Kapitel I: Allgemeine Bestimmungen
Abschnitt 1: Gegenstand, Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen
Artikel 3
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
„Kreditinstitut“ ein Kreditinstitut im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates [1] sowie dessen in der Union gelegene Zweigstellen – im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 17 jener Verordnung –, unabhängig davon, ob sich sein Sitz in der Union oder in einem Drittstaat befindet;
„Finanzinstitut“:
ein anderes Unternehmen als ein Kreditinstitut, das eine oder mehrere der in Anhang I Nummern 2 bis 12, 14 und 15 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates [2] aufgeführten Tätigkeiten ausübt, einschließlich der Tätigkeiten von Wechselstuben (bureaux de change);
ein Versicherungsunternehmen im Sinne von Artikel 13 Nummer 1 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates [3], soweit es Lebensversicherungstätigkeiten ausübt, die unter jene Richtlinie fallen;
eine Wertpapierfirma im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates [4];
einen Organismus für gemeinsame Anlagen, der seine Anteilscheine oder Anteile vertreibt;
einen Versicherungsvermittler im Sinne von Artikel 2 Nummer 5 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates [5], wenn dieser im Zusammenhang mit Lebensversicherungen und anderen Dienstleistungen mit Anlagezweck tätig wird, mit Ausnahme eines vertraglich gebundenen Versicherungsvermittlers im Sinne von Nummer 7 jenes Artikels;
in der Union gelegene Zweigstellen von unter den Buchstaben a bis e genannten Finanzinstituten, unabhängig davon, ob deren Sitz in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland liegt;
„Vermögensgegenstand“ Vermögenswerte aller Art, ob körperlich oder nichtkörperlich, beweglich oder unbeweglich, materiell oder immateriell, und Rechtstitel oder Urkunden in jeder – einschließlich elektronischer oder digitaler – Form, die das Eigentumsrecht oder Rechte an solchen Vermögenswerten belegen;
„kriminelle Tätigkeit“ jede Form der kriminellen Beteiligung an der Begehung der folgenden schweren Straftaten:
terroristische Straftaten, Straftaten im Zusammenhang mit einer terroristischen Vereinigung und Straftaten im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten gemäß den Titeln II und III der Richtlinie (EU) 2017/541 [6];
alle Straftaten, die in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a des Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen aufgeführt sind;
die Tätigkeiten krimineller Vereinigungen im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates [7];
Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 1 des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften [8], zumindest in schweren Fällen;
Bestechung;
alle Straftaten, einschließlich Steuerstraftaten, im Zusammenhang mit direkten und indirekten Steuern und entsprechend der Definitionen im nationalen Recht der Mitgliedstaaten, die mit einer Freiheitsstrafe oder einer die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung im Höchstmaß von mehr als einem Jahr oder – in Mitgliedstaaten, deren Rechtssystem ein Mindeststrafmaß für Straftaten vorsieht – die mit einer Freiheitsstrafe oder einer die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung von mindestens mehr als sechs Monaten belegt werden können;
„Selbstverwaltungseinrichtung“ eine Einrichtung, die Angehörige eines Berufes vertritt und die eine Rolle bei deren Regulierung, bei der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben aufsichts- oder überwachungsrechtlicher Art sowie bei der Gewährleistung der Durchsetzung der sie betreffenden Regeln wahrnimmt;
„wirtschaftlicher Eigentümer“ alle natürlichen Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Kunde letztlich steht, und/oder die natürliche(n) Person(en), in deren Auftrag eine Transaktion oder Tätigkeit ausgeführt wird; hierzu gehört zumindest folgender Personenkreis:
bei Gesellschaften:
alle natürliche(n) Person(en), in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine juristische Person – bei der es sich nicht um eine an einem geregelten Markt notierte Gesellschaft handelt, die dem Unionsrecht entsprechenden Offenlegungspflichten bzw. gleichwertigen internationalen Standards, die angemessene Transparenz der Informationen über die Eigentumsverhältnisse gewährleisten, unterliegt – über das direkte oder indirekte Halten eines ausreichenden Anteils von Aktien oder Stimmrechten oder eine Beteiligung an jener juristischen Person, einschließlich in Form von Inhaberaktien, oder durch andere Formen der Kontrolle letztlich steht.
