Vorlage zur Vorabentscheidung - Freier Kapitalverkehr - Art. 63 bis 65 AEUV - Assoziationsabkommen EG-Tunesien - Art. 31, 34 und 89 - Assoziationsabkommen EG-Libanon - Art. 31, 33 und 85 - Besteuerung des Einkommens juristischer Personen - Dividenden, die eine Gesellschaft von einer im selben Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft erhält - Dividenden, die eine Gesellschaft von einer Gesellschaft erhält, die in einem Drittstaat ansässig ist, der Vertragspartei des Assoziationsabkommens ist - Unterschiedliche Behandlung - Beschränkung - Rechtfertigung - Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung - Möglichkeit, sich im Zusammenhang mit den Assoziationsabkommen EG-Tunesien und EG-Libanon auf Art. 64 AEUV zu berufen
Leitsatz
Die Art. 63 und 65 AEUV sind dahin auszulegen, dass
sich eine in Portugal ansässige Gesellschaft, die Dividenden von in Tunesien bzw. in Libanon ansässigen Gesellschaften erhält, auf Art. 63 AEUV berufen kann, um sich gegen die steuerliche Behandlung solcher Dividenden in Portugal zu wehren, die auf der Grundlage einer Regelung erfolgt, die nicht ausschließlich auf Situationen Anwendung finden soll, in denen die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, die die Dividenden ausschüttet;
eine Regelung wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttete hingegen nicht, eine Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten darstellt, die Art. 63 AEUV grundsätzlich verbietet;
die Versagung eines vollen oder teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 1 und 8 des Código do Imposto sobre o Rendimento das Pessoas Coletivas (Körperschaftsteuergesetzbuch) in der 2009 geltenden Fassung durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn es sich für die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, als unmöglich erweist, von dem Drittstaat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist;
die Versagung eines teilweisen Abzugs gemäß Art. 46 Abs. 11 des Körperschaftsteuergesetzbuchs in der 2009 geltenden Fassung nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn diese Vorschrift auf Situationen Anwendung finden kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in dem Staat, in dem sie ansässig ist, steuerpflichtig ist, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist.
Art. 64 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass
die Einführung der Regelungen über Steuervergünstigungen für Investitionen vertraglicher Natur durch Art. 41 Abs. 5 Buchst. b des Estatuto dos Benefícios Fiscais (Regelung über Steuervergünstigungen) in der 2009 geltenden Fassung und über Dividenden aus afrikanischen Ländern mit Amtssprache Portugiesisch und aus Timor-Leste (Osttimor) durch Art. 42 der genannten Regelung am Rechtsrahmen der Behandlung von Dividenden aus Tunesien und Libanon nichts geändert hat, und damit auch nichts an der Einstufung des Ausschlusses der von den in diesen Drittstaaten ansässigen Gesellschaften ausgeschütteten Dividenden von der Möglichkeit eines vollen oder teilweisen Abzugs als bestehende Beschränkung;
sich ein Mitgliedstaat der Möglichkeit gemäß Art. 64 Abs. 1 AEUV begibt, wenn er, ohne die bestehende Regelung förmlich aufzuheben oder zu ändern, eine internationale Übereinkunft wie ein Assoziationsabkommen schließt, die in einer Vorschrift mit unmittelbarer Wirkung die Liberalisierung von Kapital im Sinne von Art. 64 Abs. 1 AEUV vorsieht, und eine solche Änderung des Rechtsrahmens daher, was ihre Wirkungen auf die Möglichkeit, sich auf Art. 64 Abs. 1 AEUV zu berufen, angeht, der Einführung einer neuen Regelung, die auf einem anderen Grundgedanken als dem der bestehenden Regelung beruht, gleichzusetzen ist.
Art. 34 Abs. 1 des am in Brüssel unterzeichneten, mit Beschluss 98/238/EG, EGKS des Rates und der Kommission vom im Namen der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl genehmigten Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits ist dahin auszulegen,
dass er unmittelbare Wirkung hat und in einer Situation wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht, in der eine in Portugal ansässige Gesellschaft von einer in Tunesien ansässigen Gesellschaft aufgrund ihrer Direktinvestition in diese Gesellschaft Dividenden erhält, herangezogen werden kann, um sich gegen die steuerliche Behandlung dieser Dividenden in Portugal zu wehren;
eine Regelung wie diejenige, um die es im Ausgangsverfahren geht, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in Tunesien ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttete hingegen nicht, eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt, die, was die Direktinvestitionen und insbesondere die Repatriierung der daraus resultierende Gewinne angeht, durch Art. 34 Abs. 1 des Abkommens grundsätzlich verboten ist;
die Wirkung dieser Bestimmung in einer Situation wie derjenigen, um die es im Ausgangsverfahren geht, nicht durch Art. 89 des Abkommens beschränkt wird;
die Versagung eines vollen oder teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 1 und 8 des Código do Imposto sobre o Rendimento das Pessoas Coletivas (Körperschaftsteuergesetzbuch) in der 2009 geltenden Fassung durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn es sich für die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, als unmöglich erweist, von der Tunesischen Republik, dem Staat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist;
die Versagung eines teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 11 des Körperschaftsteuergesetzbuchs in der 2009 geltenden Fassung nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn diese Vorschrift auf Situationen Anwendung finden kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in Tunesien, dem Staat, in dem sie ansässig ist, steuerpflichtig ist, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist.
Art. 31 des am in Luxemburg unterzeichneten, mit Beschluss 2006/356/EG des Rates vom im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigten Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits ist dahin auszulegen, dass
er unmittelbare Wirkung hat;
eine Situation wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, die die steuerliche Behandlung von Dividenden betrifft, die aus Direktinvestitionen in Portugal ansässiger Personen in Libanon resultieren, unter Art. 33 Abs. 2 des Abkommens fällt, so dass dessen Art. 33 Abs. 1 der Anwendung von Art. 31 des Abkommens in einem solchen Fall nicht entgegensteht;
eine Regelung wie diejenige, um die es im Ausgangsverfahren geht, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in Libanon ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttete hingegen nicht, eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt, die durch Art. 31 des Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits grundsätzlich verboten ist;
die Wirkung dieser Bestimmung in einer Situation wie derjenigen, um die es im Ausgangsverfahren geht, nicht durch Art. 85 des Abkommens beschränkt wird;
die Versagung eines vollen oder teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 1 und 8 des Körperschaftsteuergesetzbuchs in der 2009 geltenden Fassung durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn es sich für die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, als unmöglich erweist, von der Libanesischen Republik, dem Staat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist;
die Versagung eines teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 11 des Körperschaftsteuergesetzbuchs in der 2009 geltenden Fassung nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn diese Vorschrift auf Situationen Anwendung finden kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in Libanon, dem Staat, in dem sie ansässig ist, steuerpflichtig ist, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist.
Zu den Folgen, die sich aus der Auslegung der Art. 63 bis 65 AEUV sowie des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits und des Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits für das Ausgangsverfahren ergeben:
Können die Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, von der Tunesischen Republik, dem Mitgliedstaat, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, ansässig ist, Informationen erlangen, anhand derer überprüft werden kann, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist, ist es nicht mit den Art. 63 und 65 AEUV und Art. 34 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits vereinbar, es der Gesellschaft, die die Dividenden erhält, zu versagen, diese gemäß Art. 46 Abs. 1 oder 8 des Körperschaftsteuergesetzbuchs in der 2009 geltenden Fassung ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abzuziehen; die Portugiesische Republik kann sich insoweit nicht auf Art. 64 Abs. 1 AEUV berufen.
Es ist nicht mit den Art. 63 und 65 AEUV und Art. 34 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits und Art. 31 des Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits vereinbar, es der Gesellschaft, die die Dividenden erhält, zu versagen, diese gemäß Art. 46 Abs. 11 des Körperschaftsteuergesetzbuchs in der 2009 geltenden Fassung teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abzuziehen, wenn diese Bestimmung in Situationen zur Anwendung kommen kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaften, die die Dividenden ausgeschüttet haben, in Tunesien oder Libanon, den Staaten, in denen sie ansässig sind, steuerpflichtig sind, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist; die Portugiesische Republik kann sich insoweit nicht auf Art. 64 Abs. 1 AEUV berufen.
Dem Steuerpflichtigen sind die unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Beträge nebst Zinsen zu erstatten.
Gesetze: Art 31 EGAbk TUN, Art 34 EGAbk TUN, Art 89 EGAbk TUN, EWGRL 799/77, Art 33 Abs 2 EGAbk TUN, Art 56 EG, Art 63 AEUV, Art 57 Abs 1 EG, Art 64 AEUV, Art 85 EGAbk LBN, Art 31 EGAbk LBN, Art 33 EGAbk LBN, Art 65 AEUV, Art 49 AEUV
Instanzenzug:
Gründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 63 und 64 AEUV, der Art. 31, 34 und 89 des am in Brüssel unterzeichneten, mit Beschluss 98/238/EG, EGKS des Rates und der Kommission vom im Namen der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl genehmigten Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits (ABl. 1998, L 97, S. 1, im Folgenden: EG-Tunesien-Abkommen) und der Art. 31, 33 und 85 des am in Luxemburg unterzeichneten, mit Beschluss 2006/356/EG des Rates vom im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigten Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits (ABl. 2006, L 143, S. 1, im Folgenden: EG-Libanon-Abkommen).
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der SECIL – Companhia Geral de Cal e Cimento SA (im Folgenden: SECIL) und der Fazenda Pública (Fiskus, Portugal) wegen der steuerlichen Behandlung von Dividenden, die an SECIL von zwei Gesellschaften mit Sitz in Tunesien bzw. in Libanon ausgezahlt worden sind, im Steuerjahr 2009.
Rechtlicher Rahmen
EG-Tunesien-Abkommen
3 In Titel III („Niederlassungsrecht und Dienstleistungsverkehr”) des EG-Tunesien-Abkommens bestimmt Art. 31:
„(1) Die Vertragsparteien kommen überein, das Recht von Gesellschaften der einen Vertragspartei auf Niederlassung im Gebiet der anderen Vertragspartei und die Liberalisierung der Erbringung von Dienstleistungen durch Gesellschaften der einen Vertragspartei für Leistungsempfänger in der anderen Vertragspartei in den Geltungsbereichen dieses Abkommens einzubeziehen.
(2) Der Assoziationsrat spricht die erforderlichen Empfehlungen zur Erreichung des in Absatz 1 genannten Zieles aus.
Bei diesen Empfehlungen berücksichtigt der Assoziationsrat die Erfahrungen bei der gegenseitigen Einräumung der Meistbegünstigung sowie die jeweiligen Verpflichtungen der Vertragsparteien gemäß dem Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (nachstehend GATS genannt), insbesondere gemäß dem Artikel V, das dem Übereinkommen zur Errichtung der WTO beigefügt ist.
(3) Die Verwirklichung dieses Ziels wird im Assoziationsrat spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten dieses Abkommens erstmals geprüft.”
4 In Titel IV („Zahlungen, Kapitalverkehr, Wettbewerb und sonstige wirtschaftliche Bestimmungen”) Kapitel I („Laufende Zahlungen und Kapitalverkehr”) des Abkommens bestimmt Art. 34:
„(1) Hinsichtlich der Kapitalbilanztransaktionen gewährleisten die Gemeinschaft und Tunesien ab Inkrafttreten dieses Abkommens den freien Kapitalverkehr im Zusammenhang mit Direktinvestitionen in Gesellschaften in Tunesien, die gemäß den geltenden Rechtsvorschriften gegründet wurden, sowie die Liquidation und die Repatriierung dieser Investitionen und etwaiger daraus resultierender Gewinne.
(2) Die Vertragsparteien nehmen Konsultationen auf, um den Kapitalverkehr zwischen der Gemeinschaft und Tunesien zu erleichtern und ihn vollständig zu liberalisieren, wenn die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind.”
5 In Titel VIII („Bestimmungen über die Organe, allgemeine und Schlussbestimmungen”) des Abkommens bestimmt Art. 89:
„Dieses Abkommen hat nicht zur Folge, dass
die Vorteile ausgedehnt werden, die eine Vertragspartei auf steuerlichem Gebiet im Rahmen einer für sie verbindlichen internationalen Übereinkunft gewährt;
eine Vertragspartei daran gehindert wird, Maßnahmen zu ergreifen oder durchzusetzen, durch die Steuerhinterziehung oder -flucht verhindert werden soll;
eine Vertragspartei daran gehindert wird, ihre einschlägigen Steuervorschriften auf Steuerpflichtige anzuwenden, die sich hinsichtlich ihres Wohnsitzes nicht in einer gleichartigen Situation befinden.”
EG-Libanon-Abkommen
6 In Titel IV („Zahlungen, Kapital, Wettbewerb und sonstige wirtschaftliche Bestimmungen”) Kapitel 1 („Laufende Zahlungen und Kapitalverkehr”) des EG-Libanon-Abkommens bestimmt Art. 31:
„Im Rahmen dieses Abkommens ist vorbehaltlich der Artikel 33 und 34 eine Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen der Gemeinschaft einerseits und Libanon andererseits oder eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes ihrer Staatsangehörigen oder des Ortes, an dem das Kapital investiert ist, nicht zulässig.”
7 Im selben Kapitel heißt es in Art. 33:
„(1) Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen dieses Abkommens und der sonstigen internationalen Verpflichtungen der Gemeinschaft und Libanons berühren die Artikel 31 und 32 nicht die Anwendung von Beschränkungen, die zwischen ihnen am Tag des Inkrafttretens dieses Abkommens hinsichtlich ihres Kapitalverkehrs bestehen und die Direktinvestitionen, unter anderem in Immobilien, die Niederlassung, die Erbringung von Finanzdienstleistungen oder die Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten betreffen.
(2) Der Transfer von Investitionen, die von Gebietsansässigen der Gemeinschaft in Libanon oder von Gebietsansässigen Libanons in der Gemeinschaft getätigt werden, und von daraus resultierenden Gewinnen ins Ausland bleibt jedoch unberührt.”
