WK-Abzug für leer stehende Wohnung bei parallel geschalteten Vermietungs- und Verkaufsanzeigen
Leitsatz
1. Aufwendungen für eine Wohnung, die nach auf Dauer angelegter Vermietung leer steht, sind als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, solange der Steuerpflichtige seine Einkünfteerzielungsabsicht nicht endgültig aufgegeben hat.
2. Solange sich der Steuerpflichtige ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung der leer stehenden Wohnung bemüht, kann regelmäßig nicht von einer endgültigen Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen werden, selbst wenn er die Wohnung zugleich zum Verkauf anbietet.
3. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast.
Gesetze: EStG § 2 Abs. 1EStG § 9 Abs. 1EStG § 21 Abs. 1
Instanzenzug: (EFG 2001, 427) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Eigentümer einer Eigentumswohnung, die bis März 1995 vermietet war und anschließend leer stand. Er bemühte sich durch Schaltung entsprechender Zeitungsanzeigen sowohl um eine erneute Vermietung als auch um den Verkauf der Wohnung und machte mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1996 für die Wohnung einen Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 12 856 DM geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte den Werbungskostenüberschuss nicht, weil dem Kläger wegen gleichzeitiger und gleichrangiger Verkaufs- und Vermietungsabsicht die erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht gefehlt habe. Der daraufhin eingelegte Einspruch, mit dem der Kläger eine erneute Vermietung der Wohnung ab Februar 1999 behauptete, hatte keinen Erfolg.
Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Seine Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 427 veröffentlicht. Nach Auffassung des FG fehlte dem Kläger die erforderliche endgültige Einkünfteerzielungsabsicht, weil er zu Beginn des Streitjahres entschlossen gewesen sei, die Wohnung alternativ entweder zu verkaufen oder zu vermieten. Dieser Beurteilung stehe nicht entgegen, dass der Kläger die Wohnung in erster Linie habe vermieten wollen und sich nur aus seiner finanziellen Zwangslage heraus parallel um einen Verkauf bemüht habe. Auch die für einen späteren Zeitraum behauptete erneute Vermietung rechtfertige keine andere Würdigung.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.
Er beantragt, die angefochtene FG-Entscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung unter Berücksichtigung des streitigen Werbungskostenüberschusses aus Vermietung und Verpachtung zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor, es fehle an der Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen, wenn dieser sich —wie im Streitfall— sowohl um die Vermietung als auch um den Verkauf seiner Eigentumswohnung bemühe.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Die streitigen Aufwendungen des Klägers sind als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen; zu Unrecht hat das FG sie mit der Begründung außer Acht gelassen, der Kläger habe neben seiner Absicht zur Vermietung der leer stehenden Wohnung zumindest auch deren Veräußerung beabsichtigt und sei schon deshalb nicht mehr mit Einkünfteerzielungsabsicht i.S. des § 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) tätig geworden.
1. Der Abzug von Aufwendungen als Werbungskosten setzt nach § 9 Abs. 1 EStG voraus, dass sie der ”Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen” aus einer der Einkunftsarten i.S. des § 2 EStG dienen.
a) Dies erfordert, dass der Steuerpflichtige die Absicht hat, auf Dauer aus der betreffenden Einkunftsart —wie hier nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG— einen Einnahmeüberschuss zu erzielen. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen solchen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften (, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Hatte der Steuerpflichtige den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, endgültig gefasst, gelten diese Grundsätze für die Dauer seiner Vermietungstätigkeit auch dann, wenn er das bebaute Grundstück aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußert. Dagegen liegt ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz vor, wenn der Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs —von in der Regel bis zu fünf Jahren— seit der Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert und innerhalb dieser Zeit nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt (z.B. , BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580).
b) Nach diesen Maßstäben sind Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung —wie im Streitfall— leer steht, jedenfalls als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat (vgl. , BFH/NV 1993, 532: Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht durch —unbedingten— (Makler-)Auftrag zur Veräußerung eines leer stehenden Hauses). Daran fehlt es, solange sich der Steuerpflichtige ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht, selbst wenn er das Vermietungsobjekt daneben —z.B. wegen der Schwierigkeiten einer Vermietung— auch zum Erwerb anbietet.
c) Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen als Voraussetzungen einer fortbestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige allerdings die Feststellungslast (BFH in BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580).
2. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger im Streitzeitraum seine Absicht, aus der leer stehenden Wohnung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, nicht endgültig aufgegeben und kann deshalb die für die Wohnung entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten gemäß § 9 EStG geltend machen. Denn das FG hat —für den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend— auf der Grundlage der Vermietungs- und Verkaufsaktivitäten des Klägers festgestellt, dass dieser die leer stehende Wohnung in erster Linie vermieten wollte und sich nur aus seiner finanziellen Notlage heraus parallel um einen Verkauf bemüht hat. Danach kann im Streitfall das Vorliegen ernsthafter und nachhaltiger Bemühungen um eine Vermietung nicht verneint werden.
3. Die Sache ist spruchreif.
Die ihrer Höhe nach unstreitigen Aufwendungen sind nach den Ausführungen unter 2. als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung im Streitjahr 1996 zu berücksichtigen, so dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Werbungskostenüberschusses in Höhe von 12 856 DM niedriger festzusetzen ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2003 II Seite 940
BB 2003 S. 2551 Nr. 48
BFH/NV 2003 S. 1640
BFH/NV 2003 S. 1640 Nr. 12
DB 2003 S. 2527 Nr. 47
DStR 2003 S. 1965 Nr. 46
DStRE 2003 S. 1423 Nr. 23
FR 2004 S. 88 Nr. 2
INF 2003 S. 927 Nr. 24
KÖSDI 2003 S. 13974 Nr. 12
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