BAG Beschluss v. - 1 ABR 6/16

Gegenwarts- und zukunftsbezogene Überwachungsaufgabe des Betriebsrats

Gesetze: § 80 Abs 1 Nr 1 BetrVG, § 87 Abs 1 Nr 1 BetrVG, § 3 Abs 1 S 1 ArbSchG

Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 8 BV 674/14 Beschlussvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 16 TaBV 106/15 Beschluss

Gründe

1A. Die Beteiligten streiten über Auskunftsansprüche und Einsichtnahmerechte.

2Die Arbeitgeberin ist ein abhängiges Unternehmen im Konzern der I GmbH. In ihrem F Betrieb ist der antragstellende Betriebsrat gewählt. Die im Unternehmen bestehenden Betriebsräte haben einen Gesamtbetriebsrat gebildet. Es besteht ein Konzernbetriebsrat.

3Die Arbeitgeberin schließt mit bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern individuelle Arbeitsziele, sog. Personal Business Commitments (PBC). Grundlage hierfür ist eine mit dem Gesamtbetriebsrat am vereinbarte „Gesamtbetriebsvereinbarung zum PBC-Prozess“ (GBV PBC), in der es ua. heißt:

4Die „Konzernbetriebsvereinbarung zum PBC-Prozess“ vom ist in Nr. 5: „Vereinbarung der Ziele“ sowie in Nr. 7.1 und 7.2 mit der GBV PBC in der Sache inhaltsgleich.

5Der Betriebsrat verlangt mit dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren von der Arbeitgeberin die Vorlage der mit den Arbeitnehmern vereinbarten oder festgelegten PBC-Ziele sowie weitere Informationen. Er wolle die Durchführung der GBV PBC überwachen. Für die Zielvereinbarungen seien die Tätigkeit, das Anforderungsprofil und die Erfüllbarkeit der Ziele sowie ggf. bestehende Leistungseinschränkungen und Behinderungen ebenso zu berücksichtigen wie Mandate in Betriebsverfassungsgremien. Daher benötige er die Namen der einzelnen Arbeitnehmer. Zu seinen Überwachungsaufgaben zähle auch die Einhaltung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie des Benachteiligungsverbots nach § 7 Abs. 1 AGG. Anhand der Auskunft könne er weiterhin prüfen, ob ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bestehe, weil Regelungen über den Gesundheitsschutz erforderlich sein könnten. Schließlich benötige er die Auskünfte für etwaige Aufgaben iSd. § 80 Abs. 1 Nr. 8 und Nr. 9 BetrVG. Diese Informationen könne er zudem für Zielvereinbarungen beanspruchen, die nach Beendigung der GBV PBC abgeschlossen würden.

6Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,

7Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Für das Jahr 2014 fehle es schon am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Diese Zielvereinbarungen hätten sich durch Zeitablauf erledigt. Die Anträge zu 26. bis 29. seien unzulässig, weil zu unbestimmt. Jedenfalls könne der Betriebsrat nur überwachen, ob die Arbeitgeberin Zielvereinbarungen abschließe, den Zielbewertungsvorgang durchführe und sonstige Verpflichtungen aus der GBV PBC erfülle, nicht aber die Inhalte der Zielvereinbarungen.

8Das Arbeitsgericht hat den Hilfsanträgen zu 5., damals noch für die Zeit ab dem Kalenderjahr 2015, und zu 13. stattgegeben. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin und die Anschlussbeschwerde des Betriebsrats hat das Landesarbeitsgericht den nunmehr gestellten Hauptanträgen zu 1., zu 9., zu 17. und zu 25. stattgegeben sowie die Anträge zu 26. bis 29. abgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihr Abweisungsverlangen weiter. Der Betriebsrat begehrt mit seiner Anschlussrechtsbeschwerde die Stattgabe der abgewiesenen Anträge.

9Im Verlauf des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat eine „Gesamtbetriebsvereinbarung zum Checkpoint-Prozess“ (GBV CP) vereinbart, die nach deren Nr. 10 Abs. 1 die GBV PBC mit Inkrafttreten am ersetzt. Die GBV CP lautet auszugsweise wie folgt:

10Der Betriebsrat hat daraufhin im Rechtsbeschwerdeverfahren seine Anträge zu 1. bis 8. dahingehend formuliert, dass es statt „für das jeweilige Kalenderjahr ab 2016“ nunmehr heißt „für das Kalenderjahr 2016“ und die Formulierung „spätestens bis zum 30. April des jeweiligen Kalenderjahres“ jeweils gestrichen ist. Weiterhin hat er nunmehr mit den Anträgen zu 26. bis 29. beantragt:

11Die Arbeitgeberin beantragt, auch diese Anträge abzuweisen.

