Informationen zum Thema »Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung«
Für die Aufbewahrung digitaler Unterlagen gelten die Vorschriften der Abgabenordnung (AO; insbesondere §§ 145 bis 147 AO in der Fassung vom ). Außerdem gibt es mehrere Verwaltungsvorschriften. Diese sind:
BStBl 2010 I S. 1342,
BStBl 2014 I S. 1450 (GoBD – Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff).
Unternehmen mit Bargeldeinnahmen nutzen in der Regel der Buchführung vorgelagerte Systeme wie zum Beispiel Registrierkassen, Waagen mit Registrierkassenfunktion, PC-Kassensysteme und Taxameter. Diese Systeme unterliegen denselben Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten wie die eigentlichen Buchführungssysteme.
Der Einsatz dieser Technik hat eine Reihe von betriebswirtschaftlichen Vorteilen, ist allerdings auch mit Pflichten verbunden. Dieses Merkblatt soll einen Überblick verschaffen, um häufige Fehlerquellen in der Kassenbuchführung zu erkennen und zu vermeiden.
1. Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht (§ 146 Abs. 1 Satz 1 AO)
Die Einzelheiten regelt der Anwendungserlass zur Abgabenordung zum § 146 AO, .
Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung erfordern grundsätzlich die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls - also jeder Betriebseinnahme und Betriebsausgabe, jeder Einlage und Entnahme in einem Umfang, der einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit eine lückenlose Überprüfung seiner Grundlagen, seines Inhalts, seiner Entstehung und Abwicklung und seiner Bedeutung für den Betrieb ermöglicht. Das bedeutet nicht nur die Aufzeichnung der in Geld bestehenden Gegenleistung, sondern auch des Inhalts des Geschäfts und des Namens des Vertragspartners. Siehe auch Tz. 2.1.5 Anwendungserlass AO (AEAO) zu § 146.
Im Übrigen ergibt sich der Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht aus den umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften in § 22 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG). Er gilt nicht nur für Buchführungspflichtige, sondern auch für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermitteln (Einnahmen-Überschuss-Rechner).
Wie detailliert die Einzelaufzeichnung zu erfolgen hat, leitet sich aus § 14 Abs. 4 UStG ab. Diese Vorschrift verlangt u.a. Angaben in der Rechnung über
Namen und Anschrift des Leistungsempfängers,
Art der Ware oder Leistung,
verkaufte Menge,
Preis und
Umsatzsteuer.
Bei Kleinbetragsrechnungen unter 250.- € siehe § 14 Abs. 6 UStG i.V.m. § 33 UStDV.
Eine Verpflichtung zur einzelnen Verbuchung (im Gegensatz zur Aufzeichnung im Kassensystem) eines jeden Geschäftsvorfalls besteht dagegen nicht. Werden der Art nach gleiche Waren mit demselben Einzelverkaufspreis in einer Warengruppe zusammengefasst, wird dies nicht beanstandet, sofern die verkaufte Menge bzw. Anzahl ersichtlich bleibt. Dies gilt entsprechend für Dienstleistungen.
Des Weiteren ist für jeden Geschäftsvorfall die Zahlungsart festzuhalten. Nur Barumsätze sind im Kassenbuch zu erfassen. Unbare Zahlungen (Kreditkarte/ EC-Umsätze etc.) sind separat abzubilden.
Die (zumindest zeitweise) Erfassung von EC-Karten-Umsätzen im Kassenbuch ist ein formeller Mangel, der bei der Gewichtung weiterer formeller Mängel im Hinblick auf eine eventuelle Verwerfung der Buchführung nach § 158 AO regelmäßig außer Betracht bleibt. Voraussetzung ist, dass der Zahlungsweg ausreichend dokumentiert wird und die Nachprüfbarkeit des tatsächlichen Kassenbestandes jederzeit besteht (Kassensturzfähigkeit).
2. Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht aus Zumutbarkeitsgründen (§ 146 Abs. 1 Satz 3 und 4 AO)
Beim Verkauf von Waren/Erbringen von Dienstleistungen an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung gilt aus Zumutbarkeitsgründen die Einzelaufzeichnungspflicht nicht, wenn kein elektronisches Aufzeichnungssystem, sondern eine offene Ladenkasse verwendet wird. (siehe Tz. 3).
Wird hingegen ein elektronisches Aufzeichnungssystem verwendet, gilt die Einzelaufzeichnungspflicht unabhängig davon, ob das elektronische Aufzeichnungssystem nach § 146a Abs. 3 AO i. V. m. der Kassensicherungsverordnung mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung zu schützen ist.