8 In Titel VIII („Institutionelle, allgemeine und Schlussbestimmungen”) des Abkommens bestimmt Art. 85:
„Hinsichtlich der direkten Steuern bewirkt dieses Abkommen nicht, dass
die Steuervorteile ausgedehnt werden, die eine Vertragspartei im Rahmen einer für sie verbindlichen internationalen Übereinkunft gewährt;
eine Vertragspartei daran gehindert ist, Maßnahmen zu treffen oder durchzusetzen, mit denen die Steuerhinterziehung oder -betrug verhindert werden soll;
eine Vertragspartei daran gehindert ist, ihre einschlägigen Steuervorschriften auf Steuerpflichtige anzuwenden, die sich insbesondere hinsichtlich ihres Wohnsitzes nicht in einer gleichartigen Lage befinden.”
Portugiesisches Recht
9 Art. 46 („Beseitigung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von ausgeschütteten Gewinnen”) des mit dem Decreto-Lei Nr. 442-B/88 vom (Diário da República I, Band I A, Nr. 277, vom ) gebilligten Código do Imposto sobre o Rendimento das Pessoas Coletivas (Körperschaftsteuergesetzbuch) in der 2009 geltenden Fassung (im Folgenden: portugiesisches Körperschaftsteuergesetzbuch 2009) bestimmte:
„(1) Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens von Handelsgesellschaften, Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die ein Handelsgewerbe betreiben, Genossenschaften und staatlichen Unternehmen mit Sitz oder tatsächlicher Verwaltung im portugiesischen Hoheitsgebiet werden ausgeschüttete Gewinne, die als Erträge zur Bemessungsgrundlage gehören, abgezogen, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Das die Gewinne ausschüttende Unternehmen hat seinen Sitz oder seine tatsächliche Verwaltung im portugiesischen Hoheitsgebiet und unterliegt der Körperschaftsteuer und ist nicht von dieser Steuer befreit oder unterliegt der in Art. 7 genannten Steuer;
die Einheit, der die Gewinne zufließen, fällt nicht unter die in Art. 6 vorgesehene Regelung über die steuerliche Transparenz;
die Einheit, der die Gewinne zufließen, hält an dem die Gewinne ausschüttenden Unternehmen unmittelbar eine Beteiligung, die mindestens 10 % beträgt oder einen Verkaufswert von mindestens 20 000 000 Euro hat, und diese Beteiligung besteht während des gesamten Jahres, das dem Zufluss der Gewinne vorausgeht, oder, wenn sie noch nicht seit Beginn dieses Jahres besteht, ein Jahr lang.
…
(5) Die Bestimmungen des Abs. 1 sind auch dann anwendbar, wenn ein im portugiesischen Hoheitsgebiet ansässiges Unternehmen eine Beteiligung gemäß den in Abs. 1 genannten Vorgaben und Bedingungen an einem in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen hält, sofern beide Unternehmen die in Art. 2 der [Richtlinie 90/435/EWG vom über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. 1990, L 225, S. 6)] genannten Voraussetzungen erfüllen.
…
(8) Bei folgenden zum zu versteuernden Einkommen gehörenden Erträgen beträgt der in Abs. 1 genannte Abzug lediglich 50 %:
ausgeschüttete Gewinne, wenn keine der in Abs. 1 Buchst. b und c vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt ist, sowie, was Erträge des Anteilseigners aus anteilsmäßig ausgeschütteten Gewinnen angeht, sofern jedenfalls die in Abs. 1 Buchst. a genannte Voraussetzung erfüllt ist;
von einem in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Unternehmen ausgeschüttete Gewinne, wenn das Unternehmen die in Art. 2 der [Richtlinie 90/435] genannten Voraussetzungen erfüllt und keine der in Abs. 1 Buchst. c vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt ist.
(9) Ist vor dem Ablauf der Frist von einem Jahr gemäß Abs. 1 die Voraussetzung der Mindestbeteiligung gemäß Abs. 1 nicht mehr erfüllt, wird der Abzug gemäß Abs. 8 berichtigt oder aufgehoben, unbeschadet eines eventuellen Steuerguthabens wegen internationaler Doppelbesteuerung gemäß Art. 85.
…
(11) Der Abzug gemäß Abs. 1 mindert sich auf 50 %, wenn die Einkünfte aus Gewinnen stammen, die nicht tatsächlich besteuert worden sind, es sei denn, die Einheit, der die Gewinne zufließen, ist eine Beteiligungsgesellschaft.
(12) Im Rahmen der Anwendung von Abs. 5 und Abs. 8 Buchst. b hat der Steuerpflichtige mittels einer amtlichen Bescheinigung der zuständigen Steuerbehörden des Mitgliedstaats der Europäischen Union, in dem er ansässig ist, nachzuweisen, dass die Einheit, an der er beteiligt ist, und im Fall von Abs. 6 die Einheit, der die Gewinne zufließen, die Voraussetzungen gemäß Art. 2 der [Richtlinie 90/435] erfüllen.”
10 Zu den sich aus einem Vertrag zwischen dem portugiesischen Staat und dem Steuerpflichtigen ergebenden Steuervergünstigungen für Investitionen bestimmte Art. 41 Abs. 5 Buchst. b des Estatuto dos Benefícios Fiscais (Regelung über Steuervergünstigungen) in der 2009 geltenden Fassung (im Folgenden: portugiesische Regelung über Steuervergünstigungen):
„(5) Den Trägern der in Abs. 4 genannten Investitionsvorhaben können folgende Steuervergünstigungen gewährt werden:
…
Beseitigung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung nach den in Art. 46 [des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009] genannten Vorgaben und Bedingungen während der Vertragslaufzeit, wenn die Investition in Form der Gründung oder des Erwerbs ausländischer Unternehmen erfolgt.”
11 Art. 42 der portugiesischen Regelung über Steuervergünstigungen bestimmte:
„(1) Der in Art. 46 Abs. 1 [des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009] vorgesehene Abzug ist auf die Gewinne anwendbar, die an gebietsansässige Unternehmen von in afrikanischen Ländern mit Portugiesisch als Amtssprache und in Timor-Leste [Osttimor] ansässigen Tochtergesellschaften ausgeschüttet werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Die Gesellschaft, die die Gewinne erhält, unterliegt der [Körperschaftsteuer] und ist nicht von dieser befreit, und die Tochtergesellschaft unterliegt einer mit der [Körperschaftsteuer] vergleichbaren Einkommensteuer und ist nicht von dieser befreit;
das Unternehmen, das die Gewinne erhält, ist seit mindestens zwei Jahren unmittelbar zu 25 % an der Tochtergesellschaft beteiligt;
die ausgeschütteten Gewinne stammen von den Gewinnen der Tochtergesellschaft, die zu mindestens 10 % besteuert wurden und nicht aus Tätigkeiten herrühren, die passive Einkünfte schaffen, nämlich Lizenzeinnahmen, Wertzuwächse und andere Einkünfte aus Anlagevermögen, Erträge aus Immobilien, die außerhalb des Landes belegen sind, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, Erträge aus Versicherungen, die mehrheitlich aus der Versicherung von Gütern stammen, die sich außerhalb des Gebiets befinden, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, oder aus Versicherungen, die Personen betreffen, die nicht in diesem Gebiet wohnen, sowie Einnahmen aus Bankgeschäften, die nicht unmittelbar den Markt in diesem Gebiet betreffen.
(2) Im Rahmen der Anwendung von Abs. 1 hat der [Körperschaftsteuerpflichtige], der die Beteiligung hält, über Belege dafür zu verfügen, dass die Voraussetzungen des Abzugs erfüllt sind.”
DBA Portugal-Tunesien
12 Art. 10 des am in Lissabon unterzeichneten Abkommens zwischen der Portugiesischen Republik und der Tunesischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Bereich der Einkommensteuer (im Folgenden: DBA Portugal-Tunesien) bestimmt:
„(1) Dividenden, die ein in einem Vertragsstaat ansässiges Unternehmen an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, können im anderen Staat besteuert werden.
(2) Sie können jedoch auch in dem Vertragsstaat, in dem das die Dividenden ausschüttende Unternehmen ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; ist die Person, die die Dividenden erhält, der tatsächlich Begünstigte, darf die so festgelegte Steuer jedoch 15 % des Bruttobetrags der Dividenden nicht übersteigen. Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten einigen sich darauf, wie diese Grenzen angewendet werden. Dieser Absatz lässt die Besteuerung der Gesellschaft wegen der Gewinne, aus denen die Dividenden gezahlt werden, unberührt.”
13 Art. 22 Abs. 1 des Abkommens lautet:
„Erzielt eine Person, die in einem Vertragsstaat ansässig ist, Einkünfte, die nach diesem Abkommen im anderen Vertragsstaat besteuert werden können, zieht der erste Staat von der Einkommensteuer dieser Person einen Betrag ab, der der im anderen Staat gezahlten Einkommensteuer entspricht. Der abgezogene Betrag darf aber nicht den Anteil an der vor dem Abzug berechneten Einkommensteuer übersteigen, der auf die im anderen Staat zu versteuernden Einkünfte entfällt.”
14 Art. 25 des Abkommens betrifft den Informationsaustausch. In ihm ist u. a. geregelt, dass die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten die erforderlichen Informationen austauschen, um das Abkommen oder die innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten über die Steuern, die Gegenstand des Abkommens sind, u. a. die Körperschaftsteuer, anzuwenden.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
15 SECIL ist eine Aktiengesellschaft, die auf dem Gebiet der Zementherstellung tätig ist. Sie hat ihren Sitz in Portugal, wo sie der Regelung über die Besteuerung von Konzernen unterliegt.
16 Im Januar 2000 erwarb SECIL Anteile an der Société des Ciments de Gabès SA (im Folgenden: Ciments de Gabès) mit Sitz in Tunesien. 2009 hielt SECIL 52 923 Aktien dieser Gesellschaft, was einer Beteiligung in Höhe von 98,72 % entspricht.
17 Im Mai 2002 erwarb SECIL Anteile an der Ciments de Sibline SAL mit Sitz in Libanon. 2009 war SECIL zu 51,05 % an dieser Gesellschaft beteiligt, zu 28,64 % unmittelbar, zu 22,41 % mittelbar.
18 2009 erhielt SECIL Dividenden in Höhe von 6 288 683,39 Euro von Ciments de Gabès und in Höhe von 2 022 478,12 Euro von Ciments de Sibline. SECIL gab diese Beträge in ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Geschäftsjahr 2009 an. Die Dividenden wurden in Portugal besteuert. Auf sie wurde keine Regelung zur Beseitigung oder Abmilderung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung angewandt.
19 Am legte SECIL beim Diretor de Finanças de Setúbal (Leiter des Finanzamts Setúbal, Portugal) Einspruch gegen die automatische Erhebung der Körperschaftsteuer 2009 ein. SECIL machte geltend, die Besteuerung der von Ciments de Gabès und Ciments de Sibline ausgeschütteten Dividenden sei rechtswidrig, da die portugiesische Regelung die Anwendung der Vorschriften über die Beseitigung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung ausschließe und somit gegen das EG-Tunesien- und das EG-Libanon-Abkommen sowie gegen den AEU-Vertrag verstoße.
20 Der Einspruch wurde mit einer Entscheidung vom zurückgewiesen.
21 Gegen diese ablehnende Entscheidung erhob SECIL beim Tribunal Tributário de Lisboa (Finanzgericht Lissabon, Portugal) Klage. SECIL machte im Wesentlichen geltend, die Weigerung, auf die von Ciments de Gabès und Ciments de Sibline ausgeschütteten Dividenden die im Geschäftsjahr 2009 anwendbaren Vorschriften über die Beseitigung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung anzuwenden, verstoße gegen das EG-Tunesien- und das EG-Libanon-Abkommen sowie gegen die Art. 49 und 63 AEUV.
22 Das Tribunal Tributário de Lisboa (Finanzgericht Lissabon) hat das Verfahren daher ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Art. 31 des EG-Tunesien-Abkommens eine klare, genaue und unbedingte und daher unmittelbar anwendbare Bestimmung, aus der sich die Geltung des Niederlassungsrechts im vorliegenden Fall ergibt?
Falls diese Frage bejaht wird: Hat das dort vorgesehene Niederlassungsrecht, wie von SECIL vorgetragen, zur Folge, dass auf die Dividenden, die sie von ihrer Tochtergesellschaft in Tunesien erhalten hat, der in Art. 46 Abs. 1 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 vorgesehene Mechanismus des vollständigen Abzugs anzuwenden ist und dass andernfalls ein Verstoß gegen diese Vorschrift vorliegt?
Ist Art. 34 des EG-Tunesien-Abkommens eine klare, genaue und unbedingte und daher unmittelbar anwendbare Bestimmung, aus der sich ergibt, dass die Kapitalverkehrsfreiheit im vorliegenden Fall Anwendung findet und dass die von SECIL getätigte Investition unter diese fällt?
Falls diese Frage bejaht wird: Hat der dort vorgesehene freie Kapitalverkehr, wie von SECIL vorgetragen, zur Folge, dass auf die Dividenden, die sie von ihrer Tochtergesellschaft in Tunesien erhalten hat, der in Art. 46 Abs. 1 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 vorgesehene Mechanismus des vollständigen Abzugs anzuwenden ist?
Kommt es für die Bejahung der vorstehenden Fragen auf Art. 89 des EG-Tunesien-Abkommens an?
Ist angesichts des Umstands, dass es im Fall der Tunesischen Republik nicht den in der Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. 1977, L 336, S. 15) vorgesehenen Rahmen für eine Zusammenarbeit gibt, eine restriktive Behandlung der von Ciments de Gabès ausgeschütteten Dividenden gerechtfertigt?
Ist Art. 31 in Verbindung mit Art. 33 Abs. 2 des EG-Libanon-Abkommens eine klare, genaue und unbedingte und daher unmittelbar anwendbare Bestimmung, aus der sich die Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit im vorliegenden Fall ergibt?
Falls diese Frage bejaht wird: Hat der dort vorgesehene freie Kapitalverkehr, wie von SECIL vorgetragen, zur Folge, dass auf die Dividenden, die sie von ihrer Tochtergesellschaft in Libanon erhalten hat, der in Art. 46 Abs. 1 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 vorgesehene Mechanismus des vollständigen Abzugs anzuwenden ist?
Kommt es für die Bejahung der vorstehenden Fragen auf Art. 85 des EG-Libanon-Abkommens an?
Ist angesichts des Umstands, dass es im Fall der Libanesischen Republik nicht den in der Richtlinie 77/799 vorgesehenen Rahmen für eine Zusammenarbeit gibt, eine restriktive Behandlung der von Ciments de Sibline ausgeschütteten Dividenden gerechtfertigt?
