BGH Urteil v. - II ZR 114/15

GmbH & Co. KG: Wirksamkeit wechselseitiger Bewilligung von Tätigkeitsvergütungen durch die beiden Geschäftsführer der Komplementär-GmbH

Leitsatz

Bewilligen sich zwei Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH, die alleinige Gesellschafter der GmbH und alleinige Kommanditisten der Kommanditgesellschaft sind, gegenseitig von der Kommanditgesellschaft zu zahlende Tätigkeitsvergütungen, die ihnen nach dem Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft dem Grunde nach zustehen, während die Bestimmung der genauen Höhe dem Beschluss der Gesellschafterversammlung überlassen ist, so ist diese Absprache grundsätzlich wirksam, auch wenn die Geschäftsführer nicht vom Verbot des § 181 BGB befreit sind.

Gesetze: § 6 GmbHG, § 35 GmbHG, § 114 HGB, § 116 HGB, § 181 BGB

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 6 U 273/13vorgehend LG Frankfurt Az: 2-26 O 161/12

Tatbestand

1Der Kläger ist Verwalter in dem am eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B.           GmbH & Co. KG (im Folgenden: Schuldnerin). Der Beklagte und J.  W.   waren Kommanditisten der Schuldnerin und alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin, der B.          Beteiligungsgesellschaft mbH. Später wurde L.    W.   , der Vater von J.   W.   und Geschäftsführer der für die Schuldnerin tätigen Steuerberatungsgesellschaft, weiterer Kommanditist. Die Schuldnerin war im Jahr 2001 gegründet worden und befasste sich mit dem Vertrieb von hochpreisigen Kosmetika der Eigenmarke "b.     ", die sie von Fremdunternehmen aus Kaviar- und Austernessenzen herstellen ließ.

2Der Kläger macht einen Anspruch auf Rückzahlung von Entnahmen des Beklagten in den Jahren 2001 bis 2006 geltend. Dazu beruft er sich auf eine Aufstellung des L.    W.    vom . Von den darin vermerkten Entnahmen zieht der Kläger die anteilig auf den Beklagten entfallenden Gewinne ab und kommt so zu "Überentnahmen" in Höhe von 130.343 €, der ursprünglichen Klageforderung.

3Der Beklagte hat dagegen behauptet: Die "Entnahmen" seien - soweit sie nicht die Gewinne beträfen - Vergütungszahlungen für seine Tätigkeit als Geschäftsführer. Er und J.  W.   hätten vereinbart, dass die Schuldnerin an sie eine Vergütung für ihre Geschäftsführertätigkeit in Höhe von je 2.000 € pro Monat zu zahlen habe. Die Vergütungen seien zunächst - unzutreffend - als Einlagen gebucht und später entnommen worden.

4Das Landgericht hat den Zeugen L.    W.    zum Zustandekommen einer Vereinbarung über die Geschäftsführervergütung vernommen, nicht dagegen den wegen einer Erkrankung nicht erschienenen Zeugen J.   W.   . Sodann hat es den Beklagten zur Zahlung von 123.110 € verurteilt. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen, weil der Beklagte insoweit eine Zahlung an die Schuldnerin geleistet hatte. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt: Sie habe sich anfangs keine abschließende Meinung über die Erheblichkeit des Vortrags des Beklagten gebildet. Nach Vernehmung des Zeugen L.     W.   sei sie jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass eine Geschäftsführervereinbarung zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten nicht hinreichend dargetan sei. Deshalb habe es der Vernehmung des Zeugen J.  W.    nicht mehr bedurft.

5Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

6Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

7I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

8Die Klage sei nach § 812 BGB begründet, weil dem Beklagten keine Geschäftsführervergütung gegen die Schuldnerin zustehe, die Entnahmen also ohne Rechtsgrund erfolgt seien.

