BFH Beschluss v. - I B 43/02

Schätzung einer vGA unter Verwendung statistischer Unterlagen

Gesetze: AO § 162

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA).

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren alleinige Gesellschafterin im Streitjahr 1992 die T-GmbH war. Im März 1993 veräußerte die T-GmbH den Gesellschaftsanteil mit Wirkung zum an H.

Am überwies die Klägerin der T-GmbH 50 000 DM. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) wurden in diesem Zusammenhang weder schriftliche Vereinbarungen getroffen noch Gegenleistungen für die Kapitalüberlassung erbracht. Vom Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels an stellte die Klägerin dem H Zinsen in Höhe von 9,25 v.H. jährlich in Rechnung.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) sah in  der Kapitalüberlassung an die T-GmbH eine vGA, deren Höhe er in Anlehnung an die später erfolgte Zinsvereinbarung nach einem Jahreszins von mit 9,25 v.H. berechnete. Er erließ auf dieser Basis einen Körperschaftsteuerbescheid 1992 sowie Bescheide zur Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals auf den bis 1994. Die Klage gegen diese Bescheide hat das FG abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen.

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, dass die Revision aus allen in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Gründen zuzulassen sei.

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat Gründe für eine Zulassung der Revision nicht in der gebotenen Weise dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Das gilt sowohl im Hinblick auf die von ihr geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (dazu unten 1.) als auch für die Rüge von Verfahrensmängeln (dazu unten 2.). Zur Frage einer Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO enthält die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde keine Ausführungen.

1. Das FG hat festgestellt, dass die Klägerin ihrer Alleingesellschafterin Kapital zur Verfügung gestellt hat, ohne dass dem klare und eindeutige Vereinbarungen zu Grunde lagen und ohne dass ein Entgelt für die Kapitalüberlassung versprochen oder gezahlt wurde. Es hat die Kapitalüberlassung deshalb als vGA beurteilt, was der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht (vgl. nur Senatsurteil vom I R 83/87, BFHE 160, 192, BStBl II 1990, 649). Die Klägerin hat nicht angegeben, dass und ggf. weshalb diese Rechtsprechung einer Überprüfung bedürfte. Die von ihr angesprochene Frage nach der verfahrensrechtlichen Behandlung mittelbarer vGA stellt sich im Streitfall schon deshalb nicht, weil nach den Feststellungen des FG die 50 000 DM unmittelbar der Gesellschafterin der Klägerin überlassen worden sind.

Ebenso ist seit langem geklärt und daher nicht klärungsbedürftig, dass die Höhe einer vGA im Zweifel vom FG geschätzt werden und dass dieses sich dabei an dem (hypothetischen) Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters orientieren muss (vgl. Senatsurteil in BFHE 160, 192, BStBl II 1990, 649). Nach diesem Grundsatz ist das FG im Streitfall verfahren. Angesichts dessen sind die Ausführungen in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung, die sich letztlich nur gegen die Ergebnisse der vom FG angestellten Würdigung richten, zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung nicht geeignet.

2. Einen Verfahrensmangel sieht die Klägerin zunächst darin, dass das FG bei der Schätzung des Zinsvorteils auf das Statistische Jahrbuch des Bundes zurückgegriffen habe, ohne dies vorab anzukündigen. Diese Handhabung seitens des FG ist jedoch schon deshalb unbedenklich, weil allgemein zugängliche statistische Unterlagen Schätzungshilfen darstellen, mit deren Verwendung ein ordentlicher und gewissenhafter Verfahrensbeteiligter jederzeit rechnen muss. Abgesehen davon wendet sich die Klägerin im Kern nicht gegen die Verwendung des Statistischen Jahrbuchs als solche; sie macht vielmehr letztlich nur geltend, dass das FG die statistischen Werte (Zinsen bei Anlage für ein bis drei Monate) nicht hinreichend an die konkrete Situation des Streitfalls (jederzeit rückforderbares Darlehen) angepasst habe. Damit aber rügt sie keinen Verfahrensfehler, sondern nur eine inhaltliche Unrichtigkeit der Schätzung, die nicht zur Revisionszulassung führen kann.

Im Ergebnis dasselbe gilt für die Rüge der Klägerin, das FG habe überraschend auf das Vorhandensein eines Kontos bei der D-Bank abgestellt. Die Klägerin bestreitet nicht, über dieses Konto verfügt zu haben. Sie hält vielmehr nur die Schlüsse, die das FG aus diesem Umstand gezogen hat, für unrichtig. Abgesehen davon kommt es auf diesen Umstand schon deshalb nicht an, weil nach der Rechtsauffassung des FG (zu deren Maßgeblichkeit vgl. Beschlüsse des , BFH/NV 2002, 209; vom II B 104/00, BFH/NV 2002, 499; vom X B 144/01, BFH/NV 2002, 1336; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 120 Rz. 68, m.w.N.) unabhängig von den Gründen für die gewählte Gestaltung schon das Fehlen einer klaren und eindeutigen Vereinbarung zwischen der Klägerin und der T-GmbH zur Annahme einer vGA führen muss. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann das von der Klägerin gerügte Vorgehen des FG keinen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel begründen.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1027
BFH/NV 2003 S. 1027 Nr. 8
IAAAA-69963