Ist im vorliegenden Fall Art. 56 EG (jetzt Art. 63 AEUV) anwendbar und, falls ja, ergibt sich aus dem dort geregelten freien Kapitalverkehr die zwingende Anwendung des in Art. 46 Abs. 1 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 vorgesehenen Mechanismus des vollständigen Abzugs oder zumindest des in Abs. 8 dieser Vorschrift vorgesehenen Mechanismus des teilweisen Abzugs auf die im Geschäftsjahr 2009 von Ciments de Gabès und Ciments de Sibline an SECIL ausgeschütteten Dividenden?
Ist – nach wie vor unter der Prämisse, dass im vorliegenden Fall die Kapitalverkehrsfreiheit Anwendung findet – die Entscheidung, die damals im portugiesischen Recht vorgesehenen Mechanismen zur Beseitigung/Abmilderung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung nicht auf die fraglichen Dividenden anzuwenden, dadurch gerechtfertigt, dass es im Fall der Tunesischen Republik und der Libanesischen Republik nicht den in der Richtlinie 77/799 vorgesehenen Rahmen für eine Zusammenarbeit gibt?
Steht die Standstill-Klausel des Art. 57 Abs. 1 EG (jetzt Art. 64 AEUV) mit den von SECIL geltend gemachten Folgen der Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit entgegen?
Ist die Standstill-Klausel des Art. 57 Abs. 1 EG (jetzt Art. 64 AEUV) nicht anzuwenden, weil inzwischen die Regelung des Art. 41 Abs. 5 Buchst. b der portugiesischen Regelung über Steuervergünstigungen für Investitionen vertraglicher Natur und die in Art. 42 dieser Regelung für Dividenden aus den afrikanischen Ländern mit Portugiesisch als Amtssprache und aus Timor-Leste vorgesehene Regelung eingeführt wurden?
Zu den Vorlagefragen
Vorbemerkungen
23 Das vorlegende Gericht möchte mit seinen Fragen letztlich wissen, ob die Bestimmungen des AEU-Vertrags über den freien Kapitalverkehr und die Bestimmungen des EG-Tunesien- und des EG-Libanon-Abkommens dahin auszulegen sind, dass sie der steuerlichen Behandlung entgegenstehen, wie sie in Portugal bei Dividenden vorgenommen wird, die an eine dort ansässige Gesellschaft von Gesellschaften ausgeschüttet werden, die in Drittstaaten, nämlich in der Tunesischen Republik bzw. der Libanesischen Republik, ansässig sind.
24 Insoweit hat der Gerichtshof in Bezug auf Kapitalbewegungen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern entschieden, dass Art. 63 Abs. 1 AEUV ein eindeutiges, nicht an Bedingungen geknüpftes Verbot enthält, das keiner Durchführungsmaßnahmen bedarf und das den Einzelnen Rechte verleiht, die sie gerichtlich geltend machen können (Urteile vom , Sanz de Lera u. a., , und , EU:C:1995:451, Rn. 41 und 47, und vom , A, , EU:C:2007:804, Rn. 21). Die Bestimmung kann in Verbindung mit den Art. 64 und 65 AEUV also unabhängig von der Kategorie der betroffenen Kapitalbewegungen vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden und zur Unanwendbarkeit der ihr zuwiderlaufenden nationalen Vorschriften führen (Urteil vom , A, , EU:C:2007:804, Rn. 27, und Beschluss vom , KBC Bank und Beleggen, Risicokapitaal, Beheer, und , EU:C:2009:339, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).
25 Als Erstes sind also die Art. 63 und 65 AEUV auszulegen, um zunächst zu klären, ob eine Situation wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, unter den freien Kapitalverkehr fällt und ob sich die Gesellschaft, die die betreffenden Dividenden von in Tunesien und in Libanon ansässigen Gesellschaften erhalten hat, bei der Anfechtung der steuerlichen Behandlung dieser Dividenden auf Art. 63 AEUV berufen kann. Wenn ja, wäre anschließend zu prüfen, ob die steuerliche Behandlung der Dividenden eine Beschränkung im Sinne von Art. 63 AEUV darstellt, und schließlich gegebenenfalls, ob eine solche Beschränkung gerechtfertigt werden kann.
26 Zunächst sind also die elfte und die zwölfte Vorlagefrage zu prüfen.
27 Sollten Art. 63 und 65 AEUV dahin auszulegen sein, dass sie einer steuerlichen Behandlung, wie sie in Portugal bei Dividenden aus Tunesien und Libanon vorgenommen wird, entgegenstehen, wäre als Zweites zu prüfen, ob sich Portugal auf die Ausnahme des Art. 64 Abs. 1 AEUV berufen kann, also die dreizehnte und die vierzehnte Frage, die die Auslegung von Art. 64 AEUV betreffen. Dabei wird insbesondere zu prüfen sein, ob sich der Abschluss des EG-Tunesien- und des EG-Libanon-Abkommens durch die Portugiesische Republik auf die Möglichkeit, die Art. 64 Abs. 1 AEUV diesem Mitgliedstaat gewährt, ausgewirkt hat.
28 Sollte die Auslegung von Art. 64 AEUV ergeben, dass sich der Abschluss des EG-Tunesien- und des EG-Libanon-Abkommens durch die Portugiesische Republik auf die Möglichkeit, die Art. 64 Abs. 1 AEUV diesem Mitgliedstaat gewährt, ausgewirkt hat, wäre als Drittes auf die Fragen 1 bis 10 zur Auslegung der Bestimmungen des EG-Tunesien- und des EG-Libanon-Abkommens einzugehen. Es müsste geklärt werden, ob sie im Ausgangsverfahren herangezogen werden können.
29 Als Viertes wäre auf die Fragen des vorlegenden Gerichts hin zu präzisieren, welche Folgen sich aus der Auslegung der Art. 63, 64 und 65 AEUV und des EG-Tunesien- und des EG-Libanon-Abkommens für das Ausgangsverfahren ergeben.
Zur Auslegung der Art. 63 und 65 AEUV
30 Mit der elften und der zwölften Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine Situation wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, unter Art. 63 AEUV fällt und, wenn ja, ob die Art. 63 und 65 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, entgegenstehen, nach der eine in dem betreffenden Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttet werden, von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft ausgeschüttete hingegen nicht.
Zur Anwendbarkeit von Art. 63 AEUV
31 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann die steuerliche Behandlung von Dividenden unter Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und unter Art. 63 AEUV (freier Kapitalverkehr) fallen. Bei der Antwort auf die Frage, ob eine nationale Regelung unter die eine oder die andere Verkehrsfreiheit fällt, ist auf den Gegenstand der betreffenden Regelung abzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, , EU:C:2012:707, Rn. 89 und 90 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom , Emerging Markets Series of DFA Investment Trust Company, , EU:C:2014:249, Rn. 25).
32 Eine nationale Regelung, die nur auf Beteiligungen anwendbar ist, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, fällt in den Anwendungsbereich von Art. 49 (Niederlassungsfreiheit) (Urteil vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, , EU:C:2012:707, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).
33 Hingegen sind nationale Bestimmungen über Beteiligungen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll, ausschließlich im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen (Urteil vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, , EU:C:2012:707, Rn. 92).
34 Im Kontext der steuerlichen Behandlung von Dividenden mit Herkunft aus einem Drittstaat hat der Gerichtshof entschieden, dass die Prüfung des Gegenstands einer nationalen Regelung für die Beurteilung ausreicht, ob die steuerliche Behandlung solcher Dividenden unter die Bestimmungen des Vertrags über den freien Kapitalverkehr fällt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Emerging Markets Series of DFA Investment Trust Company, , EU:C:2014:249, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).
35 Insoweit hat der Gerichtshof klargestellt, dass eine nationale Regelung über die steuerliche Behandlung von Dividenden, die nicht ausschließlich für Situationen gilt, in denen die Muttergesellschaft entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, die die Dividenden ausschüttet, nach Art. 63 AEUV zu beurteilen ist. Eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft kann sich folglich unabhängig vom Umfang ihrer Beteiligung an der in einem Drittstaat ansässigen Dividenden ausschüttenden Gesellschaft auf diese Bestimmung berufen, um die Rechtmäßigkeit einer solchen Regelung in Frage zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Emerging Markets Series of DFA Investment Trust Company, , EU:C:2014:249, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).
36 Im vorliegenden Fall können Gesellschaften mit Sitz oder tatsächlicher Verwaltung im portugiesischen Hoheitsgebiet Dividenden von Gesellschaften, die ihren Sitz oder ihre tatsächliche Verwaltung ebenfalls im portugiesischen Hoheitsgebiet haben und nicht der Körperschaftsteuer unterliegen und auch nicht von dieser Steuer befreit sind, gemäß Art. 46 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen.
37 Nach Art. 46 Abs. 1 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 können die Dividenden in voller Höhe abgezogen werden, wenn die Einheit, die die Dividenden erhält, nicht unter die Regelung der steuerlichen Transparenz gemäß Art. 6 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 fällt und unmittelbar zu mindestens 10 % oder in Höhe von 20 000 0000 Euro (Verkaufswert) an der Gesellschaft, die die Gewinne ausschüttet, beteiligt ist. Die Beteiligung muss in dem gesamten Jahr, das der Ausschüttung der Gewinne vorausgeht, bestehen oder, wenn sie noch nicht seit Beginn dieses Jahres besteht, ein Jahr lang.
38 Sind die Voraussetzungen gemäß Art. 46 Abs. 1 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 hinsichtlich der steuerlichen Transparenz und der Beteiligung an der Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, nicht erfüllt, hat die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, nach Art. 46 Abs. 8 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 Anspruch auf einen Abzug in Höhe von 50 % der zum zu versteuernden Einkommen gehörenden Erträge.
39 Diese Regelung, die für den teilweisen Abzug keine Mindestbeteiligung an der Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, verlangt und den vollen Abzug erst ab einer Beteiligung von 10 % oder in Höhe von 20 000 000 Euro (Verkaufswert) gewährt, gilt sowohl für Dividenden, die eine gebietsansässige Gesellschaft auf der Grundlage einer Beteiligung erhält, die es ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen, als auch für Dividenden, die eine solche Gesellschaft auf der Grundlage einer Beteiligung erhält, die keinen derartigen Einfluss verleiht.
40 Speziell zu den Voraussetzungen eines vollen Abzugs hat der Gerichtshof entschieden, dass eine 10 %-Schwelle es zwar ermöglicht, diejenigen Investitionen vom Geltungsbereich der Steuervergünstigung auszuschließen, die in der alleinigen Absicht der Geldanlage erfolgen, ohne dass auf die Verwaltung und Kontrolle des Unternehmens Einfluss genommen werden soll, jedoch für sich allein nicht bewirkt, dass der Abzug nur auf Beteiligungen anwendbar wäre, die es ermöglichen, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen einer Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen (Urteil vom , Kronos International, , EU:C:2014:2200, Rn. 34 und 35). Eine Beteiligung derartigen Umfangs bedeutet nämlich nicht zwangsläufig, dass der Inhaber der Beteiligung einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft ausübt, bei der er Anteilseigner ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Itelcar, , EU:C:2013:629, Rn. 22, und vom , Kronos International, , EU:C:2014:2200, Rn. 35).
41 Die Regelung, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, soll nicht ausschließlich auf Situationen Anwendung finden, in denen die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, die die Dividenden ausschüttet. Eine Situation wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, fällt daher unter Art. 63 AEUV (freier Kapitalverkehr).
42 Da der Vertrag die Niederlassungsfreiheit nicht auf Drittstaaten ausdehnt, muss verhindert werden, dass die Auslegung von Art. 63 Abs. 1 AEUV in Bezug auf die Beziehungen zu Drittstaaten es Wirtschaftsteilnehmern, die sich außerhalb des territorialen Anwendungsbereichs der Niederlassungsfreiheit befinden, erlaubt, in den Genuss dieser Freiheit zu gelangen (Urteile vom , Kronos International, , EU:C:2014:2200, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom , Emerging Markets Series of DFA Investment Trust Company, , EU:C:2014:249, Rn. 31).
43 In einer Situation wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht, besteht eine solche Gefahr jedoch nicht. Die einschlägige Regelung betrifft nämlich nicht die Voraussetzungen für den Zugang einer in Portugal ansässigen Gesellschaft zum Markt eines Drittstaats bzw. einer Gesellschaft eines Drittstaats zum Markt eines Mitgliedstaats, sondern lediglich die steuerliche Behandlung von Dividenden, die aufgrund von Investitionen des Empfängers der Dividenden in die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, gezahlt werden.
44 In einer Situation wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht, kann sich eine in Portugal ansässige Gesellschaft, die Dividenden von in Tunesien bzw. in Libanon ansässigen Gesellschaften erhält, also auf Art. 63 AEUV berufen, um sich gegen die steuerliche Behandlung solcher Dividenden in Portugal zu wehren, die auf der Grundlage einer Regelung erfolgt, die nicht ausschließlich auf Situationen Anwendung finden soll, in denen die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, die die Dividenden ausschüttet.
Zum Vorliegen einer Beschränkung des freien Kapitalverkehrs
45 Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu den Maßnahmen, die Art. 63 Abs. 1 AEUV als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verbietet, solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten (Urteil vom , Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, und , EU:C:2011:61, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).
46 Was die Frage angeht, ob eine nationale Regelung, wie die, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, eine Beschränkung des Kapitalverkehrs darstellt, ist festzustellen, dass eine Gesellschaft mit Sitz oder tatsächlicher Verwaltung im portugiesischen Hoheitsgebiet Dividenden, die sie von einer Gesellschaft erhält, die ihren Sitz oder ihre tatsächliche Verwaltung ebenfalls im portugiesischen Hoheitsgebiet hat, von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, sofern diese Gesellschaft der Körperschaftsteuer unterliegt und auch nicht von dieser Steuer befreit ist (siehe oben, Rn. 36 bis 38). Je nachdem, ob die Voraussetzungen gemäß Art. 46 Abs. 1 Buchst. b und c des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 erfüllt sind oder nicht, erfolgt ein voller oder ein teilweiser Abzug. Stammen die Einkünfte aus Gewinnen, die nicht tatsächlich besteuert worden sind, wird der Abzug gemäß Art. 46 Abs. 1 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 nach dessen Art. 46 Abs. 11 auf 50 % herabgesetzt.
