Beweiswert übereinstimmender Allelen für Feststellung der Täterschaft des Angeklagten
Gesetze: § 261 StPO, § 349 Abs 2 StPO, § 73c S 1 StGB, § 73d Abs 2 StGB
Instanzenzug: LG Arnsberg Az: 2 KLs 24/17
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten V. wegen Wohnungseinbruchdiebstahls und „gemeinschaftlichen“ schweren Raubes in Tateinheit mit „gemeinschaftlicher“ Freiheitsberaubung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und die „Einziehung eines Geldbetrages“ in Höhe von 29.500 Euro angeordnet. Den Angeklagten S. hat es wegen „gemeinschaftlichen“ schweren Raubes in Tateinheit mit „gemeinschaftlicher“ Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und die „Einziehung eines Geldbetrages“ in Höhe von 18.500 Euro angeordnet. Die gegen dieses Urteil gerichteten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2I. Zur Revision des Angeklagten V.
31. Die Verurteilung des Angeklagten V. wegen Wohnungseinbruchdiebstahls im Fall II.1 der Urteilsgründe kann nicht bestehen bleiben, weil die Urteilsgründe nicht belegen, dass die Überzeugung des Landgerichts von der Täterschaft des Angeklagten auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (vgl. , NJW 2014, 2454 mwN).
4a) Die Strafkammer hat den nicht geständigen Angeklagten V. allein deshalb als überführt angesehen, weil eine am Tatort gesicherte Blutspur nach einem Ermittlungshinweis des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen „zu einer Zuordnung mit“ einer DNA in der DNA-Analyse-Datei geführt habe. Diese DNA entstamme einer Speichelprobe des Angeklagten (UA 12).
5b) Diese Darlegungen genügen nicht den Anforderungen, die die Rechtsprechung an die Darstellung einer Überzeugungsbildung von der Täterschaft eines Angeklagten stellt, die sich allein auf die Übereinstimmung zwischen den Allelen des Angeklagten und auf Tatortspuren festgestellten Allelen stützt (vgl. , BGHSt 58, 212, 214 ff. mwN).
6aa) Ob die Übereinstimmung zwischen den Allelen des Angeklagten und auf Tatortspuren festgestellten Allelen eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Annahme einer Täterschaft des Angeklagten bietet, hängt von der Identitätswahrscheinlichkeit ab. Je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass zufällig eine andere Person identische Merkmale aufweist, desto höher kann das Tatgericht den Beweiswert einer Übereinstimmung einordnen und sich - gegebenenfalls allein aufgrund der Übereinstimmung - von der Täterschaft überzeugen (vgl. , BGHSt 58, 212, 214 f.). Der Tatrichter hat daher diese Wahrscheinlichkeit mitzuteilen und die Grundlagen für deren Berechnung so darzulegen, dass dem Revisionsgericht eine Plausibilitätsprüfung möglich ist (zu den Einzelheiten der Darstellung einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung vgl. , NStZ 2018, 303; Beschluss vom - 5 StR 149/17, NStZ 2017, 723, 724; Urteil vom - 4 StR 439/13, NStZ 2014, 477, 478 f.; Urteil vom - 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212, 217).
7bb) Den Urteilsgründen kann zwar noch entnommen werden, dass zwischen Allelen in einer Tatortspur und Allelen in einer Speichelprobe des Angeklagten eine Übereinstimmung bestand. Dies allein stellt für die Annahme einer Täterschaft des Angeklagten aber noch keine ausreichende Tatsachengrundlage dar. Zu der für die Bestimmung des Beweiswerts der festgestellten Übereinstimmung maßgeblichen Identitätswahrscheinlichkeit verhält sich das Urteil nicht.
82. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II.1 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe und der auf § 73c Satz 1 StGB gestützten Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe des für diese Tat nach § 73d Abs. 2 StGB auf 11.000 Euro bestimmten Teilbetrages nach sich. Hinsichtlich der verbleibenden Einziehungsanordnung über einen Betrag von 18.500 Euro war die von der Strafkammer in den Urteilsgründen rechtsfehlerfrei angenommene Gesamtschuldnerschaft mit dem Mitangeklagten S. in die Urteilsformel aufzunehmen (vgl. , Rn. 5; Beschluss vom - 2 StR 12/18, Rn. 2; Köhler, NStZ 2017, 665, 668 f. mwN). Dadurch wird der Angeklagte nicht beschwert (vgl. , Rn. 3; Beschluss vom - 2 StR 189/07, Rn. 2). Schließlich war der Schuldspruch im Fall II.2 der Urteilsgründe dahingehend zu berichtigen, dass der Hinweis auf die Mittäterschaft („gemeinschaftlich“) entfällt (vgl. , Rn. 1; Beschluss vom - 2 StR 410/77, BGHSt 27, 287, 289).
93. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten V. ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Soweit der Angeklagte (Revisionsbegründung von Rechtsanwalt G. vom ) eine Verletzung des § 257c StPO geltend machen will, was seinem Vorbringen schon nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit entnommen werden kann, ist diese Rüge jedenfalls aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift vom angeführten Gründen unzulässig.
10II. Zur Revision des Angeklagten S.
11Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 18.500 Euro war dahingehend zu ergänzen, dass der Angeklagte für diesen Geldbetrag - wie von der Strafkammer in den Urteilsgründen rechtsfehlerfrei angenommen - mit dem Mitangeklagten V. als Gesamtschuldner haftet. Auch der Angeklagte S. wird dadurch nicht beschwert. Der Hinweis auf die Mittäterschaft im Schuldspruch („gemeinschaftlich“) hatte bei ihm zu entfallen (vgl. , Rn. 1; Beschluss vom - 2 StR 410/77, BGHSt 27, 287, 289). Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten S. ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:060618B4STR97.18.0
Fundstelle(n):
SAAAG-94252