Totschlag: Minder schwerer Fall bei Provokation des Täters durch ehewidriges intimes Verhältnis
Gesetze: § 213 Alt 1 StGB
Instanzenzug: LG Ansbach Az: 8 Ss 151/17
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Dagegen wenden sich der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit ihren jeweils auf den Strafausspruch beschränkten Rechtsmitteln. Die Nebenklägerinnen erstreben mit ihren Revisionen die Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes.
2Sämtliche Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.
I.
3Nach den Feststellungen des Landgerichts stand die später getötete Ehefrau des Angeklagten ab dem Spätsommer 2015 im Rahmen eines Online-Spiels über das Internet in Kontakt mit dem Zeugen J. . Es entwickelte sich daraus eine tägliche auch telefonisch und mittels WhatsApp geführte Kommunikation zwischen beiden. Einige Tage vor der verfahrensgegenständlichen Tötungstat trafen sich die Geschädigte und der Zeuge erstmals persönlich, verbrachten ein Wochenende miteinander und waren dabei intim. Gegenüber dem Angeklagten hatte die Geschädigte wahrheitswidrig behauptet, einen Teil des Wochenendes mit einer Freundin zu verbringen. Nach der Rückkehr eröffnete die Geschädigte, ohne die Beziehung zu dem Zeugen J. zu offenbaren, dem Angeklagten, nicht mehr mit ihm zusammenleben zu wollen. An den darauf folgenden Tagen kam es zu einem zweiten, vom Landgericht so bezeichneten „Beziehungsgespräch“. Dabei relativierte die Geschädigte ihre zuvor geäußerten Trennungsabsichten. Am Folgetag regte sie sogar einen gemeinsamen Urlaub mit der Familie der Schwester des Angeklagten an.
4In der Tatnacht verließ die Geschädigte mit der unrichtigen Behauptung, mit einer Freundin telefonieren zu wollen, die gemeinsame Wohnung und führte ein knapp eineinhalbstündiges Telefonat mit dem Zeugen J. . Nach ihrer Rückkehr kam es zu einem erneuten Gespräch mit dem Angeklagten über ihre Beziehungsprobleme. Dabei offenbarte sie dem Angeklagten erstmals, „Gefühle für einen anderen Mann zu haben“. Auf die wiederholte Frage des weinenden Angeklagten nach Intimverkehr mit diesem Mann bejahte dies die Geschädigte unter Lachen. Der Angeklagte erkannte nunmehr das täuschende Verhalten der Geschädigten an den vorangegangenen Tagen, war aufgrund dessen tief gekränkt und geriet wegen des als hämisch empfundenen Lachens bei der Beantwortung der Frage nach Intimitäten mit dem anderen Mann in erhebliche Wut. Er ging deshalb auf die Geschädigte los. Im Zuge der Auseinandersetzung mit der sich wehrenden Geschädigten, die mittlerweile rücklings auf dem Bett lag, drückte der Angeklagte mit direktem Tötungsvorsatz über einen Zeitraum von wenigstens drei Minuten mit aller Kraft ihren Hals zu. Sie wurde nach rund einer Minute dieser Einwirkung bewusstlos und verstarb an einer zentralen Lähmung als Folge der durch die massive Einwirkung auf den Hals hervorgerufenen Sauerstoffunterversorgung des Gehirns.
II.
5Die Revisionen der Nebenklägerinnen D. und M. bleiben erfolgslos. Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler das Vorliegen von Mordmerkmalen und damit einen Schuldspruch wegen Mordes verneint.
