BAG Urteil v. - 4 AZR 371/15

Vertragsauslegung - Verweisung auf Tarifvertrag

Gesetze: § 133 BGB, § 151 BGB, § 611 BGB, § 157 BGB

Instanzenzug: ArbG Paderborn Az: 4 Ca 1050/14 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 17 Sa 1746/14 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Anwendung des Lohntarifvertrags für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen (LTV) auf ihr Arbeitsverhältnis sowie daraus resultierende Entgeltdifferenzansprüche für den Zeitraum von Januar 2014 bis Februar 2015 gegen die Beklagte.

2Der Kläger ist bei der Beklagten, die Möbelhäuser betreibt, aufgrund eines Arbeitsvertrags vom seit dem als Auslieferungsfahrer beschäftigt.

3Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt (die unterstrichenen Passagen sind maschinenschriftlich in das Formular eingefügt):

4Die Beklagte ist Mitglied des Einzelhandelsverbandes Ostwestfalen-Lippe e.V., der wiederum Mitglied im Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen e.V. ist. Sie war zunächst Mitglied mit Tarifgebundenheit. Auf ihren Antrag hin führt sie der Verband seit dem als Mitglied ohne Tarifgebundenheit („OT-Mitglied“). Die Verbandssatzung sieht eine derartige OT-Mitgliedschaft vor.

5Bis zum Wechsel in die OT-Mitgliedschaft wurde der Lohn des Klägers regelmäßig entsprechend den Tarifabschlüssen im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen erhöht. Der zu dieser Zeit gültige LTV war zum gekündigt.

6Am schlossen die Parteien eine „Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages“, die auszugsweise wie folgt lautet:

7Jedenfalls nach Abschluss dieser Vereinbarung gab die Beklagte Tariflohnerhöhungen im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen nicht mehr an den Kläger weiter.

8Am , , und am unterzeichnete der Kläger jeweils ein Formular mit der Überschrift „Personalveränderung“. Diese Dokumente haben jeweils auszugsweise folgenden Wortlaut:

9Personalveränderung vom (Personalveränderung 2010):

10Personalveränderung vom (Personalveränderung 2012):

11Personalveränderung vom (Personalveränderung 2014):

12Personalveränderung vom (Personalveränderung 2015):

13Mit seiner am zugestellten Klage und den in der Berufungsinstanz vorgenommenen Klageerweiterungen hat der Kläger für die Monate Januar 2014 bis Februar 2015 Ansprüche auf Differenzentgelt zwischen der ihm gezahlten monatlichen Vergütung und dem ihm seiner Auffassung nach zustehenden Tariflohn entsprechend der Lohngruppe II LTV geltend gemacht, da er die Anforderungen des dort geregelten Tätigkeitsmerkmals erfülle. Er hat die Ansicht vertreten, der LTV sei in seiner jeweiligen Fassung auf sein Arbeitsverhältnis aufgrund der zeitdynamischen Klausel in § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags anzuwenden. Diese sei im Änderungsvertrag vom März 2005 erneut vereinbart worden, weshalb sie nicht mehr als Gleichstellungsabrede ausgelegt werden könne. Eine nachfolgende, von § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags abweichende Lohnvereinbarung gebe es nicht, auch nicht aufgrund der „Personalveränderungen“. Diese dokumentierten lediglich die befristete Zahlung einer jeweiligen Funktionszulage bzw. deren Deklaration als Gehalt.

14Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

15Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, schon der Arbeitsvertrag verweise hinsichtlich der Lohnhöhe nicht auf die Tarifverträge des Einzelhandels, es sei vielmehr unter § 4 Nr. 2 des Arbeitsvertrags ausdrücklich ein konkreter Stundenlohn vereinbart worden. Jedenfalls liege eine Gleichstellungsabrede vor, die nicht geändert worden sei. In der Änderungsvereinbarung aus März 2005 liege kein Neuabschluss der Klausel aus § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags. Ihr sei es bei Verwendung des Einleitungssatzes hinsichtlich der Weitergeltung von in der Änderungsvereinbarung nicht aufgeführten Regelungsgegenständen erkennbar nur darauf angekommen, keinen redaktionell ganz neuen Arbeitsvertrag zu verfassen. Zudem sei zu diesem Zeitpunkt klar erkennbar gewesen, dass sie sich von den tarifvertraglichen Regelungen zumindest hinsichtlich der Hauptleistungspflichten - wozu neben der ausdrücklich geänderten Arbeitszeit auch das Entgelt gehöre - habe lösen wollen. In den „Personalveränderungen“ seien deshalb die dort genannten und tatsächlich gezahlten Vergütungen als künftig arbeitsvertraglich geschuldet jeweils neu vereinbart worden. Letztlich seien Ansprüche des Klägers aufgrund der jahrelang unterbliebenen Geltendmachung und der insoweit anstandslosen Weiterarbeit zumindest verwirkt.

16Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich des in der Revision noch gestellten Feststellungsantrags und - in der Sache - dem Zahlungsantrag zu 1. stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufungen beider Parteien den Feststellungsantrag abgewiesen und dem in der Berufung erweiterten Zahlungsantrag weitgehend stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Parteien ihre bisherigen Prozessziele weiter.

Gründe

17Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zu Recht zT zurückgewiesen. Die Revision des Klägers ist hingegen begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung konnte der Berufung der Beklagten nicht stattgegeben und die Klage teilweise abgewiesen werden. Die Sache ist insoweit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat keine eigene Sachentscheidung treffen.

18I. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat für den Zeitraum bis zum die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines Entgelts, das sich nach dem LTV berechnet, zu Recht angenommen und die Beklagte für diesen Zeitraum zur Zahlung der - rechnerisch unstreitigen - Entgeltdifferenz von 2.097,44 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt.

19Der Arbeitsvertrag vom enthält hinsichtlich der Vergütung eine Inbezugnahme auf die jeweiligen (Lohn-)Tarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen (1). Die Bezugnahme ist trotz des Endes der im Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses bestehenden Tarifgebundenheit der Beklagten wegen der vertraglichen Änderungsvereinbarung aus März 2005 weiterhin zeitdynamisch ausgestaltet (2). Nach dieser Vereinbarung ist für die Zeit bis Ende Dezember 2014 jedenfalls keine weitere Änderung des Arbeitsvertrags vereinbart worden, insbesondere nicht durch die abgefassten „Personalveränderungen“ (3). Da schließlich keine Verwirkung eingetreten ist (4), hat der Kläger für diesen Zeitabschnitt Anspruch auf das begehrte Differenzentgelt (5).

201. Mit dem Arbeitsvertrag vom haben die Parteien den LTV in Nordrhein-Westfalen in seiner jeweiligen Fassung vertraglich in Bezug genommen. Die Verweisungsklausel umfasst auch die tariflichen Regelungen zur Lohnhöhe. Das ergibt die Auslegung des Vertrags.

21a) Die in § 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags aus dem Jahre 1989 enthaltene Verweisung auf die jeweiligen Entgelttarifverträge des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen ist - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - iSd. früheren Rechtsprechung des Senats als eine Gleichstellungsabrede auszulegen.

22aa) Nach der Rechtsprechung des Senats galt die widerlegliche Vermutung, dass es einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum ging, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Der Senat ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel solle lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags auf das betreffende Arbeitsverhältnis zu kommen. Daraus hatte der Senat die Konsequenz gezogen, auch ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder in den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeregelungen in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik solle nur so weit reichen, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reicht, also dann enden, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden war. Ab diesem Zeitpunkt seien die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden.

23Diese Rechtsprechung hat der Senat für vertragliche Bezugnahmeregelungen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am vereinbart worden sind (st. Rspr., sh. nur  - Rn. 14 f. mwN, BAGE 147, 41).

24bb) Die Beklagte war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Jahre 1989 Mitglied des tarifschließenden Unternehmerverbandes. Der Arbeitsvertrag verweist in § 1 Nr. 3 auf „die“ Tarifverträge des Einzelhandels Nordrhein-Westfalen in ihrer jeweiligen Fassung, die „Bestandteil dieses Vertrages“ und damit Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien sein sollen. Eine Ausnahme für bestimmte tariflich geregelte Bereiche ist dort nicht genannt. Damit ist die Verweisung umfassend und bezieht auch die jeweiligen Lohntarifverträge ein. Dementsprechend war die einschränkungslose Inbezugnahme der Tarifverträge hinsichtlich der Dynamik mit der auflösenden Bedingung der Tarifgebundenheit der Beklagten verbunden.

25b) Das Auslegungsergebnis einer Gleichstellungsabrede wird gestützt durch die tatsächliche Vertragsdurchführung.

