BFH Beschluss v. - V B 157/02

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage im Zusammenhang mit einer Prüfungsanordnung; Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nrn, 1, 3

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wandte sich mit ihrer Klage gegen die Anordnung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und wegen eines Verfahrensmangels.

II. Die Beschwerde ist unzulässig und war daher zu verwerfen. Die Klägerin hat keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wie erforderlich dargelegt.

1. Soweit die Klägerin den Verfahrensmangel der Verletzung ihres rechtlichen Gehörs rügt, entspricht die Beschwerdeschrift nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Zwar verbietet der Anspruch der Beteiligten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des GrundgesetzesGG—, § 96 Abs. 2 FGO) dem Gericht den Erlass von ”Überraschungsentscheidungen”. Eine solche liegt vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste (, BVerfGE 84, 188; Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom IV B 152/97, BFH/NV 1998, 1511; vom I B 127/98, BFH/NV 1999, 1609).

Eine schlüssige Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn sie wie vorliegend auf einzelne Feststellungen oder rechtliche Gesichtspunkte des vorinstanzlichen Urteils bezogen wird (vgl. dazu , BFHE 196, 39, BStBl II 2001, 802), erfordert, dass der Beschwerdeführer im Einzelnen darlegt, wozu er sich nicht hat äußern können und was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte (BFH-Beschlüsse vom VII B 21/99, BFH/NV 2000, 1335; vom III B 57/99, BFH/NV 2000, 861); darüber hinaus muss angegeben werden, dass bei Berücksichtigung des Sachvortrags eine andere Entscheidung des Finanzgerichts (FG) möglich gewesen wäre (BFH-Beschlüsse vom V B 86/86, BFHE 149, 437, BStBl II 1987, 502; vom VIII B 79/00, BFH/NV 2001, 1553; vgl. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 119 Anm. 14).

Diesen Erfordernissen entspricht das Vorbringen der Klägerin nicht, wenn sie lediglich rügt, das Gericht hätte ihren —nicht näher bezeichneten— Beweisanträgen nachgehen und sie darauf hinweisen müssen, wenn es einen Beweisantrag für unsubstantiiert halte, und deshalb sei es ihr nicht möglich gewesen, ggf. fehlende Angaben zu ergänzen oder aus ihrer Sicht darzustellen (vgl. z.B. , BFH/NV 1993, 258). Es fehlen Darlegungen dazu, was die Klägerin bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und dass bei Berücksichtigung dieses Vorbringens eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre.

2. Auch wenn man davon ausgeht, die Klägerin habe sich mit ihrer Rüge, das FG hätte ”den Beweisanträgen” nachgehen müssen, sinngemäß gegen die ihrer Meinung nach mangelhafte Sachaufklärung des FG gewandt, ist ein Verfahrensmangel nicht schlüssig dargetan. Hierzu bedarf es der Darlegung der ermittlungsbedürftigen Tatsachen, der angebotenen Beweismittel und der dazu gehörigen Beweisthemen unter Angabe der genauen Fundstellen und Aktenteile, in denen die Beweisthemen und die Beweismittel dem Gericht zur Kenntnis gebracht worden sind. Anderenfalls bedürfte es der Darlegung, aus welchen Gründen sich für das FG auch ohne entsprechenden Beweisantrag der Klägerin Anlass zur weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen und inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom VII B 342/98, BFH/NV 2000, 194, 195, und vom VIII B 96/99, BFH/NV 2000, 473).

3. Auch die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache muss in der Beschwerdeschrift schlüssig dargelegt werden. Eine solche schlüssige Darlegung erfordert ein konkretes und substantiiertes Eingehen des Beschwerdeführers darauf, inwieweit die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig, d.h. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479; vom VII B 113/00, BFH/NV 2001, 194; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Anm. 32, m.w.N.). Auch diesen Anforderungen werden die Ausführungen der Klägerin in der Beschwerdeschrift nicht gerecht. Bei dem allgemein gehaltenen nicht weiter substantiierten Hinweis, die ”Entscheidung des Rechtsstreits hängt davon ab, ob und unter welchen Voraussetzungen man Zweifel an der ordnungsgemäßen Anordnung einer Prüfungsanordnung ausräumen kann, daß die gesetzwidrige Disqualifizierung des zu Prüfenden nicht Grundlage und Anlaß der Prüfungsanordnung sei”, fehlt es schon an einer hinreichend konkretisierten Rechtsfrage. Im Übrigen hätte es angesichts der vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den unterschiedlichen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Überprüfung von Prüfungsanordnungen, auf die das FG seine Entscheidung gestützt hat, der Darlegung bedurft, weshalb nach Auffassung der Klägerin weiterer Klärungsbedarf besteht.

4. Im Übrigen ergeht der Beschluss nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne weitere Begründung.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 929
BFH/NV 2003 S. 929 Nr. 7
NAAAA-70549