9Im Gesellschaftsvertrag der Schuldnerin sei festgelegt, dass allein die Komplementärin zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet sei. Das sei auch so im Handelsregister eingetragen worden. Der Beklagte hätte daher einen hinreichend konkreten Sachverhalt vortragen müssen, der diesen Anschein hätte widerlegen oder zumindest erschüttern können. Das sei jedoch nicht geschehen, wobei auch die Zeugenaussage des Steuerberaters und Mitkommanditisten L.    W.   keine Klarheit gebracht habe. Der Zeuge habe zwar von einer Absprache des Beklagten mit dem weiteren Kommanditisten J.    W.  berichtet, sich zu Geschäftsführern der Schuldnerin zu bestellen und dafür ein Gehalt in Höhe von 2.000 € pro Monat zu beziehen. Er habe aber nicht mehr gewusst, ob diese Absprache 2001, 2002 oder 2003 getroffen worden sei und welchen weiteren konkreten Inhalt sie gehabt habe. Das Landgericht habe daher zu Recht den Vortrag des Beklagten für nicht ausreichend gehalten.

10Eine mündliche Absprache wäre im Übrigen unwirksam gewesen, da der Gesellschaftsvertrag für Änderungen oder Zusätze Schriftform vorschreibe. Der Abschluss eines Geschäftsführeranstellungsvertrages zwischen dem Beklagten und der Schuldnerin hätte auch gegen das Verbot des Selbstkontrahierens aus § 181 BGB verstoßen, weil nach § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Schuldnerin die Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin nur hinsichtlich der Geschäfte zwischen dieser und der Schuldnerin von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit gewesen seien, nicht dagegen auch für Geschäfte zwischen ihnen selbst und der Schuldnerin.

11Der Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages berufen. Danach stehe den Kommanditisten, soweit sie geschäftsführend tätig seien, eine angemessene Vergütung zu, die "von Fall zu Fall" von der Gesellschafterversammlung festgelegt werde. Hier gehe es aber um eine Dauervergütung, und es sei nicht vorgetragen, dass die Gesellschafterversammlung entsprechende Beschlüsse gefasst habe.

12Auch aus einer möglicherweise erbrachten faktischen Geschäftsführung lasse sich nicht auf den Abschluss eines wirksamen Anstellungsvertrages zwischen dem Beklagten und der Schuldnerin schließen. Ebenso wenig komme es darauf an, dass die Komplementär-GmbH für ihre Geschäftsführungstätigkeit keine Vergütung erhalten habe. Eine solche Vergütung könne sowohl in einer Gewinnentnahme bestehen als auch im Rahmen eines Anstellungsvertrages gewährt werden.

13Die Tätigkeitsvergütungen seien auch nicht in den Gewinn- und Verlustrechnungen der Schuldnerin bis 2006 aufgeführt. Die Buchungen erst für die Jahre 2007 und 2008 seien unerheblich, weil der Beklagte behaupte, die Geschäfte in der Zeit von 2001 bis Juni 2005 geführt zu haben.

14II. Diese Ausführungen halten revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand.

151. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings § 812 BGB als Anspruchsgrundlage herangezogen. Nach Absatz 1 Satz 1 Alt. 1 dieser Vorschrift ist derjenige, der durch Leistung eines anderen auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ihm zur Herausgabe verpflichtet. Verkannt hat das Berufungsgericht aber die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen dieser Norm. Nach den allgemeinen Regeln hat der Anspruchsteller darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Anspruchsgegner den herausverlangten Gegenstand ohne rechtlichen Grund erlangt hat (, ZIP 2008, 2255 Rn. 36 mwN). Dabei reicht es aus, wenn der Bereicherungsgläubiger die vom Bereicherungsschuldner behaupteten Rechtsgründe ausräumt (, NJW 1983, 626 f.). Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen gilt etwa dann, wenn bereits die unstreitigen Umstände den Schluss nahe legen, dass der Bereicherungsschuldner etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat (, ZIP 2011, 722 Rn. 13 ff. mwN). Ob auch dann eine Ausnahme gilt, wenn der Anspruchsgegner zugleich nach § 43 Abs. 2 GmbHG auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, kann offenbleiben, weil der Kläger diesen Anspruch nicht geltend gemacht hat.