26aa) Die tatsächliche Praxis des Vollzugs einer vertraglichen Regelung durch die vertragschließenden Parteien kann zwar den bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten objektiven Gehalt der wechselseitigen Vertragserklärungen nicht mehr beeinflussen. Er kann aber Anhaltspunkte für den bei Vertragsschluss bestehenden, tatsächlichen Vertragswillen enthalten und somit für die Auslegung von Bedeutung sein ( - Rn. 43).

27bb) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gab die Beklagte nach Abschluss des Arbeitsvertrags die Tariferhöhungen bis zum Zeitpunkt des Wechsels in die OT-Mitgliedschaft zum stets an den Kläger weiter. Für eine Pflicht zur Anwendung der Entgelttarifverträge kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 TVG) gibt es keine Anhaltspunkte; auch die Beklagte hat sich hierauf nicht berufen. Der Kläger stützt seine Ansprüche ohnehin nur auf die arbeitsvertragliche Verweisung. Demnach ging die Beklagte bis zu ihrem Wechsel in die OT-Mitgliedschaft offensichtlich selbst von einer dynamischen Verweisung auf die jeweiligen Lohntarifverträge im Arbeitsvertrag aus.

28c) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit auch zu Recht darauf abgestellt, dass die Parteien arbeitsvertraglich zwischen tariflichem und übertariflichem Entgelt unterscheiden und für das übertarifliche Entgelt Kürzungs- und Widerrufsmöglichkeiten sowie eine Anrechnung bei Erhöhung der Tarifentgelte vorgesehen haben. Dies setzt die Möglichkeit einer übertariflichen Entgeltabrede und die gleichzeitige Anerkennung des Tarifentgelts als Mindestarbeitsbedingung gerade voraus.

292. Obwohl durch den Wegfall der Tarifgebundenheit der Beklagten aufgrund ihres Wechsels in die OT-Mitgliedschaft des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes an sich die auflösende Bedingung für die Beendigung der Dynamik eingetreten ist, ist die vertragliche Bezugnahme auf den LTV wegen der vertraglichen Änderungsvereinbarung aus März 2005 weiterhin zeitdynamisch ausgestaltet. Mit diesem Änderungsvertrag haben die Parteien noch vor Ablauf der Geltungsdauer des damaligen LTV die Bezugnahmeregelung in § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 4 des Arbeitsvertrags erneuert. Diese nach dem geschlossene vertragliche Abrede aus März 2005 ist nicht mehr als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung auszulegen, sondern stellt sich als eine unbedingte zeitdynamische Bezugnahmeregelung dar (ausf.  - Rn. 26, 28, BAGE 122, 74) - zumal sie nunmehr von der nicht mehr tarifgebundenen Beklagten vereinbart wurde (zum Erfordernis der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers für die Annahme einer sog. Gleichstellungsabrede sh. nur  - Rn. 13 mwN, BAGE 128, 185).

30a) Bei einer nach dem vereinbarten Änderung eines von einem Arbeitgeber vor dem geschlossenen „Altvertrags“ kommt es für die Beurteilung, ob die Auslegungsmaßstäbe für „Neu-“ oder für „Altverträge“ maßgebend sind, darauf an, ob die vertragliche Bezugnahmeregelung in der nachfolgenden Vertragsänderung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist ( - Rn. 25; - 4 AZR 514/08 - Rn. 23 bis 25, BAGE 132, 261). Allein eine Vertragsänderung führt nicht notwendig dazu, dass zugleich stets alle vertraglichen Regelungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags erneut vereinbart oder bestätigt würden. Ob eine solche Abrede gewollt ist, ist anhand der konkreten Vertragsänderung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ( - Rn. 27). Ein deutlicher Ausdruck dafür, dass eine zuvor bestehende Verweisungsklausel erneut zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden ist und die Parteien trotz der geänderten Gesetzeslage auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am ausdrücklich an den zuvor getroffenen Abreden festhalten, liegt beispielsweise in der ausdrücklichen Erklärung, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“ (vgl.  - Rn. 49, BAGE 127, 185). Eine solche Regelung hindert die Annahme eines „Altvertrages“ und eine Rechtsfolgenkorrektur unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ( - Rn. 25, aaO).