Verwendet der Steuerpflichtige eine offene Ladenkasse sowie eine Waage, die lediglich das Gewicht und/oder den Preis anzeigt und über die Dauer des einzelnen Wiegevorgangs hinaus über keine Speicherfunktion verfügt, wird es nicht beanstandet, wenn die o. g. Einzeldaten der Waage nicht aufgezeichnet werden. Erfüllt die Waage hingegen die Voraussetzung einer elektronischen Registrierkasse, gilt für dieses elektronische Aufzeichnungssystem die Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht nicht (§ 146 Abs. 1 Satz 4 AO).
Für Dienstleistungen sind Einzelaufzeichnungen dagegen stets zu führen, wenn der Kundenkontakt in etwa der Dauer der Dienstleistung entspricht und der Kunde auf die Ausübung der Dienstleistung üblicherweise individuell Einfluss nehmen kann.
Auf die Aufzeichnungserleichterung kann man sich insoweit nicht berufen, als tatsächlich Einzelaufzeichnungen geführt werden (z.B. Termin-/Tischreservierung, Vorbestellung, Erfassung von Kundendaten etc). Siehe AEAO zu § 146.
3. Einsatz von offenen Ladenkassen
Eine »Registrierkassenpflicht« besteht nicht. Es ist auch zulässig, eine offene Ladenkasse zu führen. Bei der offenen Ladenkasse sind jedoch die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung mit hohem Aufwand verbunden. Auch hier ist die Aufzeichnung eines jeden einzelnen Handelsgeschäftes mit ausreichender Bezeichnung des Geschäftsvorfalls grundsätzlich erforderlich.
Ist die Einzelaufzeichnung gem. Tz. 2 nicht zumutbar, müssen die Bareinnahmen anhand eines sogenannten Kassenberichts nachgewiesen werden.
Auch bei einem Kassenbericht müssen die erklärten Betriebseinnahmen auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit überprüfbar sein ( Az. X B 16/12). Für die Anfertigung eines Kassenberichts ist der gesamte geschäftliche Bargeldendbestand einschließlich Hartgeld – unabhängig vom Aufbewahrungsort des Geldes (z. B. Tresorgeld, Handkassen der Kellner, Wechselgeld, Portokasse etc.) - täglich zu zählen. Der Kassenendbestand ist sodann rechnerisch um die Entnahmen und Ausgaben zu erhöhen und um die Einlagen und den Kassenanfangsbestand zu mindern, so dass sich im Ergebnis die Tageseinnahmen ergeben (retrograde Ermittlung). Bei mehreren Kassen müssen die Kassenberichte einzeln und der Bargeldbestand der jeweiligen Kasse zuordenbar sein.
Rundungen oder Schätzungen sind unzulässig. Ein Zählprotokoll ist nicht zwingend erforderlich (), dient aber als zusätzlicher Nachweis der vollständigen Ermittlung der Einnahmen. Wird jedoch ein Zählprotokoll erstellt und für die Einnahmenermittlung verwendet, ist es aufzubewahren.
Die Ausgaben, Einnahmen, Entnahmen und Einlagen (einschl. Herkunftsnachweis) sind durch Belege (ggf. Eigenbelege) nachzuweisen. Nur ein in dieser Weise erstellter Kassenbericht ist zulässig und ordnungsgemäß.
Mit Standardsoftware (z. B. Office-Programmen) erstellte Tabellen entsprechen nicht dem Grundsatz der Unveränderbarkeit. Am Markt erhältliche Software wird nur dann als ordnungsgemäß anerkannt, wenn eine nachträgliche Änderung nicht möglich ist oder mit einem entsprechenden Vermerk gekennzeichnet wird. Siehe AEAO zu § 146.
4. Einsatz elektronischer Registrierkassen
Ab ( BStBl 2010 I S.1342) dürfen nur noch solche elektronische Registrierkassen verwendet werden, die eine komplette Speicherung aller steuerlich relevanten Daten – insbesondere Journal- , Auswertungs-, Programmier- und Stammdatenänderungsdaten (z.B. Artikelpreisänderungen; Nutzerkennung) – ermöglichen ( BStBl 2015 II S. 519).
Gerade im Hinblick auf dieses BMF-Schreiben ist darauf zu achten, dass die oben genannten Informationen des Kassensystems vollständig und unveränderbar in digitaler Form aufbewahrt werden. Bei Umstellung auf ein neues System wird empfohlen, die »Alt-Kasse« weiterhin aufzubewahren.
Fehlen Programmierungsunterlagen bzw. Protokolle nachträglicher Programmänderungen, stellt dies einen schweren formellen Mangel der Buchführung dar ( BStBl 2015 II S. 743).
Es müssen alle Einzeldaten (Journaldaten), die durch die Nutzung der Kasse entstehen, während der Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren
jederzeit verfügbar,
unverzüglich lesbar und
maschinell auswertbar
aufbewahrt werden.
5. Verfahrensdokumentation
Die Verfahrensdokumentation zu den eingesetzten Aufzeichnungssystemen sowie Betriebsabläufen, die Auswertungs-, Programmier- und Stammdaten, deren Änderungsdaten sowie Handbücher, Bedienungs- und Programmieranleitungen sind vorzuhalten.
