BFH Beschluss v. - I B 155/01

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der U ist. Mit Pachtvertrag vom verpachtete dieser der Klägerin das in I betriebene Geschäft mit dem dazu gehörigen beweglichen und unbeweglichen Anlagevermögen für einen monatlichen Pachtzins von 26 500 DM nebst 14 % Umsatzsteuer. Durch Gesellschafterbeschluss vom wurden folgende Änderungen des Pachtvertrages genehmigt: Danach sollten Ersatzbeschaffungen des Anlagevermögens nunmehr auf Kosten und für Rechnung des Verpächters durchgeführt werden. Der monatliche Pachtzins wurde außerdem auf 32 200 DM netto erhöht.

In den Streitjahren zahlte die Klägerin jeweils 29 130 DM pro Monat als Pacht an den U und buchte diese Beträge als Betriebsausgaben. Am Jahresende wurde dann jeweils die Differenz zum vereinbarten Pachtzins sowie die Umsatzsteuer als Verbindlichkeit nachgebucht. Im Sommer 1995 erfolgten diesbezüglich dann zwei Abschlagszahlungen auf die Verbindlichkeiten in Höhe von 40 000 DM und 15 000 DM.

Nach einer Außenprüfung erkannte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Pachtzahlungen insoweit nicht als Betriebsausgaben an, als sie auf der Erhöhungsvereinbarung vom Dezember 1993 beruhten. Da der Pachtvertrag insoweit nicht wie vereinbart durchgeführt worden sei, stelle die Differenz zur ursprünglich vereinbarten Pacht in Höhe von jährlich 68 400 DM eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) dar.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren legte die Klägerin gegen die entsprechenden Bescheide Klage beim Finanzgericht (FG) ein, das sie als unbegründet abwies. Zur Begründung führte das FG aus, dass die Klägerin den fälligen Pachtzinsanspruch nicht zeitnah erfüllt habe. Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie sinngemäß beantragt, die Revision gegen das Urteil des zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde ist unzulässig und war daher zu verwerfen. Die Klägerin hat die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt.

1. Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden. Eine nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ausreichende Begründung ist Zulässigkeitsvoraussetzung der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl. nur Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, § 116 Rz. 25, m.w.N.). Danach muss der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der jeweils in § 115 Abs. 2 FGO enthaltenen Zulassungsgründe substantiiert und schlüssig darlegen. Das bedeutet, dass zumindest die in § 115 Abs. 2 FGO ausdrücklich genannten Tatbestandsmerkmale in der Beschwerdebegründung näher erläutert werden müssen (vgl. nur die Materialien in BTDrucks 14/4061, S. 10, sowie Ruban, a.a.O., Rz. 26). Bei den Zulassungsgründen nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO sind zudem substantielle und konkrete Angaben darüber zu machen, weshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts über eine bestimmte Rechtsfrage aus Gründen der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts bzw. der Rechtsklarheit, der Rechtsfortbildung oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. nur Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890, und vom VIII B 68/96, BFH/NV 1998, 29). Beim Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist außerdem eine konkrete und schlüssige Bezeichnung der Tatsachen erforderlich, die den behaupteten Verfahrensmangel ergeben (vgl. § 120 Abs. 3 Nr. 2 b FGO).

2. Die Beschwerde der Klägerin entspricht den vorgenannten Anforderungen nicht: Sie enthält zwar umfangreiche Darstellungen zum streitigen Sachverhalt (insbesondere zur Liquiditätslage der Klägerin in den Streitjahren) und wirft auch die Frage auf, ob das Urteil der Vorinstanz materiell-rechtlich richtig ist. Sie enthält aber keinen genügenden Vortrag zum Vorliegen eines Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 FGO.

a) Eine für den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO erforderliche konkrete Rechtsfrage hat die Klägerin zwar insoweit herausgearbeitet, als sie diejenige aufgeworfen hat, ob auch dann ein streng formal-juristischer Fremdvergleich im Hinblick auf die Durchführung von Verträgen zwischen Kapitalgesellschaft und beherrschendem Gesellschafter durchzuführen ist, wenn eine Betriebsaufspaltung vorliegt. Sie hat aber nichts dazu dargelegt, warum die Klärung dieser Rechtsfrage aus Gründen der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts bzw. der Rechtsklarheit im Allgemeininteresse liegen soll, sondern lediglich auf die Umstände des Einzelfalls verwiesen.

b) Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts erforderlich sei, reicht dieser Vortrag ebenfalls nicht aus: Auch zum damit in Bezug genommenen Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO sind Darlegungen dazu erforderlich, warum eine Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung oder zur Einheitlichkeit des Rechts erforderlich ist. Dazu hätte sich die Klägerin zumindest mit der hier streitrelevanten Rechtsprechung des Senats auseinander setzen müssen, wonach im Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaft und beherrschendem Gesellschafter Leistungen der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter auch dann vGA sein können, wenn entweder nicht von vornherein eindeutig und klar bestimmt ist, ob und in welcher Höhe ein Entgelt bezahlt werden soll, oder entsprechende Vereinbarungen nicht tatsächlich durchgeführt werden (vgl. nur , BFH/NV 1990, 64; vom I R 6/89, BFHE 160, 459, BStBl II 1990, 795; vom I R 28/92, BFHE 169, 322, BStBl II 1993, 247; vom I R 53/95, BFH/NV 1997, 622). Insbesondere hätte sie dazu aufzeigen müssen, warum gerade im Fall der Betriebsaufspaltung etwas davon Abweichendes gelten soll.

c) Die Klägerin hat auch das Vorliegen eines Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht hinreichend dargelegt. Ein Verfahrensfehler im Sinne der Vorschrift ist schon deshalb nicht dargetan, weil die Klägerin nicht geltend macht, die Verletzung einer Verfahrensvorschrift ordnungsgemäß in der Vorinstanz gerügt zu haben. Da in vielen Fällen auf die Beachtung verfahrensrechtlicher Vorschriften wirksam verzichtet werden kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der ZivilprozessordnungZPO—) gehört nach ständiger Rechtsprechung zur ordnungsgemäßen Rüge eines Verfahrensmangels auch der Vortrag, dass die Verletzung der entsprechenden (verzichtbaren) Verfahrensvorschrift in der Vorinstanz ordnungsgemäß gerügt wurde, es sei denn, dass sich dies schon aus dem Urteil selbst oder den in Bezug genommenen Unterlagen ergibt (vgl. nur , BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, sowie BFH-Beschlüsse vom VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608; vom VIII B 14/99, BFH/NV 2000, 971; vom VII B 1/00, BFH/NV 2000, 1125; auch Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 49). Dabei hätte auch die Verletzung des rechtlichen Gehörs, welche die Klägerin mit ihrem Vortrag, das FG habe ihre Einlassungen zu den bei der Klägerin vorhandenen Liquiditätsschwierigkeiten nicht hinreichend berücksichtigt, anspricht, gerügt werden müssen, um eine Präklusion im Revisionsverfahren zu vermeiden (vgl. nur Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 94). Ausweislich der FG-Akten (dort insbesondere der Protokollniederschrift zur mündlichen Verhandlung) hat die Klägerin dies aber vor dem FG versäumt. Zudem hat das FG den Vortrag der Klägerin zu den Liquiditätsengpässen durchaus zur Kenntnis genommen, wie Teil I Abs. 2 c der Entscheidungsgründe des FG-Urteils zeigt.

3. Die Entscheidung ergeht im Übrigen ohne weitere Begründung, § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 330
BFH/NV 2003 S. 330 Nr. 3
JAAAA-69873