31b) Danach liegt mit der Änderungsvereinbarung vom März 2005 eine Neuvereinbarung von § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 4 des Arbeitsvertrags vor. In der Vereinbarung aus März 2005 wird einleitend ausdrücklich ausgeführt, dass der Arbeitsvertrag einvernehmlich „wie folgt geändert wird“ und „[d]ie dabei nicht genannten Regelungen [weiter] gelten […]“. Diese Formulierung erfasst die entsprechenden Bestimmungen des ursprünglichen Arbeitsvertrags mit Ausnahme der Regelungen zu Arbeitszeit, Zuschlägen, Sonderzahlungen und Urlaub. Der Wortlaut spricht dabei - noch weiter gehend als in der Entscheidung vom (- 10 AZR 606/07 - Rn. 49, BAGE 127, 185 „… bleiben unberührt“) - für eine ausdrückliche Vereinbarung über eine weitere Geltung dieser Regelungen.

32c) Die gegen die rechtsfehlerfreie Auslegung der Vereinbarung vom März 2005 durch das Landesarbeitsgericht gerichteten Angriffe bleiben erfolglos.

33aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Regelung im Einleitungssatz des Änderungsvertrags nicht um eine bloß deklaratorische Vertragsbestimmung. Bei einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ist grundsätzlich von übereinstimmenden Willenserklärungen auszugehen. Soll einem Vertragsinhalt keine rechtsgeschäftliche Wirkung zukommen, sondern es sich nur um eine deklaratorische Angabe in Form einer sog. Wissenserklärung handeln, muss dies im Vertrag deutlich zum Ausdruck gebracht worden sein ( - Rn. 12 mwN, BAGE 146, 29). Für eine solche Annahme ergeben sich weder aus dem Wortlaut der Erklärung noch aus den gesamten Begleitumständen Anhaltspunkte.

34bb) Des Weiteren kann selbst dann, wenn der Kläger Kenntnis vom Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft hatte, nicht davon ausgegangen werden, es sei für ihn in der Vereinbarung aus März 2005 erkennbar der Wille der Beklagten zum Ausdruck gekommen, sich insgesamt und umfassend von den Tarifverträgen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen zu lösen. § 1 Nr. 3 iVm. § 4 Nr. 4 des ursprünglichen Arbeitsvertrags, der diese Tarifverträge in Bezug nahm, wird in dem Änderungsvertrag gerade nicht umfassend aufgehoben, sondern soll ausdrücklich weiter gelten. Geändert werden ausschließlich die bislang tarifvertraglich bestimmten Regelungen zu Arbeitszeit, Zuschlägen, Sonderzahlungen und Urlaub.

35cc) Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, es habe sich bei der höheren Festsetzung der Stundenzahl um eine Änderung ohne Lohnausgleich gehandelt, es habe also der bisherige Lohn trotz erhöhter Wochenarbeitszeit weitergezahlt werden sollen, fehlt es an einer entsprechenden Vereinbarung. Im Gegenteil ist durch die Neuvereinbarung der Verweisungsklausel aus dem Arbeitsvertrag von einer ausgleichslosen Erhöhung der Wochenarbeitszeit gerade nicht auszugehen.

36dd) Zudem spricht die weitere Vertragsdurchführung nicht für die Auffassung der Beklagten. Die fehlende Weitergabe von Tariflohnerhöhungen durch die Beklagte im Anschluss an den Änderungsvertrag sowie die jahrelange unterbliebene Geltendmachung durch den Kläger sind bloße Unterlassungen. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann ein „bloßes Nichtstun“ vielerlei Gründe haben. Aus ihm können daher nicht in gleichem Maße Rückschlüsse auf den Vertragswillen gezogen werden, wie aus einer jahrelangen dynamischen Weitergabe der jeweiligen Tariflohnerhöhungen. Der Erfüllung einer (vermeintlich) eigenen Verpflichtung durch positives Tun wird regelmäßig eine eingehendere und kritischere Prüfung des Bestehens der Verpflichtung durch den Leistenden vorangegangen sein als der Nichterfüllung durch den Nichtleistenden. Gerade bei zweifelhafter Vertragslage liegt die Annahme einer schlicht vertragswidrigen Nichtleistung wesentlich näher als die einer notfalls überobligatorischen Leistung. Hinsichtlich der Nichtgeltendmachung von Ansprüchen durch den Kläger sind zudem - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - unterschiedliche Motive denkbar.

373. Entgegen der Auffassung der Beklagten haben die Parteien nach dem Abschluss des Änderungsvertrags vom jedenfalls bis Dezember 2014 keine abweichende Vereinbarung geschlossen, die die dynamische Verweisung auf das Tarifentgelt beseitigte. Insbesondere sind die von der Beklagten hierfür angeführten „Personalveränderungen“ vom , und keine solchen vertraglichen Änderungsvereinbarungen. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt.

