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EuGH  - C-276/18 Verfahrensverlauf - Status: erledigt

Gesetze: EGRL 112/2006 Art 33 Abs 1 S 1, EUV 904/2010 Art 7, EUV 904/2010 Art 13, EUV 904/2010 Art 28, EUV 904/2010 Art 30, EUV 904/2010 Art 29

Rechtsfrage

1. Sind die Zielsetzungen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuerrichtlinie), insbesondere die in ihrem 17. und 62. Erwägungsgrund genannten Anforderungen zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten zwischen den Mitgliedstaaten und der Doppelbesteuerung, sowie die Verordnung (EU) Nr. 904/2010, insbesondere ihr fünfter, siebter und achter Erwägungsgrund sowie ihre Art. 7, 13 und 28 bis 30, dahin auszulegen, dass sie einer mitgliedstaatlichen Verwaltungspraxis entgegenstehen, bei der ein Umsatz abweichend von den Feststellungen eingestuft wird, die die Behörde eines anderen Mitgliedstaats in Bezug auf denselben Umsatz mit einer auf dem gleichen Sachverhalt beruhenden Rechtsauslegung und einem darauf basierenden verbindlichen Steuervorbescheid sowie bei einer all dies bestätigenden Steuerprüfung getroffen hat, was zu einer Doppelbesteuerung des betreffenden Steuerpflichtigen führt?

2. Ist - falls der Antwort auf die erste Frage zufolge eine solche Praxis nicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt - eine mitgliedstaatliche Steuerbehörde unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuerrichtlinie und des Unionsrechts dazu berechtigt, einseitig die Steuerpflicht festzulegen und dabei außer Acht zu lassen, dass die Steuerbehörde eines anderen Mitgliedstaats die Rechtmäßigkeit des Verhaltens des Steuerpflichtigen - im Voraus auf dessen Antrag und nachträglich bei einer von ihr durchgeführten Prüfung - in ihren Bescheiden mehrfach bestätigt hat?

Oder aber sind die Steuerbehörden beider Mitgliedstaaten zur Wahrung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität und zur Vermeidung der Doppelbesteuerung verpflichtet, in Bezug auf den Umsatz des Steuerpflichtigen zusammenzuarbeiten und eine Einigung zu erzielen, damit der Steuerpflichtige nur in einem der Mitgliedstaaten die Mehrwertsteuer entrichten muss?

3. Sind - falls der Antwort auf die zweite Frage zufolge die mitgliedstaatliche Steuerbehörde berechtigt ist, einseitig eine Neueinstufung vorzunehmen - die Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass die Steuerbehörde des anderen Mitgliedstaats dem Mehrwertsteuerpflichtigen die Steuer erstatten muss, die sie mit einem Steuervorbescheid festgesetzt hatte und die für einen mit einer Steuerprüfung abgeschlossenen Zeitraum entrichtet worden ist, um damit die Vermeidung der Doppelbesteuerung und den Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu gewährleisten?

4. Wie kann die in Art. 33 Abs. 1 Satz 1 der harmonisierten Mehrwertsteuerrichtlinie enthaltene Formulierung, dass die Beförderung "durch den Lieferer oder für dessen Rechnung" durchgeführt wird, ausgelegt werden? Umfasst diese Formulierung den Fall, dass der Steuerpflichtige als Verkäufer in seinem Online-Shop die Möglichkeit anbietet, dass der Käufer mit einem Logistikunternehmen einen Vertrag abschließt, mit dem der Verkäufer bei anderen Geschäften als Verkäufen zusammenarbeitet, wobei der Käufer auch einen anderen als den angebotenen Spediteur frei wählen kann, und der Speditionsvertrag zwischen dem Käufer und dem Spediteur geschlossen wird, ohne dass der Verkäufer Partei des Vertrags ist?

Ist es für die Auslegung - insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Rechtssicherheit - von Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten ihre Rechtsvorschriften zur Umsetzung der genannten Bestimmung der Mehrwertsteuerrichtlinie bis zum Jahr 2021 so ändern müssen, dass Art. 33 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie auch im Fall der indirekten Mitwirkung bei der Wahl des Beförderungsunternehmens anwendbar ist?

5. Sind das Unionsrecht und insbesondere die Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass folgende Umstände zusammen oder jeweils für sich genommen für die Beurteilung bedeutsam sind, ob der Steuerpflichtige das Rechtsverhältnis zwischen den die Lieferung sowie den Abtransport bzw. die Beförderung der Waren durchführenden unabhängigen Gesellschaften zur Umgehung von Art. 33 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie und damit rechtsmissbräuchlich ausgestaltet hat, um auszunutzen, dass der in einem anderen Mitgliedstaat anwendbare Satz der allgemeinen Umsatzsteuer niedriger war:

5.1. wenn das die Beförderung durchführende Logistikunternehmen ein mit dem Steuerpflichtigen verbundenes Unternehmen ist und dem Steuerpflichtigen andere, von der Beförderung unabhängige Dienstleistungen erbringt;

5.2. gleichzeitig der Käufer jederzeit von der von dem Steuerpflichtigen angebotenen Praxis, bei der Beförderung einen mit ihm vertraglich verbundenen Partner zu ersuchen, abweichen kann und dem Käufer somit möglich war, einen anderen Spediteur zu beauftragen oder die Ware persönlich entgegenzunehmen?

Dienstleister; Doppelbesteuerung; Gemeinschaftsrecht; Mehrwertsteuer; Neutralität

Fundstelle(n):
RAAAG-96124

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