Abzug nachträglicher Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach Veräußerung des Vermietungsobjekts - Reichweite der Surrogationsbetrachtung und Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung - Verwendung von Darlehensmitteln - Anforderungen an eine Reinvestitionsabsicht
Leitsatz
1. Für die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist maßgeblich, was mit dem Erlös aus der Veräußerung des mit einem Darlehen fremdfinanzierten Vermietungsobjekts geschieht.
2. Die nicht durch eine tatsächliche Verwendung begründete (angebliche) Reinvestitionsabsicht des Veräußerungserlöses in ein noch zu erwerbendes Vermietungsobjekt reicht nicht aus, um der Surrogationsbetrachtung zu genügen und den notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang der Schuldzinsen mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zu begründen.
Gesetze: EStG § 9 Abs. 1 Satz 1; EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1; EStG § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; FGO § 76 Abs. 1 Satz 1;
Instanzenzug: (EFG 2017, 1337),
Tatbestand
I.
1 Streitig ist der Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
2 Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für die Streitjahre 2009 bis 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Klägerin war in den Streitjahren Eigentümerin des bebauten Grundstücks X-Straße in B (Objekt B) und erzielte daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Bis zum Jahr 2007 war die Klägerin auch Eigentümerin des bebauten Grundstücks Z-Straße in B (Objekt A) und erzielte daraus ebenfalls Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Anschaffungskosten beider Grundstücke waren von der Klägerin durch Darlehen eines Kreditinstituts fremdfinanziert worden.
3 Unter dem veräußerte die Klägerin das Objekt A innerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum Preis von 5.325.000 €. Die Veräußerungskosten beliefen sich auf 37.766 €. Eine Tilgung der zu seiner Finanzierung aufgenommenen Darlehen erfolgte zunächst nicht.
4 Die Salden und die Schuldzinsen der für die beiden Grundstücke aufgenommenen Darlehen entwickelten sich in den Jahren 2007 bis 2011 wie folgt (in €):
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Objekt A | Objekt B | ||||
Darlehen mit Endnummern | 586 | 578 | 352 | 360 | 493 |
Zinsen 2007 | 54.286,43 | 71.037,92 | 34.192,68 | 47.869,68 | 6.837,51 |
Saldo | 1.981.350,53 | 1.533.875,64 | 639.114,85 | 894.760,79 | 122.032,20 |
Zinsen 2008 | 91.272,07 | 71.325,24 | 34.192,58 | 47.869,68 | 3.522,38 |
Saldo | 1.940.622,60 | 1.533.875,64 | 639.114,85 | 894.760,79 | 40.354,58 |
Tilgung am | 1.444.538,75 | 0 | 639.114,85 | 894.760,79 | 0 |
Zinsen 2009 | 91.364,58 | 71.325,24 | 19.945,73 | 27.923,98 | 474,61 |
Saldo | 450.010,22 | 1.533.875,64 | 0 | 0 | 0 |
Zinsen 2010 | 19.615,50 | 71.325,24 | 0 | 0 | 0 |
Saldo | 388.025,72 | 1.533.875,64 | 0 | 0 | 0 |
Zinsen 2011 | 16.671,00 | 71.325,24 | 0 | 0 | 0 |
Saldo | 323.096,72 | 1.533.875,64 | 0 | 0 | 0 |
6 Für das Streitjahr 2009 machte die Klägerin für das Objekt B Schuldzinsen in Höhe von 211.455 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Dieser Betrag setzt sich aus der Summe der Schuldzinsen für alle fünf Darlehen und Zinsen aus laufenden Konten in Höhe von 420,90 € zusammen.
7 Zum tilgte die Klägerin die zur Finanzierung des Objekts B aufgenommenen Darlehen mit den Endnummern 352 und 360 unter Verwendung eines Teils des Veräußerungserlöses aus dem Objekt A. Einen anderen Teil des Veräußerungserlöses verwandte sie dazu, das für die Anschaffung dieses Grundstücks aufgenommene Darlehen mit der Endnummer 586 teilweise zu tilgen.
8 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) erkannte die Umwidmung des Darlehens mit der Endnummer 578 an und berücksichtigte die dafür angefallenen Schuldzinsen zeitanteilig für die Monate August bis Dezember als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt B. Für die Schuldzinsen, die darüber hinaus bei diesem Darlehen sowie bei dem Darlehen 586 angefallen waren, versagte das FA den Werbungskostenabzug.
9 Die im November 2009 erfolgte Anschaffung zweier weiterer Vermietungsobjekte wurde über neu aufgenommene Darlehen finanziert.
10 Für das Streitjahr 2010 machte die Klägerin wiederum die gesamten Schuldzinsen aus den beiden verbliebenen Darlehen 586 und 578 in Höhe von 90.940,74 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das FA erkannte lediglich den auf das Darlehen 578 entfallenden Teilbetrag von 71.325,24 € an.