38a) Das Landesarbeitsgericht hat die drei vom Kläger unterzeichneten und mit „Personalveränderung“ überschriebenen Urkunden nicht als eine Änderung der Vergütungsabrede der Parteien ausgelegt. Es könne dahinstehen, ob diese Urkunden überhaupt als Vertragsänderungen anzusehen seien oder ob sie nicht jeweils eine bloße Information über eine bereits getroffene mündliche Abrede seien. In allen drei Fällen beziehe sich eine mögliche Einigung allenfalls auf die Weitergewährung der Funktionszulage. Dies ergebe die Auslegung anhand der Kriterien von §§ 133, 157 BGB.

39b) Diese Begründung weist keinen entscheidungserheblichen Rechtsfehler auf. Auch die Revision vermag einen solchen nicht aufzuzeigen.

40aa) Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts unterliegen nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Sowohl die Feststellung, ob eine Willenserklärung vorliegt, also auch die Auslegung nichttypischer Erklärungen sind grundsätzlich den Tatsachengerichten übertragen und in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt nachprüfbar. Dabei ist die Frage, ob eine Erklärung als Willenserklärung anzusehen ist, nach dem Maßstab des § 133 BGB zu beurteilen. Das Revisionsgericht überprüft, ob die Rechtsvorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt sind, ob dabei gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen und das tatsächliche Vorbringen der Parteien vollständig verwertet oder ob eine gebotene Auslegung völlig unterlassen worden ist ( - zu III 1 der Gründe mwN).

41bb) Diesem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab hält das angefochtene Urteil stand.

42(1) Das Landesarbeitsgericht hat nicht gegen die Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB verstoßen, sondern ist vom zutreffenden Maßstab ausgegangen, nach dem entscheidend ist, ob der Empfänger der Erklärung aus dem Erklärungsverhalten der anderen Seite auf einen Rechtsbindungswillen schließen durfte. Seine Auffassung hat es unter Berücksichtigung der maßgebenden Tatsachen begründet. Die Auslegung muss nicht zwingend sein. Es genügt, dass sie möglich und vertretbar ist.

43(2) Dies ist vorliegend der Fall. Schon nach dem Wortlaut der Personalveränderung 2010 war Gegenstand einer möglichen Einigung ausschließlich die Vereinbarung einer Zulage von 100,00 Euro, die jederzeit kündbar sein sollte. Der Grundlohn wird ebenso wenig erwähnt wie das dem Kläger danach zustehende Gesamtentgelt. Auch in der Personalveränderung 2012 ist dem Kläger lediglich die zunächst bis zum befristete Funktionszulage auch über diesen Zeitpunkt hinaus zugesichert worden, allerdings abermals befristet bis zum . Eine weitere Änderung der Arbeitsbedingungen ist nicht dokumentiert. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass selbst die Beklagte nicht von einer Änderung des bisherigen Entgelts ausging und dass der in den Personalveränderungen angegebene „Lohn“ nicht dem entsprach, was dem Kläger tatsächlich zustand. Auch dem Argument der Beklagten, mit der in der Personalveränderung angegebenen „Vergütungsgruppe III“ sollte die zwischenzeitlich in einer Betriebsvereinbarung festgelegte neue Vergütungsordnung in Bezug genommen werden, ist das Landesarbeitsgericht zu Recht nicht gefolgt. Die bisherige einzelvertragliche Vereinbarung sei jedenfalls günstiger für den Kläger und es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger den Willen gehabt und kundgetan habe, die innerbetriebliche Vergütungsordnung als auch vertraglich maßgebend festzuschreiben.

44(3) Auf die sich angesichts von § 77 Abs. 3 BetrVG stellende Frage der Wirksamkeit einer entgeltregelnden Vergütungsordnung in dem Betrieb eines OT-Mitglied-Unternehmens im tarifschließenden Arbeitgeberverband kommt es daher in diesem Zusammenhang nicht an.

454. Danach steht dem Kläger jedenfalls die Entgeltdifferenz für die Zeit bis zum zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieser Anspruch nicht verwirkt. Dabei kann offenbleiben, ob lediglich - konkrete, wiederkehrende - Leistungen aus einem vertraglichen Dauerschuldverhältnis verwirken können - wofür viel spricht - und dies aber nicht für die vertragliche Grundlage gelten kann (sh. bereits etwa  - Rn. 22; - 4 AZR 580/10 - Rn. 43). Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, eine im Rahmen der Verwirkung nach Treu und Glauben neben dem Zeit- und Umstandsmoment erforderliche Disposition der Beklagten liege nicht vor.

