Bewertung von Nutzungsentnahmen
Leitsatz
1. Eine Nutzungsentnahme ist mit den (anteiligen) Kosten der außerbetrieblichen Nutzung zu bewerten, höchstens aber mit dem Marktwert der Nutzung (hier: höchstens der Marktmiete).
2. Entstehen für das außerbetrieblich genutzte Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens Erhaltungsaufwendungen durch Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, die zu einer substanziellen Erhöhung des Teilwerts führen, sind diese Aufwendungen über einen Zeitraum von zehn Jahren pro rata temporis den laufenden Kosten für das Wirtschaftsgut (bis zur jeweiligen Höhe des Marktwerts der Nutzung) hinzuzurechnen.
3. Von einer substanziellen Teilwerterhöhung ist auszugehen, wenn der Teilwert durch sämtliche Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen um mindestens 10 v.H. gesteigert wird.
Gesetze: EStG §§ 4 Abs. 1, 6 Abs. 1 Nr. 4
Instanzenzug: (EFG 2001, 346) (Verfahrensverlauf),
Gründe
Die Sache befindet sich im 2. Rechtsgang.
Der Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, dessen Gewinn er durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Zum Betriebsvermögen gehört ein ehemaliges Verwalterhaus mit einer Wohn- und Nutzfläche von 259 qm, wovon 24 qm als Büroräume genutzt werden. Die übrige Fläche ist seit Oktober 1991 an die Mutter des Klägers vermietet. Der vereinbarte Mietzins beläuft sich auf 3 DM/qm; ortsüblich waren im Streitjahr (1991) 5,50 DM/qm. Schon mit notariellem Vertrag vom wurden der Mutter ein lebenslanges Mietrecht für die Verwalterwohnung vom Kläger eingeräumt und der Mietzins verbindlich festgelegt. Zur Sicherung des Mietrechts wurde eine Vertragsstrafe vereinbart, wonach der Kläger bei Nichtgewährung des lebenslangen Mietrechts zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 250 000 DM verpflichtet war. Die Vertragsstrafe wiederum wurde durch eine Sicherungshypothek abgesichert.
Die Wohnung hatte der Kläger für ca. 250 000 DM renovieren lassen. Auf Schönheitsreparaturen entfielen davon 22 000 DM. Sämtliche Kosten behandelte der Kläger als laufende Betriebsausgaben und erfasste diese auf dem Aufwandskonto Nr. 5520 (”Wirtschaftsgebäude”).
Nach einer Außenprüfung schloss sich der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) der Auffassung des Prüfers an, die Instandsetzungskosten seien hinsichtlich der Schönheitsreparaturen (22 000 DM) vollständig privat veranlasst und nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Im Übrigen liege insoweit, als die Wohnung verbilligt vermietet worden sei (45,5 v.H.), eine Nutzungsentnahme vor, die mit den anteiligen Renovierungskosten (103 740 DM) zu bewerten sei. Diesen Betrag erfasste das FA aus Vereinfachungsgründen im Wirtschaftsjahr 1990/91. Die Einsprüche des Klägers gegen die entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheide für 1990 und 1991 blieben erfolglos. Mit der Klage machte der Kläger geltend, die anteiligen Instandhaltungsaufwendungen von 103 740 DM seien gewinnmindernd zu berücksichtigen.
Nachdem das Finanzgericht (FG) der Klage im 1. Rechtsgang stattgegeben hatte, hob der erkennende Senat die Vorentscheidung in Bezug auf das Streitjahr 1991 auf und verwies die Sache insoweit an das FG zurück, damit dieses feststelle, mit welchem Betrag die Nutzungsentnahme zu bewerten sei (s. Senatsurteil vom IV R 49/97, BFHE 188, 382, BStBl II 1999, 652). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Nutzungsentnahme durch die verbilligte Vermietung der Wohnung seit Oktober 1991 führe zur Erhöhung des Gewinns aus dem Wirtschaftsjahr 1991/92 und in Höhe der Hälfte des für die Entnahme anzusetzenden Betrags zur Erhöhung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft des Veranlagungszeitraums 1991. Das FG habe zu erwägen, ob die Nutzungsentnahme gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit den anteiligen Selbstkosten seit Beginn der verbilligten Vermietung einschließlich eines die zuvor entstandenen Modernisierungskosten zeitanteilig berücksichtigenden Betrages oder mit der Verbilligung gegenüber der Marktmiete bewertet werden müsse.
