Herstellen einer Wohnung bei Baumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude
Gesetze: EStG § 10e
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Keiner der von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Revisionszulassungsgründe ist gegeben bzw. in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geforderten Weise dargelegt worden.
1. Die Kläger haben die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht schlüssig (substantiiert) dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (BFH-Beschlüsse vom VIII B 41/91, BFHE 165, 287, BStBl II 1991, 924; vom I B 99/98, BFHE 188, 372, BStBl II 2000, 254, jeweils zum bis einschließlich 2000 geltenden Zulassungsrecht). Für den —hier anzuwendenden— § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757) gilt nichts anderes (vgl. BFH-Beschlüsse vom VII B 66/01, BFH/NV 2002, 1308, und vom X B 102/01, BFH/NV 2002, 1045).
Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dafür reicht die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Vielmehr muss der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen (Senatsentscheidung vom X B 40/99, BFH/NV 2000, 563). Erforderlich sind ferner Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage. Insoweit muss der Beschwerdeführer substantiiert darlegen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und strittig ist. Hat der BFH über eine Rechtsfrage bereits entschieden, ist darzulegen, welche neuen und gewichtigen, vom BFH noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung und/oder der Literatur gegen die Rechtsauffassung des BFH vorgebracht werden (, BFH/NV 2000, 985; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 33, m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht.
Die Kläger haben insbesondere zur Klärungsbedürftigkeit der von ihnen aufgeworfenen Rechtsfragen keine Angaben gemacht. Auch haben sie das allgemeine Interesse an einer Entscheidung des BFH in der Beschwerdeschrift nicht dargetan. Die Frage, ”ob § 255 HGB bei der Auslegung des § 10e EStG entgegen der Rechtsansicht des Schleswig-Holsteinischen FG anzuwenden ist”, hat der Senat bereits entschieden (vgl. Urteil vom X R 9/99, BFHE 201, 256, BFH/NV 2003, 706).
Auch im Übrigen ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht gegeben. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Herstellen einer Wohnung i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) angenommen werden kann, ist durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt. Baumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude können nur dann als Herstellung in diesem Sinn beurteilt werden, wenn sie einem Neubau gleichkommen, d.h. das Gebäude muss bautechnisch neu sein. Die Altbausubstanz muss dabei so tiefgreifend umgestaltet oder in einem solchen Ausmaß erweitert worden sein, dass die neu eingefügten Gebäudeteile der entstandenen Wohnung das bautechnische Gepräge geben und die verwendeten Altteile wertmäßig untergeordnet erscheinen. Das kann angenommen werden, wenn der angefallene Bauaufwand zuzüglich des Werts der Eigenleistungen nach überschlägiger Berechnung den Wert der Altbausubstanz (Verkehrswert) übersteigt (vgl. im Einzelnen Senatsentscheidung vom X R 36/99, BFH/NV 2002, 1158, m.w.N.). Auf die von den Klägern angesprochene wirtschaftliche Betrachtungsweise bzw. die Entwicklung des Einheitswerts kommt es danach für die Frage, ob eine Wohnung i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG hergestellt worden ist, nicht an.
2. Auch eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO —der Zulassungsgrund ”Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung” erfasst auch die Divergenz der Entscheidung des Finanzgerichts (FG) von der Rechtsprechung des BFH— kommt nicht in Betracht. Es kann dahinstehen, ob die Kläger tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung des BFH andererseits herausgearbeitet und einander gegenübergestellt und so eine mögliche Abweichung ausreichend verdeutlicht haben. Die gerügte Abweichung von dem (BFHE 198, 74, BFH/NV 2002, 968) liegt jedenfalls nicht vor.
Nach dem zitierten Urteil bestimmt sich bei den Gewinn- und Überschusseinkünften nach § 255 des Handelsgesetzbuches (HGB), welche Aufwendungen zu den Herstellungskosten oder Anschaffungskosten der Wohnung gehören. Nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sind Herstellungskosten Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Herstellen einer Wohnung i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG bedeutet nach der Rechtsprechung des Senats das Schaffen einer neuen, bisher nicht vorhandenen Wohnung. Baumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude sind, wie dargestellt, nur dann die Herstellung einer Wohnung, wenn die Baumaßnahmen einem Neubau gleichkommen (Senatsentscheidung in BFH/NV 2002, 1158). Von dieser Begriffsbestimmung ist das FG ausgegangen. Sie hat durch die genannte Entscheidung des IX. Senats des BFH keine Änderung erfahren.
3. Soweit die Kläger den Verfahrensmangel der Verletzung ihres rechtlichen Gehörs rügen, entspricht die Beschwerdeschrift bereits nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Im Übrigen liegt der von ihnen gerügte Verfahrensmangel nicht vor.
Der Anspruch der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verbietet dem Gericht den Erlass einer Überraschungsentscheidung. Eine solche liegt vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste (, BFH/NV 2003, 929, m.w.N.).
Eine schlüssige Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs erfordert, wenn sie wie vorliegend auf einzelne Feststellungen bzw. rechtliche Gesichtspunkte des vorinstanzlichen Urteils bezogen wird, dass der Beschwerdeführer im Einzelnen darlegt, wozu er sich nicht hat äußern können und was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte; darüber hinaus muss angegeben werden, dass bei Berücksichtigung des Sachvortrags eine andere Entscheidung des FG möglich gewesen wäre (, BFH/NV 2003, 68, m.w.N.).
Diesen Erfordernissen entspricht das Vorbringen der Kläger nicht, wenn sie lediglich rügen, das FG habe ihr tatsächliches Vorbringen zur Beachtung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Rahmen des § 10e Abs. 1 EStG nicht zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt.
Das FG hat, wie dargestellt, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zu Recht entschieden, dass Baumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude nur dann als Herstellung einer Wohnung i.S. des § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG beurteilt werden können, wenn die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude das bautechnische Gepräge geben. Daraus folgt, dass für die von den Klägern angesprochene wirtschaftliche Betrachtungsweise in diesem Zusammenhang kein Raum ist. Zusätzlicher, dies klarstellender Ausführungen bedurfte es nicht.
4. Von einer weiteren Begründung des Beschlusses wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1574
BFH/NV 2003 S. 1574 Nr. 12
AAAAA-69503