16Danach hat der Kläger darzulegen und zu beweisen, dass der Beklagte keinen Anspruch gegen die Schuldnerin auf Zahlung einer Geschäftsführervergütung in der behaupteten Höhe hatte. Denn die unstreitigen Umstände legen es nicht nahe, dass der Beklagte seine Geschäftsführertätigkeit unentgeltlich erbracht oder eine Vergütung nur von der Komplementär-GmbH bezogen haben könnte.

172. Ob sich daran etwas ändern würde, wenn der Vortrag des Beklagten zu dem vermeintlichen Rechtsgrund - der Absprache mit seinem Mitgesellschafter J.   W.   - unsubstanziiert wäre, kann offenbleiben. Denn selbst wenn den Beklagten insoweit eine sekundäre Darlegungslast träfe, hätte das Berufungsgericht diese Darlegungslast in rechtlich unzulässiger Weise überdehnt.

18Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substanziierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (, ZIP 2007, 1524 Rn. 8).

19Danach ist der Vortrag des Beklagten, er und J.  W.   hätten im zeitlichen Zusammenhang mit der Gründung der Schuldnerin vereinbart, dass die Schuldnerin ihnen eine Geschäftsführervergütung in Höhe von je 2.000 € pro Monat zu zahlen habe, ausreichend substanziiert. Das gilt erst recht angesichts der Aussage des Zeugen L.    W.    , der diesen Vortrag bestätigt hat und sich nur nicht auf eine Jahresangabe festgelegt hat.

203. Der Vortrag des Beklagten ist, wie für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist, auch rechtlich erheblich.

21a) Der Beklagte und J.   W.   waren berechtigt, sich jeweils eine Geschäftsführervergütung zu Lasten der Schuldnerin zu bewilligen.

22Zwar wird der Geschäftsführer in der GmbH & Co. KG von der Gesellschafterversammlung der GmbH bestellt. Einen Anstellungsvertrag kann er aber auch mit der Kommanditgesellschaft schließen (, WM 1970, 249, 251). Dabei kann er sich auch darauf beschränken, nur eine Tätigkeitsvergütung zu vereinbaren und andere Fragen - etwa nach einer Altersversorgung oder nach dem Urlaubsanspruch - offen zu lassen. Ferner ist es möglich, ohne Abschluss eines Anstellungs(dienst)vertrages für den Kommanditisten, der in der GmbH & Co. KG aufgrund einer Bestellung zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH die dieser (allein) obliegende Geschäftsführung und Vertretung der Kommanditgesellschaft ausübt, eine Vergütung für diese Geschäftsführungstätigkeit im Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft zu vereinbaren (vgl. zur Regelung der Geschäftsführungsbefugnis und darauf bezogener Tätigkeitsvergütungen im Gesellschaftsvertrag , ZIP 2004, 2282, 2284 sowie allgemein MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 164 Rn. 25 ff.; Staub/C. Schäfer, HGB, 5. Aufl., § 114 Rn. 47 f.). Das entspricht auch dem Gesellschaftsvertrag der Schuldnerin. Darin heißt es:

"§ 8 Geschäftsführung und Vertretung

1. Zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ist die Komplementärin allein berechtigt und verpflichtet. …

2. ...

§ 9 Aufwendungsersatz, Geschäftsführervergütungen

1. Die persönlich haftende Gesellschafterin hat Anspruch auf Ersatz aller ihr durch die Geschäftsführertätigkeit erwachsenden Aufwendungen.

2. Soweit Kommanditisten geschäftsführend tätig sind, steht ihnen eine angemessene Tätigkeitsvergütung zu, die von Fall zu Fall von der Gesellschafterversammlung festgelegt wird.

3. Wenn ein Geschäftsführer oder Kommanditist ohne eigenes Verschulden an der Ausübung seiner Geschäftsführungstätigkeit gehindert ist, behält er den Anspruch auf Tätigkeitsvergütung noch bis zum Ablauf des zwölften auf die Verhinderung folgenden Monats."