In Bezug auf das im 1. Rechtsgang noch streitige Jahr 1990 wies der Senat die Revision als unbegründet zurück, da das FG die vom FA angesetzte Entnahme im Wirtschaftsjahr 1990/91 zutreffend rückgängig gemacht habe (s. Senatsurteil in BFHE 188, 382, BStBl II 1999, 652, Punkt 5. b).
Im 2. Rechtsgang beantragte der Kläger vor dem FG, bei der Bewertung der Nutzungsentnahme nur die auf das Verwaltergebäude entfallenden laufenden Aufwendungen zu berücksichtigen. Diese betrügen für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum vom bis zum insgesamt 1 804,83 DM. Die Nutzungsentnahme wäre folglich mit 821 DM anzusetzen (45,5 v.H. von 1 804,83 DM).
Das FG gab der Klage (nunmehr) mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 346 veröffentlichten Urteil teilweise statt und führte zur Begründung aus: Die Nutzungsentnahme durch die verbilligte Vermietung der Wohnung an die Mutter des Klägers seit Oktober 1991 führe zur Erhöhung des Gewinns aus dem Wirtschaftsjahr 1991/92 und damit in Höhe der Hälfte des für die Entnahme anzusetzenden Betrages zur Erhöhung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft des Veranlagungszeitraums 1991. Grundsätzlich seien für die Bewertung von Nutzungsentnahmen nicht der Wert der Nutzung, sondern die tatsächlichen Selbstkosten anzusetzen. Es bestehe aber keine Möglichkeit, den im Wirtschaftsjahr 1990/91 angefallenen erheblichen Erhaltungsaufwand zeitanteilig im folgenden Wirtschaftsjahr zu berücksichtigen. Soweit eine Verteilung von Erhaltungsaufwendungen auf mehrere Wirtschaftsjahre nicht in Betracht komme, weil es sich um sofort abzugsfähigen Aufwand handele, müsse dieser Grundsatz auch bei der Bewertung der Nutzungsentnahme beachtet werden. Daher seien für die Bewertung der Nutzungsentnahme die ab Überlassung der Wohnung am im Wirtschaftsjahr 1991/92 gewinnmindernd erfassten Kosten der Wohnung zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des Klägers belaufe sich die Nutzungsentnahme danach aber auf rd. 21 823 DM (45,5 v.H. von 47 963 DM Gesamtkosten).
Sowohl der Kläger als auch das FA haben Revision eingelegt und rügen die Verletzung materiellen Rechts.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, die Nutzungsentnahme sei mit den tatsächlichen Selbstkosten in Höhe von 821 DM anzusetzen. Dabei seien die Selbstkosten einzubeziehen, die im Zeitraum der verbilligten Vermietung vom bis zum (im Wirtschaftsjahr 1991/92) entstanden seien. Im Gegensatz dazu habe das FG bei der Ermittlung der Selbstkosten zu Unrecht auf das Datum der Bezahlung abgestellt und sei somit auf einen zu hohen Betrag der Instandhaltungskosten in Höhe von 47 371,24 DM gekommen. Vielmehr setze sich der Entnahmewert aus folgenden Beträgen zusammen:
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"-
Instandhaltungskosten |
1 212,31 DM | |
- AfA
für ein zur Wohnung | ||
gehörendes Carport |
292,52 DM | |
-
Gebäudeversicherung |
300,00 DM | |
1 804,83 DM | ||
davon
45,5 % | =
rd. 821,00 DM | " |
Der Kläger beantragt danach, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1991 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom unter Berücksichtigung einer Nutzungsentnahme von 821 DM zu ändern und die Einkommensteuer 1991 auf 7 753 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen und unter Aufhebung der Vorentscheidung bei der Festsetzung der Einkommensteuer 1991 eine Nutzungsentnahme von 94 131 DM zu berücksichtigen, mithin die Einkommensteuer 1991 auf 19 301 DM festzusetzen, sowie im Übrigen die Klage abzuweisen.