61. Beide Rechtsmittel sind zulässig erhoben. Die Revisionsbegründung der Nebenklägerin D. lässt aufgrund des dort formulierten Antrags und der Sachausführungen unmissverständlich erkennen, dass mit der Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes statt wie geschehen wegen Totschlags ein im Rahmen der durch § 400 Abs. 1 StPO beschränkten Rechtsmittelbefugnis der Nebenklage statthaftes Rechtsmittelziel verfolgt wird (vgl. Rn. 2 mwN [NStZ-RR 2016, 351 nur redaktioneller Leitsatz]). Auch die Revision der Nebenklägerin M. genügt den aus § 400 Abs. 1 StPO resultierenden Begründungsanforderungen. Zwar verhält sich diese Begründungsschrift vornehmlich zu der als fehlerhaft gewerteten Anwendung von § 213 Alt. 2 StGB seitens des Landgerichts, was von der Nebenklage nicht isoliert gerügt werden kann (, NStZ-RR 2000, 40). Die Zulässigkeit des Rechtsmittels wird aber durch die vollumfängliche inhaltliche Bezugnahme auf die Begründungschrift der Nebenklägerin D. herbeigeführt.
72. Die unterbliebene Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes hält revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
8a) Heimtücke hat das Landgericht ohne durchgreifenden Rechtsfehler wegen fehlender Arglosigkeit der Geschädigten verneint. Die dem zugrunde liegende Beweiswürdigung erweist sich unter Berücksichtigung des dafür geltenden eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (siehe nur Rn. 17 mwN) als tragfähig. Der aus einer Äußerung der Geschädigten gegenüber ihrer Mutter, sie befürchte einen Messerangriff des Angeklagten, sollte dieser von ihrer (der Geschädigten) Beziehung zu dem Zeugen J. erfahren, gezogene Schluss auf Argwohn gegenüber dem Angeklagten erweist sich als möglich und ist deshalb revisionsrechtlich hinzunehmen. Der Senat besorgt nicht, dass das Landgericht dieser Beweiswürdigung ein zu enges rechtliches Verständnis der Heimtücke, insbesondere des Elements der Arglosigkeit, zugrunde gelegt hat. Die Beweiswürdigung zu der bereits emotional aufgeladenen Gesprächssituation und der konkretisierten Erwartung („Messer in den Bauch rammen“) der Geschädigten einer „heftigen Reaktion“ des Angeklagten lässt erkennen, dass das Landgericht bezüglich der Arglosigkeit darauf abgestellt hat, ob das Opfer bei Vornahme der (ersten) vom Tötungsvorsatz getragenen Tathandlung mit einem Angriff auf sein Leben gerechnet hat (dazu nur , NStZ 2018, 97). Gerade das wird mit tragfähigen Erwägungen bejaht.
9b) Auch die Verneinung des Vorliegens niedriger Beweggründe hält unter Berücksichtigung des dem Tatgericht dabei zustehenden Beurteilungsspielraums (st. Rspr.; , NStZ 2013, 524, 525 Rn. 7 und vom - 4 StR 433/14, NStZ 2015, 392, 393 sowie Beschluss vom - 1 StR 57/10, NStZ-RR 2011, 7, 8 jeweils mwN) rechtlicher Prüfung stand.
10Beweggründe sind niedrig im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und daher besonders, d.h. in deutlich weitreichenderem Maße als bei einem Totschlag, verachtenswert sind. Die Beurteilung erfordert eine Gesamtwürdigung aller äußeren und inneren, für die Handlungsantriebe des Täters maßgeblichen Faktoren (st. Rspr.; etwa , NStZ 2012, 691, 692 Rn. 14 und vom - 5 StR 129/13, NStZ 2013, 524, 525 Rn. 7 mwN). Daran gemessen trägt die Gesamtschau der vom Landgericht getroffenen Feststellungen zu der handlungsleitenden Wut des Angeklagten über das vorangegangene Verhalten der Geschädigten (UA S. 14 f.) einerseits und dem Abstellen auf die unmittelbar tatauslösende „spontane affektive Erregung“ (UA S. 63) andererseits die Ablehnung niedriger Beweggründe. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Tötung des Intimpartners, der sich vom Täter abwenden will, nicht zwangsläufig als durch niedrige Beweggründe motiviert bewertet werden muss (siehe nur , NStZ-RR 2006, 340, 342; Schneider in Münchener Kommentar zum StGB, 3. Aufl., § 211 Rn. 105 mwN). Gerade der Umstand, dass die Trennung vom Tatopfer ausgegangen ist, darf als gegen die Niedrigkeit des Beweggrundes sprechender Umstand beurteilt werden (vgl. BGH aaO). Gleiches gilt im Ergebnis für die beweiswürdigend belegte spontane affektive Erregung (vgl. , NStZ 2015, 392, 393) des Angeklagten, die aus seiner Wut über das täuschende Vorverhalten der Geschädigten und deren Reaktion in Gestalt von Grinsen und Lachen auf sein Weinen bei Offenbarung ihres intimen Verhältnisses zum Zeugen J. resultierte.
