Bayerisches Landesamt für Steuern - S 7222.1.1-1/5 St33

Information zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Verpflegungsleistungen in Schulen und Kindertagesstätten

Die Verpflegungsleistungen in Schulen und Kindertagesstätten unterliegen je nach Organisationsform der Befreiung von der Umsatzsteuer oder dem ermäßigten bzw. dem allgemeinen Umsatzsteuersatz. Nachfolgend soll ein kurzer Überblick über die verschiedenen Begünstigungsformen in diesem Bereich gegeben werden.

1. Umsatzsteuerbefreiungen

Werden Verpflegungsleistungen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder bestimmte andere anerkannte Einrichtungen erbracht, kommt die Befreiung von der Umsatzsteuer in Betracht. Kommt eine Umsatzsteuerbefreiung zur Anwendung, entsteht folglich keine Umsatzsteuer auf die erbrachten Leistungen.

Gleichzeitig ist der Vorsteuerabzug aus den Leistungsbezügen (z. B. Lebensmittel, Geschirr, Mobiliar) ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG).

1.1. § 4 Nr. 23 UStG (beruht auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL)

Nach § 4 Nr. 23 UStG ist die Abgabe von Mahlzeiten an Kinder und Jugendliche steuerfrei, wenn diese Leistungen durch eine Einrichtung erbracht werden, die Kinder und Jugendliche zu Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecken bei sich aufnimmt (vgl. hierzu Abschn. 4.23.1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses – UStAE).

Beispiele:
  1. Ein Schulförderverein übernimmt entgeltlich die Zubereitung und Ausgabe des Schulessens. Zudem bietet der Verein den verpflegten Schülern Nachmittagsbetreuung und Hausaufgabenhilfe.

    Lösung: Da der Verein die Schüler zu Erziehungs- und Ausbildungszwecken bei sich auf-nimmt, sind seine Umsätze – also auch die Essenausgabe – steuerfrei nach § 4 Nr. 23 UStG.

  2. Ein Schulförderverein übernimmt entgeltlich ausschließlich die Zubereitung und Ausgabe des Schulessens. Daneben werden keine weiteren Betreuungsleistungen erbracht.

    Lösung: Dem Schulförderverein steht für die Abgabe von Speisen und Getränken an Schüler und Lehrpersonal die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG nicht zu, weil er allein mit der Bewirtung der Schüler diese nicht zur Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung bei sich aufnimmt (, BStBl 2009 II S. 677; Abschn. 4.23.1 Abs. 2 Satz 13 UStAE).

    Dies gilt ebenso für einen Kantinenpächter einer berufsbildenden oder schulischen Einrichtung, der lediglich Speisen und Getränke an Schüler verkauft (, BStBl 1979 II S. 721; Abschn. 4.23.1 Abs. 2 Satz 12 UStAE).

  3. Ein Schulförderverein übernimmt unentgeltlich die Essenausgabe im Auftrag des Schulträgers. Der Schulträger – nicht der Verein – ist zur Verpflegung der Schüler verpflichtet und erhält hierfür ein Entgelt.

    Lösung: Die entgeltliche Beköstigung durch den Schulträger ist steuerfrei nach § 4 Nr. 23 UStG, da sie im Zusammenhang mit der Aufnahme der Jugendlichen zu den begünstigten Zwecken von der Bildungseinrichtung selbst erbracht wird (Abschn. 4.23.1 Abs. 2 S. 14 UStAE).

    Der Schulförderverein erbringt keine umsatzsteuerbaren Leistungen.

1.2. § 4 Nr. 25 UStG

Nach § 4 Nr. 25 UStG werden primär Leistungen der Jugendhilfe befreit, die durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Kirchen und andere anerkannte Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden (zu den begünstigten Leistungserbringern vgl. Abschn. 4.25.1 Abs. 2 UStAE). Nach § 4 Nr. 25 UStG S. 3 Buchst. b UStG sind auch die an die Empfänger der Jugendhilfe gewährten Verpflegungsleistungen von der Umsatzsteuer befreit.

Beispiel:
  1. Von einer Kindertagesstätte der katholischen Kirche wird Mittagessen für die Kinder angeboten. Die Kosten für die von einem Caterer angelieferten Essen werden über die Gebührenabrechnung abgerechnet.