Das FA führt zur Begründung seiner Revision aus, die Nutzungsentnahme sei im Wirtschaftsjahr 1991/92 mit einem Wert von 94 131 DM anzusetzen. Dieser sei auf der Basis der durch die verbilligte Wohnungsüberlassung verursachten Selbstkosten zu berechnen. Es könne dabei aber nicht solcher Aufwand unberücksichtigt bleiben, der im nämlichen Gewinnermittlungszeitraum, aber zeitlich vor oder nach der Nutzungsentnahme oder in einem anderen Gewinnermittlungszeitraum angefallen sei. Das FG beachte in seiner Entscheidung nicht das Prinzip des § 12 Nr. 1 EStG, wonach privat veranlasster Aufwand weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden dürfe. Folglich seien in die Bemessungsgrundlage für die Nutzungsentnahme folgende Beträge einzubeziehen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
"-
Erhaltungsaufwendungen (Konto 5520) | ||||
Wj.
1990/91 |
170 048 DM | |||
./.
Schönheitsrep. |
22 000 DM |
148 048,00 DM | ||
Wj.
1991/92 | ||||
bis 30.9. |
4 761,09 DM | |||
ab 1.10. |
47 371,24 DM | |||
-
Gartentreppe (Wj. 1990/91) | ||||
von Bp festgestellt |
6 109,00 DM | |||
-
Gebäudeversicherung |
300,00 DM | |||
- AfA
Carport |
292,52 DM | |||
Bemessungsgrundlage |
206 881,85 DM | |||
davon
45,5 % verbilligte Vermietung rd. |
94 131,00 DM | " |
Die Revision des Klägers ist begründet. Die Revision des FA ist ebenfalls begründet, soweit nicht eine Festsetzung der Einkommensteuer über 18 759 DM hinaus begehrt wird. Soweit das FA eine noch höhere Festsetzung begehrt, ist die Revision unzulässig, weil im Klageverfahren wegen des Verböserungsverbots keine über den angefochtenen Bescheid hinausgehende Festsetzung erfolgen darf.
Auf die Revisionen des Klägers und des FA wird die Vorentscheidung aufgehoben und wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Der Senat kann aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, in welcher Höhe die Nutzungsentnahme anzusetzen ist.
Das FG hat bei der Bewertung der Nutzungsentnahme zu Unrecht lediglich solche Instandsetzungskosten berücksichtigt, die erst ab dem Zeitpunkt der verbilligten Vermietung der Wohnung angefallen sind; andererseits hat das FG nicht beachtet, dass der Aufwand für substanziell teilwerterhöhende Maßnahmen nicht sofort in voller Höhe neutralisiert werden darf.
1. Wie der Senat im 1. Rechtsgang entschieden hat, stellt die verbilligte Vermietung der zum gewillkürten Betriebsvermögen gehörenden Wohnung an die Mutter des Klägers eine Nutzungsentnahme dar, da die verbilligte Vermietung aus außerbetrieblichen Gründen erfolgte (Senatsurteil in BFHE 188, 382, BStBl II 1999, 652). Diese Nutzungsentnahme (seit Oktober 1991) führt zur Erhöhung des Gewinns aus dem Wirtschaftsjahr 1991/92.
2. Das FG hat dem Grunde nach zutreffend die Nutzungsentnahme mit den anteiligen tatsächlichen Selbstkosten angesetzt.
a) Die Bewertung der Nutzungsentnahme richtet sich nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG. Diese Vorschrift regelt nach ganz herrschender —auch vom Senat vertretener— Auffassung lediglich die Bewertung der Sachentnahmen, trifft hingegen für die Bewertung der Nutzungsentnahmen keine Aussage (vgl. z.B. , BFHE 173, 356, BStBl II 1994, 353, unter 2., und vom X R 57/93, BFHE 185, 230, unter B. II. 5. d; auch Blümich/Ehmcke, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 6 EStG Rz. 1010). Die danach für die Bewertung der Nutzungsentnahmen bestehende Gesetzeslücke ist in der Weise zu schließen, dass nicht etwa der Wert der privaten Nutzung, sondern der durch diese verursachte Aufwand als entnommen angesetzt wird (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348, unter C. I. 1. b bb, m.w.N.).