113. Es bedarf keiner Entscheidung, ob auf die zulässigen, weil die unterbliebene Verurteilung aus einem zur Nebenklage berechtigenden Delikt - hier § 211 StGB - beanstandenden Revisionen der Nebenklägerinnen der wegen Totschlags ergangene Strafausspruch revisionsrechtlicher Überprüfung unterliegt. Der Senat neigt mit dem 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (, BGHR StPO § 400 Abs. 1 Prüfungsumfang 3; siehe zudem , NStZ-RR 2011, 73, 74 und vom - 4 StR 561/14, BGHR StPO § 400 Abs. 1 Prüfungsumfang 5, aber auch LR/Hilger, 26. Aufl., § 400 Rn. 20) wegen der Beschränkung der Rechtsmittelberechtigung der Nebenklage durch § 400 Abs. 1 Alt. 1 StPO dazu, einen derartigen Prüfungsumfang zu verneinen. Anderenfalls würde der Nebenklage mittelbar die durch die genannte gesetzliche Beschränkung gerade ausgeschlossene Möglichkeit eröffnet, ohne Schuldspruchänderung eine andere, dem Angeklagten nachteilige Rechtsfolge zu erreichen. Darauf kommt es jedoch nicht entscheidungserheblich an. Denn aus den nachfolgenden, die Revision der Staatsanwaltschaft betreffenden Gründen (unten III.) ergibt sich, dass der Strafausspruch keinen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler enthält.
III.
12Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft erzielt keinen Erfolg.
131. Ausweislich der Einlegungsschrift vom und nach dem Inhalt der Begründungschrift, die sich ausschließlich zu den Voraussetzungen des minder schweren Falls gemäß § 213 Alt. 2 StGB verhält, ist die Revision trotz des umfassenden Aufhebungsantrags auf den Strafausspruch beschränkt. Die Beschränkung ist nach den dafür geltenden Maßstäben (dazu nur Rn. 10) wirksam. Einer vom Schuldspruch unabhängigen Überprüfung des Strafausspruchs entgegenstehende Gründe sind, auch im Hinblick auf die Anwendung von § 213 Alt. 2 StGB (vgl. Rn. 4 ff. [insoweit nicht abgedruckt in NJW 1977, 2086] und vom - 1 StR 663/16, StV 2017, 543 f.), nicht ersichtlich.
142. Der Strafausspruch enthält keine den Angeklagten begünstigenden, revisionsgerichtlicher Kontrolle unterliegenden Rechtsfehler.
15Die Annahme oder Nichtannahme eines minderschweren Falls gemäß § 213 Alt. 2 StGB kann als Akt der Strafzumessung lediglich auf dafür maßgebliche Rechtsfehler überprüft werden (siehe nur , NStZ 2015, 582 und vom - 1 StR 415/16, NStZ-RR 2017, 168 f. jeweils mwN). Solche liegen jedoch nicht vor. Das Tatgericht hat die Annahme eines allgemeinen minderschweren Falls des Totschlags in der rechtlich gebotenen Weise auf eine Gesamtwürdigung gestützt. Die in diese eingestellten Strafzumessungskriterien lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Sie durften sämtlich mit der erfolgten Bewertungsrichtung zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt werden, ohne damit gegen anerkannte Strafzwecke zu verstoßen.