11 Auch für das Streitjahr 2011 berücksichtigte es anstelle der von der Klägerin für beide Darlehen geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von 87.996,24 € lediglich die Zinsen auf das Darlehen 578 in Höhe von 71.325,24 €.
12 Die Kläger legten gegen die entsprechenden Einkommensteuerbescheide für 2009 vom , für 2010 vom und für 2011 vom jeweils Einspruch ein. Sie trugen zur Begründung im Wesentlichen vor, der Erlös aus der Veräußerung des Objekts A sei nicht zur sofortigen Ablösung der für dessen Anschaffung aufgenommenen Darlehen verwandt worden, um ihn für die Finanzierung neu anzuschaffender Objekte einsetzen zu können. Unter Berücksichtigung der günstigen Kreditkonditionen und der ersparten Vorfälligkeitsentschädigungen sei dies günstiger gewesen, als die vorhandenen Darlehen vorzeitig abzulösen und später neue Darlehen aufzunehmen.
13 Nachdem das FA aus nicht streitbefangenen Gründen die Einkommensteuerfestsetzung 2009 durch Bescheid vom und die Einkommensteuerfestsetzung 2011 durch Bescheid vom geändert hatte, setzte es durch Teileinspruchsentscheidung vom die Einkommensteuer für 2009 aus nicht streitbefangenen Gründen herab. Im Übrigen wies es die Einsprüche als unbegründet zurück.
14 Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 1337 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Danach seien die in Rede stehenden Schuldzinsen auf die Darlehen 586 und 578 nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Der durch die Verwendung der Darlehensmittel begründete wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den Schuldzinsen und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt A sei mit dessen Veräußerung entfallen. Auch ein Abzug als nachträgliche Werbungskosten komme insoweit nicht in Betracht. Die Darlehen 586 und 578 hätten aus dem Veräußerungserlös getilgt werden können (Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung). Die Schuldzinsen könnten auch nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus anderen Objekten abgezogen werden. Die Klägerin habe den Erlös aus der Veräußerung nicht zum Erwerb anderer Grundstücke eingesetzt. Die im November 2009 neu angeschafften Immobilien habe sie vielmehr durch Aufnahme neuer Kredite finanziert.
15 Das FA hat während des Klageverfahrens unter dem den Einkommensteuerbescheid für 2010 aus nicht streitbefangenen Gründen geändert.
16 Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen (mangelnde Sachaufklärung gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) und materiellen Rechts (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG).
17 Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom , den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom sowie den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom in Gestalt der Teileinspruchsentscheidung vom mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einkommensteuer jeweils auf den Betrag herabgesetzt wird, der sich ergibt, wenn die Schuldzinsen in der erklärten Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden,
hilfsweise, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
18 Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Gründe
II.
19 Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht eine Berücksichtigung der in Rede stehenden Schuldzinsen auf die Darlehen 586 und 578 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgelehnt.
20 1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu zählen auch Schuldzinsen, soweit diese mit einer Einkunftsart, vorliegend den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG).
21 a) Im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhangs zwischen Schuldzinsen auf ein Immobiliendarlehen und der Einkünftesphäre kommt einerseits dem mit der Aufnahme der Darlehensschuld verfolgten Zweck, welcher auf die Erzielung von Einnahmen —im Streitfall aus Vermietung und Verpachtung— gerichtet sein muss, und andererseits der zweckentsprechenden Verwendung der Darlehensmittel entscheidende Bedeutung zu. Der notwendige Veranlassungszusammenhang von Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist danach als gegeben anzusehen, wenn ein objektiver Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Überlassung eines Vermietungsobjekts zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser Nutzungsüberlassung gemacht werden. Mit der erstmaligen —objektbezogenen— Verwendung einer Darlehensvaluta zur Anschaffung eines Vermietungsobjekts wird die maßgebliche Verbindlichkeit diesem Verwendungszweck unterstellt (, BFHE 237, 368, BStBl II 2013, 275, Rz 15; vom IX R 45/15, BFH/NV 2017, 1036, Rz 14).
22 b) Ein einmal begründeter und zwischenzeitlich auch nicht aus anderen Gründen weggefallener wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang eines Darlehens mit Einkünften i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG entfällt nicht allein deshalb, weil die mit den Darlehensmitteln angeschaffte Immobilie veräußert wird. Vielmehr setzt sich der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang zwischen dem Darlehen und den Einkünften aus der Vermietung —unabhängig von der Veräußerung und mithin auch unabhängig von der Frage ihrer Steuerbarkeit— am Veräußerungspreis fort (sog. Surrogationsbetrachtung). Daher sind nachträgliche Schuldzinsen, die auf ein solches Darlehen entfallen, grundsätzlich auch nach einer —ggf. gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren— Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können (sog. Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung; s. BFH-Urteile in BFHE 237, 368, BStBl II 2013, 275, und vom IX R 45/13, BFHE 244, 442, BStBl II 2015, 635, m.w.N.). Für die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist daher maßgeblich, was mit dem Veräußerungspreis geschieht.