Die ständige Rechtsprechung des BFH und die herrschende Lehre verstehen unter dem durch die private Nutzung des zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsguts verursachten Aufwand die ”tatsächlichen Selbstkosten” (vgl. Beschluss des Großen Senats in BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348, unter C. I. 1. b bb; Senatsurteil vom IV R 42, 43/01, juris, unter 1. a; BFH-Urteile in BFHE 185, 230, unter B. II. 5. d; vom VIII R 9/87, BFH/NV 1992, 590, unter 1. b; vom I R 213/85, BFHE 157, 521, BStBl II 1990, 8, unter II. B. 4. b; Schmidt/Glanegger, Einkommensteuergesetz, 21. Aufl., § 6 Rz. 416; Leingärtner/Zaisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl., Kap. 25 Rz. 58; Werndl in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 6 Rdnr. E 68). Die tatsächlichen Selbstkosten bestehen aus den als Betriebsausgaben im Rahmen der Minderung des buchmäßigen Betriebsvermögens abgezogenen (Gesamt-)Aufwendungen einschließlich der sog. festen und variablen Kosten, der Absetzung für Abnutzung (AfA) in der in Anspruch genommenen Höhe und der Finanzierungskosten (s. die einzelnen Nachweise der Rechtsprechung bei Fischer in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, Kompaktkommentar, 2. Aufl. 2002, § 6 Rn. 161).
b) Die Nutzungsentnahme ist insbesondere nicht mit der Differenz zwischen der tatsächlich erzielbaren Marktmiete und dem vereinbarten Mietzins zu bewerten (a.A. Paus, Deutsche Steuer-Zeitung —DStZ— 1999, 753). Auch wenn der Senat im 1. Rechtszug diese Lösung noch in Erwägung gezogen hat (Senatsurteil in BFHE 188, 382, BStBl II 1999, 652, unter 5. a) wird diese Art der Bewertung nunmehr abgelehnt. Die Bewertung der Nutzungsentnahme mit dem marktüblichen Mietzins entspräche nicht dem Grundsatz einer Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Dieser Lösungsweg wird auch dem Neutralisationsprinzip nur schwer gerecht. Unabhängig von den tatsächlich angefallenen Kosten würde ein Wert in Höhe der Differenz der vereinbarten zur marktüblichen Miete dem Gewinn hinzugerechnet. Dies könnte einerseits dazu führen, dass hoher Aufwand, der durch die Nutzungsentnahme anteilig privat veranlasst ist, nicht im vollen Umfang neutralisiert wird. Umgekehrt wäre der Ansatz eines Nutzungswerts für den Steuerpflichtigen von Nachteil und nicht gerechtfertigt, wenn der Differenzbetrag zwischen vereinbarter und marktüblicher Miete höher läge als die anteiligen tatsächlichen Selbstkosten.
c) Das Verhältnis der vereinbarten Miete zum marktüblichen Mietzins —im Streitfall 45,5 v.H.— ist nur insoweit relevant, als damit das Verhältnis der anteiligen Selbstkosten der Nutzungsentnahme zum (Gesamt-)Aufwand wiedergegeben wird. Zu Recht hat daher das FG die Nutzungsentnahme mit 45,5 v.H. der gesamten Kosten angesetzt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 185, 230).
3. Dem FG ist jedoch insoweit nicht zuzustimmen, als es lediglich die ab der verbilligten Vermietung des Verwalterhauses am im Wirtschaftsjahr 1991/92 buchmäßig erfassten Erhaltungsaufwendungen bei der Bewertung der Nutzungsentnahme berücksichtigt hat.
