Ungeklärte Vermögenszuflüsse beim Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH als vGA
Gesetze: KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Gegenstand des Unternehmens der am errichteten Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, war der ...-Handel. Sie führte die Geschäfte der seit 1973 betriebenen Einzelfirma A fort. A war ihre alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin.
1997 fand sowohl bei der Klägerin als auch bei A eine Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume statt, in deren Anschluss eine Steuerfahndungsprüfung durchgeführt wurde. Anlässlich der Durchsuchung wurde eine Gesamtengagement-Aufstellung der X-Bank, Luxemburg über Wertpapiere im Wert von ... DM gefunden. Bei der Tochter von A, Z, wurde ein Kontoauszug der B-Bank, Luxemburg mit einer Festgeldanlage über ... DM gefunden. Außerdem wurde eine Bareinzahlung in Höhe von ... DM bei der X-Bank, Filiale Frankfurt, festgestellt, die als Einzahlerin Z auswies.
Aufgrund dieser Feststellungen schätzte der Fahndungsprüfer und ihm folgend der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) für die Streitjahre 1987 bis 1997 entsprechende Einnahmen der Klägerin hinzu und behandelte diese als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA). Dabei resultierten je ... DM in den Jahren 1987 bis 1989 aus der Einzahlung von ... DM, die Z als Studentin ohne eigene Einkünfte nicht aus ihrem Vermögen habe erwirtschaften können. Die übrigen Bezüge waren auf die weiteren Feststellungen unter Berücksichtigung einer Kapitalverzinsung von 6 v.H. zurückzuführen.
Die Klage gegen die entsprechend geänderten Steuerbescheide blieb weitgehend erfolglos. Das Finanzgericht (FG) nahm lediglich der Höhe nach Abschläge von den Schätzungen vor, und zwar um jeweils ... DM für 1987 bis 1989 aus der Einzahlung von ... DM, um weitere je ... DM für 1987 bis 1996 sowie um ... DM für 1997 aufgrund der Nichtberücksichtigung der Festgeldanlage und zusätzlich für alle Streitjahre um einen Sicherheitsabschlag von 20 v.H. auf die hiernach verbleibenden Beträge. Das ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1145 abgedruckt.
Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Sie beantragt, das FG-Urteil und die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide 1987 bis 1997 aufzuheben, hilfsweise das Verfahren an einen anderen Senat des FG zur erneuten Sachaufklärung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Dieses hat die in Rede stehenden Beträge der Klägerin als betriebliche Einnahmen zugerechnet und diese zugleich als vGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes —KStG—) behandelt. Die tatrichterlichen Feststellungen reichen nicht aus, um diese Schlussfolgerung zu bestätigen.
1. Das FG hat die von der Steuerfahndung bei A aufgedeckten Kapitalerträge als bislang nicht versteuerte Betriebseinnahmen der Klägerin angesehen, die deren Einkommen hinzuzuschätzen seien (§ 162 der Abgabenordnung —AO 1977—; § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes —EStG— i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG). Dies ergebe sich unbeschadet der an sich ordnungsmäßigen Buchführung der Klägerin aufgrund des im Verfahren festgestellten Sachverhaltes. Zwar sei es grundsätzlich Sache des FA, steuerbegründende Tatsachen ebenso wie die Hinzurechnung von Einnahmen als vGA nachzuweisen; dieses treffe die objektive Feststellungslast. Diese Beweislastverteilung kehre sich jedoch um, wenn der Steuerpflichtige seine abgabenrechtlichen Mitwirkungspflichten verletze, das FA seinerseits aber alle zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten ausschöpfe. Handele es sich um eine juristische Person, komme es insoweit auf das Verhalten des gesetzlichen Vertreters an.
Im Streitfall bestünden nach Sachlage und nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten des FA keine Anhaltspunkte dafür, dass das bei A festgestellte, ungedeckte Vermögen aus nicht steuerbaren Quellen oder aus einer anderweitigen unternehmerischen Aktivität stammen könne. Das lasse den alleinigen Schluss zu, dass die betreffenden Einnahmen im Rahmen der Tätigkeit der Klägerin erzielt worden seien.
