Kein Vorsteuerabzug aus einer Rechnung bei Nichterreichbarkeit des Rechnungsausstellers unter der in der Rechnung angegebenen
Adresse
keine steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung von Edelmetallen an eine zypriotische Limited bei unterbliebenem Nachweis
der Bevollmächtigung der für die Limited aufgetretenen Personen
Leitsatz
1. Nach neuerer Rspr. des BFH im Anschluss an das und C-375/16) sind § 15 Abs. 1 S. 1
Nr. 1 i. V. m. § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass der Vorsteuerabzug nicht den Besitz
einer Rechnung mit der Anschrift des leistenden Unternehmers voraussetzt, unter der er seine wirtschaftlichen Tätigkeiten
ausübt. Vielmehr reicht jede Art von Anschrift einschließlich einer Briefkastenanschrift aus, sofern der Unternehmer unter
dieser Anschrift erreichbar ist, insbesondere postalisch (vgl. ; v. , V R 25/15
und V R 28/16); insoweit genügt eine nur telefonische Erreichbarkeit nicht (Ausführungen zu den für die Erreichbarkeit maßgeblichen
Kriterien).
2. Kommt der Unternehmer den Nachweispflichten für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht oder
nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte
Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung
auszugehen, z. B. wenn nicht feststeht, dass die Lieferung gem. § 6a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a und Nr. 3 UStG an einen zur
Erwerbsbesteuerung verpflichteten Unternehmer erfolgt ist (im Streitfall: Lieferung an eine nicht durch ihre legitimierten
Organe, sondern durch Personen vertretene zypriotische Limited, deren Bevollmächtigung für die Limited nicht nachgewiesen
worden ist).
3. Der Buchnachweis ist widerlegt, wenn nicht feststeht, dass die als Abnehmer aufgezeichnete Ltd. tatsächlich Abnehmer der
Lieferung war, weil eine Vollmacht der in ihrem Namen aufgetretenen Personen nicht nachgewiesen ist. Folglich kann die buchmäßige
aufgezeichnete Angabe des (vermeintlichen) Abnehmers und dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer die Abnehmereigenschaft
nicht bezeugen, weshalb die Beweiskraft dieser buchmäßigen Aufzeichnung entfällt (vgl. ,
BStBl 2018 II S. 501) und es nicht zu einer Inanspruchnahme der Steuerfreiheit auf formeller Beweisgrundlage kommt.
4. Die Voraussetzungen des Vertrauensschutzes nach § 6a Abs. 4 UStG sind im Ergebnis einer Gesamtwürdigung aller Umstände
nicht erfüllt, wenn es um den Verkauf hochwertiger Wirtschaftsgüter (Edelmetalle) mit einem erheblichen Umsatzvolumen (insgesamt
mehr als 470.000 EUR) ging, es sich darüber hinaus bei der zypriotischen Limited als vermeintlicher Vertragspartnerin um ein
Unternehmen handelte, zu dem die Klägerin zuvor noch keine Geschäftsbeziehung unterhalten hatte, und wenn die Klägerin gleichwohl
nicht überprüft hat, ob die im Namen der Ltd. aufgetretenen Personen über eine Vollmacht verfügten.
Fundstelle(n): VAAAH-10561
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