23Danach soll gemäß § 8 des Vertrages allein die Komplementär-GmbH zur Geschäftsführung (und Vertretung) berechtigt und verpflichtet sein, während § 9 von der Möglichkeit einer Geschäftsführertätigkeit auch der Kommanditisten ausgeht. Da ihnen die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft nicht als organschaftliche Befugnis durch eine § 164 Satz 1 HGB abbedingende Abrede eingeräumt sein soll (vgl. dazu Staub/Casper, HGB, 5. Aufl., § 164 Rn. 35 f.), weil es nach § 8 Nr. 1 des Gesellschaftsvertrages gerade bei der gesetzlichen Regelung der Geschäftsführungsbefugnis der Komplementärin bleiben soll, gehen § 9 Nr. 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages ersichtlich von dem Fall aus, dass die Kommanditisten aufgrund ihrer Bestellung zu Geschäftsführern der Komplementär-GmbH geschäftsführend tätig sind. Als solchen soll ihnen nach § 9 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages der Schuldnerin für ihre Geschäftsführertätigkeit eine von der Schuldnerin zu zahlende angemessene Vergütung zustehen.

24Das hat das Berufungsgericht verkannt und daher rechtsfehlerhaft angenommen, der Beklagte könne sich auf § 9 Nr. 2 des Vertrages nicht berufen, weil diese Bestimmung einen Sachverhalt regele, bei dem die grundsätzliche Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der persönlich haftenden Gesellschafterin nicht angetastet werde. Zwar obliegt die Auslegung von Gesellschaftsverträgen grundsätzlich dem Tatrichter. Im vorliegenden Fall kann der Senat den Vertrag aber selbst auslegen, da insoweit nicht mit weiterem Sachvortrag der Parteien zu rechnen ist.

25Der Beklagte, der unstreitig zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bestellt war, hat sich darauf berufen, dass die Geschäftsführervergütung nicht von der GmbH, sondern gemäß der Regelung in § 9 des Gesellschaftsvertrages unmittelbar von der Kommanditgesellschaft gezahlt werden sollte. Das war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder dahin zu verstehen, dass in Abweichung von der grundsätzlichen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der Komplementärin gemäß § 8 Nr. 1 dem Beklagten unmittelbar die Geschäftsführungsbefugnis für die Kommanditgesellschaft eingeräumt worden sei, noch bedurfte es des Vortrags, dass ein schriftlicher Geschäftsführeranstellungsvertrag mit dieser abgeschlossen worden sei. Soweit der Beklagte die von ihm behauptete Abrede mit seinem Mitgeschäftsführer und Mitgesellschafter, dass ihnen eine von der Kommanditgesellschaft zu zahlende Tätigkeitsvergütung gemäß § 9 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages in Höhe von 2.000 € zustehe, selbst als "Anstellungsvertrag" mit der Kommanditgesellschaft bezeichnet hat, liegt darin ersichtlich nur eine rechtliche Würdigung der Partei, die für die dem Gericht obliegende rechtliche Würdigung unbeachtlich ist, wenn der dazu von der Partei vorgetragene Tatsachenstoff dagegen spricht (vgl.Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 138 Rn. 11a mwN).

26Das Berufungsgericht hat daher rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen, dass die Tätigkeitsvergütung eines geschäftsführenden Gesellschafters auch unabhängig vom Abschluss eines Anstellungsvertrages im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden kann. § 9 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages regelt insoweit, dass den Kommanditisten, soweit sie (als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH) geschäftsführend tätig sind, grundsätzlich eine "angemessene" Tätigkeitsvergütung zusteht, während die genaue Höhe der Tätigkeitsvergütung nicht im Gesellschaftsvertrag festgelegt ist, sondern "von Fall zu Fall" der Bestimmung durch Beschluss der Gesellschafterversammlung überlassen ist. Mit dieser Regelung soll ersichtlich auch vermieden werden, dass bei jeder Änderung der Höhe der Tätigkeitsvergütung eine Änderung des Gesellschaftsvertrages erfolgen muss. Für die Annahme des Berufungsgerichts, die Regelung, dass die Gesellschafterversammlung die Vergütung "von Fall zu Fall" festlege, greife hier nicht ein, weil der Beklagte eine regelmäßige Vergütung für sich beanspruche, gibt es dagegen im Gesellschaftsvertrag keinen Anhaltspunkt. Vielmehr spricht auch § 9 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages, wonach eine einjährige Fortzahlung der Tätigkeitsvergütung bei einer schuldlosen Verhinderung des Kommanditisten an der Ausübung seiner Geschäftsführungstätigkeit vorgesehen ist, gegen die Auslegung des Berufungsgerichts. Im Übrigen kommt es für die Auslegung der Vertragsbestimmungen unabhängig von ihrem Wortlaut auf das übereinstimmende Verständnis der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer an. Wenn sie übereinstimmend angenommen haben - wofür viel spricht -, dass die Vereinbarung einer dauerhaften monatlichen Vergütung mit dem Gesellschaftsvertrag übereinstimmt, ist kein Raum mehr für eine Auslegung mit anderem Ergebnis.

