorgetragen hat, wo und bei welcher Gelegenheit sie ein den Anforderungen des § 373 ZPO entsprechendes Beweisangebot gemacht habe (vgl.  - Rn. 38 mwN). Entsprechendes gilt für die Rüge, ein Sachverständigengutachten zu von ihr bezeichneten Punkten sei nicht eingeholt worden.

483. Die nicht gerechtfertigte unmittelbare Benachteiligung des Klägers führt dazu, dass diesem im Kalenderjahr 33 Arbeitstage Urlaub zustehen. Zwar folgt aus § 7 Abs. 2 AGG nur, dass die diskriminierende Regelung unwirksam ist. Jedoch kann die Beseitigung der Diskriminierung vorliegend nur durch eine „Anpassung nach oben“ erfolgen. Die begünstigende Regelung bleibt das einzige gültige Bezugssystem, solange - wie hier - das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist (vgl. ausf.  - Rn. 44 ff., BAGE 159, 92; - 9 AZR 534/15 - Rn. 29 ff.).

49II. Der aufgrund einer „Anpassung nach oben“ erhöhte Urlaubsanspruch bleibt dem Kläger auch nach dem Inkrafttreten des aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren MTV UKGM erhalten. Satz 1 der Besitzstandsklausel in der Anlage 1b zum MTV UKGM unterfallen nicht nur diejenigen Arbeitnehmer, die entsprechend dem Wortlaut von Art. III § 1 TV zu § 71 BAT iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO 1982 einen erhöhten Urlaubsanspruch hatten, sondern auch diejenigen Arbeitnehmer, die aufgrund einer „Anpassung nach oben“ Inhaber eines erhöhten Urlaubsanspruchs waren. Dies hat der Senat bereits in einem früheren zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit entschieden (vgl. ausf.  - Rn. 27 ff.). Neue Gesichtspunkte, die eine hiervon abweichende Auslegung gebieten, liegen nicht vor. Der Umstand, dass wegen des Austritts des Landes Hessen als Rechtsvorgänger der Beklagten aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder § 4 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO 1982 und nicht § 5 Abs. 1 Satz 2 HUrlVO 2006 maßgeblicher Bezugsgegenstand der Verweisungsnorm des (nachwirkenden) Art. III § 1 TV zu § 71 BAT ist, führt zu keinem abweichenden Auslegungsergebnis. Denn durch die Besitzstandsklausel soll verhindert werden, dass Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MTV UKGM einen höheren Urlaubsanspruch hatten, durch das neue Tarifregime schlechter gestellt werden ( - Rn. 30). Von diesem Regelungszweck werden auch Arbeitnehmer erfasst, denen ein erhöhter Urlaubsanspruch aus Gründen der Gleichbehandlung zusteht. Auch für diese besteht das von den Tarifvertragsparteien anerkannte Bedürfnis, durch das Inkrafttreten des MTV UKGM gegen eine Absenkung ihres bisherigen Urlaubsanspruchs geschützt zu werden.

50III. Die Beklagte befand sich mit der Gewährung von jeweils drei Arbeitstagen Urlaub für die Jahre 2013 bis 2016 in Verzug.

511. Für eine nach § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB den Schuldnerverzug begründende Mahnung ist grundsätzlich erforderlich, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangt, ihm für einen bestimmten Zeitraum Urlaub zu gewähren ( - Rn. 13 mwN, BAGE 138, 58). Es kann aber auch ausreichen, dass der Arbeitnehmer verlangt, ihm den Urlaub zu gewähren. In diesem Fall überlässt er dem Arbeitgeber die Festlegung des Urlaubszeitraums ( - aaO). Nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB tritt der Verzug ein, ohne dass es einer Mahnung bedarf, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. An das Vorliegen einer ernsthaften und endgültigen Leistungsverweigerung sind in der Regel strenge Anforderungen zu stellen. Eine Leistungsverweigerung liegt vor, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen. Dies ist regelmäßig nur anzunehmen, wenn dieser sich beharrlich weigert, die Leistung zu erbringen. In diesem Fall entbehrt die Mahnung ihres Sinnes, den Schuldner zu vertragsgerechtem Verhalten anzuhalten ( - Rn. 12). Führen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Rechtsstreit über die Gewährung zusätzlichen Urlaubs für ein oder mehrere bestimmte Urlaubsjahre, stellt sich die streitige Rechtsfrage jedoch in gleicher Weise für die Urlaubsansprüche der Folgejahre, kann das Verhalten des Arbeitgebers in diesem Rechtsstreit für den Arbeitnehmer den Rückschluss zulassen, er werde ihm den erhöhten Urlaub für die Folgejahre auch dann nicht gewähren, wenn er dazu ausdrücklich aufgefordert würde. Beziehen sich die Verteidigungsmittel des Arbeitgebers nicht ausschließlich auf die Besonderheiten des streitgegenständlichen Urlaubs eines einzelnen Kalenderjahres, sondern stellt er das Bestehen des erhöhten Urlaubsanspruchs grundsätzlich infrage, entbehrt eine Mahnung regelmäßig ihres Sinnes. Sie erwiese sich in diesem Falle als eine bloße Förmelei, weil der Arbeitnehmer damit rechnen müsste, dass der Arbeitgeber einem entsprechenden Urlaubsverlangen ohnehin nicht nachkommen werde. Bestreitet der Arbeitgeber somit im Prozess das Bestehen eines erhöhten Urlaubsanspruchs grundsätzlich, liegt darin regelmäßig die ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung des Arbeitgebers als Schuldner der im Streit stehenden Anzahl der Urlaubstage auch für die Folgejahre.

