BGH Urteil v. - 5 StR 278/18

Konkurrenz beim Aufbewahren von Betäubungsmitteln in einem Fahrzeug

Gesetze: § 21 Abs 1 StVG, § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG

Instanzenzug: LG Dresden Az: 23 Ss 346/18

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten N.    wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlichem Führen einer Schusswaffe, und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung einer Strafe aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Daneben hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet, eine Sperrfrist zur Neuerteilung einer Fahrerlaubnis erteilt und ein Kraftfahrzeug eingezogen. Die Angeklagte T.   hat es wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen unter Einbeziehung von Strafen aus zwei früheren Urteilen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren jeweils auf Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen, mit denen sie in erster Linie die Beweiswürdigung des Landgerichts angreift. Die vom Generalbundesanwalt nur hinsichtlich der Sachrüge zum Schuldspruch hinsichtlich der Tat zu II.6 der Urteilsgründe vertretenen Rechtsmittel haben keinen Erfolg, soweit sie zu Ungunsten der Angeklagten eingelegt sind. Jedoch ist das Urteil gemäß § 301 StPO zugunsten des Angeklagten N.    im Schuldspruch abzuändern.

I.

21. Nach den Feststellungen des Landgerichts führten die beiden Angeklagten seit 2016 eine Beziehung miteinander und teilten sich eine Wohnung. Sie konsumierten jahrelang neben anderen Drogen Methamphetamin (Crystal) und haben den Hang, Betäubungsmittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Sie beschlossen, ihre finanziellen Mittel zusammenzulegen, um dem Angeklagten N.    zu ermöglichen, Betäubungsmittel zum gemeinsamen Verbrauch auf Vorrat zu erwerben. Zu diesem Zweck kaufte der Angeklagte N.    in der Zeit zwischen Januar und April 2017 mindestens viermal jeweils zehn Gramm Crystal. Ihren Vorrat verwahrten die Angeklagten im Kühlschrank, aus dem sich beide zum eigenen Konsum bedienten (Taten 1 bis 4).

3Am Abend des kam es zu einer polizeilichen Kontrolle der beiden Angeklagten und zu einer Durchsuchung des Pkw des Angeklagten N.   , der damit ohne Fahrerlaubnis unterwegs gewesen war (Tat 5). In dem Pkw wurden 17,82 Gramm Crystal mit einer Wirkstoffmenge von 9,65 Gramm Methamphetamin-Base sowie 1,69 Gramm Marihuana sichergestellt. Das Crystal hatte der Angeklagte N.     wenige Tage zuvor unter finanzieller Beteiligung der Angeklagten T.     erworben. Die Angeklagten hatten ihren Vorrat an Crystal außerhalb der gemeinsamen Wohnung bei sich, „um den weiteren Besitz zu garantieren und um die Tagesdosis zu gewährleisten“ (UA S. 16). Außerdem führte der Angeklagte N.    in seinem Fahrzeug eine Federdruckpistole nebst Munition mit sich, die er nachmittags gekauft und ausprobiert hatte (Tat 6).

42. Das Landgericht hat den Anklagevorwurf, die Angeklagten hätten gemeinschaftlich mit Betäubungsmitteln Handel getrieben (Taten 1 bis 4) bzw. mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bewaffnet Handel getrieben (Tat 6), als durch die Beweisaufnahme nicht bestätigt erachtet. Es hat zwar den Umstand, dass bei einer Durchsuchung der Wohnung der Angeklagten am eine Feinwaage und unbenutzte Cliptütchen aufgefunden wurden, als Indiz für ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gewertet. Es hat jedoch die Einlassung des Angeklagten N.    im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung als „nicht widerlegt“ angesehen, mit den zur Portionierung des eigenen Tageskonsums bestimmten Cliptütchen teilweise auch Freunden aus dem Betäubungsmittelmilieu gelegentlich Kleinstmengen geschenkt oder zum Einkaufspreis abgegeben zu haben. Zur Plausibilität der Einlassung beider Angeklagten, das Rauschgift zum Eigenkonsum erworben zu haben, hat die Strafkammer insbesondere gewürdigt, dass ein erheblicher Betäubungsmittelkonsum der Angeklagten durch ihren schlechten gesundheitlichen Zustand und ihr von den Vernehmungsbeamtinnen als erschreckend wahrgenommenes Erscheinungsbild belegt sei. Zudem habe die polizeiliche Auswertung des Telefons des Angeklagten N.    dessen Einlassung gestützt, mit den Betäubungsmitteln keinen Handel getrieben zu haben.

II.

5Die Revisionen der Staatsanwaltschaft decken keine Rechtsfehler zugunsten der Angeklagten auf. Insoweit erweisen sich die Rechtsmittel in Bezug auf die jeweils erhobene Ausschöpfungsrüge (§ 261 StPO) und auf die sachlich-rechtlichen Beanstandungen der Beweiswürdigung zu den Taten 1 bis 4, deren Feststellung auf dem Geständnis des Angeklagten N.     und den diesbezüglichen Angaben der Angeklagten T.   beruht, schon aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen als unbegründet.

61. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin begegnet auch zu Tat 6 die Beweiswürdigung, auf der die Überzeugung der Strafkammer gründet, dass das am sichergestellte Crystal zum Eigenkonsum erworben wurde, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insbesondere sind die Urteilsgründe nicht lückenhaft.

