Keine Hinzurechnung von Swap-Zinsen als Dauerschuldentgelte
Leitsatz
Kurzfristige Wechselkredite bei verschiedenen Banken sind nicht deswegen als eine einheitliche Schuld i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG zu beurteilen, weil zur langfristigen Zinssicherung der Kredite ein sog. Zinsswap-Geschäft ohne Auszahlung des Nominalbetrags (sog. General Hedge) abgeschlossen wird. Die für das Swap-Geschäft geleisteten Zinsen sind deshalb keine Dauerschuldentgelte.
Gesetze: GewStG 1991 § 8 Nr. 1
Instanzenzug: (EFG 2003, 254) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die als Tochterunternehmen eines ausländischen Konzerns der Kraftfahrzeugindustrie den Großhandel mit Automobilen und Ersatzteilen der Muttergesellschaft betreibt. Die Finanzierung der Importe erfolgte im Streitjahr 1993 bei der Klägerin üblicherweise durch kurzfristige Wechselkredite. Diese wurden jeweils in unterschiedlicher Höhe von unterschiedlichen Kreditgebern zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen, wobei nicht jeweils mehrere Wechselkredite beim selben Kreditgeber aufeinander folgten. Die Verzinsung der Wechselkredite erfolgte auf der Grundlage des 3-Monats-Libors, der um einen Aufschlag erhöht wurde. Dieser war je nach Kreditgeber unterschiedlich.
Es bestand kein Anspruch der Klägerin gegenüber den jeweils beteiligten Banken auf Gewährung eines Kredits bei Begebung eines Wechsels. Über die Kreditgewährung wurde jeweils von Fall zu Fall entschieden. Es erfolgte auch keine Kreditgewährung mit feststehender Kreditlinie über einen längeren Zeitraum bei einer Bank. Die verschiedenen Banken wirkten bei der Gewährung der jeweiligen kurzfristigen Wechselkredite nicht zusammen.
Am schloss die Klägerin mit der A einen Rahmenvertrag über den Abschluss von Zinsswap-Geschäften für die Dauer von 4 Jahren. Am wurde per ein Zinsswap-Geschäft auf der Grundlage dieses Rahmenvertrages geschlossen. Danach verpflichtete sich die Klägerin, eine jährliche Zahlung von 5,05 v.H. eines Nominalbetrags von 20 Mio. DM an die A zu leisten und erhielt als Gegenleistung eine variable Gutschrift basierend auf dem jeweiligen 3-Monats-Libor für denselben Nominalbetrag. Der variable Zinssatz für den Anfangsberechnungszeitraum betrug 6,27232 v.H. Der Zinsswap wurde als ”General Hedge” vereinbart, bei dem der jeweilige Nominalbetrag nicht aus- und zurückgezahlt wurde.
Das Zinsswap-Geschäft diente der Absicherung des Zinsschwankungsrisikos bei der Importfinanzierung durch kurzfristige Wechselkredite. Im Zeitraum vom 27. bis zum hatte die Klägerin ca. 80 Wechsel bei 17 verschiedenen Banken zum Diskont eingereicht. Die jeweilige Wechselsumme lag zwischen 1,2 Mio. DM und 16,9 Mio. DM. Die gesamten Wechselverbindlichkeiten beliefen sich auf 391,5 Mio. DM. Die Effektivzinssätze betrugen zwischen 6,16 v.H. und 6,94 v.H. Auf den Zeitraum vom 27. bis entfielen Wechselkreditzinsen von insgesamt ca. 272 000 DM.
Im Gegensatz zu der Klägerin erfasste der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) die an die A gezahlten Zinsen von 5,05 v.H. und danach für den Zeitraum vom 27. bis einen anteiligen Betrag von 14 000 DM als Dauerschuldentgelte und rechnete die Hälfte dieses Betrages dem Gewinn der Klägerin bei der Ermittlung des Gewerbeertrages hinzu.
Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 254 abgedruckt.
Seine Revision stützt das FA auf Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet.
Gemäß § 8 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes 1991 (GewStG 1991) in der für das Streitjahr geltenden Fassung wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Entgelte für Schulden hinzugerechnet, die wirtschaftlich mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs (Teilbetriebs) oder eines Anteils am Betrieb oder mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammenhängen oder der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen.
1. Im Streitfall hat das FG für den Senat verbindlich (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) festgestellt, dass es sich bei den von der Klägerin in Anspruch genommenen Wechselkrediten um jeweils kurzfristige (unterjährige) Kredite zur Finanzierung laufender Geschäftsvorfälle handelte. Die Kredite wurden in unterschiedlicher Höhe von unterschiedlichen Kreditgebern zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen, wobei nicht jeweils mehrere Wechselkredite beim selben Kreditgeber aufeinander folgten. Die Kreditgewährungen erfolgten nicht mit feststehenden Kreditlinien über einen längeren Zeitraum bei einer Bank; die verschiedenen Kreditinstitute wirkten bei der Kreditvergabe auch nicht zusammen. Hiervon ausgehend ergaben sich für die Vorinstanz keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kredite in ihrer Gesamtheit als Dauerschulden zu behandeln sind. Soweit das FA im Rahmen seiner Revisionsbegründung erstmals —möglicherweise— einen abweichenden Sachverhalt zugrunde legt, ist dies für die Prüfung durch den Senat unbeachtlich.