47 Für Dividenden, die Gesellschaften mit Sitz oder tatsächlicher Verwaltung im portugiesischen Hoheitsgebiet von Gesellschaften erhalten, die ihren Sitz oder ihre tatsächliche Verwaltung in Drittstaaten wie der Tunesischen Republik oder der Libanesischen Republik haben, gilt hingegen der reguläre Körperschaftsteuersatz.
48 Die wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Dividenden, die eine gebietsansässige Gesellschaft erhält, wird somit ganz oder teilweise vermieden, wenn die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in Portugal ansässig ist, nicht hingegen, wenn sie in einem Drittstaat wie der Tunesischen Republik oder der Libanesischen Republik ansässig ist.
49 Insoweit ist unstreitig, dass eine solche Benachteiligung nicht durch das DBA Portugal-Tunesien verhindert werden kann. Mit diesem Abkommen sollen die Wirkungen der Doppelbesteuerung für die gebietsansässige Gesellschaft, die Dividenden erhält, nämlich lediglich hinsichtlich der Steuern abgeschwächt werden, die der Staat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, auf die Dividenden erhebt. Das Abkommen sieht kein System der Verhinderung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Dividenden vor, die für die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, daraus resultiert, dass die Gewinne, aus denen die Dividenden gezahlt werden, bei der ausschüttenden Gesellschaft besteuert werden. Zwischen der Portugiesischen Republik und der Libanesischen Republik besteht überhaupt kein Abkommen zur Verhinderung der Doppelbesteuerung.
50 Durch eine solche Ungleichbehandlung können in Portugal ansässige Gesellschaften davon abgehalten werden, ihr Kapital in Gesellschaften mit Sitz in Drittstaaten wie der Tunesischen Republik und der Libanesischen Republik zu investieren. Da nämlich Kapitaleinkünfte aus Drittstaaten in Portugal steuerlich ungünstiger behandelt werden als Dividenden von in Portugal ansässigen Gesellschaften, sind Aktien von in Drittstaaten ansässigen Gesellschaften für in Portugal ansässige Anleger weniger attraktiv als Aktien von in Portugal ansässigen Gesellschaften (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, , EU:C:2006:774, Rn. 64, und vom , Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, und , EU:C:2011:61, Rn. 80).
51 Eine Regelung wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft ausgeschüttete hingegen nicht, stellt eine Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten dar, die Art. 63 AEUV grundsätzlich verbietet.
Zum Vorliegen einer Rechtfertigung
52 Nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV berührt Art. 63 AEUV nicht das Recht der Mitgliedstaaten, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln.
53 Diese Bestimmung ist, da sie eine Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs darstellt, eng auszulegen. Daher kann sie nicht dahin verstanden werden, dass jede Steuerregelung, die zwischen Steuerpflichtigen nach ihrem Wohnort oder nach dem Mitgliedstaat ihrer Kapitalanlage unterscheidet, ohne Weiteres mit dem Vertrag vereinbar wäre. Die in Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV vorgesehene Ausnahme wird nämlich ihrerseits durch Art. 65 Abs. 3 AEUV eingeschränkt, wonach die in Art. 65 Abs. 1 AEUV genannten nationalen Vorschriften „weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 63 [AEUV] darstellen [dürfen]” (Urteil vom , Emerging Markets Series of DFA Investment Trust Company, , EU:C:2014:249, Rn. 55 und 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).
54 Die nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV zulässigen Ungleichbehandlungen müssen daher von den durch Art. 65 Abs. 3 AEUV verbotenen Diskriminierungen unterschieden werden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann eine nationale Steuerregelung wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, aber nur dann als mit den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden, wenn die von ihr vorgesehene Ungleichbehandlung Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (Urteil vom , Santander Asset Management SGIIC u. a., bis , EU:C:2012:286, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).
55 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Situation einer Gesellschaft, die als Anteilseignerin Dividenden aus einem Drittstaat erhält, in Bezug auf eine Steuervorschrift wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die die wirtschaftliche Doppelbesteuerung ausgeschütteter Gewinne ganz oder teilweise verhindern soll, mit der einer Gesellschaft, die als Anteilseignerin Dividenden aus inländischen Quellen erhält, insofern vergleichbar, als es grundsätzlich in beiden Fällen zu einer mehrfachen Besteuerung der erzielten Gewinne kommen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, und , EU:C:2011:61, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).
56 Eine Rechtfertigung der Beschränkung kann sich deshalb nur aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses ergeben. In diesem Fall muss die Beschränkung zudem geeignet sein, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist (Urteil vom , Timac Agro Deutschland, , EU:C:2015:829, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).
57 Die portugiesische und die schwedische Regierung machen insoweit geltend, eine solche Beschränkung sei gerechtfertigt, weil die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung gewährleistet und Steuerhinterziehung verhindert werden müsse. Die Möglichkeiten der portugiesischen Steuerbehörden, die erforderlichen Informationen zu erlangen, um sich zu vergewissern, dass die Voraussetzungen für die betreffende Steuervergünstigung erfüllt seien, seien beschränkt. Es gebe zwischen der Portugiesischen Republik und der Tunesischen Republik bzw. der Libanesischen Republik nämlich keinen Rahmen der Verwaltungszusammenarbeit, der mit dem vergleichbar wäre, der von den Mitgliedstaaten durch die zum Zeitpunkt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens geltende Richtlinie 77/799 geschaffen worden sei. Die im DBA Portugal-Tunesien enthaltene Klausel zum Informationsaustausch sei nicht verbindlich, und zwischen der Portugiesischen Republik und der Libanesischen Republik sei überhaupt keine solche Vereinbarung getroffen worden.
58 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gehören zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die eine Beschränkung der vom Vertrag garantierten Verkehrsfreiheiten rechtfertigen können, sowohl die Bekämpfung der Steuerhinterziehung (vgl. u. a. Urteil vom , ELISA, , EU:C:2007:594, Rn. 81) als auch die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Überwachung zu gewährleisten (vgl. u. a. Urteile vom , A, , EU:C:2007:804, Rn. 55, und vom , SIAT, , EU:C:2012:415, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).
59 Was als Erstes das Vorbringen zum Gebot der Verhinderung der Steuerhinterziehung angeht, ist festzustellen, dass eine nationale Maßnahme, die den freien Kapitalverkehr beschränkt, nach der Rechtsprechung durch einen solchen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn sie sich speziell auf rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen bezieht, deren einziger Zweck ist, die Steuer zu umgehen, die normalerweise auf die durch Tätigkeiten im Inland erzielten Gewinne zu zahlen ist, oder insoweit eine Steuervergünstigung zu erhalten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Glaxo Wellcome, , EU:C:2009:559, Rn. 89, und vom , , Itelcar, EU:C:2013:629, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
60 Der bloße Umstand, dass die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in einem Drittstaat ansässig ist, kann jedoch keine allgemeine Vermutung der Steuerhinterziehung begründen und keine Maßnahme rechtfertigen, die die Ausübung einer durch den Vertrag garantierten Grundfreiheit beeinträchtigt (vgl. entsprechend Urteil vom , A, , EU:C:2012:485, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).
61 Im vorliegenden Fall schließt die betreffende Steuerregelung die Möglichkeit, die wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Dividenden, die von in Drittstaaten ansässigen Gesellschaften ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise zu verhindern, generell aus, ohne speziell rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen verhindern zu wollen, deren einziger Zweck ist, die Steuer zu umgehen, die normalerweise zu zahlen ist, oder eine Steuervergünstigung zu erhalten.
62 Die Beschränkung des freien Kapitalverkehrs ist daher nicht aus Gründen der Verhinderung von Steuerhinterziehung und -flucht gerechtfertigt.
63 Was als Zweites das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung angeht, ist festzustellen, dass sich der Kapitalverkehr zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten in einen anderen rechtlichen Rahmen als den, der in der Union gilt, einfügt und dass der Rahmen der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, der durch die Richtlinie 77/799 in der durch die Richtlinie 2006/98/EG des Rates vom (ABl. 2006, L 363, S. 129) geänderten Fassung, wie sie zum Zeitpunkt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens galt, und durch die Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. 2011, L 64, S. 1) geschaffen wurde, zwischen diesen Behörden und den zuständigen Behörden eines Drittstaats nicht besteht, wenn Letzterer keine Verpflichtung zu gegenseitiger Amtshilfe eingegangen ist (Urteil vom , Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, und , EU:C:2011:61, Rn. 65 und 66).
64 Wenn die Regelung eines Mitgliedstaats die Gewährung einer günstigeren steuerlichen Behandlung von der Erfüllung von Bedingungen abhängig macht, deren Einhaltung nur in der Weise nachgeprüft werden kann, dass Auskünfte von den zuständigen Behörden eines Drittstaats eingeholt werden, ist es nach ständiger Rechtsprechung deshalb grundsätzlich gerechtfertigt, dass dieser Mitgliedstaat die Gewährung des Vorteils verweigert, wenn es sich, insbesondere wegen des Fehlens einer vertraglichen Verpflichtung des Drittstaats zur Auskunftserteilung, als unmöglich erweist, die Auskünfte von diesem Staat zu erhalten (Urteil vom , Welte, , EU:C:2013:662, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).
65 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus Art. 46 Abs. 1 Buchst. a des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009, dass die Dividenden, wenn sowohl die Gesellschaft, die sie ausschüttet, als auch die Gesellschaft, die sie erhält, in Portugal ansässig sind, in voller Höhe von der Steuerbemessungsgrundlage abziehbar sind, sofern die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, der Körperschaftsteuer oder der Steuer gemäß Art. 7 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 unterliegt. Nach Art. 46 Abs. 8 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 muss die Voraussetzung der Steuerpflicht der Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, auch erfüllt sein, damit der teilweise Abzug gewährt werden kann, wenn die Voraussetzungen, die gemäß Art. 46 Abs. 1 Buchst. b und c des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 für die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, gelten, nicht erfüllt sind.
66 Die volle oder teilweise Abzugsfähigkeit gemäß Art. 46 Abs. 1 bzw. 8 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 setzt mithin die Steuerpflicht der Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, voraus. Die Steuerbehörden müssen überprüfen können, ob diese Voraussetzung erfüllt ist.
67 Im DBA Portugal-Tunesien ist hierzu in Art. 25 („Austausch von Informationen”) u. a. bestimmt, dass die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten die Informationen austauschen, die erforderlich sind, um die Vorschriften des Abkommens oder die innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten über die Steuern, die Gegenstand des Abkommens sind, u. a. die Körperschaftsteuer, anzuwenden.
68 Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die portugiesischen Steuerbehörden aufgrund der Verpflichtungen aus dem DBA Portugal-Tunesien von der Tunesischen Republik die Informationen erhalten können, anhand derer sie überprüfen können, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, erfüllt ist. Wenn ja, könnte die Beschränkung, wie sie sich aus der Versagung des vollen oder teilweisen Abzugs gemäß Art. 46 Abs. 1 bzw. 8 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzes 2009 ergibt, nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung gerechtfertigt werden.
69 Da zwischen der Portugiesischen Republik und der Libanesischen Republik dem Vorlagebeschluss zufolge keine Übereinkunft über gegenseitige Amtshilfe geschlossen worden ist, kann die Versagung des vollen oder teilweisen Abzugs gemäß Art. 46 Abs. 1 bzw. 8 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung gerechtfertigt werden, sofern es sich als unmöglich erweist, von der Libanesischen Republik Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, erfüllt ist.
70 Es ist aber auch zu beachten, dass der Abzug gemäß Art. 46 Abs. 1 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 nach dessen Art. 46 Abs. 11 auf 50 % herabgesetzt wird, wenn die Einkünfte aus Gewinnen stammen, die nicht tatsächlich besteuert worden sind, es sei denn, die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ist eine Beteiligungsgesellschaft.
71 Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, das allein für die Auslegung des nationalen Rechts zuständig ist, zu ermitteln, ob diese Vorschrift auf Situationen Anwendung finden kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in dem Staat, in dem sie ansässig ist, steuerpflichtig ist. Wenn ja, könnte die Beschränkung, wie sie sich aus der Versagung des teilweisen Abzugs gemäß Art. 46 Abs. 11 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 bei Dividenden aus Tunesien oder Libanon ergibt, nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden.
72 Somit ist auf die elfte und auf die zwölfte Frage zu antworten, dass die Art. 63 und 65 AEUV dahin auszulegen sind, dass
sich eine in Portugal ansässige Gesellschaft, die Dividenden von in Tunesien bzw. in Libanon ansässigen Gesellschaften erhält, auf Art. 63 AEUV berufen kann, um sich gegen die steuerliche Behandlung solcher Dividenden in Portugal zu wehren, die auf der Grundlage einer Regelung erfolgt, die nicht ausschließlich auf Situationen Anwendung finden soll, in denen die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, die die Dividenden ausschüttet;
eine Regelung wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttete hingegen nicht, eine Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten darstellt, die Art. 63 AEUV grundsätzlich verbietet;
die Versagung eines vollen oder teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 1 und 8 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn es sich für die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, als unmöglich erweist, von dem Drittstaat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist;
die Versagung eines teilweisen Abzugs gemäß Art. 46 Abs. 11 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn diese Vorschrift auf Situationen Anwendung finden kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in dem Staat, in dem sie ansässig ist, steuerpflichtig ist, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist.
Zur Auslegung von Art. 64 AEUV
73 Mit der dreizehnten und der vierzehnten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 64 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass die Regelung, um die es im Ausgangsverfahren geht, auch wenn sie als Beschränkung des Kapitalverkehrs grundsätzlich durch Art. 63 AEUV verboten ist, als am bestehende Beschränkung im Sinne von Art. 64 Abs. 1 AEUV erlaubt ist.
74 Nach Art. 64 Abs. 1 AEUV berührt Art. 63 AEUV nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf dritte Länder, die am aufgrund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften oder aufgrund von Rechtsvorschriften der Union für den Kapitalverkehr mit Drittstaaten im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestehen.