7Zu einer weitergehenden Erörterung der Finanzierung ihres Drogenkonsums durch die beiden Angeklagten im Rahmen der Beweiswürdigung hat sich das Landgericht nicht gedrängt sehen müssen. Es hat hierzu in den Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten N.    dargelegt, dass dieser in der Vergangenheit mehrmals Diebstahlstaten beging und deshalb auch erheblich vorbestraft, hingegen mit Betäubungsmittelhandel nicht in Erscheinung getreten ist. Auch mit der in die Gesamtstrafe einbezogenen Strafe wurde ein Diebstahl geahndet, den der Angeklagte N.    gemeinsam mit der Angeklagten T.    in der Nacht zum begangen hatte. Gleiches gilt für die Angeklagte T.   . Sie ist ebenfalls erheblich wegen Diebstahlsdelikten vorbestraft und auch bei ihr wurden mit den in die Gesamtstrafe einbezogenen Strafen jeweils Diebstahlstaten geahndet. Zudem wurde bei der polizeilichen Durchsuchung der gemeinsamen Wohnung am Diebesgut sichergestellt, so dass es naheliegt, dass die Angeklagten ihren Lebensunterhalt weiterhin auch durch Diebstähle bestritten. Insofern hat das Landgericht im Rahmen der Erörterung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten N.    sogar ausdrücklich festgestellt, dass dieser ab 2010 seinen Betäubungsmittelkonsum, soweit er nicht durch legale Einkünfte gedeckt war, „überwiegend“ durch Diebstähle finanzierte.

8Die Beweiswürdigung ist auch nicht insofern lückenhaft, als das Landgericht die Erklärung, weshalb die - aus Sicht des Landgerichts ein Handeltreiben glaubhaft bestreitenden - Angeklagten ihre Vorratsmenge an Crystal nicht wie nach früheren Käufen im Kühlschrank aufbewahrten, sondern sie im Pkw mit sich führten („um den weiteren Besitz zu garantieren und die Tagesdosis zu gewährleisten“), nicht näher erläutert hat. Denn damit war ersichtlich die Befürchtung eines Verlustrisikos gemeint, nachdem bereits bei einer früheren Durchsuchung der Wohnung aufgrund eines Diebstahlsverdachts unter anderem 19 Gramm Crystal sichergestellt worden waren. Insofern durfte das Landgericht für die Absicht der Angeklagten, ihren Betäubungsmittelvorrat zu sichern, auch das Ergebnis der am durchgeführten Durchsuchung heranziehen, wonach in der Wohnung der Angeklagten nur eine geringfügige Spur von 0,01 Gramm Crystal sichergestellt wurde.

9Schließlich hat das Landgericht ohne Rechtsfehler auch aus der Menge des am Vortag sichergestellten Rauschgifts noch keinen Schluss auf ein Handeltreiben gezogen. Die Angeklagten hatten, wie ihr gesundheitlicher Zustand belegte, in erheblichem Umfang Crystal konsumiert. Danach stellte die Gesamtmenge von 17,2 Gramm Crystal keine so ungewöhnlich große Vorratsmenge dar, dass sich für das Landgericht insoweit eine weitergehende Erörterung hätte aufdrängen müssen.

102. Da die danach rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die Schuldsprüche tragen und auch die Rechtsfolgenbestimmungen rechtlicher Überprüfung standhält, waren die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zu verwerfen, soweit sie zu Ungunsten der Angeklagten eingelegt sind.

III.

11Die den Angeklagten N.     betreffende Revision der Staatsanwaltschaft wirkt indes zugunsten dieses Angeklagten (§ 301 StPO).

121. Die konkurrenzrechtliche Bewertung der Fälle 5 und 6 durch das Landgericht, das zwei selbständige Taten angenommen hat, hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.

13Zwischen den gleichzeitig verwirklichten Delikten des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 StVG und des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG hat hier nicht nur ein äußerer Zusammenhang bestanden. Vielmehr diente die Aufbewahrung der Betäubungsmittel im Fahrzeug gerade deren Sicherung während der gemeinsamen Fahrt der Angeklagten. Das Mitführen ihrer Betäubungsmittel stand danach in einem inneren Beziehungszusammenhang mit dem Fahrvorgang (vgl. zu diesem Kriterium BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 466/03, BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 41; vom - 3 StR 566/08, BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 47; vom - 3 StR 109/12, NStZ 2012, 709, 710). Aufgrund dieses Zusammenhangs erweist sich das gesamte Verhalten des Angeklagten als einheitliches Tun. Daher stehen beide Straftaten zueinander im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB), wie es das Landgericht im Fall 6 zutreffend schon für den Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und das gleichzeitig verwirklichte Waffendelikt angenommen hat.

14Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

152. Infolge der Änderung des Schuldspruchs entfällt die im Fall 5 verhängte Freiheitsstrafe von zwei Monaten. Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt von dem Wegfall dieser Einzelstrafen unberührt. Denn der Unrechtsgehalt einer Tat wird durch eine bloße Änderung der Konkurrenzen nicht vermindert (vgl. , BGHSt 49, 177, 184; Schäfer/Sander/Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1585d mwN).

16Angesichts der Höhe der Einsatzstrafe im Fall 6 (ein Jahr und sechs Monate) sowie der verbleibenden weiteren vier Freiheitsstrafen (jeweils sieben Monate) und der einbezogenen Freiheitsstrafe (zehn Monate) schließt der Senat zudem aus, dass die Strafkammer ohne die wegfallende Strafe eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe gegen den mehrfach vorbestraften Angeklagten festgesetzt hätte.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:120918U5STR278.18.0

Fundstelle(n):
JAAAH-05070