Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hatte vom bis ein Gewerbe für Import und Export von Waren aller Art und vom April 1996 bis zur Gewerbeuntersagung im Februar 1998 den Handel mit Küchen, Fenstern, Türen und Kleinmöbeln als Gewerbe angemeldet.
Anlässlich einer Prüfung bei Kfz-Händlern wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung durch Vorsteuererschleichung (Mehrfachexporte von Kfz) ergab sich, dass die Klägerin —gegen die inzwischen ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden war— in der Zeit vom August 1995 bis zum Oktober 1996 insgesamt 281 Rechnungen über den Verkauf von Kfz der Marke Daimler-Benz, vornehmlich Luxusfahrzeuge der S-Klasse, ausgestellt hat. Die Klägerin gab hierzu an, sie habe diese Fahrzeuge sämtlich von der Firma S-Im- und Export GmbH (GmbH) erworben; zu einem großen Teil waren auch Einkaufsrechnungen vorhanden. Die GmbH hatte an dem in den Rechnungen angegebenen Geschäftssitz in J lediglich bei der Z-Dienstleistungen-GmbH einen Telefonanschluss gemietet und ließ sich die Post an eine Kanzlei nach K nachsenden. Ein Firmenschild war bei einer Ortsbesichtigung der Steuerfahndung nicht vorhanden. Der Geschäftsführer der GmbH, Herr A, war nicht anzutreffen und im Übrigen den Mitarbeitern des Dienstleistungsunternehmens nicht bekannt. Anlässlich einer weiteren —aufgrund der Hinweise der Klägerin in B durchgeführten— Ortsbesichtigung ergab sich, dass es dort zwar eine Straße mit dem gleichen Straßennamen, aber keine Hausnummer 15 gab.
Eine Umsatzsteuererklärung reichte die Klägerin erst im Verlauf des Steuerstrafverfahrens und auch nur für 1995 ein.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) vertrat deshalb in den Umsatzsteuerbescheiden für 1995 und 1996 vom die Auffassung, es handele sich um Scheingeschäfte; die GmbH habe unter der angegebenen Adresse keinen Geschäftssitz gehabt. Im Übrigen gebe es keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür, dass tatsächlich Lieferungen durchgeführt worden seien. Mangels steuerpflichtiger Umsätze der Klägerin stehe ihr auch kein Vorsteueranspruch zu; sie schulde jedoch die Umsatzsteuer gemäß § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG).
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage als unbegründet zurück. Es ließ offen, ob die Klägerin überhaupt die in den Rechnungen angeführten Lieferungen getätigt hat; wenn dies nicht der Fall gewesen sei, schulde sie jedenfalls die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG. Offen bleiben könne auch, ob den Rechnungen der GmbH Fahrzeuglieferungen an die Klägerin zugrunde lägen; die vorgelegten Rechnungen berechtigten schon deshalb nicht zum Vorsteuerabzug, weil der in der Rechnung angegebene Sitz der GmbH bei Ausführung der Leistung und bei Rechnungsstellung nicht, wie erforderlich (z.B. Bundesfinanzhof —BFH—, Beschluss vom V B 187/99, BFH/NV 2000, 1252, m.w.N.), tatsächlich bestanden habe.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Das FA tritt dem Antrag entgegen.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (Nr. 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
2. Die Klägerin hat weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen noch ist nach ihren Darlegungen ein weiterer Klärungsbedarf erkennbar.
a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der Vorsteuerabzug nicht schlechthin ausgeschlossen, wenn der Unternehmer keine eigenen Geschäftsräume mit eigenem Personal unterhält. Nach den Umständen des Einzelfalls kann auch ein ”Briefkasten-Sitz” mit postalischer Erreichbarkeit der Gesellschaft ausreichen; es bedarf deshalb besonderer, detaillierter Feststellungen, um die Annahme eines ”Scheinsitzes” zu rechtfertigen (vergl. Senatsurteil vom V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620). Die Senatsbeschlüsse vom V B 5/99 (BFH/NV 1999, 1495) und vom V B 171/98 (BFH/NV 1999, 1652) betreffen, wie die Klägerin selbst einräumt, andere Sachverhalte.
Mit der nur allgemein gehaltenen Behauptung, es bestehe ein ”thematischer Zusammenhang” mit dem —im Übrigen inzwischen nach Rücknahme der Revision eingestellten— Revisionsverfahren V R 16/01, hat die Klägerin dem Begründungserfordernis des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht genügt.
b) Letztlich geht es der Klägerin im Ergebnis nicht um die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage, sondern um die Frage, ob das FG ausgehend von der Rechtsprechung des BFH den konkreten Sachverhalt zutreffend gewürdigt hat; das allein rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Das FG hat im Streitfall im Wege einer Gesamtwürdigung seine Überzeugung gebildet, dass es sich bei der in der Rechnung angegebenen Adresse nicht um den Geschäftssitz des Rechnungsausstellers gehandelt hat. Diese Gesamtwürdigung, gegen deren Zustandekommen keine Verfahrensrügen erhoben worden sind, wäre für den BFH im Rahmen des § 118 Abs. 2 FGO (vgl. z.B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 118 FGO Tz. 54 ff., 64 ff., m.w.N.) auch in einem Revisionsverfahren zu beachten.
3. Einer weiteren Begründung bedarf die Beschwerde nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO nicht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 670
BFH/NV 2003 S. 670 Nr. 5
GAAAA-70693