BFH Beschluss v. - I B 36, 37, 41/02

Gründe

I. Die inzwischen im Handelsregister gelöschte K-GmbH, Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), führte in den Streitjahren industrielle Schweißarbeiten aus. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war ihr heutiger Liquidator.

In ihren Gewinnermittlungen für 1993 bis 1995 berücksichtigte die Klägerin unter anderem folgende Zahlungen als Betriebsausgaben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Betrag
Zahlungsempfänger/ Rechnungsaussteller  
1993
  ... DM
Fa. E
1994
  ... DM
Fa. F
 
  ... DM
Fa. E
1995
  ... DM
Fa. F
 
  ... DM
Fa. G
 
  ... DM
Fa. A

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß und erließ die streitbefangenen Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Eine später bei der Klägerin und diversen Angestellten durchgeführte Steuerfahndungsprüfung ergab folgende Feststellungen: Der Großteil der vorgenannten Rechnungen wurde ausweislich gefundener Quittungen bar bezahlt; die Rechnungen der Firmen A, E und G enthielten keinerlei Bankverbindungen. Bei der Klägerin wurden unausgefüllte und teilweise bereits unterschriebene und gestempelte Rechnungsformulare der Firmen A und E sowie —neben den o.g. Rechnungen und Barquittungen— weitere vereinzelte Geschäftsunterlagen (Aufträge, Werk- bzw. Kaufverträge, Empfangsscheine) gefunden. Die Beamten der Steuerfahndung vernahmen dazu den ehemaligen Bauleiter der Klägerin. Dieser gab an, die Rechnungen seien von ihm und einem weiteren Angestellten ausgefüllt worden, obwohl die Firmen nie tatsächlich für die Klägerin gearbeitet hätten. Die Rechnungen hätten vielmehr Schwarzgeldzahlungen an Arbeitnehmer der Klägerin abgedeckt. Anfragen beim Bundesamt für Finanzen (BfF) ergaben, dass die vorgenannten Firmen entweder nicht gewerblich angemeldet und/oder steuerlich geführt waren oder über keine Büros und Telefonanschlüsse verfügten. Bei den Abrechnungen der von der Klägerin beschäftigten Arbeitnehmer wurden schließlich erhebliche Fehler und Unklarheiten festgestellt.

Die Steuerfahndung gelangte auf Grund der vorgenannten Feststellungen zu dem Ergebnis, dass die o.g. Firmen keine Leistungen an die Klägerin erbracht, sondern Scheinrechnungen erstellt hätten. Das FA folgte dem und erließ geänderte Steuerbescheide, in denen es die o.g. Rechnungsbeträge nicht mehr zum Betriebsausgabenabzug zuließ, sondern statt dessen teilweise zusätzliche Arbeitslöhne berücksichtigte und die Differenz zwischen den Rechnungsbeträgen und den zusätzlich angesetzten Arbeitslöhnen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) der Klägerin an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer behandelte.

Nach erfolglosen Einspruchsverfahren erhob die Klägerin dagegen Klagen vor dem Finanzgericht (FG), welche dieses mit Urteilen vom 3 K 1168, 1169 und 1171/99 zurückwies. Die Revision gegen seine Urteile ließ das FG nicht zu.

Dagegen wehrt sich die Klägerin mit ihren Nichtzulassungsbeschwerden, mit denen sie die Zulassung der Revisionen gegen die Urteile der Vorinstanz beantragt.

Dem ist das FA entgegengetreten und beantragt, die Beschwerden zurückzuweisen.

II. Die Verfahren werden gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

Die Beschwerden sind unbegründet und waren daher zurückzuweisen. Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO), sind —soweit dahin gehende Rügen überhaupt in zulässiger Weise erhoben worden sind— nicht vorhanden.

1. Die Frage, ob das FG angesichts der von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensfehler ungeprüft Zeugenaussagen aus den Ermittlungen der Steuerfahndung habe übernehmen dürfen, begründet keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die von der Klägerin formulierte Frage lässt sich bereits nicht generell und damit im Allgemeininteresse beantworten, weil die Antwort ersichtlich von den Umständen des Einzelfalles abhängt. Sie deckt sich im Übrigen mit den von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen. Läge nämlich eine verfahrensfehlerhafte Übernahme der Zeugenaussagen vor und beruhten die FG-Urteile auf einem solchen Verfahrensfehler, so wäre die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen.

2. Es liegt auch kein möglicherweise i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO relevanter Rechtsverstoß von erheblichem Gewicht durch die Verletzung von Denkgesetzen vor. Zu Recht hat dazu das FA darauf hingewiesen, dass die Ausführungen des FG zur Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung einerseits und zur fehlenden steuerlichen Führung der betreffenden Firma andererseits sich auf unterschiedliche Zeitpunkte, nämlich die Gewerbeanmeldung und die spätere (fehlende) Tätigkeit beziehen. Ein Widerspruch zwischen den vorgenannten Ausführungen des FG, welcher einen Verstoß gegen die Denkgesetze ergeben könnte, liegt damit nicht vor.

3. Einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO hat die Klägerin schließlich nicht ordnungsgemäß dargelegt. Soweit auf die Beachtung verfahrensrechtlicher Vorschriften wirksam verzichtet werden kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der ZivilprozessordnungZPO—), gehört nach ständiger Rechtsprechung zur ordnungsgemäßen Rüge eines Verfahrensfehlers i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auch der Vortrag, dass die Verletzung der betreffenden (verzichtbaren) Verfahrensvorschrift in der Vorinstanz ordnungsgemäß gerügt wurde, es sei denn, dass sich dies schon aus dem Urteil selbst oder den in Bezug genommenen Unterlagen (wie der Sitzungsniederschrift) ergibt (vgl. nur , BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, sowie BFH-Beschlüsse vom VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608; vom VIII B 14/99, BFH/NV 2000, 971; vom VII B 1/00, BFH/NV 2000, 1125). Das FA hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Verletzung der §§ 76 Abs. 1 bzw. 81 Abs. 1 Satz 1 FGO ausweislich der FG-Akten (dort insbesondere der Protokollniederschriften zu den mündlichen Verhandlungen) nicht gerügt worden ist. Hinzu kommt, dass die Klägerin nicht ordnungsgemäß dargelegt hat, dass die FG-Urteile auf einer Verletzung der vorgenannten Normen beruhen können. Da sich das FG nicht nur auf die streitbefangenen Zeugenaussagen, sondern auch auf andere Ermittlungsergebnisse (insbesondere die Auskünfte des BfF und gefundene Rechnungsformulare) gestützt hat, wäre darzulegen gewesen, dass die Durchführung einer Beweisaufnahme trotz der vorhandenen anderen Erkenntnisse zu einem anderen rechtlichen Ergebnis hätte führen können.

4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1061
JAAAA-69954