16Auch durchgreifende Lücken enthält die Gesamtabwägung nicht. Wie der Generalbundesanwalt ausgeführt hat, war das Landgericht rechtlich nicht gehalten, die zur Tatzeit bestehende Blutalkoholkonzentration der Geschädigten von 0,86 Promille zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen.
17Soweit die Staatsanwaltschaft eine nähere Aufklärung der Art der von der Geschädigten gegenüber dem Angeklagten eingeräumten Intimität mit dem Zeugen J. vermisst, zeigt sie keinen sachlich-rechtlichen Mangel des Urteils auf. Eine Aufklärungsrüge wurde nicht erhoben.
183. Der Strafausspruch enthält allerdings auch keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten, was der Senat gemäß § 301 StPO jedenfalls aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft in dem durch diese bestimmten Umfang (siehe Rn. 38 mwN) zu prüfen hat.
19a) Die Ablehnung eines minder schweren Falls des Totschlags gemäß § 213 Alt. 1 StGB, dessen Anwendung zu einer Berücksichtigung der vom Landgericht für das Vorliegen eines allgemeinen minder schweren Falls gemäß § 213 Alt. 2 StGB herangezogenen strafmildernden Erwägungen bereits innerhalb des Sonderstrafrahmens und damit zu einer geringeren Strafe hätte führen können, hält im Ergebnis revisionsrechtlicher Prüfung stand.
20aa) Das Landgericht hat das dem Tötungsgeschehen vorausgehende Verhalten der Geschädigten als schwere Beleidigung gewertet, wobei es in dem festgestellten Grinsen und Lachen im Kontext der Offenbarung von Intimitäten mit dem Zeugen J. eine „massive Erschwerung“ der Kränkung gesehen hat (UA S. 63 f.). Dennoch seien die „Tatbestandsvoraussetzungen“ des § 213 Alt. 1 StGB nicht gegeben, weil die Geschädigte den Angeklagten nicht bewusst provoziert habe (UA S. 64 und 65).
21bb) Mit diesen Erwägungen kann sich das Landgericht auf ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stützen, die als notwendige Bedingung des § 213 Alt. 1 StGB eine vorsätzliche schwere Beleidigung im Sinne der vorgenannten Vorschrift verlangt (, BGHSt 34, 37 f.), jedenfalls aber für erforderlich hält, dass das provozierende Tatopfer sich des beleidigenden Charakters des eigenen Verhaltens bewusst gewesen sein muss (vgl. und vom - 3 StR 479/87, NStZ 1988, 216; siehe auch Rn. 11 „Provokation des Tatopfers muss bewusst von diesem ausgehen“).
22cc) An der Tragfähigkeit einer vorsätzlich oder zumindest im Bewusstsein des provozierenden Charakters erfolgten Provokation (in der Gestalt einer „Misshandlung“ oder „schweren Beleidigung“) als eigenständiger notwendiger Bedingung des § 213 Alt. 1 StGB bestehen aus Sicht des Senats Zweifel. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für das Eingreifen von § 213 Alt. 1 StGB darauf an, ob das provozierende Verhalten des späteren Tatopfers nach seinem Gewicht und den Umständen des Einzelfalls geeignet ist, die „Jähtat als eine verständliche Reaktion“ des Täters auf das provozierende Verhalten des Opfers der nachfolgenden Tötungstat erscheinen zu lassen (, NStZ 2015, 582 mwN). Dafür genügen nur solche Provokationen, die bei objektiver Betrachtung - nicht nur aus Sicht des Täters (, NStZ-RR 2017, 11, 12 mwN) - geeignet sind, den Täter die erlittene Kränkung als schwere Beeinträchtigung seiner Persönlichkeit empfinden zu lassen und ihn deswegen in eine heftige Gemütsbewegung zu versetzen ( Rn. 10; vgl. auch Beschluss vom - 3 StR 454/10, NStZ 2011, 339, 340). Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist auf der Grundlage einer Gesamtbewertung vorzunehmen, in die alle Umstände einzubeziehen sind, die dem konkreten Einzelfall unter dem Gesichtspunkt der Provokation durch das spätere Tatopfer sein Gepräge geben (siehe nur , NStZ 2011, 339, 340; Urteile vom - 1 StR 574/14, NStZ 2015, 582, 583 mwN und vom - 1 StR 663/16, StV 2017, 543, 544 Rn. 15).