2. Diese durch die Klägerin angegriffene Schlussfolgerung des FG mag möglich sein. Sie wird jedoch von den bislang festgestellten Tatsachen nicht getragen und bindet den erkennenden Senat deshalb nicht (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Selbst wenn —was die Klägerin ebenso wie A bestreiten— infolge der Durchsuchungsmaßnahmen bei der A genügende Hinweise auf ungedeckte Einnahmen in der von der Steuerfahndung angenommenen Höhe vorlägen und man überdies unterstellt, dass solche Einnahmen nur durch betriebliche Aktivitäten der A erzielt werden konnten, durften diese Einnahmen der Klägerin nicht ohne weiteres im Wege der Schätzung hinzugerechnet werden. Denn das würde voraussetzen, dass A die betreffenden Beträge als Geschäftsführerin der Klägerin in deren Namen und für deren Rechnung vereinnahmt hätte. Dafür ist indes nichts dargetan. Das FG irrt, wenn es die Hinzurechnung der Einnahmen bei der Klägerin als die einzig denkbare und wahrscheinliche Sachverhaltsverwirklichung ansieht. Diese Annahme lässt die Möglichkeit außer Acht, dass A die ungeklärten Einnahmen ebenso gut entweder in den Streitjahren oder auch in den Vorjahren im Rahmen von Eigengeschäften bezogen haben könnte, an denen sie durch ihr Amt als Geschäftsführerin der Klägerin nicht gehindert war (vgl. Senatsurteil vom I R 155/94, BFHE 178, 371). Diese Möglichkeit liegt im Streitfall um so näher, als die Klägerin erst im ersten der Streitjahre, im Jahr 1987, aus der bereits seit 1973 von A in derselben Branche betriebenen Einzelfirma hervorgegangen ist. Das lässt es jedenfalls nicht von vornherein als unwahrscheinlich erscheinen, dass A auch in eigener Person über die erforderlichen einschlägigen Geschäftskontakte und Geschäftserfahrungen verfügt hat, um ihr persönlich angetragene Geschäfte in eigenem Namen und für eigene Rechnung zu ergreifen und durchzuführen.
Dass A insoweit —möglicherweise und ohne, dass dem hier weiter nachzugehen wäre— ihre steuerlichen Mitwirkungspflichten (§ 90 AO 1977) verletzt haben mag, ändert daran nichts. Ein derartiges Verhalten könnte der Klägerin insoweit nicht zum Nachteil gereichen. Zwar ist der Geschäftführer gehalten, die gesetzlichen Pflichten und Obliegenheiten der Kapitalgesellschaft zu erfüllen (vgl. § 34 Abs. 1 AO 1977). Unterbleibt dies und spricht der festgestellte Sachverhalt dafür, dass die Tatbestandsvoraussetzungen einer vGA erfüllt sind, wird die Feststellungslast des FA gemindert. Es gelten die allgemeinen Grundsätze zur Beweisrisikoverteilung (vgl. Senatsurteil vom I R 103/00, BFHE 197, 68, Internationales Steuerrecht —IStR— 2001, 745, 748). Das gilt jedoch nicht für solche ungedeckten Einnahmen, die bei dem Geschäftsführer selbst festgestellt werden. Die Frage nach der Herkunft derartiger Mittel fällt in den persönlichen Wissensbereich des Geschäftsführers; dieses Wissen kann der Gesellschaft nicht ohne weiteres als eigenes zugerechnet werden. Das ist eine Folge der prinzipiellen Trennung der Besteuerung einer Kapitalgesellschaft von jener ihrer Gesellschafter.
3. Das FG hat entsprechende Überlegungen bislang nicht angestellt und ist dem deshalb nicht weiter nachgegangen. Das wird im 2. Rechtsgang nachzuholen sein.
Nur dann, wenn nach wie vor davon ausgegangen werden muss, dass die in Rede stehenden Beträge aus Aktivitäten der Klägerin herrühren, können sie als deren Einnahmen angesehen werden, welche im Wege von vGA an A weitergeleitet worden sind (vgl. ähnlich , EFG 1996, 834; , nicht veröffentlicht —n.v.—; , EFG 2003, 6; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 158 AO 1977 Tz. 22 a.E.; Neu, EFG 2002, 1147; Stahl, Beratersicht zur Rechtsprechung 2003, 8; Körner, Buchführung-Bilanz-Kostenrechnung, Fach 5, 468). Nur dann ließe sich ggf. auch annehmen, die Klägerin habe aus gesellschaftlicher Veranlassung auf die Erzielung entsprechender Einnahmen durch die unentgeltliche Wahrnehmung entsprechender Geschäfte zugunsten von A verzichtet (vgl. auch , GmbH-Rundschau —GmbHR— 1992, 688). Die objektive Feststellungslast für das Vorliegen einer vGA trägt das FA (vgl. , BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626; vom I R 197/72, BFHE 112, 153, BStBl II 1974, 430; vom I R 94/75, BFHE 122, 48, BStBl II 1977, 568; vom I R 43/94, BFH/NV 1995, 548; vom I R 82/99, GmbHR 2001, 208; Beschluss vom I B 140/01, BFH/NV 2002, 1179). Das gilt auch hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung etwaiger eine vGA auslösende Vorgänge.
4. Die Vorinstanz hat eine andere Auffassung vertreten. Ihr Urteil war aufzuheben. Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1221
DStR 2003 S. 1387 Nr. 33
DStRE 2003 S. 1071 Nr. 17
QAAAA-70052