a) Das FG ist davon ausgegangen, dass die Aufwendungen in den Nutzungsentnahmewert eingehen, die in dem Zeitraum vom bis zum buchmäßig auf dem Aufwandskonto Nr. 5520 (”Wirtschaftsgebäude”) erfasst wurden. Es hat also auf den Zeitpunkt der Zahlung abgestellt. Auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Abflusses kann es aber schon deswegen nicht ankommen, weil der Kläger seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt. Wann Betriebsausgaben bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich erfolgswirksam zu berücksichtigen sind, ergibt sich nicht aus dem in § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG normierten Abflussprinzip. Vielmehr bestimmt sich die zeitliche Zuordnung von Betriebsvermögensminderungen nach dem Zeitpunkt ihrer wirtschaftlichen Verursachung (vgl. Stapperfend in Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 4 EStG Anm. 712 und 846). Zu welchem Zeitpunkt Aufwendungen wirtschaftlich verursacht sind, ergibt sich aus § 4 Abs. 1 EStG, sowie —soweit bei einem bilanzierenden Land- und Forstwirt entsprechend anwendbar— aus § 5 EStG und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung. Danach mindern Aufwendungen schon die Einkünfte des Wirtschaftsjahres, in dem sie als Verpflichtung verursacht sind und deshalb als (gewisse) Verbindlichkeiten oder Rückstellungen (für ungewisse Verbindlichkeiten) zu passivieren sind.
b) Im Streitfall kann aufgrund der den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht geklärt werden, zu welchem Zeitpunkt die Erhaltungsaufwendungen des Klägers wirtschaftlich verursacht und ob sie dem Zeitraum vor oder nach Beginn der verbilligten Vermietung zuzurechnen sind. Diese Feststellungen wird das FG noch nachzuholen haben.
c) Weiter müssen nach Auffassung des erkennenden Senats Erhaltungsaufwendungen, die vor dem Zeitraum der verbilligten Vermietung des Verwalterhauses, also vor dem , gewinnwirksam zu berücksichtigen sind, in die Bewertung der Nutzungsentnahme —wenn auch nur zeitanteilig— miteinbezogen werden.
aa) Wie der Senat anlässlich des 1. Rechtszuges in BFHE 188, 382, BStBl II 1999, 652 ausgeführt hat, wird mit dem Ansatz einer Entnahme der für das Wirtschaftsgut entstandene Aufwand, der grundsätzlich in vollem Umfang als Betriebsausgabe den Gewinn mindert, neutralisiert, soweit er die außerbetriebliche Nutzung betrifft. Gerade das Gebot der Neutralisation macht es erforderlich, Erhaltungsaufwendungen, die vor der eigentlichen Nutzungsentnahme angefallen sind, bei der Bewertung des Entnahmewerts der Nutzung insoweit zu berücksichtigen, als die den Erhaltungsaufwand begründenden Maßnahmen (Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten) zu einer substanziellen Teilwerterhöhung des außerbetrieblich genutzten Wirtschaftsguts führen.
aaa) Von einer substanziellen Teilwerterhöhung ist auszugehen, wenn der Teilwert durch sämtliche durchgeführten Maßnahmen um mindestens 10 v.H. gesteigert wird. Diese 10 v.H.-Grenze sieht der Senat als Ausfluss eines allgemeinen Rechtsgedankens, wonach bei ihrem Erreichen oder Überschreiten in der Regel ein Merkmal oder auch ein Gegenstand sein Wesen verändert oder eine andere Rechtsfolge eintritt (s. z.B. § 15 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes —UStG—; , BFHE 167, 257, BStBl II 1992, 452, und vom IV R 16/91, BFHE 169, 352, BStBl II 1993, 182, II. 1.; auch R 13 Abs. 1 Satz 5 der Einkommensteuer-Richtlinien —EStR—). Für die Bestimmung einer substanziellen Teilwerterhöhung hält der Senat die Orientierung an dieser Grenze für zulässig und geeignet.
bbb) Der Senat verkennt dabei nicht, dass Erhaltungsaufwendungen, sofern es sich um Betriebsausgaben handelt, sofort abziehbar sind und anders als Herstellungs- oder Anschaffungskosten nicht in der Bilanz zu aktivieren sind. Wirtschaftlich betrachtet können aber erhebliche Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Modernisierungskosten —auch wenn es sich um Erhaltungsaufwendungen handelt— zur substanziellen Teilwerterhöhung des Wirtschaftsguts führen. So erhöht sich in der Regel der Verkehrswert eines Gebäudes, wenn das Gebäude umfangreich renoviert wird. Damit ist zugleich eine Erhöhung des Teilwerts verbunden, die im Fall der anschließenden Entnahme zu einem höheren Entnahmewert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG führt und eine teilweise Neutralisierung der früheren Gewinnminderung durch die Erfassung eines höheren Entnahmegewinns bewirkt. Da bei der Bewertung einer Nutzungsentnahme aber § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG nicht anwendbar ist, ist es gerechtfertigt, Erhaltungsaufwendungen —soweit sie zu einer substanziellen Teilwerterhöhung führen— in die Bewertung einer später folgenden Nutzungsentnahme einzubeziehen.