46Zwar hat der Kläger längere Zeit mit der Geltendmachung des tariflichen Entgelts zugewartet. Es mangelt jedoch schon am Umstandsmoment. Der Kläger hat eine Abweichung der Beklagten von der Entgeltvereinbarung aus dem Arbeitsvertrag iVm. der Änderungsvereinbarung aus März 2005 nicht durch eine eigene Handlung oder ein ihm in dieser Weise zurechenbares Unterlassen bestätigt. Eine Pflicht des Arbeitnehmers, vertragswidrige Minderleistungen des Arbeitgebers innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu beanstanden, andernfalls die - bisher vertragswidrige - Minderleistung neuer rechtmäßiger Vertragsinhalt werde, gibt es nicht. Auch die Revision verweist nicht auf ein solches Verhalten des Klägers.

475. Da der Kläger danach jedenfalls bis zum ein Entgelt nach dem jeweiligen LTV des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen beanspruchen konnte, ist auch der für diesen Zeitraum geltend gemachte und rechnerisch unstreitig gebliebene Zahlungsanspruch begründet.

48II. Die Revision des Klägers ist dagegen begründet. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Vertragsgrundlage sei hinsichtlich des Entgelts mit Wirkung ab dem geändert worden, wird von seinen tatsächlichen Feststellungen nicht getragen. Ob die Klage auch insoweit begründet ist, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 1, Abs. 3 ZPO).

491. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu ausgeführt, die Parteien hätten mit der Personalveränderung 2015 den Lohn des Klägers neu vereinbart. Statt - wie bisher - einer jeweils befristeten Funktionszulage sollte er ab dem den Lohnbetrag erhalten, den er vorher als Summe aus Monatsentgelt und Funktionszulage erhalten hatte. Ein Wille des Klägers, mit dieser Änderung lediglich die Funktionszulage zu entfristen, sei in der Erklärung nicht zum Ausdruck gekommen. Er hätte auch im Hinblick auf den zu dieser Zeit schon laufenden Rechtsstreit seine Zustimmung unter den Vorbehalt eines bestimmten Prozessausgangs stellen können, habe dies aber nicht getan. Im Übrigen habe er nicht bestritten, dass die in der Personalveränderung 2015 angegebene Vergütungsgruppe der innerbetrieblichen Vergütungsordnung diesem Lohn entspricht.

502. Diese Ausführungen halten einer revisionsrichterlichen Kontrolle weder unter dem Gesichtspunkt der für die Auslegung von allgemeinen Geschäftsbedingungen uneingeschränkten Überprüfbarkeit (vgl. zu den Maßstäben insoweit  - Rn. 29 mwN) noch unter Berücksichtigung der nur eingeschränkten Überprüfbarkeit nach §§ 133, 157 BGB für atypische Willenserklärungen stand.

51a) Das Landesarbeitsgericht hat die für seine Annahme erforderlichen Tatsachenfeststellungen nicht getroffen.

52aa) Es hat bei der rechtlichen Beurteilung der Personalveränderungen 2010, 2012 und 2014 dahinstehen lassen, ob die Personalveränderungen selbst als Vertragsänderungen anzusehen sind oder ob sie jeweils eine bloße Information über eine bereits mündlich getroffene Abrede enthielten. Bei der Auslegung der Personalveränderungen 2010 und 2012 ist es überdies ausdrücklich davon ausgegangen, dass ihnen jeweils eine entsprechende mündliche Einigung zugrunde gelegen habe. Dies war möglich, weil auch dann, wenn man zugunsten der Beklagten in der Unterzeichnung der Personalveränderungsformulare jeweils die Abgabe einer Willenserklärung des Klägers sah, die Auslegung der Erklärung die Annahme einer vertraglichen Änderung der Entgeltgrundlage nicht erlaubt. Soweit das Landesarbeitsgericht im Gegensatz hierzu bei der Personalveränderung 2015 eine Vertragsänderung angenommen hat, hätte es sich festlegen müssen, ob und ggf. warum die entsprechende Willenserklärung des Klägers in der Unterzeichnung des Formulars zu sehen sei. Alternativ hätte es feststellen müssen, wann wo zwischen wem mündlich eine Einigung über welchen neuen Vertragsinhalt vereinbart worden ist. Beides ist nicht geschehen. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu keinerlei Ausführungen gemacht.