75 Der Begriff „Direktinvestitionen” ist im Vertrag zwar nicht definiert, wurde jedoch in der Nomenklatur für den Kapitalverkehr in Anhang I der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom zur Durchführung von Art. 67 des Vertrags [dieser Artikel wurde durch den Vertrag von Amsterdam aufgehoben] (ABl. 1988, L 178, S. 5) definiert. Aus der Auflistung der „Direktinvestitionen” in der ersten Rubrik dieser Nomenklatur und den zugehörigen Begriffsbestimmungen ergibt sich, dass er sich auf Investitionen jeder Art durch natürliche oder juristische Personen zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter und direkter Beziehungen zwischen denjenigen, die die Mittel bereitstellen, und den Unternehmen, für die die Mittel zum Zweck einer wirtschaftlichen Tätigkeit bestimmt sind, bezieht (Urteil vom , Holböck, , EU:C:2007:297, Rn. 33 und 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
76 Bei Beteiligungen an neuen oder bereits bestehenden Unternehmen in Form von Aktiengesellschaften setzt das Ziel der Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter Wirtschaftsbeziehungen, wie auch aus den in der vorstehenden Randnummer genannten Begriffsbestimmungen hervorgeht, voraus, dass die Aktien ihrem Inhaber entweder nach den nationalen aktienrechtlichen Vorschriften oder aus anderen Gründen die Möglichkeit geben, sich tatsächlich an der Verwaltung dieser Gesellschaft oder an deren Kontrolle zu beteiligen (Urteil vom , Holböck, , EU:C:2007:297, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
77 Nach der Rechtsprechung erfassen die Beschränkungen des Kapitalverkehrs im Zusammenhang mit einer Niederlassung oder Direktinvestitionen im Sinne von Art. 64 Abs. 1 AEUV nicht nur nationale Maßnahmen, die bei ihrer Anwendung auf den Kapitalverkehr mit Drittstaaten die Niederlassung oder Investitionen beschränken, sondern auch solche, die die sich daraus ergebenden Dividendenzahlungen beschränken (Urteil vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, , EU:C:2012:707, Rn. 103 und dort angeführte Rechtsprechung).
78 Eine Beschränkung des Kapitalverkehrs in Form einer ungünstigeren steuerlichen Behandlung von Dividenden aus ausländischen Quellen fällt somit unter Art. 64 Abs. 1 AEUV, wenn sie sich auf Beteiligungen bezieht, die zur Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter und unmittelbarer Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem Anteilseigner und der betroffenen Gesellschaft erworben wurden und die es dem Anteilseigner ermöglichen, sich tatsächlich an der Verwaltung dieser Gesellschaft oder an deren Kontrolle zu beteiligen (Urteil vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, , EU:C:2006:774, Rn. 185, und vom , Holböck, , EU:C:2007:297, Rn. 37).
79 Im vorliegenden Fall geht es im Ausgangsverfahren zum einen um die steuerliche Behandlung der von Ciments de Gabès auf eine Beteiligung in Höhe von 98,72 % ausgeschütteten Dividenden. Eine solche Beteiligung gibt dem Anteilseigner die Möglichkeit, sich tatsächlich an der Verwaltung der Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, oder an deren Kontrolle zu beteiligen, und kann daher als Direktinvestition angesehen werden.
80 Zum anderen geht es im Ausgangsverfahren um die steuerliche Behandlung der von Ciments de Sibline ausgeschütteten Dividenden. An dieser Gesellschaft ist die Gesellschaft, die die Dividenden erhalten hat, unmittelbar zu 28,64 % beteiligt. Eine solche Beteiligung könnte – unter dem Vorbehalt der Überprüfung durch das vorlegende Gericht – dem Anteilseigner ebenfalls die Möglichkeit geben, sich tatsächlich an der Verwaltung der Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, oder an deren Kontrolle zu beteiligen, und daher als Direktinvestition angesehen werden.
81 Nach der Rechtsprechung setzt der Begriff der am bestehenden Beschränkung voraus, dass der rechtliche Rahmen, in den sich die betreffende Beschränkung einfügt, seit diesem Datum ununterbrochen Teil der nationalen Rechtsordnung gewesen ist. Wäre dies anders, könnte ein Mitgliedstaat nämlich jederzeit Beschränkungen für Kapitalbewegungen nach oder aus Drittstaaten wieder einführen, die in der nationalen Rechtsordnung am bestanden, die aber nicht aufrechterhalten worden sind (Urteil vom , A, , EU:C:2007:804, Rn. 48).
82 Ferner ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass zwar grundsätzlich das nationale Gericht den Inhalt der Rechtsvorschriften festzustellen hat, die zu einem in einem Unionsrechtsakt festgelegten Zeitpunkt bestehen, es aber dem Gerichtshof zukommt, die Kriterien für die Auslegung des unionsrechtlichen Begriffs zu liefern, der den Bezugspunkt für die Anwendung einer unionsrechtlichen Ausnahmeregelung auf zu einem festgelegten Zeitpunkt „bestehende” nationale Rechtsvorschriften darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, , EU:C:2006:774, Rn. 191, und vom , Emerging Markets Series of DFA Investment Trust Company, , EU:C:2014:249, Rn. 47).
83 In diesem Zusammenhang fragt sich das vorlegende Gericht – insbesondere mit seiner vierzehnten Frage –, welche Auswirkungen die nach dem erfolgte Einführung der Regelungen über Steuervergünstigungen für Investitionen vertraglicher Natur (Art. 41 Abs. 5 Buchst. b der portugiesischen Regelung über Steuervergünstigungen) und über Dividenden aus afrikanischen Ländern mit Amtssprache Portugiesisch und aus Timor-Leste (Art. 42 der portugiesischen Regelung über Steuervergünstigungen) hat.
84 Die Einführung dieser beiden Regelungen hat am Rechtsrahmen der steuerlichen Behandlung von Dividenden aus Tunesien und Libanon jedoch nichts geändert, und damit auch nichts an der Einstufung des Ausschlusses der von den in diesen Drittstaaten ansässigen Gesellschaften ausgeschütteten Dividenden von der Möglichkeit eines vollen oder teilweisen Abzugs von der Steuer als bestehende Beschränkung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , A, , EU:C:2007:804, Rn. 51).
85 Es ist dennoch zu prüfen, welchen Einfluss der Abschluss des EG-Tunesien- und des EG-Libanon-Abkommens auf die der Portugiesischen Republik durch Art. 64 Abs. 1 AEUV eingeräumte Möglichkeit hat.
86 Insoweit ist festzustellen, dass ein Mitgliedstaat nach Art. 64 Abs. 1 AEUV in seinen Beziehungen zu Drittländern die in den sachlichen Geltungsbereich dieser Bestimmung fallenden Beschränkungen des Kapitalverkehrs weiter anwenden kann, auch wenn sie gegen den in Art. 63 Abs. 1 AEUV niedergelegten Grundsatz des freien Kapitalverkehrs verstoßen, sofern sie bereits am bestanden (Urteile vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, , EU:C:2006:774, Rn. 187, und vom , Holböck, , EU:C:2007:297, Rn. 39).
87 Ein Mitgliedstaat begibt sich dieser Möglichkeit, wenn er die Vorschriften, aus denen sich die betreffende Beschränkung ergibt, aufhebt. Art. 64 Abs. 1 AEUV erfasst nämlich nicht die Vorschriften, die zwar im Wesentlichen mit einer Regelung übereinstimmen, die am bestand, durch die aber ein Hindernis für den freien Kapitalverkehr wieder eingeführt worden ist, das nach der Aufhebung der früheren Regelung nicht mehr bestand (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , A, , EU:C:2007:804, Rn. 49).
88 Ein Mitgliedstaat begibt sich der Möglichkeit gemäß Art. 64 Abs. 1 AEUV auch, wenn er Vorschriften erlässt, die den Grundgedanken ändern, auf dem die frühere Regelung beruhte. Nach der Rechtsprechung sind bei der Frage, ob ein Mitgliedstaat sich auf Art. 64 Abs. 1 AEUV berufen kann, die formalen Aspekte des Rechtsakts, der eine Beschränkung darstellt, gegenüber den inhaltlichen Aspekten der Beschränkung zweitrangig. Denn eine nationale Maßnahme, die nach dem erlassen wurde, ist nicht schon allein deswegen ohne Weiteres von der Ausnahmeregelung des Art. 64 Abs. 1 AEUV ausgeschlossen. Unter die Ausnahmeregelung fallen nämlich Vorschriften, die im Wesentlichen mit einer früheren Regelung übereinstimmen oder nur ein Hindernis, das nach der früheren Regelung der Ausübung der gemeinschaftlichen Rechte und Freiheiten entgegenstand, abmildern oder beseitigen, nicht hingegen Vorschriften, die auf einem anderen Grundgedanken als das frühere Recht beruhen und neue Verfahren einführen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, , EU:C:2006:774, Rn. 192, und vom , Holböck, , EU:C:2007:297, Rn. 41).
89 Ein Mitgliedstaat begibt sich deshalb auch dann der Möglichkeit gemäß Art. 64 Abs. 1 AEUV, wenn er, ohne die bestehende Regelung förmlich aufzuheben oder zu ändern, eine internationale Übereinkunft wie ein Assoziationsabkommen schließt, die in einer Vorschrift mit unmittelbarer Wirkung die Liberalisierung von Kapital im Sinne von Art. 64 Abs. 1 AEUV vorsieht. Eine solche Änderung des Rechtsrahmens ist daher, was ihre Wirkungen auf die Möglichkeit, sich auf Art. 64 Abs. 1 AEUV zu berufen, angeht, der Einführung einer neuen Regelung, die auf einem anderen Grundgedanken als dem der bestehenden Regelung beruht, gleichzusetzen.
90 Eine durch eine internationale Übereinkunft vorgesehene Liberalisierung des Kapitalverkehrs wäre nämlich ohne praktische Wirksamkeit, wenn in Situationen, in denen die Übereinkunft einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, dieser diese Regelung nach Art. 64 Abs. 1 AEUV weiter anwenden könnte.
91 Es bedarf also der Auslegung des EG-Tunesien- und des EG-Libanon-Abkommens, um zu ermitteln, ob sie in Vorschriften mit unmittelbarer Wirkung eine Liberalisierung derjenigen Direktinvestitionen vorsehen, um die es in der Situation, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, geht.
92 Somit ist auf die dreizehnte und auf die vierzehnte Frage zu antworten, dass Art. 64 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass
die Einführung der Regelungen über Steuervergünstigungen für Investitionen vertraglicher Natur (Art. 41 Abs. 5 Buchst. b der portugiesischen Regelung über Steuervergünstigungen) und über Dividenden aus afrikanischen Ländern mit Amtssprache Portugiesisch und aus Timor-Leste (Art. 42 der portugiesischen Regelung über Steuervergünstigungen) am Rechtsrahmen der Behandlung von Dividenden aus Tunesien und Libanon nichts geändert hat, und damit auch nichts an der Einstufung des Ausschlusses der von den in diesen Drittstaaten ansässigen Gesellschaften ausgeschütteten Dividenden von der Möglichkeit eines vollen oder teilweisen Abzugs als bestehende Beschränkung;
sich ein Mitgliedstaat der Möglichkeit gemäß Art. 64 Abs. 1 AEUV begibt, wenn er, ohne die bestehende Regelung förmlich aufzuheben oder zu ändern, eine internationale Übereinkunft wie ein Assoziationsabkommen schließt, die in einer Vorschrift mit unmittelbarer Wirkung die Liberalisierung von Kapital im Sinne von Art. 64 Abs. 1 AEUV vorsieht, und eine solche Änderung des Rechtsrahmens daher, was ihre Wirkungen auf die Möglichkeit, sich auf Art. 64 Abs. 1 AEUV zu berufen, angeht, der Einführung einer neuen Regelung, die auf einem anderen Grundgedanken als dem der bestehenden Regelung beruht, gleichzusetzen ist.
Zur Auslegung des EG-Tunesien- und des EG-Libanon-Abkommens
93 Mit den Fragen 1 bis 10 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das EG-Tunesien- und das EG-Libanon-Abkommen dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht, nach der eine in Portugal ansässige Gesellschaft Dividenden, entgegenstehen, die von einer in Portugal ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden, von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in Tunesien oder in Libanon ansässigen Gesellschaft ausgeschüttete hingegen nicht.
94 Nach ständiger Rechtsprechung ist ein völkerrechtlicher Vertrag nicht nur nach seinem Wortlaut, sondern auch im Licht seiner Ziele auszulegen. Art. 31 des Wiener Übereinkommens vom über das Recht der Verträge (United Nations Treaty Series, Band 1155, S. 331) bestimmt dazu, dass ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Licht seines Ziels und Zwecks auszulegen ist (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom , Brita, , EU:C:2010:91, Rn. 42 und 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).
95 Über die Frage der unmittelbaren Wirkung der Bestimmungen eines Abkommens in der Rechtsordnung der Parteien hat der Gerichtshof, sofern sie in dem betreffenden Abkommen nicht geregelt worden ist, ebenso wie über jede andere Auslegungsfrage zu entscheiden, die sich im Zusammenhang mit der Anwendung von Abkommen in der Union stellt (Urteil vom , Gattoussi, , EU:C:2006:780, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies ist sowohl beim EG-Tunesien- als auch beim EG-Libanon-Abkommen der Fall.
96 Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Bestimmung eines von der Union mit Drittländern geschlossenen Abkommens unmittelbar anwendbar, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf den Zweck und die Natur des Abkommens eine klare und präzise Verpflichtung enthält, deren Erfüllung und deren Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhängen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom , Gloszczuk, , EU:C:2001:488, Rn. 30, vom , Wählergruppe Gemeinsam, , EU:C:2003:260, Rn. 54, vom , Simutenkov, , EU:C:2005:213, Rn. 21, und vom , Gattoussi, , EU:C:2006:780, Rn. 25).
Zum EG-Tunesien-Abkommen
Zu den einschlägigen Bestimmungen (Fragen 1 und 3)
97 Mit seinen Fragen 1 und 3 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 31 und 34 des EG-Tunesien-Abkommens unmittelbare Wirkung haben und, wenn ja, ob die Situation, um die es im Ausgangsverfahren geht, unter diese Vorschriften fällt.
98 Da durch die Auslegung des EG-Tunesien-Abkommens, wie oben in Rn. 91 ausgeführt, ermittelt werden soll, ob das Abkommen in Vorschriften mit unmittelbarer Wirkung eine Liberalisierung derjenigen Direktinvestitionen vorsieht, um die es in der Situation, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, geht, ist die erste Vorlagefrage nicht zu beantworten. Sie bezieht sich nämlich auf Art. 31 des Abkommens, der das Niederlassungsrecht und den Dienstleistungsverkehr betrifft.