522. Voraussetzung des Verzugs bleibt jedoch in diesen Fällen, dass der Anspruch des Gläubigers entstanden (vgl.  - Rn. 46) und fällig (vgl.  - Rn. 11) ist. Eine grundlose endgültige Weigerung des Schuldners, eine noch nicht entstandene oder nicht fällige Verpflichtung aus dem Vertragsverhältnis zu erfüllen, führt dabei nicht dazu, dass die Leistung vorzeitig fällig wird und der Schuldner sofort in Verzug gerät (vgl.  - aaO).

533. Die Beklagte befand sich danach mit der Gewährung von jeweils drei Arbeitstagen Urlaub aus den Jahren 2013 bis 2016 in Verzug.

54a) Für die Jahre 2014 bis 2016 hat der Kläger diese Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht.

55aa) Er hat mit Schreiben vom und vom für einen fest umrissenen Zeitraum (17. bis bzw. 28. bis ) die Gewährung von Urlaub verlangt. Der Umstand, dass die Schreiben die Zusätze „bzw. Übertrag auf das nächste Jahr“ und „bzw. Übertrag auf 2016“ enthielten, steht einer ordnungsgemäßen Geltendmachung nicht entgegen. Die Beklagte musste diesen Hinweis wegen der - nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl.  (A) - Rn. 13) - grundsätzlich bestehenden Befristung des Urlaubsanspruchs auf das Kalenderjahr so verstehen, dass der Urlaub nur dann in das Folgejahr übertragen werden sollte, wenn dessen Gewährung im beantragten Zeitraum dringende betriebliche Gründe iSv. § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG entgegenstanden.

56bb) Seinen Urlaubsanspruch für das Jahr 2016 machte der Kläger mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am zugestellten Klage rechtzeitig innerhalb des laufenden Urlaubsjahres geltend.

57b) Zur Begründung des Verzugs mit der Erfüllung des Urlaubsanspruchs aus dem Jahr 2013 bedurfte es gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB keiner Mahnung. Die Beklagte hat in dem Vorprozess, in dem die Parteien über (Ersatz-)Urlaub für die Jahre 2009 bis 2012 gestritten haben, das Bestehen eines erhöhten Urlaubsanspruchs aufgrund Gleichbehandlung grundsätzlich in Abrede gestellt. Spätestens durch den Klageabweisungsantrag im Termin zur Kammerverhandlung vor dem Arbeitsgericht am hat sie zum Ausdruck gebracht, auch den zu diesem Zeitpunkt bereits entstandenen und fälligen erhöhten Urlaubsanspruch des Klägers für das Jahr 2013, der ebenfalls unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Benachteiligung wegen des Alters besteht und damit auf demselben Rechtsgrund beruht, nicht gewähren zu wollen. Darin lag eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung der Beklagten als Schuldnerin des Urlaubsanspruchs, die eine Mahnung des Klägers, falls es an ihr gefehlt haben sollte, entbehrlich machte.

58C. Der Anspruch des Klägers auf Gewährung von jeweils drei Arbeitstagen Ersatzurlaub für die Jahre 2013 bis 2016 ist nicht aufgrund der Ausschlussfristenregelung in § 34 Nr. 1 MTV UKGM verfallen. Der Anspruch auf Ersatzurlaub, der als Schadensersatz an die Stelle des verfallenen Urlaubsanspruchs tritt, unterliegt keinen Ausschlussfristen (grdl.  - Rn. 35 ff.). Deshalb war der Kläger nicht gehalten, seine Ersatzurlaubsansprüche innerhalb der Ausschlussfrist des § 34 Nr. 1 MTV UKGM geltend zu machen.

59D. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2018:111218.U.9AZR161.18.0

Fundstelle(n):
BAAAH-11677