23Nach diesen Grundsätzen erschließt sich die Erforderlichkeit einer subjektiven Komponente des provozierenden Opferverhaltens als notwendige Bedingung des § 213 Alt. 1 StGB nicht. Die Begünstigung des Täters findet ihre Ursache darin, dass bei einem nach sozialethischen Maßstäben vorzunehmenden Wertungsakt (Schneider aaO, § 213 Rn. 17; vgl. auch Momsen in Satzger/ Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl., § 213 Rn. 16) bei objektiver Betrachtung des Gewichts des provozierenden Verhaltens nachvollzogen werden kann, warum sich der Täter zu der Tötungstat hat hinreißen lassen. Je deutlicher das provozierende Verhalten geeignet ist, als schwere Beeinträchtigung der Persönlichkeit des Täters gewertet zu werden, desto eher wird wegen der dadurch typischerweise ausgelösten heftigen Gemütsbewegung § 213 Alt. 1 StGB zur Anwendung gelangen. Eigenständiges Gewicht als notwendige Anwendungsvoraussetzung kann einem Provokationsvorsatz oder -bewusstsein wegen der erforderlichen Auswirkungen der Provokation auf die Gemütslage des Täters dabei aber nicht zukommen. Damit wird das Provokationsbewusstsein des späteren Opfers im Rahmen von § 213 Alt. 1 StGB nicht bedeutungslos. Vielmehr ist es regelmäßig als Abwägungsfaktor im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung des Gewichts des der Tötung vorausgehenden Opferverhaltens einzustellen. Fehlte dem späteren Opfer des Tötungsdelikts - für den Täter erkennbar - das Bewusstsein durch eine Misshandlung oder schwere Beleidigung den Täter zu provozieren, wäre dies typischerweise als das Gewicht der Provokation minderndes Kriterium zu berücksichtigen.
24dd) Im Ergebnis hält die Ablehnung von § 213 Alt. 1 StGB durch das Landgericht dennoch Stand. Denn auf der Grundlage seiner rechtsfehlerfrei festgestellten, für die Gesamtwürdigung relevanten Umstände kann ausgeschlossen werden, dass das Landgericht zur Annahme der Voraussetzungen des § 213 Alt. 1 StGB gelangt wäre, wenn es ein Provokationsbewusstsein nicht als notwendige Bedingung verstanden hätte. Es hat bei der Bewertung der Schwere der Beleidigung dem Grinsen und Lachen der Geschädigten als Reaktion auf das Weinen des Angeklagten bei Offenbaren von Intimitäten mit dem Zeugen J. entscheidendes Gewicht beigemessen (UA S. 63 f.). Das ist im rechtlichen Ausgangspunkt nicht zu beanstanden. Denn weder die Aufnahme eines ehewidrigen intimen Verhältnisses als solches (vgl. , NStZ 1982, 27) noch dessen Eingeständnis gegenüber dem Ehepartner (Fischer, StGB, 65. Aufl., § 213 Rn. 6) vermögen in aller Regel die Voraussetzungen der Provokationsalternative zu begründen. Es bedurfte daher weiterer auf den Einzelfall bezogener Umstände, um von einer die Begünstigung auslösenden „schweren Beleidigung“ ausgehen zu können. Solche hat das Landgericht zwar vor allem in dem Verhalten der Geschädigten bei dem Einräumen des intimen Kontakts zum Zeugen J. gesehen. Im Rahmen der erfolgten Gesamtwürdigung war das Landgericht aber berechtigt, das rechtsfehlerfrei festgestellte Fehlen eines Beleidigungsbewusstseins der Geschädigten als ausschlaggebendes Kriterium gegen die Anwendung von § 213 Alt. 1 StGB zu gewichten. Dass es dabei eine derartige Komponente offenbar als notwendige Bedingung erachtet hat, steht nicht entgegen. Denn das Landgericht durfte im Rahmen der ihm zustehenden Wertung diesen Aspekt als tragend gegen das Eingreifen der Provokationsalternative beurteilen.