12B. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Hingegen ist die Anschlussrechtsbeschwerde des Betriebsrats unbegründet.

13I. Die Arbeitgeberin wendet sich mit Erfolg gegen die Stattgabe der Hauptanträge zu 1., zu 9., zu 17. und 25. Diese zulässigen Anträge sind einschließlich der hierzu in der Rechtsbeschwerde zur Entscheidung angefallenen Hilfsanträge unbegründet.

141. Die in der Rechtsbeschwerdeinstanz durch den Betriebsrat erfolgte Änderung der auf eine zukünftige Leistung gerichteten Anträge zu 1. bis 8. auf nunmehr lediglich das Kalenderjahr 2016 nebst der Streichung des jeweiligen Zusatzes „spätestens bis zum 30. April des jeweiligen Kalenderjahres“ ist zulässig. Es handelt sich nicht um eine nach § 559 Abs. 1 ZPO unzulässige Antragsänderung, sondern lediglich um eine Beschränkung des Klageantrags ohne Änderung des Klagegrunds nach § 264 Nr. 2 ZPO, die den Streitgegenstand nicht verändert (vgl.  - Rn. 15 mwN).

152. Die Anträge bedürfen der Auslegung.

16a) Die Hauptanträge zu 1., zu 9. und zu 17. sind dahin zu verstehen, dass der Betriebsrat von der Arbeitgeberin Auskunft über die im Einzelnen genannten Daten für die Kalenderjahre 2014, 2015 und 2016 verlangt und ihm diese, auch aufgrund des Umfangs der Auskunft, schriftlich mitgeteilt werden sollen. Zwar soll nach dem Antragswortlaut die Arbeitgeberin die „PBC-Ziele … vorlegen“. Damit wird aber nach dem Vorbringen des Betriebsrats nicht die Vorlage der einzelnen Zielvereinbarungen begehrt. Das zeigt die nachstehende Konkretisierung der verlangten Daten. Gleiches gilt für die Hilfsanträge zu 3. bis 6., zu 11. bis 14. und zu 19. bis 22. hinsichtlich der dort aufgeführten Daten. Dabei ist die erbetene schriftliche Auskunft teilweise auf diejenigen Daten beschränkt, die der Arbeitgeberin „bekannt“ sind.

17b) Demgegenüber verlangt der Betriebsrat mit den hilfsweise gestellten Anträgen zu 2., zu 7. und 8., zu 10., zu 15. und 16. sowie zu 18., zu 23. und zu 24. anstelle einer schriftlichen Auskunft die „Einsicht“ in die mit den jeweiligen Hauptanträgen (Anträge zu 2., zu 10. und zu 18.) und mit den Hilfsanträgen durch Verweisung auf vorstehende Anträge benannten Informationen, die von der Arbeitgeberin entsprechend aufbereitet sind. Dabei sind die Hilfsanträge zu 3., zu 11. und zu 19., wie sich aus den dort benannten Zielen ergibt, nur für den Fall hilfsweise zu den Hauptanträgen gestellt, falls den Auskunftsbegehren in den jeweiligen Hilfsanträgen zu 2., zu 9. und zu 16. nicht stattgegeben werden sollte.

18c) Der Antrag zu 25. ist in seinem Hauptbegehren darauf gerichtet, dass der Betriebsrat dann eine erneute schriftliche Auskunft verlangt - „zu informieren wie es dem Antrag zu 1., zu 9. oder zu 17. … entspricht“ -, wenn nach der schriftlichen Vereinbarung der „Ziele zu Beginn eines Jahres“ gemäß Nr. 4 Abs. 2 Unterstrich 1 GBV PBC es zu einer Änderung der „individuellen PBC-Ziele“ gekommen ist. Der Betriebsrat will in diesem Fall über diese „PBC-Ziele“ insoweit informiert werden, als es zu einer Änderung gekommen ist. Entsprechendes oder die „Einsicht“ in diese Informationen beantragt der Betriebsrat, falls er mit einem der drei Hauptanträge nicht obsiegt, sondern lediglich mit einem der Hilfsanträge zu 2. bis 8., zu 10. bis 17. oder zu 18. bis 24.