2. Das FG hat weiterhin verbindlich festgestellt, dass infolge der zwischen der Klägerin und der A getroffenen Zinsswap-Vereinbarung keine Kapitalüberlassung stattgefunden habe. Diese Feststellung entspricht dem zivilrechtlichen Charakter von Zinsswap-Verträgen (vgl. dazu im Einzelnen z.B. Decker, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht —WM— 1990, 1001; Winter, WM 1995, 1169; Herbst, Deutsche Steuer-Zeitung —DStZ— 2003, 148, 151). Sie ist als solche vom FA auch nicht angegriffen worden.
3. Allerdings ist das FA der Ansicht, auch ohne einen ”Liquiditätswechsel” könne von einer entgeltlichen Kapitalnutzung durch die Klägerin ausgegangen werden. Grund hierfür sei die durch das langfristige Zinsswap-Geschäft bewirkte wirtschaftliche Verklammerung der einzelnen kurzfristigen Kredite. Dieser Rechtsauffassung ist nicht beizupflichten (ebenso Vögele, Der Betrieb —DB— 1987, 1060; Franken, Betriebs-Berater 1989, 2301; Erne, DB 1994, 1809, 1811; Güroff in Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 5. Aufl., § 8 Nr. 1 Rz. 105; Meyer-Scharenberg in Meyer-Scharenberg/Popp/Woring, Gewerbesteuergesetz, 2. Aufl., § 8 Nr. 1 Rz. 104; Herbst, DStZ 2003, 148, 153; s. auch Höppner, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1987/88, 89, 128, 131 f.).
Zwar hat der Senat in seinem Urteil vom I R 127/86 (BFHE 161, 568, BStBl II 1990, 915) entschieden, dass Verbindlichkeiten gegenüber verschiedenen Kreditgebern als eine Schuld i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG 1991 zu beurteilen sind, wenn sie wirtschaftlich eng zusammenhängen und durch Vereinbarungen zwischen den Kreditgebern und zwischen ihnen und dem Kreditnehmer derart miteinander verknüpft sind, dass gerade die Verknüpfung dem Kreditnehmer die längerfristige Nutzung von Kreditmitteln sichert. Wie das FG festgestellt hat, gehörte das Zinsswap-Geschäft im Streitfall jedoch nicht zu den Bedingungen, zu denen die Kredite von den jeweiligen Kreditinstituten gewährt wurden. Die Absicherung des Zinsschwankungsrisikos durch einen dritten, von den Kreditinstituten unabhängigen Vertragspartner stellt deshalb einen von den Kreditgeschäften zu unterscheidenden Vorgang dar, der prinzipiell nicht geeignet ist, die Kredite als eine im wirtschaftlichen Sinne einheitliche Verbindlichkeit und damit als Dauerschuld zu behandeln. Der Swap ist vielmehr eine unternehmensinterne Maßnahme, durch welche —ähnlich einem Devisentermingeschäft bezogen auf das Währungsrisiko oder auch bei Abschluss einer Risikoversicherung— ein Teil der mit einer Kreditaufnahme verbundenen Risiken der auftretenden Zinsschwankungen abgedeckt wird. Die durch den Swap aufgebaute ”Hedge"-Position entbindet den Unternehmer nicht von dem Risiko, eine evtl. erforderlich werdende Prolongation des kurzfristig gegebenen Darlehens erlangen zu können (das sog. Eindeckungsrisiko). Gerade in dem Wegfall dieses Risikos infolge ”Verkettung” verschiedener als solche kurzlaufender Kredite kommt aber regelmäßig der betriebsmittelverstärkende Dauerschuldcharakter zum Ausdruck. Unabhängig davon wird dem Unternehmer durch den Swap-Vertrag auch das Zinsrisiko nur dann abgenommen, sollte sich der Marktzins gegenüber dem vereinbarten Kreditzins zu seinen Ungunsten verändern. Entwickelt der Marktzins sich in die gegenläufige Richtung, verteuern sich seine Aufwendungen demgegenüber, da er zusätzlich zu den fixen Kreditzinsen auch die Zahlungsverpflichtung aus dem Swap bedienen muss.
Diese Überlegungen zeigen, dass durch die Vereinbarung des Zinsswap-Geschäfts keine Dauerschuld und damit auch keine Dauerschuldentgelte ausgelöst werden. Dazu kann es nur dann kommen, wenn bereits die aufgenommenen Kredite infolge der Umstände des Einzelfalles wirtschaftlich als eine Dauerschuld aufzufassen sind. Solche Umstände liegen im Streitfall indes nicht vor.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
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Fundstelle(n):
BStBl 2004 II Seite 517
BB 2003 S. 1994 Nr. 38
BFH/NV 2003 S. 1386
BFH/NV 2003 S. 1386 Nr. 10
BStBl II 2004 S. 517 Nr. 11
DB 2003 S. 1994 Nr. 37
DStR 2003 S. 1572 Nr. 37
DStRE 2003 S. 1192 Nr. 19
FR 2003 S. 1043 Nr. 19
INF 2003 S. 768 Nr. 20
KÖSDI 2003 S. 13900 Nr. 10
JAAAA-71758