Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Elterngeld - zwei Elterngeldansprüche für Zwillinge - Anrechnung von Mutterschaftsgeld - neue Rechtslage ab
Gesetze: § 1 Abs 1 S 2 BEEG, § 3 Abs 1 BEEG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG
Instanzenzug: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: L 13 EG 22/15 Urteilvorgehend Az: S 19 EG 9/14 Urteil
Gründe
1I. Die Beteiligten streiten über die Anrechnung von Mutterschaftsgeld auf die Elterngeldansprüche bei Mehrlingsgeburten nach altem Recht.
2Die Klägerin ist Mutter der am geborenen Zwillinge Sophia und Charlotte.
3Die Beklagte bewilligte der Klägerin und ihrem Ehemann jeweils gesondert Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate ihrer Töchter sowie zusätzlich zwei Partnermonate, rechnete aber auf beide Ansprüche die der Klägerin gewährten Mutterschaftsleistungen an (Bescheide vom , , , in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ).
4Mit ihrer dagegen zum SG Köln erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, die ihr gewährten Mutterschaftsleistungen nur bei der Elterngeldbewilligung für eines der beiden Kinder zu berücksichtigen. Das SG hat die Klage zurückgewiesen, weil die gesetzlichen Vorgaben über die Anrechnung von Mutterschaftsleistungen bei jeder Elterngeldbewilligung zu berücksichtigen seien und keine Ausnahmeregelung für Mehrlingskinder existiere (Urteil vom ).
5Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung auf das Urteil des SG sowie auf die eigene Rechtsprechung Bezug genommen (Urteil vom ).
6Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt und geltend gemacht, der Frage der Anrechnung von Mutterschaftsleistungen bei Mehrlingsgeburten komme weiterhin grundsätzliche Bedeutung zu.
7II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
8Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
9Im Falle eines "auslaufenden Rechts" (hier § 1 Abs 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz <BEEG> idF vom ) ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nur dann gegeben, wenn noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage des alten Rechts zu entscheiden sind oder wenn die Überprüfung der Rechtsnorm bzw ihre Auslegung aus anderen Gründen (namentlich wegen einer weitgehenden Übereinstimmung mit dem neuen Recht) fortwirkende allgemeine Bedeutung hat ( - Juris mwN).
10Soweit die Beschwerde es weiterhin für klärungsbedürftig hält, in welchem Umfang und in welcher Höhe bei Zwillingsgeburten das Mutterschaftsgeld nach § 3 Abs 1 BEEG auf die gesonderten Elterngeldansprüche für beide Zwillinge anzurechnen ist, hat sie nicht dargelegt, warum sich diese Frage auch nach den inzwischen geänderten Vorschriften des BEEG noch in derselben Weise wie bei der Klägerin stellen sollte. Die Zuerkennung von zwei gesonderten Elterngeldansprüchen an die Klägerin und ihren Ehemann für die gemeinsamen Zwillingstöchter beruht auf der Rechtsprechung des Senats zur alten Rechtslage. Nach den Vorschriften des BEEG in ihrer ursprünglichen Fassung (vom - BGBl I 2748) konnte danach jeder Elternteil im Falle einer Zwillingsgeburt für jedes Kind die Anspruchsvoraussetzungen für Elterngeld erfüllen; in diesem Fall konnten ihm grundsätzlich - zusammen mit dem anderen Elternteil - für die ersten 14 Lebensmonate des betreffenden Kindes - unter Berücksichtigung von zwei Partnermonaten - bis zu 14 Monatsbeträgen Elterngeld zustehen ( - BSGE 114, 26 = SozR 4-7837 § 1 Nr 4). Der Gesetzgeber hat indessen in Reaktion auf diese Rechtsprechung zum einen neuen S 2 an § 1 Abs 1 BEEG angefügt (Gesetz vom - BGBl I 2325). Wie diese Vorschrift nunmehr ausdrücklich klarstellt, besteht auch bei Mehrlingsgeburten nur ein Anspruch auf Elterngeld. Die Frage der Anrechnung des Mutterschaftsgeldes auf zwei Elterngeldansprüche für Zwillinge wie im Fall der Klägerin und ihres Ehemanns stellt sich daher nach der seit dem geltenden Rechtslage nicht mehr. Ebenso wenig hat die Klägerin substantiiert dargetan, dass rund anderthalb Jahre nach Inkrafttreten des neuen Rechts noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage des alten Rechts zu entscheiden wäre. Die von der Beschwerde geäußerte Vermutung, ein solcher fortbestehender Klärungsbedarf durch eine wesentliche Zahl von Altfällen sei nicht auszuschließen, genügt dafür nicht.
11Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
12Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
13Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2016:060716BB10EG216B0
Fundstelle(n):
GAAAG-96975