ccc) Die Maßnahmen, die zu einer substanziellen Teilwerterhöhung führen, werden sich dann aber je nach Beschaffenheit des Wirtschaftsguts im Laufe der Zeit ”verbrauchen” und der Teilwert reduziert sich wieder. So sind bei Wohnungen oder Gebäuden in gewissen Zeitabständen Renovierungsarbeiten durchzuführen, um das jeweilige Objekt in einem zweckgemäßen Zustand zu halten.
Bei umfangreichen Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten an Gebäuden und Gebäudeteilen erscheint es dem Senat daher angemessen, dass die substanziell teilwerterhöhenden Erhaltungsaufwendungen auf einen Zeitraum von zehn Jahren aufgeteilt werden. Der Zehn-Jahres-Zeitraum gilt dabei typisierend für jede einzelne Renovierungsmaßnahme, die zu einer substanziellen Teilwerterhöhung beiträgt, gesondert und beginnt jeweils mit Abschluss der einzelnen Arbeit.
Der Verteilungszeitraum von zehn Jahren ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetz. Jedoch sieht der Gesetzgeber in einigen Vorschriften einen Zehn-Jahres-Zeitraum für die Verteilung von Modernisierungsaufwendungen vor, an die der Senat anknüpft. So können nach § 4 Abs. 3 des Fördergebietsgesetzes (FöGbG) Modernisierungsaufwendungen auf zehn Jahre verteilt werden. Nach § 15a Abs. 1 Satz 2 UStG beträgt der Vorsteuerberichtigungszeitraum etwa bei Grundstücken und deren wesentlichen Bestandteilen —zu denen auch das Gebäude nach § 94 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zählt— ebenfalls zehn Jahre.
Bei der Bemessung des Werts einer Nutzungsentnahme von Gebäuden ist innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums der Betrag der laufenden Kosten um den auf den Nutzungszeitraum des jeweiligen Wirtschaftsjahres pro rata temporis entfallenden Teil des substanziell teilwerterhöhenden Erhaltungsaufwands zu erhöhen. Die Summe beider Beträge stellt die Selbstkosten dar, die durch den Ansatz der Nutzungsentnahme ganz bzw. —bei verbilligter Überlassung aus außerbetrieblichen Gründen— teilweise neutralisiert werden.
ddd) Die Hinzurechnung teilwerterhöhenden Erhaltungsaufwands ist allerdings nach Überzeugung des Senats nur bis zur Höhe der Marktmiete zulässig. Diese Begrenzung leitet der Senat aus dem Umstand ab, dass im Fall einer Vermietung zur Marktmiete eine Neutralisierung der Betriebsausgaben nicht in Betracht käme. Dem Steuerpflichtigen kann aber keine höhere Steuer auferlegt werden, als sie im Fall einer nicht außerbetrieblich beeinflussten Vermietung entstanden wäre. Die Besteuerung fiktiver Einnahmen kann nur verhindert werden, wenn die Nutzungsentnahme höchstens mit dem Marktwert der außerbetrieblich veranlassten Nutzung bewertet wird.
bb) Der einschränkenden Auffassung des FG, die auch teilweise im Schrifttum vertreten wird (vgl. Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl., Rn. B 431 c), ist nicht zu folgen. Stellt man nach dieser Meinung ausschließlich auf das Datum des Beginns und des Endes einer außerbetrieblich veranlassten Nutzung ab und storniert im Wege der Nutzungsentnahme lediglich die in diesem Zeitraum anfallenden Aufwendungen, kommt es zu zufälligen Ergebnissen und zu Gestaltungsmöglichkeiten, die nicht zu billigen sind. Insbesondere würde in Kauf genommen, dass Erhaltungsaufwendungen, die im Hinblick auf die spätere Nutzungsentnahme getätigt wurden, nicht neutralisiert werden und somit den Gewinn mindern.