25b) Die Annahme eines unbenannten minder schweren Falls gemäß § 213 Alt. 2 StGB wirkt sich nicht zu Lasten des Angeklagten aus.
26c) Die konkrete Strafzumessung des Landgerichts innerhalb des Sonderstrafrahmens aus § 213 StGB weist unter Berücksichtigung der begrenzten revisionsgerichtlichen Überprüfung (siehe nur Rn. 9 mwN [in NStZ-RR 2018, 56 nur redaktioneller Leitsatz]) keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler auf.
27aa) Soweit die Revision des Angeklagten befürchtet, das Landgericht habe den rechtsfehlerfrei festgestellten direkten Tötungsvorsatz des Angeklagten unter Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB zu dessen Lasten berücksichtigt, findet dies im Urteil keine Stütze. Die tatrichterlichen Strafzumessungserwägungen haben die Vorsatzform nicht zum Gegenstand. Es kommt daher nicht darauf an, ob eine solche Berücksichtigung überhaupt rechtsfehlerhaft wäre (vgl. dazu die Anfrage in , NStZ 2017, 216 ff.).
28bb) Die Höhe der innerhalb des Ausnahmestrafrahmens aus § 213 StGB gefundenen Strafe ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar kann es im Einzelfall rechtsfehlerhaft sein, wenn das Tatgericht bei einer Vielzahl von festgestellten Schuldminderungsgründen und ausdrücklich festgestellten Fehlens von Schulderhöhungsgründen ohne nähere Begründung eine deutlich oberhalb des Mindestmaßes liegende Strafe verhängt (, NStZ-RR 2016, 241 f. mwN). Allerdings kann aus dem Fehlen expliziter Benennung von die Strafzumessungsschuld erhöhenden Gründen nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden, solche lägen nach Wertung des Tatrichters nicht vor. Denn in den Urteilsgründen muss er lediglich die nach seiner Beurteilung für die Strafe bestimmenden Umstände angeben (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungsgesichtspunkte ist weder gesetzlich vorgeschrieben noch möglich (st. Rspr.; Rn. 14 mwN).
29Bei der konkreten Zumessung der Strafe hat das Landgericht ausgeführt, den bereits für die Annahme des Ausnahmestrafrahmens aus § 213 StGB herangezogenen Strafmilderungsgrundes deshalb lediglich noch mit geringerem Gewicht berücksichtigt zu haben. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Die Verhängung einer Strafe im oberen Bereich des Strafrahmens aus § 213 StGB ist dann nicht zu beanstanden. Bei dem Eingreifen eines - wie hier - Ausnahmestrafrahmens kann das Gewicht von zu dessen Begründung herangezogenen Strafmilderungsgründen so weit relativiert sein, dass sie innerhalb dieses Rahmens kaum noch mildernde Wirkung zu entfalten vermögen und deshalb gegen den Täter sprechende Umstände, insbesondere die Schwere der Tat, eine Strafe im oberen Bereich des gemilderten Strafrahmens rechtfertigen (, BGHSt 34, 355, 360). Die getroffenen Feststellungen zum Tötungsgeschehen belegen den Schweregrad der Tat.
IV.
30Die ebenfalls wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten dringt aus den vorstehend zu III.3.c) dargelegten Gründen nicht durch.
V.
31Für die vorliegende Konstellation ist im Revisionsverfahren eine Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Beteiligten nur insofern veranlasst, als diese das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die hierdurch verursachten notwendigen Auslagen des Angeklagten betrifft ( Rn. 96 [insoweit in BGHSt 59, 292 ff. nicht abgedruckt]).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:210218U1STR351.17.0
Fundstelle(n):
XAAAG-85978