23 aa) Schafft der Steuerpflichtige damit eine neue Einkunftsquelle —etwa ein zur Vermietung bestimmtes Immobilienobjekt— an, besteht der Zusammenhang (ggf. anteilig in Höhe des verwendeten Erlöses) am neuen Objekt fort (, BFHE 202, 280, BStBl II 2003, 706; in BFHE 244, 442, BStBl II 2015, 635).
24 bb) Wird kein neues Objekt und auch keine anderweitige Einkunftsquelle angeschafft, kommt es darauf an, ob der Verkaufserlös ausreicht, um das Darlehen abzulösen (BFH-Urteil in BFHE 244, 442, BStBl II 2015, 635).
25 (1) Ist dies der Fall, endet der wirtschaftliche Zusammenhang i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, und zwar unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige —worin er frei ist— tatsächlich das Darlehen ablöst, oder ob er den Veräußerungserlös anderweitig (privat) verwendet und das Darlehen bestehen lässt. Denn im letztgenannten Fall wird der grundsätzlich fortbestehende Veranlassungszusammenhang von einer privat motivierten Entscheidung —die Nichtablösung des Darlehens oder der anderweitigen Verwendung des Verkaufserlöses— ersetzt (, BFH/NV 2009, 1255; in BFHE 244, 442, BStBl II 2015, 635).
26 (2) Veräußert der Steuerpflichtige demgegenüber die vermietete Immobilie, reicht der Verkaufserlös aber nicht aus, um ein hierfür aufgenommenes Darlehen abzulösen, bleibt der nicht ablösbare Teil des (fortgeführten) Anschaffungsdarlehens im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 237, 368, BStBl II 2013, 275).
27 cc) Auch auf ein Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen können durch die (frühere) Einkünfteerzielung veranlasst sein. Daher kann auch ein Darlehen, das nicht unmittelbar dazu dient, Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilie zu finanzieren, sondern aufgenommen wird, um ein bereits früher aufgenommenes und nach Veräußerung der Immobilie fortgeführtes Anschaffungsdarlehen umzuschulden, mit Blick auf die Surrogationsbetrachtung noch in einem hinreichenden wirtschaftlichen Zusammenhang i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung stehen, soweit die Valuta des Umschuldungsdarlehens nicht über den abzulösenden Restdarlehensbetrag hinausgeht und die Umschuldung sich im Rahmen einer marktüblichen Finanzierung bewegt (ausführlich BFH-Urteil in BFHE 244, 442, BStBl II 2015, 635, m.w.N.).
28 c) Die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbare Tätigkeit ist dabei stets objektbezogen; maßgebend ist die auf ein bestimmtes Objekt ausgerichtete Tätigkeit des Steuerpflichtigen (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFHE 224, 58, BStBl II 2009, 370; vom IX R 18/08, BFH/NV 2009, 1627; vom IX R 46/13, BFH/NV 2015, 668; in BFH/NV 2017, 1036).
29 Für die Abziehbarkeit von Schuldzinsen als Werbungskosten kommt es auf den wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem konkreten Vermietungsobjekt im Zeitpunkt ihres jeweiligen Entstehens an (vgl. , BFHE 177, 392, BStBl II 1995, 697; in BFHE 202, 280, BStBl II 2003, 706). Eine bloße gedankliche Zuweisung eines Darlehens durch den Steuerpflichtigen genügt nicht (, BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772; vom IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676; vom X R 96/95, BFHE 187, 21, BStBl II 1999, 353); die Darlehensmittel müssen vielmehr —tatsächlich— einem bestimmten Wirtschaftsgut zugeordnet werden können (, BFH/NV 2012, 14, m.w.N.). Es steht nach der erstmaligen —objektbezogenen— Verwendung einer Darlehensvaluta zur Anschaffung eines Vermietungsobjekts auch nach dessen späterer Veräußerung nicht im Belieben des Steuerpflichtigen, ungeachtet der objektiven Umstände lediglich aufgrund einer bloßen Willensentscheidung diese Fremdmittel einem anderen Vermietungsobjekt zuzuordnen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 202, 280, BStBl II 2003, 706, unter II.1.b und 2.b). Dies folgt aus dem Grundsatz, dass das Darlehen auch im Zeitpunkt des jeweiligen Entstehens der Schuldzinsen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften —im vorliegenden Falle von solchen aus Vermietung und Verpachtung— verwendet worden sein muss (z.B. Beschlüsse des Großen Senats des , BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, unter C.II.2., und vom GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B.I.1. und 2.; , BFH/NV 2002, 341; vom IX R 65/00, BFHE 199, 430, BStBl II 2003, 389).
