Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger ist Gesellschafter der K-GmbH (im Folgenden: GmbH). Das Stammkapital der GmbH beträgt 60 000 DM. Davon hielten zunächst der Kläger einen Anteil von 50 000 DM und seine Eltern Anteile in Höhe von je 5 000 DM. Der Kläger übertrug Anteile an der GmbH in Höhe von je 5 000 DM auf seine beiden Kinder und hält seither einen Geschäftsanteil von 40 000 DM.
Die GmbH nahm für das Jahr 1992 eine Gewinnausschüttung von insgesamt 483 832 DM, für 1993 in Höhe von 277 997 DM und für 1994 eine Vorabausschüttung in Höhe von 280 735 DM vor. Die GmbH überwies die Auszahlungsbeträge am und am . Auf die Kinder der Kläger entfielen dabei Gewinnausschüttungen für 1992 in Höhe von jeweils netto 40 341,59 DM (gezahlt in 1993), für 1993 in Höhe von jeweils netto 23 184,95 DM (gezahlt in 1994) und für 1994 in Höhe von jeweils netto 23 413,30 DM (gezahlt in 1994). Zuzüglich der anrechenbaren Körperschaftsteuer ergaben sich für die Kinder der Kläger damit Einnahmen in Höhe von 126 098,72 DM in 1993 und in Höhe von 133 137,86 DM in 1994. Die die Kinder betreffenden Auszahlungsbeträge wurden auf Konten des Klägers überwiesen.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) die Einkommensteuerbescheide der Kläger für 1993 und 1994 und rechnete die auf die den Kindern geschenkten GmbH-Geschäftsanteile entfallenden Gewinnausschüttungen dem Kläger zu.
Der Einspruch der Kläger blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Entscheidung des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 20 abgedruckt.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung der §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Sie sind der Auffassung, dass Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft stets dem Anteilseigner zuzurechnen seien. Anteilseigner seien unstreitig die Kinder der Kläger gewesen.
Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben sowie die Einkommensteuer für 1993 und 1994 ohne die Erfassung der auf die Kinder entfallenden Gewinnausschüttungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist nicht begründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Die Gewinnausschüttungen der GmbH sind, soweit sie hier im Streit stehen, dem Kläger zuzurechnen.
Gewinnausschüttungen sind grundsätzlich dem zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentümer der Beteiligung zuzurechnen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 a EStG in der ab 1994 anzuwendenden Fassung des Standortsicherungsgesetzes vom , BGBl I 1993, 1569; , BFH/NV 1999, 1325, m.w.N.). Gesellschafter der GmbH und wirtschaftliche Eigentümer der Beteiligungen von jeweils 8,34 v.H. waren nach den Feststellungen des FG die Kinder der Kläger. Es kann dahinstehen, ob diese —den Senat nicht bindende— Feststellung zutrifft. Sie führt jedenfalls nicht dazu, dass die streitigen Gewinnausschüttungen der GmbH den Kindern der Kläger zuzurechnen waren. Die zwischen diesen und ihren Kindern getroffenen Vereinbarungen über die Übertragung der GmbH-Anteile können der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden.
a) Selbst wenn die Übertragung der GmbH-Anteile mit der Folge wirksam gewesen sein sollte, dass den Kindern die Stimmrechte und das Gewinnbezugsrecht zustanden (zu diesen Voraussetzungen des wirtschaftlichen Eigentums an einem GmbH-Anteil vgl. Senatsurteil vom VIII R 5/00, BFH/NV 2002, 640, 642), zeigt die tatsächliche Handhabung der Vereinbarung durch den Vater und seine Kinder, dass nicht ernstlich beabsichtigt war, die Dividenden den Kindern zukommen zu lassen. Das Verhalten der Vertragsparteien spricht vielmehr dafür, dass der Vater sich gegenüber den Kindern zumindest ein Nutzungsrecht in Bezug auf die Dividenden vorbehalten hat.