19d) Schließlich sind die in den Anträgen genannten Daten als einheitliches Begehren zu verstehen, dem jeweils insgesamt und nicht nur teilweise stattgegeben werden soll. Dies folgt aus der Formulierung der jeweiligen Hilfsanträge, die anderenfalls überwiegend überflüssig wären.

203. Mit diesem Inhalt sind die Anträge zulässig. Sie sind hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Arbeitgeberin kann erkennen, welche schriftlichen Auskünfte sie dem Betriebsrat geben oder in welche Unterlagen sie Einsicht gewähren soll. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin sind die auf das Kalenderjahr 2014 bezogenen Anträge zu 9. bis 16. nicht mangels Rechtsschutzschutzinteresse unzulässig. Das erforderliche Rechtschutzbedürfnis verlangt als Sachentscheidungsvoraussetzung das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Inanspruchnahme der Gerichte. Bei Leistungsklagen folgt es regelmäßig aus der Nichterfüllung des behaupteten Anspruchs. Ob dieser besteht, ist grundsätzlich eine Frage der Begründetheit ( - Rn. 12).

214. Die Anträge zu 1. bis 25. sind unbegründet.

22a) Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten sowie auf dessen Verlangen Einsicht in die erforderlichen Unterlagen zu gewähren. Hieraus folgt ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist. Anspruchsvoraussetzung ist damit zum einen, dass überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben ist und zum anderen, dass im Einzelfall die begehrte Information zur Wahrnehmung der Aufgabe erforderlich ist. Dies hat der Betriebsrat darzulegen. Erst anhand dieser Angaben können der Arbeitgeber und im Streitfall das Arbeitsgericht prüfen, ob die Voraussetzungen einer Auskunftspflicht oder ggf. ein Einsichtsrecht vorliegen ( - Rn. 7, BAGE 140, 350). Ein Auskunftsanspruch besteht weiterhin nicht erst dann und nicht nur insoweit, als Beteiligungsrechte aktuell sind. Dem Betriebsrat soll es durch die Auskunft ermöglicht werden, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich Aufgaben im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ergeben und ob er zur Wahrnehmung dieser Aufgaben tätig werden muss ( - zu B II 1 der Gründe mwN, BAGE 90, 288).

23b) Nach diesen Maßstäben sind die Anträge des Betriebsrats unbegründet.

24aa) Der Betriebsrat kann sich für seine Auskunfts- und Einsichtsbegehren nicht auf eine nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bestehende Aufgabe berufen, die Durchführung der GBV PBC durch die Arbeitgeberin überwachen zu wollen.

25(1) Für die Wahrnehmung des Überwachungsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist, auch wenn es sich für die Jahre 2015 und 2016 um die Durchführung einer Gesamtbetriebsvereinbarung und für das Jahr 2014 um eine Konzernbetriebsvereinbarung handelt, der örtliche und damit der antragstellende Betriebsrat zuständig (vgl.  - Rn. 29 bis 31, BAGE 139, 25).

26(2) Nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat ua. darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden ( - zu B II 1 a der Gründe, BAGE 60, 311). Die Überwachungsaufgabe ist vorrangig gegenwarts- und zukunftsbezogen, um den Arbeitgeber ggf. zu künftiger Rechtsbefolgung anzuhalten. Nur wenn sich aus Auskünften über bestimmte Verhaltensweisen des Arbeitgebers in der Vergangenheit Rückschlüsse für sein derzeitiges und künftiges Verhalten ziehen lassen können, ist der vergangenheitsgerichtete Anspruch begründet. Die rückwärtige zeitliche Grenze liegt aber dort, wo der Betriebsrat aus den gewünschten Informationen für sein Handeln keine sachgerechten Folgerungen mehr ziehen könnte ( - zu B II 3 b bb (3) der Gründe, BAGE 108, 132).