    Lösung: Der Träger der Kindertagesstätte fällt mit der Verpflegung der Kinder unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. b UStG.

    Zur Besteuerung der Leistung des Caterers vgl. Tz. 2.2.1 Beispiel c).

  2. Eine Tagesmutter (Eignung nach § 23 Abs. 3 SGB VIII) bietet im Rahmen des Betreuung der Kinder auch ein Mittagessen an, welches sie selbst zubereitet und den Eltern zusätzlich berechnet.

    Lösung: Die zusätzliche Verpflegungsleistung ist durch § 4 Nr. 25 S. 3 Buchst. b UStG von der Steuerbefreiung gedeckt.

1.3. § 4 Nr. 18 UStG

Die Abgabe von Mahlzeiten kann auch gemäß § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei sein, wenn sie durch einen amtlich anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege oder ein Mitglied eines Wohlfahrtsverbands erfolgt, dieser/s im Rahmen eines Zweckbetriebs die Kinder/Schüler verpflegt und die Entgelte für das Essen hinter den durchschnittlich für gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten zurückbleiben.

Beispiel:

Ein gemeinnütziger Förderverein übernimmt die Essenzubereitung und -ausgabe an die Schüler. Der Förderverein ist einem Wohlfahrtsverband (§ 23 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung – UStDV) als Mitglied angeschlossen.

Lösung: Der Förderverein kann die Verpflegung für die Schüler unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei anbieten.

2. Umsatzsteuerpflicht

Ist eine Steuerbefreiung nicht möglich, unterliegen die Leistungen der Verpflegung der Umsatzsteuer. Gleichzeitig besteht für den Unternehmer das Recht auf Vorsteuerabzug aus den Leistungsbezügen. Der Vorsteuerabzug ist dabei auch bei der Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz uneingeschränkt zugelassen.

2.1. Kleinunternehmer (§ 19 UStG)

Lagen die steuerpflichtigen Einnahmen des Caterers/Fördervereins im vorangegangenen Kalenderjahr nicht über 17.500 € und liegt die Prognose für das laufende Jahr unter 50.000 €, ist dieser Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG. Die Umsatzsteuer wird nicht erhoben. Ein Vorsteuerabzug aus den Leistungsbezügen scheidet aus.

Unter bestimmten Voraussetzungen besteht auch die Möglichkeit auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten und an der Regelbesteuerung teilzunehmen (§ 19 Abs. 2 UStG).

2.2. Ermäßigter Umsatzsteuersatz von 7 %

Für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes sind verschiedene Faktoren maßgebend. Zunächst ist zu untersuchen, ob es sich um eine Lieferung von Essen oder um eine Dienstleistung handelt.

2.2.1. Lieferung von Lebensmitteln (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG)

Die Lieferung der Speisen durch Dritte (z. B. Caterer) unterliegt dem ermäßigten Steuersatz von 7 %, sofern sich der Vorgang auf die Abgabe der Speisen beschränkt und keine nennenswerten Dienstleistungen im Darreichungsbereich hinzukommen.

Werden im Zusammenhang mit der Abgabe zubereiteter oder nicht zubereiteter Speisen weitere unterstützende Dienstleistungen erbracht, die den sofortigen Verzehr ermöglichen, liegen nicht ermäßigt besteuerte sonstige Leistungen vor (vgl. hierzu Abschn. 3.6 UStAE).

Beispiele:
  1. Die Essenzubereitung erfolgt durch einen Caterer, der das verzehrfertige Essen in Warmhaltebehältern in der Mensa der Schule anliefert. Ein Schulverein oder der Schulträger übernimmt die Portionierung, die Essenausgabe und die Reinigung des Geschirrs. Die Schüler bestellen das Essen direkt beim Caterer. Leistungsbeziehungen zwischen Caterer und Verein/Träger bestehen nicht.

    Lösung: Die Lieferungen der Essen durch den Caterer unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Die Leistung des Caterers beschränkt sich auf die Abgabe zubereiteter Speisen und deren Beförderung ohne andere unterstützende Dienstleistungen.