cc) Aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht entscheiden, ob die im Streitfall durchgeführten umfangreichen Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten (Heizung und Sanitär, Elektroarbeiten, Zimmerei- und Tischlerarbeiten, Maurerarbeiten, Malerarbeiten), die —unabhängig von ihrer zeitlichen Zuordnung zu den verschiedenen Wirtschaftsjahren— in den Jahren 1990 bis 1992 weit über 200 000 DM betrugen, eine substanzielle Teilwerterhöhung des Verwalterhauses bewirkten. Auch wenn nach Aktenlage viel für eine substanzielle Teilwerterhöhung spricht, müssen diese Feststellungen vom FG noch nachgeholt werden.
Das FG ist von anderen rechtlichen Erwägungen ausgegangen. Sein Urteil war daher aufzuheben.
4. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat —von seinem Standpunkt aus zutreffend— keine Feststellungen zu substanziell teilwerterhöhenden Maßnahmen getroffen.
a) Kommt das FG zu dem Schluss, die vor dem durchgeführten Renovierungsarbeiten führten zu einer substanziellen Teilwerterhöhung des Verwalterhauses, sind sowohl die im Zeitraum der verbilligten Vermietung im Wirtschaftsjahr 1991/92 wirtschaftlich verursachten Erhaltungsaufwendungen als auch die vor der verbilligten Vermietung wirtschaftlich verursachten Erhaltungsaufwendungen —auch wenn sie das Wirtschaftsjahr 1990/91 betreffen— in die Bemessungsgrundlage des Nutzungsentnahmewerts einzubeziehen. Lediglich Aufwendungen, die dem Wirtschaftsjahr 1992/93 zuzurechnen sind, dürfen nicht in die hier vorzunehmende Bewertung einfließen, da sie nicht mehr das Streitjahr (1991) betreffen.
b) Hat das FG die Höhe der zuzurechnenden Erhaltungsaufwendungen ermittelt, so hat es diesen Betrag nicht in voller Höhe, sondern nur pro rata temporis anteilig (ab ) dem Entnahmewert der Nutzung im Streitjahr hinzuzurechnen.
c) Schließlich sind neben den anteilig zu berücksichtigenden teilwerterhöhenden Erhaltungsaufwendungen auch sonstige Erhaltungsaufwendungen, die zu keiner substanziellen Teilwerterhöhung führen, sowie die anteilige Gebäudeversicherung in Höhe von 300 DM und die AfA eines Carports in Höhe von 292,52 DM in die Bemessungsgrundlage der Nutzungsentnahme aufzunehmen. Da das Verwalterhaus zu 45,5 v.H. verbilligt vermietet wurde, beträgt die Nutzungsentnahme 45,5 v.H. der nach den obigen Ausführungen zu ermittelnden Gesamtaufwendungen.
Die Höhe des anzusetzenden Werts der Nutzungsentnahme ist jedoch auf den Betrag begrenzt, der sich aus der Differenz der ortsüblichen Miete mit dem vereinbarten Mietzins ergibt. Im Streitfall beträgt die Obergrenze des anzusetzenden Betrags somit 5 287,50 DM (587,50 DM Verbilligung im Monat x neun Monate —Dauer der Nutzungsentnahme im Wirtschaftsjahr 1991/92 vom bis zum —). Die Nutzungsentnahme erhöht den Gewinn des Wirtschaftsjahres 1991/92, der zur Hälfte den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft des Streitjahres hinzugerechnet wird.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BB 2003 S. 1206 Nr. 23
BFH/NV 2003 S. 979
BFH/NV 2003 S. 979 Nr. 7
BFHR S. 454 Nr. 201
DStRE 2003 S. 773 Nr. 13
FR 2003 S. 735 Nr. 14
INF 2003 S. 481 Nr. 13
KÖSDI 2003 S. 13745 Nr. 6
XAAAA-71856