27(3) Der Senat muss vorliegend nicht abschließend darüber befinden, ob dem Betriebsrat im Rahmen seiner Überwachungsaufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Auskunftsanspruch oder ein Einsichtsrecht in dem in den Haupt- und Hilfsanträgen beschriebenen Umfang zukommt. Die Auskunfts- und Einsichtsverlangen des Betriebsrats beziehen sich nicht mehr auf die Durchführung einer im Betrieb noch geltenden Gesamtbetriebsvereinbarung oder einer Konzernbetriebsvereinbarung. Die KBV PBC wurde zuletzt für die Zielvereinbarungen des Jahres 2014 angewendet (§ 13 Abs. 2 GBV PBC). Die GBV PBC wurde durch die am in Kraft getretene GBV CP nach deren Nr. 10 Absatz 1 abgelöst. Diese ist seither die maßgebende Betriebsvereinbarung, deren Durchführung der Betriebsrat zu überwachen hat. Auf diese sind die Auskunfts- und Einsichtsbegehren des Betriebsrats jedoch nicht gerichtet.

28(4) Die Anträge sind auch nicht deshalb begründet, weil sowohl in der KBV PBC und der GBV PBC einerseits und der GBV CP andererseits Vorgaben für Zielvereinbarungen sowie für die Anpassung von Zielen enthalten sind. Aus den begehrten Informationen können keine Folgerungen für eine gegenwärtige und zukünftige Überwachungsaufgabe bezogen auf die nach der GBV CP vereinbarten oder festgelegten Ziele gezogen werden.

29(a) Nach der GBV PBC - deren Ziele auf die Definition und Vereinbarung individueller Beiträge der Arbeitnehmer, eine aufgabenorientierte Förderung und Entwicklung sowie eine leistungsorientierte Beförderung gerichtet sind (Nr. 1 Abs. 2 GBV PBC) - umfasst der PBC-Prozess die gemeinsame Vereinbarung individueller Arbeitsziele (Nr. 5.1 Unterstrich 3 GBV PBC) des Mitarbeiters (Nr. 3 Unterstrich 1 GBV PBC). Sie gliedern sich in drei Bereiche - Geschäftsziele, Ziele zur Mitarbeiterführung und Entwicklungsaktivitäten -, wobei für erstere maximal zehn Ziele, für das weitere zwei bis maximal vier Ziele sowie für die Entwicklungsaktivitäten bis zu zwei Maßnahmen vereinbart werden können (Nr. 5.2 Abs. 1 GBV PBC). Dabei werden nach Nr. 5.3 Absatz 1 GBV PBC die PBC-Ziele von der Führungskraft aus ihrem Verantwortungsbereich „aus den Zielen der ihnen vorgeschalteten Organisationsebene“ abgeleitet. Die entsprechenden Regelungen der KBV PBC sind weitgehend inhaltsgleich.

30(b) Anders als der Betriebsrat in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorgetragen hat, sind die Regelungen der GBV CP über die zu vereinbarenden Ziele und deren Anpassung nicht „im Wesentlichen identisch“. Dies steht der Annahme entgegen, es seien Schlüsse für die Durchführung der GBV CP möglich.

31Bereits das mit der GBV CP verfolgte Regelungsziel „der mehrdimensionalen Bewertung der individuellen Leistungen“ der Arbeitnehmer und die „Auswahl von Indikatoren, die Hinweise für die Karriereentwicklung“ des Arbeitnehmers geben können (Nr. 1 Unterstrich 3 GBV CP) - ohne ausdrücklich die „leistungsorientierte Beförderung“ wie in Nr. 1 Abs. 2 Unterstrich 3 GBV PBC zu nennen - weicht von denen der GBV PBC und KBV PBC ab. Weiterhin wird die Zahl der „aktiven Ziele“ während des Bewertungszeitraums erheblich eingeschränkt. Die Zielvereinbarung soll durchgehend nur drei bis maximal fünf aktive Ziele enthalten (Nr. 4.1 Abs. 2 GBV CP). Zudem können die Ziele sowohl individuell als auch - anders als nach der GBV PBC - „aus Teamzielen heraus entstehen“ (Nr. 4.2 Abs. 1 Unterstrich 1 Unterabs. 1 GBV CP). Abweichend von den Vorgängerregelungen werden nur noch die Teamziele von der Führungskraft aus den Zielen der vorgeschalteten Organisationseinheit abgeleitet (Nr. 4.2 Abs. 1 Unterstrich 1 Unterabs. 3 GBV CP). Zudem müssen sich die Ziele nicht mehr an den in der GBV PBC und der KBV PBC genannten drei Bereichen orientieren. Maßstab ist vielmehr, dass „ein Bezug zu einer oder mehreren der 5 Dimensionen“ nach Nr. 6.1 Absatz 2 GBV CP - Geschäftserfolg, Erfolg des Kunden, Innovation, Verantwortung gegenüber Anderen, Fertigkeiten - besteht. Einzelziele sind nunmehr so formuliert, dass in der Regel eine Bewertung in mehreren der genannten fünf Dimensionen ermöglicht wird (Nr. 4.2 Abs. 1 Unterstrich 2 GBV CP). Schließlich sind die Bewertungsstufen von bisher fünf (Nr. 7.2 Abs. 1 GBV PBC) auf drei reduziert worden (Nr. 6.1 Abs. 4 GBV CP) und es findet statt der vorherigen umfassenden Leistungsbewertung mit einer Einstufung der Gesamtleistung (Nr. 7.1 Abs. 1, Nr. 7.2 Abs. 1 GBV PBC) keine „kumulierte Gesamtbewertung“ mehr statt (Nr. 6.1 Abs. 3 GBV CP).

