Nichtigkeit eines auf einer irrationalen
Schätzung beruhenden Schätzungsbescheids
Leitsatz
1. Die
bestandskräftige Feststellung des Finanzamts nach § 125 Abs. 5 AO,
dass ein Verwaltungsakt nicht nichtig sei, steht einer gerichtlichen
Feststellung dieser Nichtigkeit nach § 41 Abs. 1 Alt. 2 FGO entgegen.
2. a.
Einem irrationalen VA bleibt die Gültigkeit verwehrt. Anders als
ein auf rationalem Verwaltungshandeln beruhender, fehlergeprägter
VA verletzt ein irrationaler, auf unvertretbaren Sachverhaltsannahmen
oder Rechtsauslegungen beruhender VA als objektiv willkürliches
Verhalten der Finanzbehörde die an eine ordnungsgemäße Verwaltung
zu stellenden Anforderungen in so hohem Maße, dass ihm jede Verbindlichkeit
abzusprechen ist.
b.
Auch wenn die Sachverhaltsermittlung erschwert ist und der Steuerpflichtige
seine Mitwirkungspflichten verletzt, kann sich die Behörde nicht
auf eine "Schätzung ins Blaue hinein" zurückziehen, sondern muss
seiner Verpflichtung zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (§ 162
Abs. 1 Satz 1 AO) genügen, indem es den fragmentarisch bekannten
Sachverhalt als Basis einer Schätzung zugrunde legt und in nachvollziehbarer
Weise Schlüsse auf die unbekannten Sachverhaltselemente zieht. Dabei
darf sie nicht einseitig nur Aspekte zulasten des Steuerpflichtigen
in seine Schätzung einstellen, sondern muss auch naheliegende Möglichkeiten
zugunsten des Steuerpflichtigen mitberücksichtigen.
Fundstelle(n): EFG 2018 S. 1866 Nr. 22 UStB 2019 S. 35 Nr. 2 MAAAH-03906
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