99 Was Art. 34 des EG-Tunesien-Abkommens angeht, ist festzustellen, dass dieser Artikel in seinem Abs. 1 klar, genau und unbedingt die Verpflichtung der Gemeinschaft und der Tunesischen Republik begründet, hinsichtlich der Kapitalbilanztransaktionen ab Inkrafttreten des Abkommens den freien Kapitalverkehr im Zusammenhang mit Direktinvestitionen in Gesellschaften in Tunesien, die gemäß den geltenden Rechtsvorschriften gegründet wurden, sowie die Liquidation und die Repatriierung dieser Investitionen und etwaiger daraus resultierender Gewinne zu gewährleisten.
100 Die Vorschrift begründet eine Verpflichtung zur Erreichung eines ganz bestimmten Ergebnisses, die ihrem Wesen nach geeignet ist, vom Einzelnen vor einem nationalen Gericht zur Stützung des Begehrens geltend gemacht zu werden, Vorschriften, die ein Hindernis für den freien Kapitalverkehr darstellen, unangewendet zu lassen oder in seinem Fall die Regelung anzuwenden, deren Nichtanwendung ein solches Hindernis des freien Kapitalverkehrs darstellt; ergänzende Durchführungsvorschriften sind hierfür nicht nötig (vgl. entsprechend Urteile vom , Kondova, , EU:C:2001:489, Rn. 34, und vom , Barkoci und Malik, , EU:C:2001:491, Rn. 34).
101 Die Feststellung, dass durch den in Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens niedergelegten Grundsatz des freien Kapitalverkehrs im Zusammenhang mit Direktinvestitionen in Tunesien die Lage des Einzelnen unmittelbar geregelt werden kann, wird durch Art. 34 Abs. 2 des Abkommens nicht entkräftet.
102 Art. 34 Abs. 2 des Abkommens, nach dem die Vertragsparteien Konsultationen aufnehmen, um den Kapitalverkehr zwischen der Gemeinschaft und der Tunesischen Republik zu erleichtern und ihn vollständig zu liberalisieren, wenn die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ist nämlich dahin auszulegen, dass er sich auf eine spätere Liberalisierung von nicht von Art. 34 Abs. 1 des Abkommens erfassten Kapitalbewegungen bezieht.
103 Die Feststellung, dass Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens unmittelbare Wirkung hat, ist auch mit dem Ziel und dem Zweck des Abkommens vereinbar. Nach seinem Art. 1 Abs. 1 wird durch das Abkommen eine Assoziation zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits gegründet. Das Ziel des EG-Tunesien-Abkommens, mit dem u. a. die Bedingungen für eine schrittweise Liberalisierung des Kapitalverkehrs festgelegt werden sollen (Art. 1 Abs. 2 des Abkommens), bestätigt die Auslegung, dass für Kapitalbewegungen im Sinne von Art. 34 Abs. 1 des Abkommens ab dem Inkrafttreten des Abkommens eine Liberalisierung gilt und die übrigen Kapitalbewegungen gemäß Art. 34 Abs. 2 des Abkommens schrittweise liberalisiert werden.
104 Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens hat also unmittelbare Wirkung. Ein Einzelner kann sich vor Gericht auf diese Vorschrift berufen.
105 Somit ist zu untersuchen, ob eine Situation wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, unter Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens fällt.
106 Insoweit ist festzustellen, dass in Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens von Kapitalbilanztransaktionen die Rede ist, nämlich von Direktinvestitionen in Gesellschaften in Tunesien, die gemäß den geltenden Rechtsvorschriften gegründet wurden, sowie der Liquidation und der Repatriierung dieser Investitionen und etwaiger daraus resultierender Gewinne.
107 Der Fall, dass eine in Portugal ansässige Gesellschaft von einer in Tunesien ansässigen Gesellschaft, an der sie zu 98,72 % beteiligt ist, aufgrund ihrer Beteiligung Dividenden erhält, fällt in den Anwendungsbereich von Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens. Wie oben in Rn. 79 ausgeführt, kann eine solche Beteiligung als Direktinvestition eingestuft werden, und der Erhalt der auf die Beteiligung entfallenden Dividenden fällt unter den Begriff der Repatriierung der daraus resultierenden Gewinne.
108 Somit ist festzustellen, dass eine Situation wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, unter Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens fällt.
109 Auf die dritte Frage ist daher zu antworten, dass Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens dahin auszulegen ist, dass er unmittelbare Wirkung hat und in einer Situation wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht, in der eine in Portugal ansässige Gesellschaft von einer in Tunesien ansässigen Gesellschaft aufgrund ihrer Direktinvestition in diese Gesellschaft Dividenden erhält, herangezogen werden kann, um sich gegen die steuerliche Behandlung dieser Dividenden in Portugal zu wehren.
110 In Anbetracht der Ausführungen oben in Rn. 98 ist die zweite Frage nicht zu beantworten.
Zur Tragweite von Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens (Fragen 4 bis 6)
111 Mit den Fragen 4 bis 6, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens in Verbindung mit Art. 89 dieses Abkommens dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung wie der, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, entgegensteht, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in Tunesien ansässigen Gesellschaft ausgeschüttete hingegen nicht.
112 Wie oben in Rn. 48 ausgeführt, wird nach der Regelung, um die es im Ausgangsverfahren geht, die wirtschaftliche Doppelbesteuerung von Dividenden, die eine gebietsansässige Gesellschaft erhält, ganz oder teilweise vermieden, wenn die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in Portugal ansässig ist, nicht aber, wenn sie in Tunesien ansässig ist.
113 Durch eine solche Ungleichbehandlung können in Portugal ansässige Gesellschaften von Direktinvestitionen in Gesellschaften abgehalten werden, die in Tunesien ansässig sind. Sofern nämlich Kapitaleinkünfte aus diesem Drittstaat steuerlich ungünstiger behandelt werden als von in Portugal ansässigen Gesellschaften ausgeschüttete Dividenden, sind Aktien der in Tunesien ansässigen Gesellschaften für in Portugal ansässige Anleger weniger attraktiv als Aktien von Gesellschaften mit Sitz in Portugal (vgl. entsprechend Urteile vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, , EU:C:2006:774, Rn. 64, und vom , Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, und , EU:C:2011:61, Rn. 80).
114 Eine solche Benachteiligung stellt mithin eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar, die, was die Direktinvestitionen und insbesondere die Repatriierung der daraus resultierenden Gewinne angeht, durch Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens grundsätzlich verboten ist.
115 Es bleibt zu prüfen, ob die Wirkung von Art. 34 Abs. 1 des Abkommens in einer Situation wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht, durch Art. 89 des Abkommens begrenzt wird, wie das vorlegende Gericht mit seiner fünften Frage wissen möchte.
116 Was zunächst Art. 89 erster Gedankenstrich des EG-Tunesien-Abkommens angeht, nach dem das Abkommen nicht zur Folge hat, dass die Vorteile ausgedehnt werden, die eine Vertragspartei auf steuerlichem Gebiet im Rahmen einer für sie verbindlichen internationalen Übereinkunft gewährt, kann es mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass sich das Verbot der in den vorstehenden Randnummern festgestellten Beschränkung aus dem EG-Tunesien-Abkommen selbst ergibt, und nicht aus der Ausdehnung der in einer internationalen Übereinkunft vorgesehenen Vorteile. Und wie der Generalanwalt in Nr. 87 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, strebt SECIL keinen Vorteil an, den die Portugiesische Republik in einer anderen internationalen Übereinkunft gewährt hat.
117 Was sodann Art. 89 zweiter Gedankenstrich des EG-Tunesien-Abkommens angeht, nach dem das Abkommen nicht zur Folge hat, dass eine Vertragspartei daran gehindert wird, Maßnahmen zu ergreifen oder durchzusetzen, durch die Steuerhinterziehung oder -flucht verhindert werden soll, ist festzustellen, dass, wenn Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens seine praktische Wirksamkeit behalten soll, Art. 89 zweiter Gedankenstrich des Abkommens dahin ausgelegt werden muss, dass in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift diejenigen Maßnahmen fallen, mit denen speziell Steuerhinterziehung oder -flucht verhindert werden soll.
118 Wie oben in Rn. 61 ausgeführt, schließt die Steuerregelung, um die es im Ausgangsverfahren geht, die Möglichkeit, eine Steuervergünstigung zu erhalten, mit der die wirtschaftliche Doppelbesteuerung u. a. von Dividenden, die von in Tunesien ansässigen Gesellschaften ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise verhindert werden soll, generell aus, ohne speziell rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen verhindern zu wollen, deren einziger Zweck ist, die Steuer zu umgehen, die normalerweise zu zahlen ist, oder eine Steuervergünstigung zu erhalten.
119 Da es sich bei der Regelung, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, unter dem Vorbehalt der Überprüfung durch das vorlegende Gericht, nicht um Maßnahmen handelt, durch die Steuerhinterziehung oder -flucht verhindert werden soll, fällt die Situation, um die es im Ausgangsverfahren geht, nicht unter Art. 89 zweiter Gedankenstrich des EG-Tunesien-Abkommens.
120 Schließlich sieht Art. 89 dritter Gedankenstrich des EG-Tunesien-Abkommens vor, dass das Abkommen nicht zur Folge hat, dass eine Vertragspartei daran gehindert wird, ihre einschlägigen Steuervorschriften auf Steuerpflichtige anzuwenden, die sich hinsichtlich ihres Wohnsitzes nicht in einer gleichartigen Situation befinden. Insoweit kann es aber mit der Feststellung sein Bewenden haben, dass die Regelung, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, nicht danach unterscheidet, wo der Steuerpflichtige, d. h. die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, sondern danach, wo die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, ansässig ist, d. h. nach dem Ort, wo das Kapital des Steuerpflichtigen investiert ist. Die Situation, um die es im Ausgangsverfahren geht, fällt also auch nicht unter Art. 89 dritter Gedankenstrich des EG-Tunesien-Abkommens.
121 Somit ist auf die fünfte Frage zu antworten, dass die Wirkung von Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens in einer Situation wie derjenigen, um die es im Ausgangsverfahren geht, nicht durch Art. 89 des Abkommens beschränkt wird.
122 Mit seiner sechsten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die restriktive Behandlung der betreffenden Dividenden dennoch durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung gerechtfertigt werden kann, insbesondere, weil es zwischen der Portugiesischen Republik und der Tunesischen Republik keinen Rahmen der gegenseitigen Amtshilfe gibt, der mit dem vergleichbar wäre, der zwischen den Mitgliedstaaten durch die zum Zeitpunkt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens geltende Richtlinie 77/799 geschaffen worden ist.
123 Um zu bestimmen, ob das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingender Grund des Allgemeininteresses eine Beschränkung des in Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens garantierten freien Kapitalverkehrs rechtfertigen kann, ist das Abkommen nach der oben in Rn. 94 dargestellten Rechtsprechung im Licht seines Ziels und seines Zusammenhangs auszulegen.
124 Nach seinem Art. 1 ist Ziel des EG-Tunesien-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits u. a. die Stärkung der Beziehungen zwischen den Vertragsparteien, die Festlegung der Bedingungen für eine schrittweise Liberalisierung des Waren-, des Dienstleistungs- und des Kapitalverkehrs, die Begünstigung des Handels und die Förderung der Entwicklung ausgewogener Wirtschafts- und Sozialbeziehungen zwischen den Vertragsparteien.
125 Das Ziel des Abkommens besteht weder darin, einen Binnenmarkt zu schaffen, der mit dem durch den AEU-Vertrag geschaffenen vergleichbar wäre, noch darin, wie beim Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen), die Freizügigkeit und den freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr möglichst umfassend zu verwirklichen, so dass der innerhalb der Union verwirklichte Binnenmarkt auf die Vertragsparteien des Abkommens ausgeweitet wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Ospelt und Schlössle Weissenberg, , EU:C:2003:493, Rn. 29).
126 Da das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingender Grund des Allgemeininteresses anerkannt ist, der eine Beschränkung der durch den AEU-Vertrag und das EWR-Abkommen garantierten Freiheiten rechtfertigen kann, ist eine solche Rechtfertigung erst recht im Rahmen des EG-Tunesien-Abkommens anzuerkennen.
127 Wie der Generalanwalt in Nr. 125 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, dürfte es in Anbetracht des Zwecks und des Zusammenhangs des EG-Tunesien-Abkommens ausgeschlossen sein, dass die Vertragsparteien eine uneingeschränkte Freiheit für den Kapitalverkehr zwischen der Union und Tunesien gewähren wollten, während für den Kapitalverkehr sowohl unter den Mitgliedstaaten der Union als auch zwischen diesen und Mitgliedstaaten des EWR-Abkommens Beschränkungen vorgesehen werden können.
128 Da im EG-Tunesien-Abkommen keine Verpflichtung für die Tunesische Republik vorgesehen ist, den portugiesischen Behörden Informationen zu liefern, ist die oben in den Rn. 63 bis 68 und 70 und 71 vorgenommene Analyse auf die Analyse, die im Rahmen der Beurteilung der Rechtfertigung der Beschränkung von Art. 34 Abs. 1 des Abkommens vorgenommen wird, übertragbar.
129 Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens ist also dahin auszulegen, dass
eine Regelung wie diejenige, um die es im Ausgangsverfahren geht, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in Tunesien ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttete hingegen nicht, eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt, die, was die Direktinvestitionen und insbesondere die Repatriierung der daraus resultierende Gewinne angeht, durch Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens grundsätzlich verboten ist;
die Wirkung dieser Bestimmung in einer Situation wie derjenigen, um die es im Ausgangsverfahren geht, nicht durch Art. 89 des EG-Tunesien-Abkommens beschränkt wird;
die Versagung eines vollen oder teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 1 und 8 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn es sich für die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, als unmöglich erweist, von der Tunesischen Republik, dem Staat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist;
die Versagung eines teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 11 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn diese Vorschrift auf Situationen Anwendung finden kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in Tunesien, dem Staat, in dem sie ansässig ist, steuerpflichtig ist, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist.
Zum EG-Libanon-Abkommen
Zur unmittelbaren Wirkung von Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens (siebte Frage)
130 Mit der siebten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens unmittelbare Wirkung hat und im Ausgangsverfahren in Anbetracht von Art. 33 des Abkommens zur Anwendung kommt.