53bb) Selbst soweit das Landesarbeitsgericht Auslegungsgesichtspunkte genannt hat, sind diese widersprüchlich und stehen insbesondere im Gegensatz zu den berufungsrichterlichen Ausführungen zu den Personalveränderungen 2010, 2012 und 2014.

54(1) Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass sich die Personalveränderung 2015 thematisch bruchlos in die tatsächlichen Regelungsbereiche der vorhergehenden Personalveränderungen einreiht. In der Personalveränderung 2010 ist eine bis zum Ende des Jahres befristete Zahlung einer Funktionszulage von 100,00 Euro monatlich geregelt. Die gleichfalls vom Landesarbeitsgericht nicht als Vertragsänderung angesehene Personalveränderung 2012 hat denselben Regelungsinhalt, nämlich die auf ein Jahr befristete Funktionszulage von 100,00 Euro. Hier ist - im Gegensatz zu dem Formular von 2010, aber wie in der Personalveränderung 2015 - die „Gesamtsumme“ der Vergütung aufgeführt. Gleiches gilt für die Personalveränderung 2014, die gleichfalls nur die tatsächliche Weitergewährung der schon seit 2010 gezahlten, aber jeweils befristeten Funktionszulage regelt. In der Sache ist in der dann folgenden und vom Landesarbeitsgericht grundlegend abweichend beurteilten Personalveränderung 2015 nichts anderes geregelt als die „Entfristung“ der Funktionszulage von 100,00 Euro. Diese Summe ist in der Spalte „bisher“ zusammen mit der - auch nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts - unzutreffenden Angabe von „Lohn/ Gehalt/ Garantiegehalt“ - aufgeführt und entfällt in der Spalte „künftig“. Stattdessen ist das in der linken Spalte unzutreffende bisherige Gehalt um 100,00 Euro erhöht worden. Es bedürfte eines erheblichen argumentatorischen Aufwandes, allein hieraus die Vereinbarung einer grundlegend neuen Vergütungsabrede zu folgern, vor allem weil sich sowohl aus der Personalveränderung 2015 selbst als auch aus der nachfolgenden Praxis der Durchführung des Arbeitsverhältnisses für den Kläger auf den Cent genau dasselbe Entgelt ergab wie vor der Unterzeichnung der Urkunde.

55(2) Die vom Landesarbeitsgericht für die gegenteilige Auslegung der Personalveränderungen 2010, 2012 und 2014 angeführten Argumente treffen im Grundsatz auch für die Auslegung der Personalveränderung 2015 zu und sind bei deren Bewertung nicht ohne eine weitere inhaltliche Begründung auszuschließen. So ist auch bei der Personalveränderung 2015 „nicht ersichtlich, dass die Parteien überhaupt über etwas anderes als die Gewährung einer Zulage verhandelt haben“ und „dass der Kläger den Willen hatte und ihn auch kundgetan hat, die innerbetriebliche Vergütungsordnung als arbeitsvertraglich maßgebend festzuschreiben. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass auch über die Entlohnung nach der neuen Vergütungsordnung, nicht nur über die Funktionszulage verhandelt wurde“ (UA S. 24 und 25, zur Personalveränderung 2012). Insoweit hat das Landesarbeitsgericht für die Personalveränderung 2015 keinerlei abweichende Feststellungen getroffen. Es ist aber gleichwohl jeweils vom Gegenteil ausgegangen. Es hat insbesondere nicht begründet, warum es bei den Personalveränderungen von 2012 und 2014 trotz der Angabe der - vom Landesarbeitsgericht der innerbetrieblichen Vergütungsordnung zugeordneten - „Vergütungsgruppe III“ davon ausgegangen ist, dass der Kläger damit gerade nicht diese Vergütungsordnung „als arbeitsvertraglich maßgebend“ festschreiben wollte (UA S. 25), dagegen in der Personalveränderung 2015 die dort angegebene - vom Landesarbeitsgericht gleichfalls der innerbetrieblichen Vergütungsordnung zugeschriebene - Vergütungsgruppe „VGO/Anl.-2/L 2“ als für den Kläger erkennbar der Interessenlage der Beklagten entsprechende neue vertragliche Entgeltgrundlage angesehen hat (UA S. 26).

