Gesetzlicher Richter: Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den Einzelrichter wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache
Leitsatz
Lässt der Einzelrichter entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO selbst die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu, ist diese Entscheidung wegen Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG aufzuheben (st. Rspr.; vgl. nur und Beschluss vom , VII ZB 41/15).
Gesetze: § 568 S 2 Nr 2 ZPO, Art 101 Abs 1 S 2 GG
Instanzenzug: Az: 39 T 226/17vorgehend Az: 287 M 6426/17
Gründe
I.
1Der am geborene Gläubiger ist der Sohn des Schuldners und betreibt gegen diesen die Zwangsvollstreckung wegen Unterhaltsforderungen aus der Urkunde über die Festsetzung des Unterhalts des Jugendamts Kreis Borken vom .
2Die Mutter des Gläubigers bevollmächtigte am den Kreis Borken, aus dieser Jugendamtsurkunde die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner zu betreiben, die gepfändeten Beträge entgegenzunehmen sowie gegen Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts Rechtsmittel einzulegen und sie in den durch die Zwangsvollstreckung eventuell notwendig werdenden Gerichtsverfahren zu vertreten.
3Am beantragte der Gläubiger, vertreten durch den Kreis Borken, den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, mit dem Ansprüche des Schuldners auf Zahlung des gesamten, auch künftig fällig werdenden Arbeitseinkommens gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen werden sollten.
4Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss am erlassen. Die Erinnerung des Schuldners hiergegen ist mit Ausnahme der Heraufsetzung seines Selbstbehalts erfolglos geblieben.
5Seine sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit der vom Beschwerdegericht (Einzelrichter) wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
6Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
71. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft. Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums der Einzelrichter entschieden hat.
82. Die Einzelrichterentscheidung unterliegt indes der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters ergangen ist (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).
9Der Einzelrichter hat Verfahren, die grundsätzliche Bedeutung haben oder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen, gemäß § 568 Satz 2 ZPO dem Kollegium zu übertragen. Der Einzelrichter, der die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache bejaht, darf über die Zulassung darum nicht selbst entscheiden, sondern muss das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der Kammer übertragen (vgl. Rn. 5; Beschluss vom - VII ZB 41/15 Rn. 7; Beschluss vom - VII ZB 50/14 Rn. 6, NJW-RR 2015, 1406; Beschluss vom - VII ZB 17/02, MDR 2003, 949, juris Rn. 6; Beschluss vom - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, juris Rn. 6 f.).
10Dem hat der Einzelrichter nicht Rechnung getragen, mit seiner Entscheidung hat er die Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung dem Kollegium als dem gesetzlichen Richter entzogen.
113. Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter, welcher den angefochtenen Beschluss erlassen hat. Die Zurückverweisung gibt dem Einzelrichter Gelegenheit, die Frage der von ihm bislang angenommenen grundsätzlichen Bedeutung einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen. Sollte er danach bei seiner bisherigen diesbezüglichen Beurteilung verbleiben, wird er nach § 568 Satz 2 ZPO zu verfahren haben.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:191218BVIIZB45.18.0
Fundstelle(n):
NJW-RR 2019 S. 446 Nr. 7
WM 2019 S. 271 Nr. 6
FAAAH-05897