OFD Nordrhein-Westfalen - akt. Kurzinfo ESt 9/2014

Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben i. S. d. § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG; USt-Vorauszahlungen

Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die bei dem Stpfl. kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr geleistet (vgl. § 11 Abs. 1 S. 2 i. V. m. Abs. 2 S. 2 EStG). Die nachfolgend dargestellte Rechtslage für die steuerliche Behandlung von USt-Vorauszahlungen, die gem. , BStBl 2008 II S. 282, als regelmäßig wiederkehrende Ausgaben in diesem Sinne anzusehen sind, gilt ausnahmslos für alle offenen Fälle. Billigkeitsmaßnahmen aus sachlichen Gründen kommen nicht in Betracht. Insbesondere liegt keine Verletzung der Fürsorgepflicht im Sinne des § 89 Abs. 1 S. 1 AO vor, weil das Finanzamt nur dann die Berichtigung von Erklärungen anregen soll, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unrichtig abgegeben worden sind. Von einer Offensichtlichkeit ist bei einem fehlerhaften Ansatz von Umsatzsteuervorauszahlungen als Betriebsausgaben nicht auszugehen, weil solche Fehler erst durch konkrete Prüfung und Sichtung des Erhebungskontos erkennbar werden.

1. Fälligkeit und Zahlung innerhalb kurzer Zeit

Als kurze Zeit i. S. d. § 11 EStG ist ein Zeitraum bis zu 10 Tagen anzusehen. Innerhalb dieses Zeitraumes müssen die Zahlungen fällig und geleistet worden sein (H 11 „Allgemeines” EStH 2016); beide Voraussetzungen (Fälligkeit und Abfluss) müssen kumulativ vorliegen.

In folgenden Fällen findet § 11 Abs. 2 S. 2 EStG daher keine Anwendung, weil nur die Zahlung innerhalb kurzer Zeit nach Ende des Kalenderjahres erfolgt ist, der Fälligkeitszeitpunkt aber außerhalb des Zeitraums liegt:

Umsatzsteuer Dezember 2012, Fälligkeit , Zahlung

Umsatzsteuer III. Quartal 2012, Fälligkeit , Zahlung .

2. Keine Verlängerung des 10-Tages-Zeitraums

Der 10-Tages-Zeitraum kann auch in besonderen Einzelfällen nicht erweitert werden ( , BFH/NV 2003, 169).

Die Verwaltungsauffassung, nach der eine Umsatzsteuerzahlung nicht im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit abgezogen werden darf, wenn sich die gesetzliche Fälligkeit aufgrund von § 108 Abs. 3 AO auf den nachfolgenden Werktag und damit ein Datum nach dem 10.01. verschiebt, [1] ist durch Veröffentlichung des , BStBl 2018 II S. 781 überholt. In allen offenen Fällen ist nunmehr auch eine Umsatzsteuervorauszahlung, die innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Kalenderjahres gezahlt wird, im Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit abziehbar, wenn der 10. Januar des Folgejahres auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt. Die Verlängerung der gesetzlichen Frist des § 18 UStG durch § 108 Abs. 3 AO auf den nächstfolgenden Werktag und damit auf einen Zeitpunkt nach dem 10. Januar ist für § 11 EStG ohne Bedeutung.

Einsprüche, die bisher wegen der Revisionsverfahren unter den Az. X R 44/16, X R 2/17, VIII R 23/17 und VIII R 10/18 gemäß § 363 Abs. 2 S. 2 AO ruhend gestellt worden sind, können aufgrund der Veröffentlichung der Entscheidung zum Aktenzeichen X R 44/16 nunmehr entschieden werden.

3. Besonderheiten beim Lastschrifteinzug, bei Überweisungen und Scheckzahlung

Bei Erteilung einer Lastschrifteinzugsermächtigung ist der Abfluss i. S. d. § 11 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 2 EStG unabhängig von einer späteren tatsächlichen Inanspruchnahme durch das Finanzamt und einer Widerrufsmöglichkeit des Stpfl. im Zeitpunkt der Fälligkeit der USt-Vorauszahlung anzunehmen, soweit das betreffende Konto im Fälligkeitszeitpunkt eine hinreichende Deckung aufweist. Der Stpfl. hat zu diesem Zeitpunkt von sich aus durch Erteilung der Lastschrifteinzugsgenehmigung und Abgabe der entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldung alles Erforderliche getan, um den Leistungserfolg herbeizuführen. Auf den tatsächlichen Erfüllungszeitpunkt kommt es dabei nicht an. Daher ist die Zahllast einer am 10. Januar fälligen (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG), aber später eingezogenen USt-Vorauszahlung regelmäßig im vorangegangenen Kalenderjahr als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (so z. B. und ) .

Wegen des Abflusszeitpunkts bei Scheckzahlung bzw. bei Überweisung vom laufenden Konto des Stpfl. Hinweis auf H 11 Scheck EStH 2016 bzw. H 11 Überweisung EStH 2016 und ESt-Kartei NW § 11 EStG , Nr. 2000.

4. Änderung bestandskräftiger Bescheide

Wegen der Frage der Änderung/Berichtigung bestandskräftiger Steuerbescheide in Fällen, in denen USt-Vorauszahlungen bei der Ermittlung der Einkünfte des Jahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu Unrecht nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten berücksichtigt worden sind, Hinweis auf die Kurzinformation Verfahrensrecht Nr. 03/2015 vom 12.05.2015 .

5. Abgleich der Erhebungsdaten zur USt mit der Anlage EÜR

Die im Rahmen der Anlage EÜR bereitgestellten, aus der Erhebung ermittelten Werte für Erstattungen und Zahlungen von Umsatzsteuern als Betriebseinnahmen bzw. -ausgaben können nur zukünftig unter Beachtung der neuen Verwaltungsauffassung (siehe Punkt 2) ermittelt werden; eine rückwirkende Korrektur der Daten ist technisch nicht möglich ist. Für die VZ 2014-2016 ist der Datenbestand damit fehlerhaft unter Berücksichtigung der nach § 108 AO auf den bzw. verschobenen Fälligkeit nach bisheriger Verwaltungsauffassung ermittelt worden. Ich bitte dies zu beachten.

Diese Kurzinformation ersetzt die Kurzinformation Einkommensteuer der OFD NRW Nr. 09/2014 vom zur Bedeutung des § 108 Abs. 3 AO für die Umsatzsteuervorauszahlung als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe.

OFD Nordrhein-Westfalen v. - akt. Kurzinfo ESt 9/2014

Fundstelle(n):
KAAAH-06393

1zuletzt für Samstag, den , und Sonntag, den , zukünftig erstmals wieder für Sonntag,