    Der Schulverein bzw. der Schulträger erbringt keine entgeltlichen Leistungen.

  2. Ein Caterer gibt Getränke und zubereitetes Essen in der Schulmensa aus. Er reinigt Tische und Stühle sowie das Geschirr. Die jährlichen Einnahmen betragen 50.000 €.

    Lösung: Der Caterer tätigt keine Speisenlieferungen. Da die erbrachten Dienstleistungen (Essensausgabe, Reinigung) qualitativ überwiegen, erbringt der Caterer Restaurationsleistungen zum Regelsteuersatz von 19 %.

  3. Von einer Kindertagesstätte der Diakonie wird Mittagessen für die Kinder angeboten. Die Kosten werden über die Gebührenabrechnung abgerechnet. Die Essenzubereitung erfolgt durch einen Caterer, der das verzehrfertige Essen in Warmhaltebehältern in der Kindertagesstätte anliefert. Die Mitarbeiter der Kindertagesstätte übernehmen die Portionierung und die Essenausgabe sowie die Reinigung des Geschirrs.

    Lösung: Die Lieferungen der Essen durch den Caterer unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 7 % (s. Beispiel a)).

    Der Träger der Kindertagesstätte erbringt mit der Verpflegung der Kinder sonstige Leistungen, für die die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18, Nr. 23 oder Nr. 25 im Betracht kommt.

2.2.2. Gemeinnützige Leistungen (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a bzw. b UStG)

Erbringt ein gemeinnütziger Verein mit der Essenausgabe keine Lieferung sondern eine sonstige Leistung, kann der ermäßigte Steuersatz von 7 % trotzdem zur Anwendung kommen, wenn die Leistung im Rahmen eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs erbracht wird.

Beispiele:

Ein gemeinnütziger Schulverein bietet in der Schule für die Schüler ein Mittagessen an. Das verzehrfertige Essen wird durch einen Caterer in Warmhaltebehältern in der Mensa der Schule angeliefert. Der Schulverein übernimmt die Portionierung, die Essenausgabe und die Reinigung des Geschirrs sowie der Mensa.

Lösung: Die Lieferungen der Essen durch den Caterer unterliegen dem ermäßigten Steuersatz von 7 % (vgl. auch Tz. 2.2.1 Beispiel a)).

Der Schulverein erbringt sonstige Leistungen, die bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen.

3. Vorsteuerabzug

Unterliegen die Leistungen des Verpflegungsunternehmens der Umsatzsteuer, kann für die bezogenen Eingangsleistungen der Vorsteuerabzug uneingeschränkt gewährt werden (§ 15 UStG).

Gemeinnützige Vereine (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) können gemäß § 23a UStG die Vorsteuer pauschal mit 7 % der steuerpflichtigen Umsätze ansetzen, wenn ihr Umsatz 35.000 € pro Jahr nicht übersteigt.

Beispiele:
  1. Die Essenszubereitung erfolgt durch einen externen Unternehmer, der das Essen an einen gemeinnützigen Schulförderverein liefert. Dieser übernimmt die Portionierung, Essensausgabe und Reinigung des Geschirrs. Der Verein bezahlt an den Unternehmer brutto 2 € je Essen. Von den Schülern verlangt der Verein ebenfalls 2 € je Essen.

    Lösung: Die Verpflegungsleistungen des Schulfördervereins sind steuerbar und steuerpflichtig. Die Essenausgabe erfolgt im Rahmen eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs. Der Steuersatz beträgt nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG 7 %. Die Zahllast des Vereins beträgt 0 €, da Vorsteuer und Umsatzsteuer gleich hoch sind (je Essen 7/107 von 2 €).

  2. Ein gemeinnütziger Förderverein gibt Getränke und selbst zubereitetes Essen aus. Die jährlichen Einnahmen betragen 32.100 €.

    Lösung: Die Umsatzsteuer entsteht i. H. v. 7/107 von 32.100 € = 2.100 €. Der Verein kann nach § 23a UStG einen pauschalierten Vorsteuerabzug von 2.100 € geltend machen. Die Umsatzsteuer-Zahllast beträgt damit 0 €.

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Fundstelle(n):
SAAAG-97126