Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erwarb im Dezember 1996 von ihren Eltern eine Eigentumswohnung. Die Anschaffungskosten betragen laut Angabe der Klägerin und ihres Ehemannes (Kläger und Revisionsbeklagter —Kläger—) 138 729 DM (Kaufpreis 110 000 DM plus Anschaffungsnebenkosten und Kosten der Erneuerung des Bades).
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1997 machten die Kläger sog. Vorkosten gemäß § 10i Abs. 1 Nr. 2a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 22 500 DM geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) lehnte den Abzug ab, weil es sich bei den Aufwendungen um anschaffungsnahe Herstellungskosten handle.
Nach erfolglosem Einspruch erhoben die Kläger Klage, mit der sie geltend machen, die Aufwendungen für die Erneuerung des Bades in Höhe von 28 380 DM seien keine Instandsetzungskosten, sondern sie seien zur Verwirklichung ihres persönlichen Geschmacks aufgewendet worden. Die übrigen Aufwendungen in Höhe von rd. 22 920 DM (Austausch von Fenstern und der Balkontüre ca. 11 265 DM, Installation von Heizkörpern 3 158 DM, Erneuerung der Bodenbeläge ca. 5 410 DM, Einbau von Holzdecken 1 572 DM, Austausch einer Tür 312 DM, sonstige Baustoffe 1 200 DM) seien ihrer Art nach keine Herstellungskosten.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 2001, 69).
Die Kläger hätten die erworbene Eigentumswohnung grundlegend instandgesetzt und modernisiert, indem sie das Bad umfassend erneuert und Fenster, Türen, Heizkörper sowie Fußbodenbeläge ausgetauscht und durch neue ersetzt hätten. Solche Aufwendungen seien nach dem , BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, als Erhaltungsaufwendungen sofort abziehbare Werbungskosten; das müsse auch gelten, wenn solche Aufwendungen in zeitlichem Zusammenhang mit der Anschaffung getätigt werden.
Im Streitfall sei die Wohnung weder erweitert noch ihr Gebrauchswert im Ganzen deutlich erhöht worden, weil allen Aufwendungen lediglich substanzerhaltende Maßnahmen zugrund lägen, mit denen der Wohnung der zeitgemäße Wohnkomfort wiedergegeben worden sei.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Anschaffungsnahe Herstellungsaufwendungen seien allein unter die Begriffsmerkmale des § 255 Abs. 2 HGB zu subsumieren. Danach führen Aufwendungen, die im Anschluss an die Anschaffung vorgenommen werden und im Verhältnis zum Kaufpreis hoch seien, zu einer wesentlichen Verbesserung i.S. des § 255 Abs. 2 HGB (Hinweis auf die BFH-Urteile in BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632, und vom IX R 5/93, BFHE 178, 40, BStBl II 1996, 588). Im Streitfall stellten die Aufwendungen nachträgliche Herstellungskosten dar, weil dadurch der Gebrauchswert des Hauses im Ganzen deutlich erhöht worden sei.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat die streitigen Aufwendungen zu Recht als Vorkosten gemäß § 10i Abs. 1 Nr. 2a EStG zum Abzug zugelassen.
Nach dieser Vorschrift kann der Steuerpflichtige Erhaltungsaufwendungen bis zu 22 500 DM, die bis zum Beginn der erstmaligen Nutzung einer Wohnung zu eigenen Wohnzwecken entstanden sind, als Vorkosten wie Sonderausgaben abziehen.
Welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen, bestimmt sich für die Gewinneinkünfte und Überschusseinkünfte, mithin auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, nach § 255 HGB (vgl. , BFH/NV 2002, 968). Für § 10i Abs. 1 EStG gilt das entsprechend.
Die Höhe der Aufwendungen und ihre Nähe zur Anschaffung können allein weder zu Anschaffungs- noch zu Herstellungskosten führen (zur Begründung vgl. , BFH/NV 2002, 968).