30 2. Nach diesen Maßstäben sind die in Rede stehenden Schuldzinsen auf die Darlehen 586 und 578 in den Streitjahren 2009 bis 2011 nicht als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.
31 a) Da nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) mit dem Veräußerungserlös keine neue Einkunftsquelle angeschafft worden ist, dieser aber ausgereicht hätte, um die Darlehen 586 und 578 abzulösen, endete im Streitfall der wirtschaftliche Zusammenhang i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG dieser Darlehen mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung im Jahr 2007.
32 b) Das FG hat zu Recht entschieden, dass rechtliche Hindernisse der Verwendung des Veräußerungserlöses zur Schuldentilgung nicht entgegenstanden. Denn auch bei einem Festzinskredit mit vertraglich vereinbarter Laufzeit begründet das Bedürfnis des Darlehensnehmers nach einer anderweitigen Verwertung des beliehenen Objekts eine Verpflichtung des Darlehensgebers, in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen (vgl. , BGHZ 136, 161). Der Einwand der Kläger, dass die Tilgung des Darlehens 578 aus der Ablaufleistung einer zu diesem Zweck abgeschlossenen Kapitallebensversicherung erfolgen sollte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn dies hinderte die Klägerin nicht daran, das Darlehen aus dem Veräußerungserlös zu tilgen und die Ablaufleistungen der Lebensversicherungen für andere Zwecke zu verwenden.
33 c) Zutreffend hat das FG ausgeführt, dass die Schuldzinsen aus den Darlehen 586 und 578 nach der Veräußerung des Objekts A Gegenleistung für die Überlassung der Darlehensmittel waren, die nicht mehr mit der Einkünfteerzielung aus diesem Objekt zusammenhingen.
34 d) Die streitigen Schuldzinsen können auch nicht als (vorab entstandene) Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus anderen Objekten abgezogen werden. Die Mittel aus den Darlehen 586 und 578 sind in den Streitjahren nicht tatsächlich zum Erzielen von Vermietungseinkünften verwendet worden. Die Klägerin hat den Erlös aus der Veräußerung nicht zur Anschaffung anderer Vermietungsobjekte eingesetzt, insbesondere wurden die im November 2009 neu angeschafften Immobilien allein durch die Aufnahme neuer Kredite finanziert. Anders als die Kläger meinen, reicht die —nicht durch eine tatsächliche Verwendung begründete— (angebliche) Reinvestitionsabsicht des Veräußerungserlöses in ein noch zu erwerbendes und nicht bestimmtes Vermietungsobjekt nicht aus, um der Surrogationsbetrachtung zu genügen und den notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zu begründen.
35 e) Die von den Klägern als (verzichtbaren) Verfahrensmangel gerügte Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) in Gestalt des Unterlassens einer Amtsermittlung durch das FG zu den Beweggründen für das Stehenlassen der Darlehen 586 und 578 ist nicht gegeben.
36 Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom (zu dessen Beweiskraft s. § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung —ZPO—) wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert, ohne dass ein Beweisantrag gestellt worden ist. Die —in der mündlichen Verhandlung vor dem FG fachkundig vertretenen— Kläger haben rügelos zur Sache verhandelt und damit ihr Rügerecht durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO; vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom IX B 207/07, BFH/NV 2008, 2022; vom IX B 198/09, BFH/NV 2010, 1647).
37 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2017:U.061217.IXR4.17.0
Fundstelle(n):
BStBl 2018 II Seite 268
BB 2018 S. 597 Nr. 11
BFH/NV 2018 S. 569 Nr. 5
BFH/PR 2018 S. 129 Nr. 6
BStBl II 2018 S. 268 Nr. 8
DB 2018 S. 547 Nr. 10
DStR 2018 S. 518 Nr. 10
DStRE 2018 S. 444 Nr. 7
DStZ 2018 S. 258 Nr. 8
EStB 2018 S. 125 Nr. 4
FR 2018 S. 531 Nr. 11
HFR 2018 S. 311 Nr. 4
KSR direkt 2018 S. 7 Nr. 4
KÖSDI 2018 S. 20705 Nr. 4
NJW 2018 S. 10 Nr. 15
NJW 2018 S. 1342 Nr. 18
NWB-Eilnachricht Nr. 11/2018 S. 683
StB 2018 S. 82 Nr. 4
StuB-Bilanzreport Nr. 7/2018 S. 266
KAAAG-77745