27b) Ebenso waren der Beklagte und J.   W.   berechtigt, die Höhe dieser Vergütung auf 2.000 € pro Monat festzusetzen.

28aa) Den nach § 9 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages erforderlichen Beschluss konnten der Beklagte und J.   W.    als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und alleinige Kommanditisten fassen und haben ihn nach der Behauptung des Beklagten auch gefasst.

29bb) Ob die Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH aufgrund ihrer Annexkompetenz aus § 46 Nr. 5 GmbHG (vgl. , ZIP 2007, 910 Rn. 7) der Vergütung ihrer Geschäftsführer zustimmen musste (so Henze/Notz in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, HGB, 3. Aufl., § 177a Anh. A Rn. 97 f.), kann offenbleiben. Denn auch insoweit waren der Beklagte und J.   W.   die einzigen Gesellschafter.

30c) Auf eine Befreiung vom Verbot des § 181 BGB kommt es danach nicht an.

31d) Die Vergütungsabrede ist auch nicht nach § 125 Satz 2 BGB nichtig.

32Zwar heißt es in § 4 der "Schlussbestimmungen" des Gesellschaftsvertrages der Schuldnerin:

"Änderungen und Zusätze zu diesem Vertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, …"

33Die Festsetzung der im Gesellschaftsvertrag schon angeführten angemessenen Tätigkeitsvergütung ist aber weder eine Änderung des Gesellschaftsvertrages noch ein "Zusatz". Vielmehr haben der Beklagte und J.   W.    damit von ihrem im Gesellschaftsvertrag begründeten Recht Gebrauch gemacht, die Höhe der Vergütung anhand der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft individuell festzusetzen.

344. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht wegen der vom Revisionsbeklagten in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Regelung in § 15 des Gesellschaftsvertrages der Schuldnerin aus anderen Gründen als richtig dar.

35Dort heißt es:

"§ 15 Gewinnermittlung und -verteilung

1. Der Gewinn ergibt sich nach Berücksichtigung folgender Posten:

a) Tätigkeitsvergütungen in Form eines anteiligen Vorabgewinns

…"

36Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob nach dieser Regelung Tätigkeitsvergütungen ausschließlich in Form von Vorabgewinnen möglich sein sollten oder ob diese Regelung nur dann zur Anwendung kommen sollte, wenn Tätigkeitsvergütungen im konkreten Einzelfall in Form eines Vorabgewinns vereinbart worden sind. Für den Fall einer Vereinbarung in Form eines Vorabgewinns fehlen zudem Feststellungen zur wirtschaftlichen Lage der Schuldnerin im maßgeblichen Zeitraum, insbesondere zur Höhe der erwirtschafteten Gewinne.

37III. Das Berufungsurteil unterliegt damit der Aufhebung, und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die noch erforderlichen Feststellungen - vor allem zum dem Kläger obliegenden Beweis der fehlenden Absprache über die Tätigkeitsvergütung - getroffen werden können.

38Gegebenenfalls wird auch zu prüfen sein, ob der Beklagte aufgrund einer Geschäftsführertätigkeit auf fehlerhafter Vertragsgrundlage einen Vergütungsanspruch gegen die Schuldnerin erworben hat (vgl. , ZIP 2014, 1278 Rn. 11 ff.).

Bergmann                  Strohn                      Caliebe

                   Born                     Sunder

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:150316UIIZR114.15.0

Fundstelle(n):
TAAAH-05554