Hält eine natürliche Person einen Aktienanteil von 25 % zuzüglich einer Aktie oder eine Beteiligung von mehr als 25 % am Kunden, so gilt dies als Hinweis auf direktes Eigentum. Hält eine Gesellschaft, die von einer oder mehreren natürlichen Personen kontrolliert wird, oder halten mehrere Gesellschaften, die von derselben natürlichen Person oder denselben natürlichen Personen kontrolliert werden, einen Aktienanteil von 25 % zuzüglich einer Aktie oder eine Beteiligung von mehr als 25 % am Kunden, so gilt dies als Hinweis auf indirektes Eigentum. Dies gilt unbeschadet des Rechts der Mitgliedstaaten zu beschließen, dass ein niedrigerer Prozentsatz als Hinweis auf Eigentum oder Kontrolle gelten kann. Andere Formen der Kontrolle können unter anderem gemäß den Kriterien bestimmt werden, die in Artikel 22 Absätze 1 bis 5 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates [9] aufgeführt sind;
wenn nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten und sofern keine Verdachtsmomente vorliegen, keine Person nach Ziffer i ermittelt worden ist oder wenn der geringste Zweifel daran besteht, dass es sich bei der/den ermittelten Person(en) um den/die wirtschaftlichen Eigentümer handelt, die natürliche(n) Person(en), die der Führungsebene angehört/angehören; die Verpflichteten führen Aufzeichnungen über die getroffenen Maßnahmen zur Ermittlung des wirtschaftlichen Eigentums nach Ziffer i und der vorliegenden Ziffer;
bei Trusts alle folgenden Personen:
den/die Settlor;
den/die Trustee(s);
den/die Protektor(en), sofern vorhanden;
die Begünstigten oder – sofern die Einzelpersonen, die Begünstigte der Rechtsvereinbarung oder juristischen Person sind, noch bestimmt werden müssen – die Gruppe von Personen, in deren Interesse die Rechtsvereinbarung oder die juristische Person in erster Linie errichtet oder betrieben wird;
jede sonstige natürliche Person, die den Trust durch direkte oder indirekte Eigentumsrechte oder auf andere Weise letztlich kontrolliert;
bei juristischen Personen wie Stiftungen und bei Rechtsvereinbarungen, die Trusts ähneln, die natürliche(n) Person(en), die gleichwertige oder ähnliche wie die unter Buchstabe b genannten Funktionen bekleidet/bekleiden;
„Dienstleister für Trusts oder Gesellschaften“ jede Person, die gewerbsmäßig eine der folgenden Dienstleistungen für Dritte erbringt:
Gründung von Gesellschaften oder anderen juristischen Personen;
Ausübung der Leitungs- oder Geschäftsführungsfunktion einer Gesellschaft, der Funktion eines Gesellschafters einer Personengesellschaft oder einer vergleichbaren Funktion bei einer anderen juristischen Person oder Bestellung einer anderen Person für die zuvor genannten Funktionen;
Bereitstellung eines Sitzes, einer Geschäfts-, Post- oder Verwaltungsadresse und anderer damit zusammenhängender Dienstleistungen für eine Gesellschaft, eine Personengesellschaft oder eine andere juristische Person oder Rechtsvereinbarung;
Ausübung der Funktion eines Trustees eines Express Trusts oder einer ähnlichen Rechtsvereinbarung oder Bestellung einer anderen Person für die zuvor genannte Funktionen;
Ausübung der Funktion eines nominellen Anteilseigners für eine andere Person, bei der es sich nicht um eine an einem geregelten Markt notierte Gesellschaft handelt, die dem Unionsrecht entsprechenden Offenlegungsanforderungen oder gleichwertigen internationalen Standards unterliegt, oder Bestellung einer anderen Person für die zuvor genannten Funktionen;
„Korrespondenzbank-Beziehung“
die Erbringung von Bankdienstleistungen durch eine Bank als Korrespondenzbank für eine andere Bank als Respondenzbank; hierzu zählen unter anderem die Unterhaltung eines Kontokorrent- oder eines anderen Bezugskontos und die Erbringung damit verbundener Leistungen wie Verwaltung von Barmitteln, internationale Geldtransfers, Scheckverrechnung, Dienstleistungen im Zusammenhang mit Durchlaufkonten und Devisengeschäfte;
die Beziehungen zwischen Kreditinstituten und Finanzinstituten, sowohl mit- als auch untereinander, wenn ähnliche Leistungen durch ein Korrespondenzinstitut für ein Respondenzinstitut erbracht werden; dies umfasst unter anderem Beziehungen, die für Wertpapiergeschäfte oder Geldtransfers aufgenommen wurden;
„politisch exponierte Person“ eine natürliche Person, die wichtige öffentliche Ämter ausübt oder ausgeübt hat; hierzu zählen unter anderem:
Staatschefs, Regierungschefs, Minister, stellvertretende Minister und Staatssekretäre;
Parlamentsabgeordnete oder Mitglieder vergleichbarer Gesetzgebungsorgane;
Mitglieder der Führungsgremien politischer Parteien;
Mitglieder von obersten Gerichtshöfen, Verfassungsgerichtshöfen oder sonstigen hohen Gerichten, gegen deren Entscheidungen, von außergewöhnlichen Umständen abgesehen, kein Rechtsmittel mehr eingelegt werden kann;
Mitglieder von Rechnungshöfen oder der Leitungsorgane von Zentralbanken;
Botschafter, Geschäftsträger und hochrangige Offiziere der Streitkräfte;
Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane staatseigener Unternehmen;
Direktoren, stellvertretende Direktoren und Mitglieder des Leitungsorgans oder eine vergleichbare Funktion bei einer internationalen Organisation.
