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Grundlagen - Stand: 23.07.2018

Finanzkennzahlen richtig interpretieren und einordnen

Walter Dinger

A. Überblick über die Kennzahlenreihe

1Kennzahlen sind für Ihre betriebswirtschaftliche Beratung das A & O. Denn sie geben einen schnellen Überblick über mögliche Stärken und Schwächen im Unternehmen und damit gute Ansatzpunkte für weitergehende Beratungen. Traditionell am bedeutendsten sind Finanzkennzahlen. Sie fließen häufig in das Rating eines Betriebs ein und spielen bei Kreditverhandlungen eine Rolle. In dem Beitrag „Finanzkennzahlen richtig interpretieren und einordnen“ stellen wir Ihnen die wichtigsten ratingrelevanten Kennzahlen vor und zeigen, wie man sie interpretieren und verbessern kann. Zur schnellen Berechnung und Einordnung steht Ihnen in der NWB Datenbank der Rating-Kennzahlenrechner NWB VAAAD-86322 zur Verfügung.

B. Kennzahl 1: Gesamtkapitalrendite

I. Aussagekraft und Berechnung der Gesamtkapitalrendite

2Mit Rentabilitätskennzahlen werden Aussagen darüber getroffen, wie es um die Ertragskraft eines Unternehmens bestellt ist. Die Gesamtkapitalrentabilität oder -Rendite (GK-Rendite) bzw. Unternehmungsrentabilität drückt aus, wie sich das gesamte in einem Unternehmen eingesetzte Kapital verzinst. In die Berechnung fließen sowohl Eigen- als auch Fremdkapital ein. Es wird folgende Frage beantwortet: „Wie effizient hat ein Betrieb mit dem von ihm insgesamt eingesetzten Kapital gearbeitet?“ Mit der Gesamtkapital-Rendite werden die Interessen aller Kapitalgeber eines Betriebes berücksichtigt.

Zur Berechnung: Um eine bessere Vergleichbarkeit zu erzielen, wird der Jahresüberschuss oder -fehlbetrag nach Steuern um Zinszahlungen erweitert. Die Zinsen als „Gewinnanspruch“ der Fremdkapitalgeber müssen zum Gewinn, der Vergütung für die Eigenkapitalgeber, addiert werden. Denn sie wurden im gleichen Zeitraum erwirtschaftet, aber bereits vom Gewinn abgezogen. Im Vergleich mehrerer Jahre lässt sich somit gut erkennen, wie leistungsfähig das Unternehmen ist und ob es in der Lage ist, diese Leistungsfähigkeit auszubauen. Außerdem sind relativ gute Vergleiche mit anderen Betrieben möglich.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
GK-Rendite
=
(Gewinn + Fremdkapitalzinsen) • 100
Gesamtkapital (Eigen- + Fremdkapital)

Beispiel

Ein Unternehmen erzielt einen Gewinn von 100.000 € und muss 20.000 € Zinsen bezahlen. Das im Betrieb gebundene Gesamtkapital beläuft sich auf 1 Mio. €. Damit beträgt die GK-Rendite 12 %.

II. Vor- und Nachteile

3Die Kennzahl GK-Rendite ist mit einigen Vor- und Nachteilen verbunden:

1. Vorteile
  • Gute Aussagekraft hinsichtlich der Verzinsung des letzten Gesamtkapitals.

  • Berücksichtigt die Interessen aller Kapitalgeber eines Unternehmens.

  • Gute Vergleichbarkeit innerhalb der Branche (zum Teil auch branchenübergreifend) möglich.

  • Relativ einheitliche Zusammensetzung der Kennzahl mit nur wenigen „Varianten“.

  • Bessere Aussagekraft als Eigenkapitalrentabilität, da diese umso größer ist, je niedriger der Eigenkapitalanteil ist. Für gute Rating-Noten werden von Investoren aber Eigenkapitalanteile ab ca. 20 % bis 25 % erwartet.

2. Nachteile
  • Kennzahl kann durch Bilanzpolitik gezielt beeinflusst werden, z. B. durch die Wahl von Abschreibungsmethoden und Nutzungszeiten einzelner Güter.

  • Aussagekraft vor allem bei Wachstumswerten und Dienstleistern oft eingeschränkt, wenn diese weniger Werte haben, die nicht in der Bilanz aktiviert werden müssen, sondern als Aufwand in der GuV erscheinen. Unternehmen mit einem typischerweise hohen notwendigen Anlagevermögen (u. a. allgemein verarbeitendes Gewerbe, Industrie) werden tendenziell benachteiligt, da sie nur wenige Möglichkeiten haben, die Kapitalbindung (Gesamtkapital) zu reduzieren.

  • Bei Bilanzierung nach HGB und IFRS kann es unter Umständen zu unterschiedlich hohen Gesamtkapitalrenditen kommen.