32(c) Der Betriebsrat kann für seine Auskunfts- und Einsichtsverlangen nicht anführen, anhand der begehrten Informationen könne er prüfen, ob „die vom Gesamtbetriebsrat gewählten Formulierungen [in der GBV CP] sinnvoll gewählt wurden und ob durch die wenigen geänderten Formulierungen in der GBV Checkpoint Verstöße gegen die Vorgaben zur Zielvereinbarung reduziert wurden“. Dieses Informationsbegehren ist nicht auf eine Überwachung der bestehenden GBV CP gerichtet. Vielmehr handelt es sich um eine in der Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässige Antragsänderung, weil ein anderer, bisher nicht vorgetragener Lebenssachverhalt - die Überprüfung einer sachgerechten Formulierung der Regelungen in der GBV CP - zur Anspruchsbegründung herangezogen wird.

33bb) Die Anträge sind aus den vorgenannten Gründen gleichfalls unbegründet, soweit der Betriebsrat für die von ihm angeführte Überwachungsaufgabe bei Durchführung der GBV PBC und der KBV PBC nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG auf die Einhaltung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes abstellt (dazu  - Rn. 33, 41, BAGE 128, 92) und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz als Aufgabe iSd. § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG für seine Ansprüche heranzieht.

34cc) Die geltend gemachten Ansprüche sind nicht im Hinblick auf die vom Betriebsrat angeführten Aufgaben nach § 80 Abs. 1 Nr. 8 und 9 BetrVG begründet. Es fehlt an der erforderlichen Darlegung, für welche konkreten Förderungs- und Sicherungsmaßnahmen er die Auskünfte benötigt. Ein allgemein gehaltener Hinweis auf die gesetzlichen Aufgaben nach den beiden Bestimmungen unter Wiederholung des Gesetzeswortlauts ist ersichtlich unzureichend (vgl.  - Rn. 16).

35dd) Den Anträgen des Betriebsrats ist weiterhin nicht auf Grundlage des § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG stattzugeben, weil als wahrzunehmende Aufgabe ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG für Regelungen des Gesundheitsschutzes bei Durchführung der GBV PBC in Betracht kommt. Das ist nicht der Fall.

36(1) Der Betriebsrat verweist zwar zutreffend darauf, dass ihm dem Grunde nach ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei betrieblichen Regelungen zum Gesundheitsschutz zukommt, die gesetzliche Rahmenvorschriften konkretisieren (vgl.  - Rn. 18 mwN, BAGE 159, 12).

