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LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss v. - L 8 AY 16/17 B ER

Leitsatz

Leitsatz:

1. Die Kenntnis des Leistungsträgers im Sinne des § 18 Abs. 1 SGB XII ist danach zu beurteilen, ob dessen Informationsstand so ist, dass er von Amts wegen in Ermittlungen eintreten muss.

2. Das Vereiteln einer Abschiebung durch Untertauchen kann die Aufenthaltsdauer des Ausländers in Deutschland abstrakt-generell beeinflussen und damit ein rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne des § 2 Abs. 1 AsylbLG darstellen. Eine gebotene Prüfung des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kann aber ergeben, dass dies nicht unentschuldbar (sozialwidrig) ist (hier wegen einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung).

3. Zur Beurteilung, ob Leistungen zur Sicherung der Gesundheit im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AsylbLG unerlässlich sind, sind als Kriterien einzubeziehen z.B. die Qualität des betroffenen Rechtes (Grundrechtsrelevanz), Ausmaß und Intensität der tatsächlichen Beeinträchtigung im Falle der Leistungsablehnung sowie die voraussichtliche und bisherige Aufenthaltsdauer des Ausländers in Deutschland. Hierbei kommt auch der Entscheidung des ua. = BVerfGE 132, 134 = SozR 4-3520 § 3 Nr. 2 eine besondere Bedeutung zu.

4. Anders als die Regelungen des SGB XII differenziert § 6 Abs. 1 S. 1 AsylbLG nicht zwischen Gesundheitsleistungen (im engeren Sinne) und sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfeleistungen. Letztere sind nach dieser Vorschrift nicht von vornherein ausgeschlossen und können ausnahmsweise - insbesondere für behinderte Kinder - erbracht werden.

5. Seit Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie Aufnahmebedingungen 2013/33/EU zum ist § 6 Abs. 1 S. 1 AsylbLG dahingehend richtlinienkonform auszulegen, dass Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen nach Art. 19 Abs. 2, 21 bis 25 der Richtlinie während der Dauer ihres Asylverfahrens einen Anspruch auf die "erforderliche medizinische und sonstige Hilfe" (entsprechend § 6 Abs. 2 AsylbLG) haben (hier ambulante Betreuungsleistungen wegen einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung).

Fundstelle(n):
XAAAG-87799

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