Insolvenzverfahren und Restschuldbefreiung in England
anzuwendendes Recht bei Sachverhalten mit Auslandsberührung
Anfechtungsfrist bei Grundstücksübertragung
Leitsatz
1. Bei der Entscheidung der Finanzbehörde über die Inanspruchnahme nach § 191 Abs. 1 AO ist zunächst zu prüfen, ob in der
Person, die sie durch Duldungsbescheid in Anspruch nehmen will, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Anfechtung erfüllt
sind. Hierbei handelt es sich um eine vom Gericht in vollem Umfang überprüfbare Rechtsentscheidung. Darauf folgt die Ermessensentscheidung,
ob und ggf. wen die Behörde als Duldungsverpflichteten in Anspruch nehmen will. Diese auf der zweiten Stufe zu treffende Entscheidung
ist gerichtlich nur im Rahmen des § 102 FGO auf Ermessensfehler (Ermessensfehlgebrauch bzw. Ermessensüberschreitung) überprüfbar.
2. Das Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (AnfG) enthält keine
Einschränkung, wonach eine Gläubigeranfechtung ausscheidet, wenn der Schuldner ein Insolvenzverfahren in England durchlaufen
hat und dieses Insolvenzverfahren abgeschlossen ist. Ebenso wenig ist eine Gläubigeranfechtung grundsätzlich ausgeschlossen,
wenn der Schuldner als Ergebnis eines Insolvenzverfahrens von seinen am Ende des Insolvenzverfahrens noch bestehenden Verbindlichkeiten
befreit worden ist und die Gläubiger aufgrund eines ausländischen Insolvenzverfahrens und der dort erlangten Restschuldbefreiung
nur noch eingeschränkt auf das Vermögen des Schuldners zugreifen können.
3. Bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ist für die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung das Recht maßgeblich, dem die Wirkungen
der Rechtshandlung unterliegen. Bei Übertragung einer in Deutschland belegenen Eigentumswohnung ist daher das deutsche Recht
als Recht des Lageortes des Grundstücks auch dann maßgeblich, wenn der Vollstreckungsschuldner im Ausland wohnhaft ist oder
im Ausland ein Insolvenzverfahren über dessen Vermögen durchgeführt worden ist.
4. Das Insolvenzrecht erstreckt seine Wirkungen nicht darauf, wie sich Rechtsbeziehungen zwischen Gläubigern und Dritten gestalten,
wenn das Insolvenzverfahren beendet und der Schuldner nicht betroffen ist.
5. Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung ins Grundbuch erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft
als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärungen des Schuldners
für ihn bindend geworden sind und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat.
Tatbestand
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): EFG 2018 S. 915 Nr. 11 HAAAG-83555
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