Klageerhebung vor Ergehen der Verwaltungsentsch. nicht zulässig
Gründe
Zwischen den Beteiligten besteht seit 1987 Streit über die Abrechnung der Einkommensteuerschulden des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger). Deswegen ergangene Abrechnungsbescheide waren Gegenstand gerichtlicher Verfahren. Im Juni 2001 hat der Kläger bei dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) erneut einen Abrechnungsbescheid beantragt, wobei er geltend machte, der zuletzt vor Gericht angefochtene Abrechnungsbescheid habe nur die Einkommensteuer 1983 betroffen und sei zudem falsch. Ferner beantragte der Kläger den Erlass eines Zinsbescheides über Prozesszinsen, die ihm aufgrund seines in dem Abrechnungsbescheid festzustellenden Guthabens (rd. 1 500 DM) zustünden.
Das FA hat den Erlass des Abrechnungsbescheides abgelehnt. Das Finanzgericht (FG) hat die dagegen bereits vor Ergehen dieses Bescheides erhobene Klage als unzulässig abgewiesen, weil ihr § 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entgegenstehe. Die Klage sei durch Ablehnung des Erlasses eines Abrechnungsbescheides während des Klageverfahrens nicht in die Zulässigkeit hineingewachsen, was nur bei Klageerhebung während des Einspruchsverfahrens in Betracht komme.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen.
1. Soweit die Beschwerde geltend macht, es sei eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) erforderlich und das Urteil des FG zudem offensichtlich unrichtig, ist mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerde ein Zulassungsgrund schon nicht in einer § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt und liegt ein solcher Zulassungsgrund erst recht nicht vor. Es bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, dass eine Klage unzulässig ist, die vor Entscheidung der Finanzbehörde über einen bei ihr gestellten Antrag und vor Ergehen einer anfechtbaren Verwaltungsentscheidung sowie —soweit gegeben— Einlegung des Einspruchs (§ 347 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung —AO 1977—) bzw. —bei Untätigkeit der Behörde trotz eines bei ihr gestellten Antrages— vor Einlegung des für diesen Fall in § 347 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 vorgesehenen Rechtsbehelfs (dazu , BFHE 134, 245, BStBl II 1982, 150) erhoben wird, und dass eine solche Klage nicht dadurch zulässig wird, dass nach Klageerhebung der Antrag abgelehnt wird bzw. die angefochtene Verwaltungsentscheidung nachträglich ergeht (vgl. Bundesverwaltungsgericht —BVerwG—, Urteil vom 5 C 11.94, BVerwGE 99, 158; allgemeine Meinung, vgl. z.B. Eyermann/Rennert, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rdnr. 5). Aus der Beschwerdebegründung ergeben sich keine nachvollziehbaren Erwägungen, weshalb diese schon nach dem Wortlaut der §§ 44 und 46 FGO eindeutige Rechtslage der Überprüfung in einem Revisionsverfahren oder das Recht einer Fortbildung bedürfte. Der Hinweis der Beschwerde auf Entscheidungen des BFH, nach denen die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine finanzgerichtliche Klage erst im Zeitpunkt der Entscheidung des FG vorliegen müssten, liegt neben der Sache, weil diese Entscheidungen nicht zu § 44 Abs. 1 FGO ergangen sind, sondern die Frage betreffen, ob eine vor Ablauf der in § 46 Abs. 1 Satz 2 FGO bezeichneten Frist erhobene Klage zulässig wird, wenn diese Frist während des finanzgerichtlichen Verfahrens abläuft. Darum geht es im Streitfall nicht. Der BFH hat im Übrigen gerade in der von der Beschwerde angeführten Entscheidung vom III R 213/82 (BFHE 143, 509, BStBl II 1985, 521) darauf hingewiesen, dass —anders als es die Beschwerde tut— zwischen Sachurteilsvoraussetzungen, die unter Umständen auch erst während des finanzgerichtlichen Verfahrens eintreten können und dann eine zunächst unzulässig gewesene Klage zulässig werden lassen, und Zugangsvoraussetzungen unterschieden werden muss, deren Fehlen bei Erhebung der Klage nicht dadurch geheilt wird, dass sie nachträglich eintreten. Um eine solche Zugangsvoraussetzung handelt es sich jedoch bei dem Erfordernis der vorherigen Einleitung eines Vorverfahrens nach § 44 FGO.
2. Dass die Rechtssache entgegen der Behauptung der Beschwerde keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), versteht sich nach diesen Darlegungen von selbst.
3. Ohne Erfolg bleibt die Beschwerde auch mit der Behauptung, das FG habe nach § 90 Abs. 2 FGO nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, weil ein Verzicht beider Beteiligter auf mündliche Verhandlung nicht vorgelegen habe. Denn der damit sinngemäß geltend gemachte Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegt nicht vor. Die Beschwerde verschweigt, dass sowohl der Kläger wie auch das FA dem FG ausdrücklich den Verzicht auf mündliche Verhandlung erklärt haben.
4. Erst recht nicht kann nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zur Zulassung der Revision führen, dass das FG sich angeblich nicht ”mit dem materiellen Vorbringen des Klägers auseinander gesetzt und deshalb das rechtliche Gehör verletzt hat”. Diese Rüge ist nicht nur nicht ausreichend substantiiert, sondern vor allem offensichtlich unberechtigt, weil sich das FG in seinem Urteil in der gebotenen Kürze und Klarheit mit der unzutreffenden Auffassung des Klägers auseinander gesetzt hat, er könne wegen des vom FA begehrten Abrechnungsbescheides Klage erheben, bevor das FA über seinen Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides entschieden hat.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 651
BFH/NV 2003 S. 651 Nr. 5
QAAAA-71024