37(2) Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG entfällt bereits deshalb, weil die GBV PBC im März 2017 durch die GBV CP abgelöst wurde. Regelungen des Gesundheitsschutzes zur Durchführung der GBV PBC und ein damit verbundenes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats scheiden daher aus. Darüber hinaus bleibt nach dem Vorbringen des Betriebsrats offen, hinsichtlich welcher gesetzlichen und zu konkretisierenden Rahmenvorschrift er ein ihm zustehendes Mitbestimmungsrecht ausüben will. Er führt lediglich pauschal die „§§ 3 ff. ArbSchG“ an, mit dem Ziel, nicht näher beschriebenen „psychische Beanspruchungen“ durch die „PBC-Ziele“ entgegenwirken zu wollen. Soweit sich der Betriebsrat auf § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG beziehen sollte, übersieht er zudem, dass dessen Anwendung zumindest das Vorliegen von Gefährdungen verlangt, die entweder feststehen oder im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung festzustellen sind. Erst in einem solchen Fall lösen sie eine konkrete gesetzliche Handlungspflicht des Arbeitgebers aus, deren Umsetzung einer Mitwirkung des Betriebsrats bedarf ( - Rn. 20 ff. mwN, BAGE 159, 12). Weder stehen Gefährdungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberin fest (vgl.  - Rn. 16 f., BAGE 159, 360) noch sind sie aufgrund einer Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG festgestellt worden.

38II. Die gegen die Abweisung der Anträge zu 26. bis 29. gerichtete Anschlussrechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet.

391. Bei dem im Rechtsbeschwerdeverfahren erstmals gestellten Antrag zu 26. nebst den drei Hilfsanträgen zu 27. bis 29. handelt es sich um eine in der Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässige Antragsänderung.

40a) Antragserweiterungen oder -änderungen im Rechtsbeschwerdeverfahren sind grundsätzlich unzulässig (§ 559 ZPO). Das gilt nicht, wenn der geänderte Sachantrag sich auf einen in der Beschwerdeinstanz festgestellten Sachverhalt stützen kann, die anderen Verfahrensbeteiligten gegen die Antragsänderung oder -erweiterung keine Einwendungen erheben, ihre Verfahrensrechte nicht verkürzt werden und die geänderte Antragstellung darauf beruht, dass die Vorinstanzen einen nach § 139 Abs. 1 ZPO gebotenen Hinweis unterlassen haben ( - Rn. 48 mwN, BAGE 156, 135).

41b) Nach diesen Maßstäben sind die Anträge unzulässig. Es handelt sich entgegen der Auffassung des Betriebsrats nicht um eine Beschränkung der bisher gestellten Anträge zu 26. bis 29., sondern um eine Antragsänderung. Der Betriebsrat erweitert sein Begehren um die weitere Information, „eine (etwaige) Priorisierung der Ziele“. Vor allem wird das für die Sachentscheidung erforderliche Prüfprogramm erweitert, weil sich die Auskunfts- und Einsichtsverlangen nunmehr auf die Zielvereinbarungen nach der GBV CP und damit auf einen anderen Lebenssachverhalt beziehen.

422. Die danach in den Tatsacheninstanzen gestellten Anträge zu 26. bis 29., die dem Senat aufgrund der unzulässigen Antragsänderung zur Entscheidung anfallen, sind entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht unbegründet, sondern mangels hinreichender Bestimmtheit iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bereits unzulässig. Es fehlt an der erforderlichen Angabe eines bestimmten Klagegrundes, sodass der Streitgegenstand nicht bestimmt werden kann (vgl.  - zu B II der Gründe).

43a) Nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den dort gestellten Antrag und dem ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Antragsgrund) bestimmt. Der Streitgegenstand erfasst alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, die zur Stützung des Rechtsschutzbegehrens dem Gericht unterbreitet werden ( - Rn. 12 mwN).

44b) Nach dem Vorbringen des Betriebsrats bleibt bereits offen, auf welchen konkreten Lebenssachverhalt er seine Antragsbegehren stützen will. Er möchte vielmehr auf der Basis seiner Annahme, es würden auch nach Beendigung der GBV PBC Zielvereinbarungen geschlossen, unabhängig von den zukünftigen tatsächlichen kollektivrechtlichen oder individualvertraglichen Grundlagen, die den Abschluss von Zielvereinbarungen zum Inhalt haben könnten, die Begründetheit seiner Auskunfts- und Einsichtsverlangen im beantragten Umfang beschieden wissen. Damit fehlt es mangels eines konkreten Lebenssachverhalts an der erforderlichen Bestimmung des Streitgegenstands, über den der Senat entscheiden soll.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2018:240418.B.1ABR6.16.0

Fundstelle(n):
BB 2018 S. 2483 Nr. 42
DB 2018 S. 7 Nr. 40
OAAAG-95623