Nach den Feststellungen des FG sind die Baumaßnahmen vor der erstmaligen Nutzung der Wohnung durch die Kläger durchgeführt worden. In diesem Fall stellt sich lediglich die Frage, ob die Aufwendungen Anschaffungskosten oder sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen gemäß § 10i Abs. 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG (Vorkosten) sind. Herstellungskosten scheiden in diesem Fall aus (vgl. , zu II.2.b aa, BFH/NV 2002, 966).
2. Anschaffungskosten gemäß § 255 Abs. 1 HGB sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, ferner die Nebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten.
a) Ein Vermögensgegenstand (Wirtschaftsgut, hier: Eigentumswohnung) ist betriebsbereit, wenn er entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann. Zu den Anschaffungskosten zählen daher die Aufwendungen, die erforderlich sind, um den Vermögensgegenstand bestimmungsgemäß nutzen zu können (vgl. dazu im Einzelnen , BFH/NV 2002, 966). Der Erwerber bestimmt den Zweck des Wirtschaftsguts, d.h. in welcher Weise es genutzt werden soll.
Soll die Eigentumswohnung zu Wohnzwecken genutzt werden, dann gehört zur Zweckbestimmung auch die Entscheidung, welchem Standard die Wohnung entsprechen soll (sehr einfach, mittel oder sehr anspruchsvoll). Baumaßnahmen, die die Wohnung auf einen höheren Standard bringen, machen sie betriebsbereit. Für den Standard einer Wohnung ist vor allem die Ausstattung und Qualität der Einrichtungen ausschlaggebend, die den Gebrauchswert (das Nutzungspotential) einer Wohnung bestimmen. Dazu zählen vor allem die Installationen (Heizung, Sanitär, Elektro) und Fenster. Baumaßnahmen vor der erstmaligen Nutzung eines Gebäudes, deren Schwerpunkt nicht die Reparatur und Ersetzung des Vorhandenen, sondern die funktionserweiternde Ergänzung der genannten Bereiche der Wohnungsausstattung zum Gegenstand haben, können den Standard eines Gebäudes erhöhen. Voraussetzung ist allerdings weiter, dass der Nutzungswert bei mindestens drei dieser vier Kernbereiche der Wohnungsausstattung deutlich gesteigert worden ist. Ist das der Fall, sind die Kosten der Baumaßnahmen sowie der damit bautechnisch verbundenen Baumaßnahmen Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 HGB (vgl im Einzelnen , BFH/NV 2002, 966).
b) Unter Berücksichtigung dessen sind die Kosten der hier insgesamt vorgenommenen und auch insgesamt zu würdigenden Baumaßnahmen nicht als Anschaffungskosten zu werten. Nach den Feststellungen des FG ist im Bereich der Installationen lediglich das Bad in einer Weise erneuert worden, die eine deutliche Steigerung seines Nutzungswerts zur Folge haben könnte. Selbst wenn dies auch für die Fenster zutreffen sollte, reichte das nicht aus, eine Anhebung des Standards in Bezug auf die ganze Wohnung anzunehmen. Es sind zwar auch an weiteren Kernbereichen der Wohnungsausstattung Baumaßnahmen durchgeführt worden, diese haben jedoch nicht zu einer wesentlichen Steigerung ihres Nutzungswerts geführt. So ist der Austausch von Heizkörpern selbst dann nicht als deutliche Erhöhung des Gebrauchswerts der Heizung insgesamt zu werten, wenn sie gegenüber den ausgetauschten Heizkörpern funktionstüchtiger sein sollten. Die Erneuerung der Türen und Fußbodenbelege betrifft nicht den Kernbereich der Ausstattung einer Wohnung; die Kosten dieser Maßnahmen würden in keinem Fall zu Anschaffungskosten führen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 301
BFH/NV 2003 S. 301 Nr. 3
YAAAA-71620