Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei unterlassener Stellung eines Antrags auf InvZ wegen Fehlbeurteilung durch FA
Gesetze: AO §§ 110, 96; InvZulG § 6
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hält für grundsätzlich bedeutsam i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Rechtsfrage, ob eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 der Abgabenordnung (AO 1977) trotz Versäumnis der Monats- und Jahresfrist dann möglich sei, wenn ein Investitionszulagenantrag nur deshalb nicht gestellt worden sei, weil der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) trotz mehrmaliger Prüfung einen Betrieb der Wasserversorgung einer Gemeinde jahrelang nicht als Betrieb gewerblicher Art beurteilt und nach Aufdeckung des Irrtums das Vertrauen begründet habe, er werde trotz Ablauf der Fristen Wiedereinsetzung gewähren.
Sie trägt vor, im Januar 1997 habe Einigkeit darüber bestanden, dass sie —entgegen der bisherigen Einschätzung durch das FA— mit ihrem Betrieb der Wasserversorgung einen Betrieb gewerblicher Art unterhalte. Da sie wegen der fehlerhaften Behandlung durch das FA über keine ausreichende Buchhaltung verfügt habe, sei man übereingekommen, dass sie zunächst die Buchhaltung aufarbeiten, die Umsatzsteuererklärungen nachreichen und erst danach die Investitionszulagenanträge abgeben solle.
Die von der Klägerin aufgeworfene Frage könnte in einem nachfolgenden Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil sich weder dem Vortrag der Klägerin noch den Akten eine ausdrückliche oder konkludente Zusage des FA entnehmen lässt, es werde auch bei einer Abgabe der Investitionszulagenanträge erst im September 1997, Wiedereinsetzung gewähren.
Da das FA trotz mehrfacher Prüfung und auch noch nach der Anfrage der Klägerin im November 1996 keinen Betrieb gewerblicher Art angenommen hatte und die Klägerin deshalb über keine Buchführung verfügte, ist zwar denkbar, dass die Beteiligten in den Gesprächen im Januar 1997 davon ausgingen, die Investitionszulagenanträge könnten erst dann gestellt werden, wenn die Buchführung für Zwecke der Umsatzsteuer aufgearbeitet sei. Aus der Sicht eines verständigen Dritten ließ dies jedoch nicht den Schluss zu, dass die Klägerin auch nach Wegfall dieses Hindernisses, sich mehrere Monate Zeit lassen könne, die Investitionszulagenanträge zu stellen.
Die Umsatzsteuererklärungen wurden im Mai 1997 abgegeben. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war das Hindernis für den Wiedereinsetzungsantrag hinsichtlich der Investitionszulage weggefallen und die Monatsfrist begann zu laufen. Die Investitionszulagenanträge wurden aber erst im September 1997 eingereicht. Gründe, weshalb die Investitionszulagenanträge nicht wenigstens innerhalb der Monatsfrist des § 110 Abs. 2 AO 1977 nach Einreichung der Umsatzsteuererklärungen abgegeben wurden, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass das FA ihr zugebilligt habe, innerhalb eines beliebig langen Zeitraums die Investitionszulagenanträge für die Jahre 1993 bis 1996 nachzureichen.
Die weitere von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Rechtsfrage, ob einem Wiedereinsetzungsantrag trotz Ablauf der Jahres- und Monatsfrist dann zu entsprechen ist, wenn das FA den Eindruck vermittelt, es werde sich bei einer verspäteten Abgabe nicht auf den Fristablauf berufen, könnte daher in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden.
2. Die Rüge der Klägerin, das FA habe einer anderen Gemeinde, bei vergleichbarem Sachverhalt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und hierdurch gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstoßen, geht fehl. Nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) ist das FA gehalten, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch dann zu versagen, wenn es fehlerhaft in einem vergleichbaren Fall Wiedereinsetzung gewährt hat. Eine Wiedereinsetzung käme nur dann in Betracht, wenn die Klägerin im Vertrauen auf die der anderen Gemeinde gewährte Wiedereinsetzung es unterlassen hätte, rechtzeitig Wiedereinsetzung zu beantragen. Einen derartigen Sachverhalt hat die Klägerin aber nicht vorgetragen.
3. Auch der von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel, das FG sei entgegen dem Inhalt der Akten (§ 96 Abs. 1 FGO) davon ausgegangen, sie verfüge über eine eigene Steuerabteilung und sei daher als fachkundig zu beurteilen, anstatt sie einem steuerlichen Laien gleichzustellen, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Das FG hat mehrfach begründet, weshalb aus seiner Sicht, unabhängig davon, ob die Klägerin über eine eigene Steuerabteilung verfügt oder nicht, eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht kommt.
Von einer weiteren Begründung und der Darstellung des Sachverhalts wird nach § 116 Abs. 2 Satz 2 FGO abgesehen.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1449
BFH/NV 2003 S. 1449 Nr. 11
NAAAA-70309