56b) Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts über die Vertragsänderung zum lässt sich auch nicht mit der Annahme begründen, der Unterzeichnung der Personalveränderung 2015 sei jedenfalls eine mündliche Einigung mit dem entsprechenden Inhalt vorausgegangen. Auch hierzu fehlt es an tatsächlichen Feststellungen. Der Kläger hat eine solche mündliche Einigung stets bestritten. Die Beklagte hat hierzu keinerlei substantiierten Vortrag erbracht. Für einen zwingenden Rückschluss auf eine solche detaillierte Einigung über die Veränderung der vertraglichen Entgeltgrundlage kann sich das Berufungsgericht nicht allein auf den Inhalt der Personalveränderung stützen und hat dies im Übrigen auch bei den vorhergehenden Personalveränderungen gerade nicht getan. Die schriftliche Unterzeichnung eines Dokuments kann - insbesondere wenn sie selbst keinen konstitutiven rechtsgeschäftlichen Charakter hat - zwar grundsätzlich den Inhalt einer vorherigen mündlichen Einigung wiedergeben. Eine solche bloße Möglichkeit genügt aber nicht. Dem Landesarbeitsgericht ist es verwehrt, sich hierauf als - im Ergebnis entscheidungserhebliche - feststehende Tatsache zu stützen, ohne dies ausdrücklich auszusprechen und zu begründen und damit nachvollziehbar zu machen.

573. Weil die Auffassung des Landesarbeitsgerichts über die Änderung der Entgeltvereinbarung zum rechtsfehlerhaft ist, muss auch die Entscheidung über den davon abhängigen Zahlungsanspruch des Klägers in - rechnerisch unstreitiger - Höhe von 756,24 Euro brutto nebst Zinsen aufgehoben werden. Ein hiervon unabhängiger Klageabweisungsgrund besteht nicht; insbesondere ist auch diese Forderung nicht verwirkt (dazu oben I 4).

58III. Die Sache ist im Umfang der Aufhebung an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Bei der erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht auf folgende Gesichtspunkte Bedacht nehmen müssen.

591. Bei der Frage, ob es sich bei der Urkunde „Personalveränderung 2015“ unmittelbar um die Abgabe zweier übereinstimmender Willenserklärungen handelt, wird es sich damit auseinanderzusetzen haben, dass insbesondere die von der Beklagten selbst in allen Formularen der „Personalveränderung“ verwandte Formulierung einer „vorläufigen Massnahme“ gegen die Annahme einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung des Klägers sprechen dürfte, mit der dauerhaft das vereinbarte Entgelt neu geregelt werden sollte. Die „Aufklärung“ über die aus der „vorläufigen Massnahme“ sich ergebenden Folgen setzt die in der „Personalveränderung“ dokumentierte „vorläufige Massnahme“ voraus und streitet daher gegen die Auffassung, diese Rechtsfolge sei erst durch die mit der Unterschrift des Klägers abgegebenen Willenserklärungen herbeigeführt worden ( - Rn. 46).

602. Das Landesarbeitsgericht wird weiter zu überprüfen haben, ob die Personalveränderung 2015 einer Überprüfung nach den Grundsätzen der Vertragskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB standhält. Dass die Eintragungen vom Arbeitgeber vorformuliert waren, ist nicht zweifelhaft. Sie unterliegen damit zumindest als von ihm gestellt der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hierzu gehört auch die Überprüfung der Einhaltung des Bestimmtheitsgebots, das dann verletzt ist, wenn die Klausel vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält ( - Rn. 14, BAGE 135, 250). Es erscheint fraglich, ob die von der Beklagten angestrebte Rechtsfolge einer grundlegenden Veränderung der Entgeltvereinbarung für den Kläger im Rahmen des Möglichen klar und verständlich zum Ausdruck gekommen ist. Auch dem weiteren Angriff der Revision, es handele sich um eine überraschende und damit unwirksame Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB, wird nachzugehen sein. Dabei kann das Überraschungsmoment umso eher zu bejahen sein, je belastender die Bestimmung ist ( - Rn. 26).

613. Hinsichtlich der Frage, ob die Parteien, insbesondere der Kläger die in der Betriebsvereinbarung geregelte Vergütungsordnung - möglicherweise über deren normative Wirkung nach § 77 Abs. 4 BetrVG hinaus - zum Inhalt ihres Arbeitsvertrags machen wollten, werden die Parteien Gelegenheit erhalten müssen, zur möglichen Unwirksamkeit dieser Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 3 BetrVG Stellung zu nehmen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2018:200618.U.4AZR371.15.0

Fundstelle(n):
TAAAG-99139