aa) Verträge können der Besteuerung nur dann zugrunde gelegt werden, wenn sie ernstlich gemeint sind und entsprechend der Vereinbarung auch tatsächlich durchgeführt werden (ständige Rechtsprechung, bestätigt durch Bundesverfassungsgericht —BVerfG—, Beschluss vom 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34, 36). Unter diesem Gesichtspunkt könnten sich bereits Bedenken gegen die Anerkennung der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf die Kinder ergeben. Die auf die GmbH-Anteile entfallenden Dividenden sind auf das Konto des Vaters geflossen und in dessen Verfügungsbereich geblieben. Mit einer solchen Beschränkung seiner Rechtsstellung hätte sich ein fremder Erwerber nicht einverstanden erklärt.
bb) Die Bedenken können hier jedoch zurückgestellt werden. Denn der tatsächliche Geschehensablauf rechtfertigt im Streitfall den Schluss, dass hinsichtlich der Nutzungen aus den GmbH-Anteilen, auf die es bei der Einkommensbesteuerung allein ankommt, mit der Folge ”alles beim Alten” geblieben ist, dass die Dividenden wie bisher auch weiterhin in das Vermögen des Vaters fallen sollten.
aaa) Die Dividenden sind auf ein Konto des Vaters überwiesen worden und dort verblieben. Weder wurden sie auf Konten der Kinder weiterüberwiesen, noch ist eine konkrete Verwendung der Mittel für die einzelnen Kinder nachgewiesen worden (vgl. dazu u.a. Senatsurteil in BFH/NV 1999, 1325, 1326).
bbb) Es ist auch davon auszugehen, dass der Vater die Verfügungsmacht über die Geldmittel im eigenen Interesse und nicht im Rahmen der Vermögenssorge gemäß §§ 1626 Abs. 1, 1638 f. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ausgeübt hat.
Die Eltern durften zwar gemäß § 1649 BGB die Einkünfte der Kinder, soweit sie nicht für die Verwaltung des Vermögens benötigt wurden, für deren Unterhalt und dafür nicht benötigte Mittel sogar für den Familienunterhalt verwenden; eine ordnungsmäßige Vermögenssorge setzt aber eine strikte Trennung der Vermögensbereiche der Eltern und der Kinder voraus (vgl. u.a. BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1325). Dies ergibt sich —abgesehen von dem steuerrechtlichen Gebot einer klaren und eindeutigen Durchführung von Verträgen unter Angehörigen— schon daraus, dass nicht nur das Kindesvermögen selbst, sondern auch die Einkünfte daraus Eigentum der Kinder bleiben und daher z.B. vor dem Zugriff der Gläubiger der Eltern geschützt werden müssen (vgl. etwa Soergel/Strätz, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl., § 1649 Rz. 13). Auch machen Eltern sich schadensersatzpflichtig, wenn sie Kindesvermögen für eigene Zwecke verwenden (Erman/ Michalski, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl., § 1626 Rz. 17). Die Kläger mussten zudem gewärtigen, dass die Kinder zum Zeitpunkt der Beendigung der Vermögenssorge über die Verwaltung des Vermögens gemäß § 1698 Abs. 1 BGB Rechenschaft verlangen. Dazu wären die Eltern nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt nicht in der Lage gewesen; sie haben keine Aufstellung der mit der Verwaltung des Vermögens verbundenen Einnahmen und Ausgaben und kein Vermögensverzeichnis vorgelegt (§§ 259, 260 BGB). Es ist deshalb davon auszugehen, dass sie auch keine entsprechenden Aufzeichnungen geführt haben.
b) Damit war das Urteil des FG zu bestätigen. Es hat den Sachverhalt wegen der fehlenden klaren und eindeutigen Abgrenzung der Vermögenssphären des Vaters und der Kinder im Ergebnis zutreffend dahin gehend gewürdigt, dass hinsichtlich des Bezugs der Dividenden durch die Übertragung der GmbH-Anteile auf die Kinder keine Änderungen eintreten, sondern dass die Dividenden auch weiterhin dem Vater zustehen sollten.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 307
BFH/NV 2003 S. 307 Nr. 3
DStRE 2003 S. 337 Nr. 6
ZAAAA-71316