6. Datenzugriffsrecht
Der Finanzverwaltung steht nach § 147 Abs. 6 AO bezüglich der digitalen, aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Kassendaten im Rahmen einer Außenprüfung das Recht auf Datenzugriff zu. Hier kann im Rahmen des unmittelbaren oder mittelbaren Datenzugriffs Einsicht am Kassensystem vorgenommen oder eine Datenträgerüberlassung verlangt werden.
Für die Datenträgerüberlassung sind alle erforderlichen Daten auf einem maschinell auswertbaren Datenträger (z. B. CD, DVD, USB-Stick) zur Verfügung zu stellen. Das Unternehmen muss also selbst dafür sorgen, dass die Einzeldaten mit allen Strukturinformationen in der Kasse nicht nur gespeichert, sondern auch exportiert und in einem für das Finanzamt lesbaren Format zur Verfügung gestellt werden können.
Dies gilt auch für Daten, die sich bei Dritten befinden (z.B. Rechenzentrum, Cloud).
7. Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen
Am wurde das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen veröffentlicht (BStBl 2017 I S. 21). Danach ergeben sich weitere Anforderungen an die Kassenaufzeichnungen eines Unternehmers (§§ 146a, 146b AO). Welche elektronischen Aufzeichnungssysteme über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen müssen, wird durch die Kassensicherungsverordnung (KassenSichV - BStBl 2017 I S. 1310) geregelt.
Die gesetzlichen Änderungen lassen sich zeitlich wie folgt einordnen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Neue Vorschrift | Anwendung
ab | Ausnahmen |
§ 146 Abs. 1 Satz 1
AO Einzelaufzeichnungspflicht | Verkauf von
Waren/Erbringen von Dienstleistungen an eine Vielzahl nicht bekannter
Personen | |
§ 146 Abs. 1 Satz 2
AO Tägliche Aufzeichnungen | ||
§
146a Abs. 1 AO Technische Sicherheits- Einrichtung für elektr. Registrierkassen |
bzw. | Reg-Kassen, die nach dem und
vor dem angeschafft wurden und nicht aufrüstbar sind, dürfen bis
genutzt werden. Voraussetzung: Die Kasse muss dem entsprechen. |
§ 146a Abs. 2
AO Belegausgabepflicht | Auf Antrag (§ 148 AO) Befreiung
möglich | |
§ 146a Abs. 4
AO Mitteilungspflicht | ||
§
146b AO Kassen-Nachschau | Datenübermittlung über einheitliche
digitale Schnittstelle erst ab . Datenzugriff ab
möglich. | |
§ 379
AO Sanktionen bei Verstößen |
Durch das o.g. Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen wurde zugleich auch die Grundlage für eine Rechtsverordnung geschaffen, welche die neuen Anforderungen an elektronische Kassenaufzeichnungen präzisiert.
In der Kassensicherungsverordnung ( BStBl 2017 I S. 1310) ist geregelt, wie die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung ausgestaltet sein muss. Sie besteht grds. aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer einheitlichen digitalen Schnittstelle.
Details hierzu sind in den Technischen Richtlinien des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vom (TR-03151 und 03153) enthalten.
Die technische Sicherheitseinrichtung ist ab grds. verpflichtend einzusetzen, in Ausnahmefällen ab (s. obige Tabelle zu § 146a Abs.1 AO)
9. Kassen-Nachschau (§ 146b AO)
Ein neues Kontrollinstrument der Finanzverwaltung ist seit dem die Kassen-Nachschau. Zur Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit von Kassenaufzeichnungen (Kasseneinnahmen, Kassenausgaben) kann ein Amtsträger unangekündigt – während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten – die Geschäftsgrundstücke und Geschäftsräume betreten.
Der Kassen-Nachschau unterliegen u.a. elektronische oder computergestützte Kassensysteme, App-Systeme, Waagen mit Registrierkassenfunktion, Taxameter, Wegstreckenzähler, Geldspielgeräte und offene Ladenkassen.
Bei der Kassen-Nachschau dürfen Daten des elektronischen Aufzeichnungssystems durch den Amtsträger eingesehen werden. Auch kann die Übermittlung von Daten auf einem maschinell auswertbaren Datenträger verlangt werden. Einzelheiten regelt der AEAO zu § 146b, .
10. Folgen von Mängeln
Ist die Kassenführung nicht ordnungsgemäß, hat dies den Verlust der Ordnungsmäßigkeit der gesamten Buchführung zur Folge.
OFD Karlsruhe v. - S 0315 - St 42
Fundstelle(n):
DB 2018 S. 2337 Nr. 39
DStR 2019 S. 108 Nr. 3
KoR 2018 S. 490 Nr. 10
TAAAG-99794