Bewertung der Taten bei dem Straftatbestand der Misshandlung von Schutzbefohlenen
Gesetze: § 223 StGB, § 225 Abs 1 Nr 1 StGB
Instanzenzug: LG Detmold Az: 21 KLs 42/17
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Detmold vom wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Dass die Strafkammer die verschiedenen massiven Gewalthandlungen des Angeklagten zum Nachteil seines im Tatzeitraum zwei Monate alten Kindes nicht jeweils als ein rohes Misshandeln im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB bewertet hat (vgl. dazu , Rn. 4 mwN), beschwert den Angeklagten nicht. Durch die Feststellung, dass das Tatopfer in dem kurzen, insgesamt nur ca. einmonatigen Tatzeitraum infolge der wiederholten Gewalthandlungen des Angeklagten an länger andauernden, wiederkehrenden Schmerzen litt, was dem Angeklagten auch bewusst war und von ihm billigend in Kauf genommen wurde, wird auch ein Quälen im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB hinreichend belegt.
Quälen im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB bedeutet das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender (erheblicher) Schmerzen oder Leiden körperlicher oder seelischer Art. Es wird im Allgemeinen durch mehrere Tathandlungen bewirkt, wobei oft erst deren ständige Wiederholung den besonderen Unrechtsgehalt des Quälens verwirklicht. Die zugefügten Schmerzen oder Leiden müssen dabei über die typischen Auswirkungen einzelner Körperverletzungshandlungen hinausgehen und der Vorsatz des Täters sich auch hierauf erstrecken (vgl. , NStZ-RR 2015, 369, 370; Beschluss vom – 4 StR 11/15, StV 2016, 434; Beschluss vom – 4 StR 561/11, NStZ 2013, 466, 467; Beschluss vom – 2 StR 470/06, Rn. 5 [insoweit in NStZ 2007, 720 nicht abgedruckt]). Das Erfordernis, dass die zugefügten Schmerzen oder Leiden über die typischen Auswirkungen der einzelnen Körperverletzungshandlungen hinausgehen müssen, ist dabei insbesondere dann von Bedeutung, wenn die einzelnen Körperverletzungshandlungen für sich genommen eher niederschwellig sind (vgl. den Sachverhalt in , NStZ 2013, 466 ff.) und erst deren ständige Wiederholung den gegenüber § 223 StGB gesteigerten Unrechtsgehalt ausmacht (vgl. , NStZ 2017, 282, 284 mwN). Bringt der Täter – wie hier – dem Tatopfer vorsätzlich in enger Folge mehrere schwere Verletzungen (zeitverschiedene handgelenksnahe Speichenfrakturen auf beiden Seiten, metaphysäre Kantenabrisse an beiden Oberschenkelknochen, Schlüsselbeinfraktur, Unterschenkelschaftfraktur am Schien- und Wadenbein, Hirngewebsverletzungen, tiefe Verbrühung am Mundboden u.a.) bei, die jeweils schon für sich zu länger dauernden und erheblichen Schmerzen führen, sodass die neu zugefügten Schmerzen und Leiden zu noch nicht oder gerade abgeklungenen Schmerzen und Leiden aus früheren Gewalthandlungen hinzutreten oder sich an diese anschließen, ist auch damit ein Quälen im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB gegeben.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Franke
Quentin
Feilcke
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:101018B4STR414.18.0
Fundstelle(n):
NAAAH-09039