131 Insoweit ist festzustellen, dass Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens, indem er festlegt, dass im Rahmen des Abkommens vorbehaltlich der Art. 33 und 34 eine Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen der Gemeinschaft einerseits und Libanon andererseits oder eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes ihrer Staatsangehörigen oder des Ortes, an dem das Kapital investiert ist, unzulässig ist, eindeutig und unbedingt eine Verpflichtung zur Erreichung eines ganz bestimmten Ergebnisses begründet, die geeignet ist, vom Einzelnen vor einem Gericht zur Stützung des Begehrens geltend gemacht zu werden, Vorschriften, die eine Beschränkung oder eine Diskriminierung begründen, unangewendet zu lassen oder in seinem Fall die Regelung anzuwenden, deren Nichtanwendung eine solche Beschränkung oder Diskriminierung begründet; ergänzende Durchführungsvorschriften sind hierfür nicht nötig (vgl. entsprechend Urteile vom , Kondova, , EU:C:2001:489, Rn. 34, und Barkoci und Malik, , EU:C:2001:491, Rn. 34).
132 Die Tragweite der Verpflichtung aus Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens wird zwar durch die Vorbehaltsklausel des Art. 33 Abs. 1 des Abkommens begrenzt. Eine solche Ausnahme kann aber dem nicht entgegenstehen, dass Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens den Einzelnen Rechte verleiht, die sie gerichtlich geltend machen können (vgl. entsprechend Urteil vom , A, , EU:C:2007:804, Rn. 26).
133 Die Feststellung, dass Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens unmittelbare Wirkung hat, ist mit dem Ziel und dem Zweck des Abkommens vereinbar. Nach seinem Art. 1 Abs. 1 wird mit dem EG-Libanon-Abkommen zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits eine Assoziation gegründet. Das Ziel des Abkommens, mit dem u. a. die Voraussetzungen für die schrittweise Liberalisierung des Kapitalverkehrs geschaffen werden sollen (Art. 1 Abs. 2 des Abkommens), bestätigt die Auslegung, dass die Kapitalbewegungen, die nicht in den Anwendungsbereich der Vorbehaltsklausel des Art. 33 Abs. 1 des Abkommens fallen, ab dessen Inkrafttreten liberalisiert sind.
134 Was die Möglichkeit angeht, sich in einer Situation wie derjenigen, um die es im Ausgangsverfahren geht, auf Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens zu berufen, ist zwar festzustellen, dass Art. 31 des Abkommens nach dessen Art. 33 Abs. 1 nicht die Anwendung von Beschränkungen berührt, die zwischen der Gemeinschaft und der Libanesischen Republik am Tag des Inkrafttretens des Abkommens hinsichtlich ihres Kapitalverkehrs bestehen und die Direktinvestitionen, u. a. in Immobilien, die Niederlassung, die Erbringung von Finanzdienstleistungen oder die Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten betreffen.
135 Die Tragweite der Vorbehaltsklausel des Art. 33 Abs. 1 des EG-Libanon-Abkommens wird aber begrenzt durch dessen Art. 33 Abs. 2, nach dem der Transfer von Investitionen, die von Gebietsansässigen der Gemeinschaft in Libanon oder von Gebietsansässigen Libanons in der Gemeinschaft getätigt werden, und von daraus resultierenden Gewinnen ins Ausland unberührt bleibt.
136 Im Ausgangsverfahren geht es aber um die steuerliche Behandlung von Dividenden, die aus Direktinvestitionen in Portugal ansässiger Personen in Libanon resultieren. Eine solche Situation fällt unter Art. 33 Abs. 2 des EG-Libanon-Abkommens, so dass dessen Art. 33 Abs. 1 der Anwendung von Art. 31 des Abkommens in einem solchen Fall nicht entgegensteht.
137 Somit ist auf die siebte Frage zu antworten, dass Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens dahin auszulegen ist, dass
er unmittelbare Wirkung hat;
eine Situation wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, die die steuerliche Behandlung von Dividenden betrifft, die aus Direktinvestitionen in Portugal ansässiger Personen in Libanon resultieren, unter Art. 33 Abs. 2 des Abkommens fällt, so dass dessen Art. 33 Abs. 1 der Anwendung von Art. 31 des Abkommens in einem solchen Fall nicht entgegensteht.
Zur Tragweite von Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens (Fragen 8 bis 10)
138 Mit den Fragen 8 bis 10, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens in Verbindung mit dessen Art. 85 dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung wie der, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, entgegensteht, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in Libanon ansässigen Gesellschaft ausgeschüttete hingegen nicht.
139 Wie oben in Rn. 48 ausgeführt, wird bei der Anwendung der Regelung, um die es im Ausgangsverfahren geht, die wirtschaftliche Doppelbesteuerung der Dividenden, die eine gebietsansässige Gesellschaft erhält, ganz oder teilweise verhindert, wenn die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in Portugal ansässig ist, nicht hingegen, wenn sie in Libanon ansässig ist.
140 Durch eine solche Ungleichbehandlung können in Portugal ansässige Gesellschaften von Direktinvestitionen in Gesellschaften, die in Libanon ansässig sind, abgehalten werden. Sofern nämlich Kapitaleinkünfte aus diesem Drittstaat steuerlich ungünstiger behandelt werden als von in Portugal ansässigen Gesellschaften ausgeschüttete Dividenden, sind Aktien der in Libanon ansässigen Gesellschaften für in Portugal ansässige Anleger weniger attraktiv als Aktien von in Portugal ansässigen Gesellschaften (vgl. entsprechend Urteile vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, , EU:C:2006:774, Rn. 64, und vom , Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, und , EU:C:2011:61, Rn. 80).
141 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Situation einer Gesellschaft, die als Anteilseignerin Dividenden aus einem Drittstaat erhält, in Bezug auf eine Steuervorschrift wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die die wirtschaftliche Doppelbesteuerung ausgeschütteter Gewinne ganz oder teilweise verhindern soll, mit der einer Gesellschaft, die als Anteilseignerin Dividenden aus inländischen Quellen erhält, insofern vergleichbar, als es grundsätzlich in beiden Fällen zu einer mehrfachen Besteuerung der erzielten Gewinne kommen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, , EU:C:2006:774, Rn. 62, und vom , Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, und , EU:C:2011:61, Rn. 84).
142 Folglich ist eine solche Benachteiligung grundsätzlich durch Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens verboten.
143 Es bleibt zu prüfen, ob die Wirkung von Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens in einer Situation wie derjenigen, um die es im Ausgangsverfahren geht, durch Art. 85 des Abkommens begrenzt ist, wie das vorlegende Gericht mit seiner neunten Frage wissen möchte.
144 Was zunächst Art. 85 Buchst. a des EG-Libanon-Abkommens angeht, nach dem das Abkommen hinsichtlich der direkten Steuern nicht bewirkt, dass die Steuervorteile ausgedehnt werden, die eine Vertragspartei im Rahmen einer für sie verbindlichen internationalen Übereinkunft gewährt, kann es mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass sich das Verbot der in den vorstehenden Randnummern festgestellten Beschränkung aus dem EG-Libanon-Abkommen selbst ergibt, und nicht aus der Ausdehnung der in einer internationalen Übereinkunft vorgesehenen Vorteile. Und wie der Generalanwalt in Nr. 87 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, strebt SECIL keinen Vorteil an, den die Portugiesische Republik in einer anderen internationalen Übereinkunft gewährt.
145 Was sodann Art. 85 Buchst. b des EG-Libanon-Abkommens angeht, nach dem das Abkommen nicht bewirkt, dass eine Vertragspartei daran gehindert ist, Maßnahmen zu treffen oder durchzusetzen, mit denen Steuerhinterziehung oder -betrug verhindert werden soll, ist festzustellen, dass, wenn Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens seine praktische Wirksamkeit behalten soll, Art. 85 Buchst. b des Abkommens dahin auszulegen ist, dass in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift diejenigen Maßnahmen fallen, mit denen speziell Steuerhinterziehung oder -betrug verhindert werden soll.
146 Wie oben in Rn. 61 ausgeführt, schließt die Steuerregelung, um die es im Ausgangsverfahren geht, die Möglichkeit, eine Steuervergünstigung zu erhalten, mit der die wirtschaftliche Doppelbesteuerung u. a. von Dividenden, die von in Libanon ansässigen Gesellschaften ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise verhindert werden soll, generell aus, ohne speziell rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen verhindern zu wollen, deren einziger Zweck ist, die Steuer zu umgehen, die normalerweise zu zahlen ist, oder eine Steuervergünstigung zu erhalten.
147 Da es sich bei der Regelung, um die es im Ausgangsverfahren geht, unter dem Vorbehalt der Überprüfung durch das vorlegende Gericht nicht um Maßnahmen handelt, mit denen Steuerhinterziehung oder -betrug verhindert werden soll, fällt die Situation, um die es im Ausgangsverfahren geht, nicht unter Art. 85 Buchst. b des EG-Libanon-Abkommens.
148 Schließlich sieht Art. 85 Buchst. c des EG-Libanon-Abkommens vor, dass das Abkommen nicht bewirkt, dass eine Vertragspartei daran gehindert ist, ihre einschlägigen Steuervorschriften auf Steuerpflichtige anzuwenden, die sich insbesondere hinsichtlich ihres Wohnsitzes nicht in einer gleichartigen Lage befinden. Wie bereits oben in Rn. 120 ausgeführt, unterscheidet die Regelung, um die es im Ausgangsverfahren geht, aber zum einen nicht danach, wo der Steuerpflichtige, d. h. die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist.
149 Zum anderen können unter Art. 85 Buchst. c des EG-Libanon-Abkommens wegen der Verwendung des Ausdrucks „insbesondere” zwar auch Unterscheidungen nach anderen Faktoren, u. a. dem Ort, an dem Kapital des Steuerpflichtigen investiert wird, fallen. Die Bestimmung ist aber in Verbindung mit Art. 31 des Abkommens zu sehen, der jede Diskriminierung, u. a. aufgrund des Ortes, an dem das Kapital investiert ist, verbietet. Daher sind nach Art. 85 Buchst. c des EG-Libanon-Abkommens zulässige Ungleichbehandlungen von Diskriminierungen zu unterscheiden, die nicht unter diese Bestimmung fallen und durch Art. 31 des Abkommens verboten sind.
150 Wie oben in Rn. 55 ausgeführt, ist die Situation einer Gesellschaft, die als Anteilseignerin Dividenden aus einem Drittstaat erhält, in Bezug auf eine Steuervorschrift wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die die wirtschaftliche Doppelbesteuerung ausgeschütteter Gewinne ganz oder teilweise verhindern soll, mit der einer Gesellschaft, die als Anteilseignerin Dividenden aus inländischen Quellen erhält, insofern vergleichbar, als es grundsätzlich in beiden Fällen zu einer mehrfachen Besteuerung der erzielten Gewinne kommen kann.
151 Folglich fällt die Situation, um die es im Ausgangsverfahren geht, auch nicht unter Art. 85 Buchst. c des EG-Libanon-Abkommens.
152 Somit ist auf die neunte Frage zu antworten, dass die Wirkung von Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens in einer Situation wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht, nicht durch Art. 85 des Abkommens begrenzt wird.
153 Mit der zehnten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die restriktive Behandlung der betreffenden Dividenden dennoch durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung gerechtfertigt werden kann, insbesondere weil es zwischen der Portugiesischen Republik und der Libanesischen Republik keinen Rahmen der gegenseitigen Amtshilfe gibt, der mit dem vergleichbar wäre, der zwischen den Mitgliedstaaten durch die zum Zeitpunkt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens geltende Richtlinie 77/799 geschaffen worden ist.
154 Wie sich aus Art. 1 des EG-Libanon-Abkommens ergibt, sind die Ziele, die mit diesem Abkommen verfolgt werden, mit denen vergleichbar, die mit dem EG-Tunesien-Abkommen verfolgt werden, so dass die oben in den Rn. 123 bis 127 angestellten Erwägungen auf die Analyse des EG-Libanon-Abkommens übertragbar sind.
155 Da im EG-Libanon-Abkommen zudem keine Verpflichtung für die Libanesische Republik vorgesehen ist, den portugiesischen Behörden Informationen zu liefern, sind die oben in den Rn. 69 bis 71 angestellten Erwägungen auf die Beurteilung der Rechtfertigung der Beschränkung von Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens übertragbar.
156 Somit ist festzustellen, dass Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens dahin auszulegen ist, dass
eine Regelung wie diejenige, um die es im Ausgangsverfahren geht, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in Libanon ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttete hingegen nicht, eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt, die durch Art. 31 des Abkommens grundsätzlich verboten ist;
die Wirkung dieser Bestimmung in einer Situation wie derjenigen, um die es im Ausgangsverfahren geht, nicht durch Art. 85 des Abkommens beschränkt wird;
die Versagung eines vollen oder teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 1 und 8 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn es sich für die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, als unmöglich erweist, von der Libanesischen Republik, dem Staat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist;
die Versagung eines teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 11 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn diese Vorschrift auf Situationen Anwendung finden kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in Libanon, dem Staat, in dem sie ansässig ist, steuerpflichtig ist, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist.
Zu den Folgen, die sich aus der Auslegung der Art 63 bis 65 AEUV sowie des EG-Tunesien- und des EG-Libanon-Abkommens für das Ausgangsverfahren ergeben
157 Nach der Antwort auf die elfte und die zwölfte Frage kann die Versagung eines vollen oder teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 1 und 8 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden, wenn es sich für die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, als unmöglich erweist, von dem Drittstaat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist.
158 Der genannte zwingende Grund des Allgemeininteresses kann eine grundsätzlich durch Art. 63 AEUV verbotene Beschränkung also nicht rechtfertigen, wenn die Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, insbesondere wegen des DBA Portugal-Tunesien von der Tunesischen Republik, dem Mitgliedstaat, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, ansässig ist, Informationen erlangen können, anhand derer überprüft werden kann, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht dieser Gesellschaft erfüllt ist.