Keine der unter den Buchstaben a bis h genannten öffentlichen Funktionen umfasst Funktionsträger mittleren oder niedrigeren Ranges;
„Familienmitglieder“ umfasst unter anderem
den Ehepartner einer politisch exponierten Person oder eine dem Ehepartner einer politisch exponierten Person gleichgestellte Person,
die Kinder einer politisch exponierten Person und deren Ehepartner oder den Ehepartnern gleichgestellte Personen,
die Eltern einer politisch exponierten Person;
„bekanntermaßen nahestehende Personen“
natürliche Personen, die bekanntermaßen gemeinsam mit einer politisch exponierten Person wirtschaftliche Eigentümer von juristischen Personen oder Rechtsvereinbarungen sind oder sonstige enge Geschäftsbeziehungen zu einer politisch exponierten Person unterhalten;
natürliche Personen, die alleiniger wirtschaftlicher Eigentümer einer juristischen Person oder einer Rechtsvereinbarung sind, welche bekanntermaßen de facto zugunsten einer politisch exponierten Person errichtet wurde;
„Führungsebene“ Führungskräfte oder Mitarbeiter mit ausreichendem Wissen über die Risiken, die für das Institut in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bestehen, und ausreichendem Dienstalter, um Entscheidungen mit Auswirkungen auf die Risikolage treffen zu können, wobei es sich nicht in jedem Fall um ein Mitglied des Leitungsorgans handeln muss;
„Geschäftsbeziehung“ jede geschäftliche, berufliche oder gewerbliche Beziehung, die mit den beruflichen Tätigkeiten eines Verpflichteten in Verbindung steht und bei der bei Zustandekommen des Kontakts davon ausgegangen wird, dass sie von gewisser Dauer sein wird;
„Glücksspieldienste“ einen Dienst, der einen geldwerten Einsatz bei Glücksspielen erfordert, wozu auch Spiele zählen, die eine gewisse Geschicklichkeit voraussetzen, wie Lotterien, Kasinospiele, Pokerspiele und Wetten, die an einem physischen Ort oder auf beliebigem Wege aus der Ferne, auf elektronischem Wege oder über eine andere kommunikationserleichternde Technologie und auf individuelle Anfrage eines Diensteempfängers angeboten werden;
„Gruppe“ eine Gruppe von Unternehmen, die aus einem Mutterunternehmen, seinen Tochterunternehmen und den Unternehmen, an denen das Mutterunternehmen oder seine Tochterunternehmen eine Beteiligung halten, besteht, sowie Unternehmen, die untereinander durch eine Beziehung im Sinne von Artikel 22 der Richtlinie 2013/34/EU verbunden sind;
„E-Geld“ E-Geld im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 der Richtlinie 2009/110/EG, jedoch ohne den monetären Wert im Sinne von Artikel 1 Absätze 4 und 5 jener Richtlinie;
„Bank-Mantelgesellschaft (shell bank)“ ein Kreditinstitut, ein Finanzinstitut oder ein Institut, das Tätigkeiten ausübt, die denen eines Kreditinstituts oder eines Finanzinstituts gleichwertig sind, das in einem Land eingetragen ist, in dem es nicht physisch präsent ist, so dass eine echte Leitung und Verwaltung stattfinden könnte, und das keiner regulierten Finanzgruppe angeschlossen ist;
„virtuelle Währungen“ eine digitale Darstellung eines Werts, die von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht zwangsläufig an eine gesetzlich festgelegte Währung angebunden ist und die nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen als Tauschmittel akzeptiert wird und die auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann;
„Anbieter von elektronischen Geldbörsen“ einen Anbieter, der Dienste zur Sicherung privater kryptografischer Schlüssel im Namen seiner Kunden anbietet, um virtuelle Währungen zu halten, zu speichern und zu übertragen.
Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
IAAAG-81764
1Amtl. Anm.: Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl L 176 vom , S. 1).
2Amtl. Anm.: Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl L 176 vom , S. 338).
3Amtl. Anm.: Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl L 335 vom , S. 1).
4Amtl. Anm.: Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinie 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl L 145 vom , S. 1).
5Amtl. Anm.: Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlament und des Rates vom über Versicherungsvermittlung (ABl L 9 vom , S. 3).
6Amtl. Anm.: Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl L 88 vom , S. 6).
7Amtl. Anm.: Rahmenbeschluss 2008/841/JI des Rates vom zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl L 300, , S. 42).
8Amtl. Anm.: ABl C 316 vom , S. 49.
9Amtl. Anm.: Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl L 182 vom , S. 19).