BFH Beschluss v. - III B 98/02

Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begr. einer NZB; kein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH im NZB-Verfahren; Unzulässigkeit einer bedingt erhobenen Wiederaufnahmeklage

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 3, § 62a

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Nichtzulassungsbeschwerde bereits deshalb nicht ordnungsgemäß begründet worden ist, weil die Beschwerdebegründung vom keine zur Vertretung vor dem Bundesfinanzhof (BFH) berechtigte Person verfasst hat. Der Schriftsatz enthält zwar auf dem Deckblatt als Prozessvertreter Namen und Anschrift von zwei postulationsfähigen Rechtsanwälten (vgl. § 62a Abs. 1 Satz 1 und 2 FGO) und ist von einem der Prozessvertreter unterschrieben. Nach Stil und Inhalt des Schriftsatzes bestehen aber Zweifel, ob sich die Prozessvertreter mit dem Streitstoff eigenverantwortlich auseinander gesetzt und nicht lediglich vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) persönlich verfasste Schriftsätze unterzeichnet und weitergeleitet haben (vgl. dazu Beschlüsse des , BFH/NV 1999, 960, und vom X B 163/01, BFH/NV 2002, 1441, jeweils m.w.N.). Diese Zweifel werden verstärkt durch die Bemerkung im Erwiderungsschriftsatz vom , die Prozessvertreter machten lediglich für den Beschwerdeführer nach dessen Ausarbeitung und Diktion weitere Ausführungen.

2. Jedenfalls sind die nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO behaupteten Zulassungsgründe nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO, wie sie in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung konkretisiert worden sind, dargelegt worden. Dies hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) zutreffend unter Hinweis auf die ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung im Schriftsatz vom im Einzelnen ausgeführt.

a) Der Kläger wendet sich im Wesentlichen gegen angebliche Mängel in prozessrechtlich längst abgeschlossenen Verfahren, insbesondere in den Klageverfahren ..., die allesamt nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind.

Im Übrigen erfasst der Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nur Verfahrensmängel im finanzgerichtlichen Verfahren, nicht jedoch Verfahrensverstöße der Finanzbehörde (vgl. , BFH/NV 2001, 1591). Die Bezeichnung eines Verfahrensmangels erfordert, die Tatsachen schlüssig vorzutragen, die den gerügten Verfahrensverstoß ergeben sollen. Dazu müssen die entsprechenden Prozessvorgänge genau umschrieben werden. Schlüssig ist das Vorbringen, wenn die vorgetragenen Tatsachen —ihre Richtigkeit unterstellt— ausgehend von der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts, den behaupteten Verfahrensmangel belegen. Ferner ist grundsätzlich darzutun, weshalb das angefochtene Urteil i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann.

Diesen Anforderungen genügen die in erster Linie erhobenen Rügen wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör sowie wegen Verstößen gegen die Sachaufklärungs- bzw. gegen die Amtsermittlungspflicht des Gerichts offensichtlich nicht.

b) Eine die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO rechtfertigende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist ebenfalls nicht ausreichend dargelegt. Insbesondere begründet eine angeblich fehlende Entscheidung des BFH zu einzelnen Rechtsfragen noch nicht deren grundsätzliche Bedeutung (, BFH/NV 2002, 1609). Überdies muss es sich um vom Einzelfall losgelöste, nicht nur für den Streitfall bedeutsame, bestimmte klärungsbedürftige und in einem künftigen Revisionsverfahren zudem auch klärbare Rechtsfragen handeln (vgl. BFH-Beschlüsse vom I B 155/01, BFH/NV 2003, 330, und vom IX B 135/02, BFH/NV 2003, 342). Einwendungen gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen gerichtlichen Entscheidung können in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht zum Erfolg führen. Nur ausnahmsweise ist die Revision in Fällen eines schwerwiegenden Fehlers nach § 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative FGO zuzulassen (vgl. , BFH/NV 2002, 1474). Derartige Fehler können jedoch nur bei offensichtlicher Gesetzwidrigkeit oder schwerwiegenden Verstößen gegen Verfahrensgrundrechte in Betracht kommen.

3. Nach Ablauf der —verlängerten— Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO) sind weitere Schriftsätze allenfalls noch als Ergänzung oder Erläuterung zu den innerhalb der Frist ordnungsgemäß dargelegten Zulassungsgründen zu berücksichtigen (vgl. , BFH/NV 2002, 346).

Die erst nach Ablauf der Begründungsfrist gestellten Anträge sind —unbeschadet ihrer auch aus weiteren Gründen bestehenden Unzulässigkeit— bereits deshalb prozessual unbeachtlich.

Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist im Übrigen nur über den Zugang zum BFH zu entscheiden, so dass eine Aussetzung der Vollziehung und ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften oder auch die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht in Betracht kommt (, nicht veröffentlicht —n.v.—; die Verfassungsbeschwerde dagegen hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen: Beschluss vom   1 BvR 1320/02, Deutsche Steuer-Zeitung 2003, 205).

Nicht ersichtlich ist, wegen welcher konkret versäumter Fristen der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt.

Schließlich kann ein Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 134 FGO nicht vom Erfolg der eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde abhängig gemacht werden. Eine bedingt erhobene Wiederaufnahmeklage ist unzulässig, weil im Prozessrecht Klarheit über das Schweben oder Nichtschweben eines Rechtsstreits bestehen muss (, BFH/NV 2001, 1137, m.w.N.; Offerhaus in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 134 FGO Rz. 26).

4. Von der Darstellung des Tatbestandes sowie von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1214
BFH/NV 2003 S. 1214 Nr. 9
NAAAA-70322