Aufwendungen für die Schulung zum Verkehrsflugzeugführer als WK
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
Der 1964 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) war nach dem Hauptschulabschluss und einer Berufsausbildung zum Werkzeugschlosser bis September 1987 als Maschinenschlosser tätig. Er besuchte die Berufsaufbauschule und anschließend bis Juli 1991 die Fachhochschule für Maschinenbau und Fahrzeugtechnik. Während der Studienzeit erwarb er die Privatpilotenlizenz (PPL) und das allgemein gültige Flugfunksprechzeugnis in englischer Sprache (AZF). Im April 1991 schloss der Kläger einen Schulungsvertrag ab zum Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins (Airline Transport Pilot Licence/ATPL) mit Crew Coordination Concept (CCC) und Long Range-Ausbildung (Langstreckenflugberechtigung/LR). Die Schulung, die am begann und ca. 12,5 Monate dauern sollte, wurde an einer Verkehrsfliegerschule durchgeführt. Die Kosten der Schulung einschließlich Lebenshaltungskosten wurden auf 124 950 DM festgesetzt. Zur Finanzierung der Kosten nahm der Kläger Bankdarlehen auf. Vor Beendigung der ATPL-Schulung schloss der Kläger mit der Fluggesellschaft A jeweils im Juni 1992 einen Schulungsvertrag ”für den Erwerb der Erlaubnis für Linienflugzeugführer im Sinne des § 14 (7) LuftPersV (CCC)” und einen Arbeitsvertrag ab. Ab dem war der Kläger bei dieser Gesellschaft als Co-Pilot tätig. Seit 1996 ist er bei der Fluggesellschaft B als Co-Pilot angestellt.
In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1993 und 1994 machte der Kläger bei einem Bruttoarbeitslohn von ca. 67 000 DM (1993) bzw. 79 000 DM (1994) Darlehenszinsen für 1993 in Höhe von 11 329 DM und für 1994 in Höhe von 10 848 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) ließ die Zinsaufwendungen nicht zum Abzug zu. Auf die Einsprüche des Klägers hin berücksichtigte das FA lediglich als Sonderausgaben abziehbare Berufsausbildungskosten i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von jeweils 900 DM.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte nur insoweit Erfolg, als Berufsausbildungskosten wegen der auswärtigen Unterbringung des Klägers während der Schulung jeweils mit dem höheren Pauschbetrag von 1 200 DM angesetzt wurden. Im Übrigen wies das Finanzgericht (FG) die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1361 veröffentlichten Gründen ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Zinszahlungen stellten keine als Werbungskosten abziehbaren Fortbildungskosten dar. Die Aufwendungen für den Erwerb der ATPL dienten nämlich dazu, dem Kläger den Wechsel vom Beruf des Maschinenschlossers zu der völlig anders gearteten Berufstätigkeit des Verkehrsflugzeugführers zu ermöglichen. Auch durch den vorausgegangenen Erwerb der PPL habe der Kläger noch keine Berufsausbildung zum Berufspiloten abgeschlossen. Die Schulung zum Verkehrsflugzeugführer sei nicht teilbar. Die Schulungsmaßnahmen könnten nicht zunächst dem Bereich der Berufsausbildung und im späteren Verlauf der Fortbildung zugerechnet werden.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, die 1991 und 1992 getätigten Aufwendungen für die Flugbefähigungsmaßnahmen ATPL und LR einschließlich der Unterbringungs- und Lebenshaltungskosten und damit auch die in den Streitjahren angefallenen Darlehenszinsen seien als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Verkehrsflugzeugführer anzusehen. Unbestritten sei die PPL keine berufliche Stufe, die es einem Piloten ermögliche, bei Fluggesellschaften angestellt zu werden. Dies sei aber ab der Stufe des Berufsflugzeugführerscheins der 2. Klasse (Commercial Pilot Licence/CPL) möglich. Ab dieser Stufe seien alle weiteren Prüfungen zum Erwerb der ATPL und der LR Fortbildungen zur Befähigung der CPL. Einnahmen zur Sicherung des Lebensunterhalts könnten nunmehr erzielt werden.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1993 und 1994 die Einkommensteuer 1993 auf 6 403 DM und die Einkommensteuer 1994 auf 9 270 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Revision jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen.
Es ist der Ansicht, die Revision sei unzulässig, weil der Kläger keine Rechtsverletzung, sondern lediglich eine falsche Sachverhaltswürdigung durch das FG beanstande.
Die Revision ist zulässig. Entgegen der Ansicht des FA hat der Kläger die Umstände hinreichend bestimmt bezeichnet, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das Urteil ergibt (vgl. § 120 Abs. 3 Nr. 2 a der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Er hat in der Revisionsbegründungsschrift die ”Auslegung des § 9 Abs. 1 EStG” durch das FG gerügt und anschließend diese Rüge ausführlich begründet.
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
Aufwendungen für eine Umschulungsmaßnahme sind als Werbungskosten zu berücksichtigen, sofern sie beruflich veranlasst sind. Dies gilt auch dann, wenn diese Bildungsmaßnahme eine neue Basis für andere Berufsfelder schafft oder einen Berufswechsel vorbereitet (Änderung der Rechtsprechung; , BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403). Zu den Werbungskosten gehören auch Zinszahlungen für Darlehen, soweit mit ihnen als Werbungskosten anzuerkennende Bildungsaufwendungen finanziert werden.
Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall —unter Berücksichtigung der tatsächlichen Feststellungen des FG— zumindest ein Teil der Zinszahlungen beruflich veranlasst. Die Aufwendungen des Klägers für den Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins mit Crew Coordination Concept und der Langstreckenflugberechtigung stellen dem Grunde nach (vorab entstandene) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit dar. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das Urteil des erkennenden Senats vom VI R 28/01 verwiesen.
Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen; sein Urteil war deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif, da das FG —aus seiner Sicht zu Recht— keine Feststellungen zu den geltend gemachten Zinszahlungen getroffen hat. Insbesondere werden Feststellungen dazu erforderlich sein, in welcher Höhe der Kläger die Darlehensmittel tatsächlich zur Begleichung von als Werbungskosten anzuerkennenden Bildungsaufwendungen verwendet hat. Hierbei werden die Grundsätze des Urteils vom VI R 86/99 (BFH/NV 2003, 997) zu beachten sein.
Fundstelle(n):
KAAAA-70832