Voraussetzungen für die Korrektur bei Billigkeitsmaßnahmen; Darlegung einer Verfahrensrüge bei nur eingeschränkter Prüfungskompetenz; keine Revisionszulassung bei fehlerhafter Rechtsanwendung
Gesetze: AO § 227; FGO §§ 102, 115, 116
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) sind nicht gegeben.
1. Die gerügten Abweichungen des angegriffenen Urteils des Finanzgerichts (FG) von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in seinen Entscheidungen vom II B 35/86 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 1987, 9), vom IX R 55/82 (BFHE 148, 267, BStBl II 1987, 210), vom II R 262/83 (BFHE 150, 67, BStBl II 1987, 594), vom IX R 117/88 (BFHE 166, 214, BStBl II 1992, 286) und vom IX B 177/90, BFH/NV 1992, 467) sowie des (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 1983, 106, rkr.) liegen nicht vor.
Zutreffend ist das FG in Anlehnung an die BFH-Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die Finanzbehörden bestandskräftige Steuerfestsetzungen im Wege einer Billigkeitsmaßnahme (Erlass) nach § 227 der Abgabenordnung (AO 1977) nur korrigieren können, wenn diese offensichtlich und eindeutig fehlerhaft sind und es dem Steuerpflichtigen nicht möglich und nicht zumutbar ist, sich rechtzeitig gegen die Fehlerhaftigkeit zu wenden. Demgegenüber räumen die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mehrfach ein, dass sowohl der für die Anwendung der sog. Großen Übergangsregelung des § 51 Abs. 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) maßgebende Einheitswertbescheid wie auch die darauf basierenden Einkommensteuerfestsetzungen ”materiell-rechtlich richtig” waren, also nicht offensichtlich und eindeutig fehlerhaft sind, so dass es insoweit bereits an einer Voraussetzung für einen (Teil-)Erlass fehlt. Die Kläger ziehen zudem aus der möglichen Erfolglosigkeit von gegen die Feststellungen und Festsetzungen gerichteten Klagen die unzutreffende Schlussfolgerung, dass es auch nicht möglich und zumutbar sei, sich dagegen mit Rechtsmitteln zu wehren. Zu beiden Erlassvoraussetzungen hat das FG ausführlich im Hinblick auf die Ermessensentscheidung der Finanzbehörden Stellung bezogen, ohne dass die Kläger Abweichungen im Rahmen der nur eingeschränkten gerichtlichen Prüfung aufgezeigt hätten. Soweit die Kläger eine Abweichung aus der aus dem Sitzungsprotokoll im abgeschlossenen Parallelverfahren vor einem anderen Senat des FG herleiten wollen, ist diese nicht gegeben; insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt —FA—) unter I. c der Beschwerdeerwiderung verwiesen.
Hinsichtlich der Frage der Grundstücksart zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes (Fertigstellung in einem Zug als Zweifamilienhaus oder in Bauabschnitten von einem Einfamilienhaus zu einem Zweifamilienhaus) lässt sich die von den Klägern bezeichnete Rechtsaussage dem Urteil des FG nicht entnehmen. Vielmehr stellt das FG u.a. darauf ab, dass eine Baugenehmigung vorlag und wann sie dem FA bekannt geworden war. Dem Urteil des FG München in EFG 1983, 106 liegt schließlich insoweit ein anderer Sachverhalt zugrunde, als dort bereits vor Bezugsfertigkeit des Einfamilienhauses (erste Wohnung) der Ausbau des Dachgeschosses zu einer zweiten Wohnung (Zweifamilienhaus) beantragt worden war, während im Streitfall nicht festgestellt wurde, ob der Antrag vor oder nach Bezugsfertigkeit der ersten Wohnung gestellt wurde.
2. Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) eines Verstoßes gegen die Gewährung ausreichenden rechtlichen Gehörs liegt aus den vom FA unter II. der Beschwerdeerwiderung dargelegten Gründen nicht vor. Soweit sich die Kläger auf eine unzureichende Sachaufklärung (§ 76 FGO) und einen Verstoß gegen § 96 Abs. 1 FGO wegen Nichtberücksichtigung des Inhalts der Akten berufen (S. 20, 21 der Beschwerdeschrift), sind neben den nach ständiger Rechtsprechung erforderlichen genauen Angaben und Ausführungen zu bestimmten Punkten (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 79/00, BFH/NV 2001, 456; vom X B 175/01, BFH/NV 2002, 944; vom X B 56/01, BFH/NV 2002, 947) insbesondere Darlegungen erforderlich, inwieweit das FG nach seinem maßgebenden materiell-rechtlichen Standpunkt unter Berücksichtigung seiner nach § 102 FGO nur eingeschränkten Prüfungskompetenz zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre. Daran fehlt es im Streitfall.
3. Die Kläger setzen sich zwar mit dem Urteil des FG ausführlich auseinander und machen unter Hinweis auf (vermeintliche) Widersprüche zur BFH-Rechtsprechung eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG geltend; dabei wird der nach § 102 FGO nur eingeschränkte Prüfungsrahmen des FG nicht hinreichend beachtet. Daher rügen sie letztlich materiell-rechtliche Fehler, also die inhaltliche Richtigkeit des Urteils; damit kann jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1289
BFH/NV 2003 S. 1289 Nr. 10
DAAAA-71397