159 Die Portugiesische Republik kann sich dann auch nicht auf Art. 64 Abs. 1 AEUV berufen, da auch das EG-Tunesien-Abkommen, dessen Art. 34 Abs. 1 unmittelbare Wirkung hat, einer Regelung wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht, entgegensteht, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in Tunesien ansässigen Gesellschaft ausgeschüttete hingegen nicht. Diese Regelung stellt nämlich eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar, die Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens, was die Direktinvestitionen und insbesondere die Repatriierung daraus resultierender Gewinne angeht, grundsätzlich verbietet. Eine solche Beschränkung ist nicht gerechtfertigt, wenn die portugiesischen Steuerbehörden von der Tunesischen Republik, dem Staat, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, ansässig ist, Informationen erlangen können, anhand derer überprüft werden kann, ob die Voraussetzung der Besteuerung dieser Gesellschaft erfüllt ist.
160 Die Änderung des rechtlichen Rahmens durch die Einführung einer solchen Bestimmung in das EG-Tunesien-Abkommen ist hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Möglichkeit, sich auf Art. 64 Abs. 1 AEUV zu berufen, nämlich der Einführung einer neuen Regelung, die auf einem anderen Grundgedanken als dem der bestehenden Regelung beruht, gleichzusetzen.
161 Nach der Antwort auf die Fragen 1 bis 10 sowie 11 und 12 ist es nicht mit den Art. 63 und 65 AEUV und Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens und Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens vereinbar, es der Gesellschaft, die die Dividenden erhält, zu versagen, diese gemäß Art. 46 Abs. 11 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abzuziehen, wenn diese Bestimmung in Situationen zur Anwendung kommen kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaften, die die Dividenden ausgeschüttet haben, in Tunesien oder Libanon, den Staaten, in denen sie ansässig sind, steuerpflichtig sind, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist.
162 Aus den oben in den Rn. 87 bis 90 und – mit den erforderlichen Abwandlungen – in Rn. 160 dargelegten Gründen kann sich die Portugiesische Republik deshalb auch nicht auf Art. 64 Abs. 1 AEUV berufen, um die Regelung, aus der sich die genannte Beschränkung ergibt, weiter anwenden zu können.
163 Nach der Rechtsprechung verpflichtet Art. 63 AEUV einen Mitgliedstaat, in dem für Dividenden, die gebietsansässige Gesellschaften an gebietsansässige Personen zahlen, ein System zur Verhinderung wirtschaftlicher Doppelbesteuerung besteht, für Dividenden, die gebietsfremde Gesellschaften an gebietsansässige Personen zahlen, eine gleichwertige Behandlung vorzusehen (vgl. Urteile vom , Haribo Lakritzen Hans Riegel und Österreichische Salinen, und , EU:C:2011:61, Rn. 60, und vom , Test Claimants in the FII Group Litigation, , EU:C:2012:707, Rn. 38).
164 Das Recht auf Erstattung von Abgaben, die ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhoben hat, stellt eine Folge und eine Ergänzung der Rechte dar, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht in seiner Auslegung durch den Gerichtshof erwachsen, so dass der Mitgliedstaat grundsätzlich verpflichtet ist, unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobene Abgaben zu erstatten (vgl. Urteil vom , Accor, , EU:C:2011:581, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).
165 Die einzige Ausnahme vom Recht auf Erstattung von unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Abgaben betrifft den Fall, in dem eine zu Unrecht erhobene Abgabe unmittelbar vom Abgabenpflichtigen auf eine andere Person abgewälzt wurde (vgl. Urteile vom , Lady & Kid u. a., , EU:C:2011:540, Rn. 18, und vom , Accor, , EU:C:2011:581, Rn. 72 und 74).
166 Der Gerichtshof hat außerdem entschieden, dass der Einzelne, wenn ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen Vorschriften des Unionsrechts Steuern erhoben hat, Anspruch auf Erstattung nicht nur der zu Unrecht erhobenen Steuer, sondern auch der Beträge hat, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Steuer an diesen Staat gezahlt oder von diesem einbehalten worden sind (vgl. Urteil vom , Nicula, , EU:C:2014:2285, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).
167 Folglich sind die portugiesischen Behörden verpflichtet, die unter Verstoß gegen die Art. 63 und 65 AEUV und Art. 34 des EG-Tunesien-Abkommens und Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens erhobenen Beträge nebst Zinsen zu erstatten.
168 Diese Beträge entsprechen der Differenz zwischen dem Betrag, den SECIL gezahlt hat, und dem Betrag, den diese Gesellschaft gemäß Art. 46 Abs. 1, 8 oder 11 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 hätte zahlen müssen, wenn die von Ciments de Gabès und Ciments de Sibline ausgeschütteten Dividenden unter den Bedingungen, wie sie Gegenstand des Ausgangsverfahrens sind, als von einer in Portugal ansässigen Gesellschaft ausgeschüttet angesehen worden wären.
169 Somit ist dem vorlegenden Gericht hinsichtlich der Folgen, die sich aus der Auslegung der Art. 63 bis 65 AEUV und des EG-Tunesien-Abkommens und des EG-Libanon-Abkommens für das Ausgangsverfahren ergeben, zu antworten, dass
es, wenn die Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, von der Tunesischen Republik, dem Mitgliedstaat, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, ansässig ist, Informationen erlangen können, anhand derer überprüft werden kann, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist, nicht mit den Art. 63 und 65 AEUV und Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens vereinbar ist, es der Gesellschaft, die die Dividenden erhält, zu versagen, diese gemäß Art. 46 Abs. 1 oder 8 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abzuziehen, und sich die Portugiesische Republik insoweit nicht auf Art. 64 Abs. 1 AEUV berufen kann;
es nicht mit den Art. 63 und 65 AEUV und Art. 34 Abs. 1 des EG-Tunesien-Abkommens und Art. 31 des EG-Libanon-Abkommens vereinbar ist, es der Gesellschaft, die die Dividenden erhält, zu versagen, diese gemäß Art. 46 Abs. 11 des portugiesischen Körperschaftsteuergesetzbuchs 2009 teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abzuziehen, wenn diese Bestimmung in Situationen zur Anwendung kommen kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaften, die die Dividenden ausgeschüttet haben, in Tunesien oder Libanon, den Staaten, in denen sie ansässig sind, steuerpflichtig sind, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist, und sich die Portugiesische Republik insoweit nicht auf Art. 64 Abs. 1 AEUV berufen kann;
dem Steuerpflichtigen die unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Beträge nebst Zinsen zu erstatten sind.
Kosten
170 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
Die Art. 63 und 65 AEUV sind dahin auszulegen, dass
sich eine in Portugal ansässige Gesellschaft, die Dividenden von in Tunesien bzw. in Libanon ansässigen Gesellschaften erhält, auf Art. 63 AEUV berufen kann, um sich gegen die steuerliche Behandlung solcher Dividenden in Portugal zu wehren, die auf der Grundlage einer Regelung erfolgt, die nicht ausschließlich auf Situationen Anwendung finden soll, in denen die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, entscheidenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, die die Dividenden ausschüttet;
eine Regelung wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttete hingegen nicht, eine Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten darstellt, die Art. 63 AEUV grundsätzlich verbietet;
die Versagung eines vollen oder teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 1 und 8 des Código do Imposto sobre o Rendimento das Pessoas Coletivas (Körperschaftsteuergesetzbuch) in der 2009 geltenden Fassung durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn es sich für die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, als unmöglich erweist, von dem Drittstaat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist;
die Versagung eines teilweisen Abzugs gemäß Art. 46 Abs. 11 des Körperschaftsteuergesetzbuchs in der 2009 geltenden Fassung nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn diese Vorschrift auf Situationen Anwendung finden kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in dem Staat, in dem sie ansässig ist, steuerpflichtig ist, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist.
Art. 64 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass
die Einführung der Regelungen über Steuervergünstigungen für Investitionen vertraglicher Natur durch Art. 41 Abs. 5 Buchst. b des Estatuto dos Benefícios Fiscais (Regelung über Steuervergünstigungen) in der 2009 geltenden Fassung und über Dividenden aus afrikanischen Ländern mit Amtssprache Portugiesisch und aus Timor-Leste (Osttimor) durch Art. 42 der genannten Regelung am Rechtsrahmen der Behandlung von Dividenden aus Tunesien und Libanon nichts geändert hat, und damit auch nichts an der Einstufung des Ausschlusses der von den in diesen Drittstaaten ansässigen Gesellschaften ausgeschütteten Dividenden von der Möglichkeit eines vollen oder teilweisen Abzugs als bestehende Beschränkung;
sich ein Mitgliedstaat der Möglichkeit gemäß Art. 64 Abs. 1 AEUV begibt, wenn er, ohne die bestehende Regelung förmlich aufzuheben oder zu ändern, eine internationale Übereinkunft wie ein Assoziationsabkommen schließt, die in einer Vorschrift mit unmittelbarer Wirkung die Liberalisierung von Kapital im Sinne von Art. 64 Abs. 1 AEUV vorsieht, und eine solche Änderung des Rechtsrahmens daher, was ihre Wirkungen auf die Möglichkeit, sich auf Art. 64 Abs. 1 AEUV zu berufen, angeht, der Einführung einer neuen Regelung, die auf einem anderen Grundgedanken als dem der bestehenden Regelung beruht, gleichzusetzen ist.
Art. 34 Abs. 1 des am in Brüssel unterzeichneten, mit Beschluss 98/238/EG, EGKS des Rates und der Kommission vom im Namen der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl genehmigten Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits ist dahin auszulegen,
dass er unmittelbare Wirkung hat und in einer Situation wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht, in der eine in Portugal ansässige Gesellschaft von einer in Tunesien ansässigen Gesellschaft aufgrund ihrer Direktinvestition in diese Gesellschaft Dividenden erhält, herangezogen werden kann, um sich gegen die steuerliche Behandlung dieser Dividenden in Portugal zu wehren;
eine Regelung wie diejenige, um die es im Ausgangsverfahren geht, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in Tunesien ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttete hingegen nicht, eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt, die, was die Direktinvestitionen und insbesondere die Repatriierung der daraus resultierende Gewinne angeht, durch Art. 34 Abs. 1 des Abkommens grundsätzlich verboten ist;
die Wirkung dieser Bestimmung in einer Situation wie derjenigen, um die es im Ausgangsverfahren geht, nicht durch Art. 89 des Abkommens beschränkt wird;
die Versagung eines vollen oder teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 1 und 8 des Código do Imposto sobre o Rendimento das Pessoas Coletivas (Körperschaftsteuergesetzbuch) in der 2009 geltenden Fassung durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn es sich für die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, als unmöglich erweist, von der Tunesischen Republik, dem Staat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist;
die Versagung eines teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 11 des Körperschaftsteuergesetzbuchs in der 2009 geltenden Fassung nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn diese Vorschrift auf Situationen Anwendung finden kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in Tunesien, dem Staat, in dem sie ansässig ist, steuerpflichtig ist, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist.
Art. 31 des am in Luxemburg unterzeichneten, mit Beschluss 2006/356/EG des Rates vom im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigten Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits ist dahin auszulegen, dass
er unmittelbare Wirkung hat;
eine Situation wie die, um die es im Ausgangsverfahren geht, die die steuerliche Behandlung von Dividenden betrifft, die aus Direktinvestitionen in Portugal ansässiger Personen in Libanon resultieren, unter Art. 33 Abs. 2 des Abkommens fällt, so dass dessen Art. 33 Abs. 1 der Anwendung von Art. 31 des Abkommens in einem solchen Fall nicht entgegensteht;
eine Regelung wie diejenige, um die es im Ausgangsverfahren geht, nach der eine in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaft Dividenden, die von einer ebenfalls dort ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttet werden, ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abziehen kann, von einer in Libanon ansässigen Gesellschaft an sie ausgeschüttete hingegen nicht, eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt, die durch Art. 31 des Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits grundsätzlich verboten ist;
die Wirkung dieser Bestimmung in einer Situation wie derjenigen, um die es im Ausgangsverfahren geht, nicht durch Art. 85 des Abkommens beschränkt wird;
die Versagung eines vollen oder teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 1 und 8 des Körperschaftsteuergesetzbuchs in der 2009 geltenden Fassung durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn es sich für die Steuerbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, als unmöglich erweist, von der Libanesischen Republik, dem Staat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, die die Dividenden ausschüttet, Informationen zu erlangen, anhand derer sich überprüfen lässt, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist;
die Versagung eines teilweisen Abzugs der erhaltenen Dividenden von der Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 46 Abs. 11 des Körperschaftsteuergesetzbuchs in der 2009 geltenden Fassung nicht durch das Gebot der wirksamen steuerlichen Überwachung als zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, wenn diese Vorschrift auf Situationen Anwendung finden kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, in Libanon, dem Staat, in dem sie ansässig ist, steuerpflichtig ist, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist.
Zu den Folgen, die sich aus der Auslegung der Art. 63 bis 65 AEUV sowie des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits und des Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits für das Ausgangsverfahren ergeben:
Können die Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden erhält, ansässig ist, von der Tunesischen Republik, dem Mitgliedstaat, in dem die Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, ansässig ist, Informationen erlangen, anhand derer überprüft werden kann, ob die Voraussetzung der Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft erfüllt ist, ist es nicht mit den Art. 63 und 65 AEUV und Art. 34 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits vereinbar, es der Gesellschaft, die die Dividenden erhält, zu versagen, diese gemäß Art. 46 Abs. 1 oder 8 des Körperschaftsteuergesetzbuchs in der 2009 geltenden Fassung ganz oder teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abzuziehen; die Portugiesische Republik kann sich insoweit nicht auf Art. 64 Abs. 1 AEUV berufen.
Es ist nicht mit den Art. 63 und 65 AEUV und Art. 34 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits und Art. 31 des Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits vereinbar, es der Gesellschaft, die die Dividenden erhält, zu versagen, diese gemäß Art. 46 Abs. 11 des Körperschaftsteuergesetzbuchs in der 2009 geltenden Fassung teilweise von der Steuerbemessungsgrundlage abzuziehen, wenn diese Bestimmung in Situationen zur Anwendung kommen kann, in denen nicht überprüft werden kann, ob die Gesellschaften, die die Dividenden ausgeschüttet haben, in Tunesien oder Libanon, den Staaten, in denen sie ansässig sind, steuerpflichtig sind, was zu ermitteln Sache des vorlegenden Gerichts ist; die Portugiesische Republik kann sich insoweit nicht auf Art. 64 Abs. 1 AEUV berufen.
Dem Steuerpflichtigen sind die unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Beträge nebst Zinsen zu erstatten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:EU:C:2016:896
Fundstelle(n):
EAAAG-96390