Veräußerung von bei der in den neuen Bundesländern im Jahr 1991 erfolgten Umwandlung einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft
(LPG) in eine eingetragene Agrargenossenschaft erworbenen Genossenschaftsanteilen: Steuerbarkeit der Kündigung der Genossenschaftsanteile
nach § 17 EStG, Ermittlung der Anschaffungskosten für die Altanteile nicht nach § 255 Abs.1 HGB, sondern nach der Equity-Methode
des § 11 Abs. 1 des DM-Bilanzgesetzes
Selbstständigkeit der Genossenschaftsanteile
Leitsatz
1. Die Kündigung von Genossenschaftsanteilen durch einen zu mehr als 1 % beteiligten Genossen gegen Auszahlung des Nominalwertes
der Genossenschaftsanteile ist nach § 17 Abs. 1, Abs. 7 EStG steuerbar.
2. Hat der Genosse bei der Umwandlung der ursprünglichen LPG in eine eingetragene Agrargenossenschaft selbständige Genossenschaftsanteile
erworben und später weitere selbstständige Genossenschaftsanteile hinzuerworben, so hat er bei der Kündigung von Genossenschaftsanteilen
ein Wahlrecht zur Bestimmung, ob er bei der Umwandlung erhaltene Altanteile oder erst später hinzuerworbene Genossenschaftsanteile
kündigen will; hierfür ist keine notarielle Beurkundung erforderlich, sondern es genügt die schriftliche Kündigung gegenüber
der Genossenschaft.
3. Bei der Kündigung von bei der im Jahr 1991 erfolgten Umwandlung einer LPG in eine eingetragene Agrargenossenschaft erworbenen
„Altanteilen” sind für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 17 Abs. 2 S. 1 EStG die Anschaffungskosten für die Altanteile
nicht mit dem Nominalwert, den die Gründungsmitglieder der eG für deren Erwerb eines Genossenschaftsanteils unabhängig von
deren Wert als reine Geldzahlung aufwenden mussten, sondern nach der Equity-Methode in § 11 Abs. 1 S. 1 des DM-Bilanzgesetzes
zu bewerten, wenn die künftigen Genossenschafter Anteile an der eG in dem Umfang erhalten sollten, die wertmäßig ihren Anteilen
an der LPG in etwa entsprachen, und wenn bei der Umwandlung der Wert des dem einzelnen Genossen zustehenden Eigenkapitals
nach den Maßgaben des § 44 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes ermittelt worden ist. Das gilt nicht nur für die ersten Pflichtanteile,
sondern auch für alle weiteren von dem Genossen bei der Umwandlung erhaltenen Anteile.
4. Kann eine geprüfte DM-Eröffnungsbilanz zum wegen der zwischenzeitlich sehr langen verstrichenen Zeitdauer weder
vom Finanzamt noch vom Genossen noch von der eG vorgelegt werden, ist das Eigenkapital und damit die Anschaffungskosten für
die streitigen Genossenschaftsanteile gemäß § 162 AO im Wege der Schätzung zu ermitteln.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): EFG 2018 S. 2028 Nr. 24 KÖSDI 2019 S. 21065 Nr. 1 GAAAG-98556
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