BAG Urteil v. - 2 AZR 785/16 (F)

Instanzenzug: Az: 8 Ca 6870/10 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 15 Sa 836/11vorgehend Az: 2 AZR 110/12vorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 15 Sa 1132/13 Urteilvorgehend Az: 2 AZR 606/14nachgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 11 Sa 543/18 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Änderungskündigung.

2Die beklagte Hellenische Republik betreibt in D eine Ergänzungsschule. An dieser ist die Klägerin seit 1992 als Lehrerin beschäftigt.

3Im Arbeitsvertrag vom heißt es auszugsweise:

4Das Gehalt der Klägerin wurde in der Folgezeit der Tarifentwicklung angepasst. Außerdem leistete die Beklagte an die Klägerin nach Inkrafttreten des TV-L Jahressonderzahlungen iHv. 80 vH des Bemessungsentgelts nach § 20 TV-L. Auf Basis der Entgeltgruppe 10 Stufe 5 berechnete sie für die Monate Januar und Februar 2010 eine Bruttovergütung iHv. 3.642,91 Euro und ab März 2010 eine Bruttovergütung iHv. 3.690,00 Euro.

5Seit dem Jahr 2009 befand sich die Beklagte in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Im Zusammenhang mit ihrer Zusage, ua. das bestehende Haushaltsdefizit zu verringern, bekräftigten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in einer Erklärung vom , im Bedarfsfall entschlossen und koordiniert handeln zu wollen, um die Finanzmarktstabilität im gesamten Euro-Währungsgebiet zu wahren.

6Der Beschluss des Rates der Europäischen Union vom gerichtet an Griechenland zwecks Ausweitung und Intensivierung der haushaltspolitischen Überwachung und zur Inverzugsetzung Griechenlands mit der Maßgabe, die zur Beendigung des übermäßigen Defizits als notwendig erachteten Maßnahmen zu treffen (2010/320/EU - ABl. EU L 145/6 vom ), fordert von der Beklagten Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Zu diesen gehören ua. die Kürzung des Oster-, Urlaubs- und Weihnachtsgelds für Beamte, eine Reform der Lohngesetzgebung sowie die Straffung und Vereinheitlichung der Tarifstruktur im öffentlichen Sektor.

7Die Beklagte erließ aufgrund der mit der Europäischen Union (EU), der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfond (IWF) getroffenen Vereinbarungen ua. das Gesetz Nr. 3833/2010 (Schutz der nationalen Wirtschaft - Dringende Maßnahmen zur Überwindung der Finanzkrise - Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 40 vom ). Nach der dem Berufungsgericht vorgelegten Übersetzung des Normtextes heißt es in diesem auszugsweise:

8Art. 1 des Gesetzes trat mit Wirkung zum und Art. 3 am Tag der Veröffentlichung des Gesetzes Nr. 3833/2010 im Regierungsblatt in Kraft.

9Darüber hinaus erließ die Beklagte das Gesetz Nr. 3845/2010 über Maßnahmen für die Anwendung des Stützungsmechanismus für die griechische Wirtschaft von Seiten der Mitgliedsländer der Eurozone und des Internationalen Währungsfonds (Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 65 vom ). Nach der dem Berufungsgericht vorgelegten Übersetzung des Normtextes heißt es in diesem auszugsweise:

10Art. 3 des Gesetzes trat mit Wirkung zum in Kraft.

11In Art. 3 Gesetz Nr. 3899/2010 (Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 212 vom ) ist festgelegt, dass die Bestimmungen in Art. 3 Gesetz Nr. 3833/2010 auch auf die Haushaltspolitik des Jahres 2011 Anwendung finden. Das Gesetz Nr. 4024/2011 (Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 226 vom ) regelt in seinem Kapitel 2 ua. ein grundlegendes Besoldungssystem für die Staatsangestellten.

12Mitte Juni 2010 nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Bezüge vor. Sie kürzte das Entgelt rückwirkend für die Monate Januar und Februar 2010 jeweils um 255,00 Euro brutto, für die Monate März bis Mai 2010 um jeweils 258,30 Euro brutto. Für den Monat Juni 2010 und in der Folgezeit bis einschließlich April 2011 zahlte sie nur noch ein um 361,25 Euro brutto verringertes monatliches Entgelt. Zudem leistete sie für das Jahr 2010 keine Sonderzahlung.

13Mit Schreiben vom , der Klägerin am zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos und bot ihr die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen an. In dem Kündigungsschreiben heißt es:

14Die Klägerin hat das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen. Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat sie sich gegen die - aus ihrer Sicht - unverhältnismäßige Änderung der Arbeitsbedingungen gewandt. Die Beklagte habe ihre wirtschaftliche Lage und ihre Sanierungsplanung nicht nachvollziehbar dargelegt. Das Änderungsangebot sei nicht hinreichend bestimmt. Die Beklagte habe ihr Gehalt zudem nicht einseitig kürzen dürfen.

15Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt

16Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Klage sei unzulässig, weil sie wegen ihrer Staatenimmunität nicht vor deutschen Gerichten verklagt werden könne. Die Klage sei jedenfalls unbegründet. Die Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 wirkten unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin ein und führten ohne jeden weiteren Umsetzungsakt zu einer Verminderung ihrer Vergütung. Die Änderung der Arbeitsbedingungen sei auch gerechtfertigt. Sie sei ohne Finanzhilfen Dritter seit Ende Februar/Anfang März 2010 finanziell nicht in der Lage gewesen, die Gehälter und Renten ihrer etwa einer Million Beschäftigten aufzubringen. Zur Vermeidung ihrer Zahlungsunfähigkeit habe sie Verhandlungen mit Geberländern aufgenommen. Aufgrund deren Vorgaben habe sie die Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 erlassen. Die Geschäftsgrundlage für die ursprünglich mit der Klägerin getroffenen Vereinbarungen sei daher weggefallen.

17Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben. Auf die Revision der Klägerin hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. In seiner neuen Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht die Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags und die Zahlungsklage insoweit abgewiesen, als sie den Betrag von 3.373,69 Euro brutto nebst Zinsen übersteigt. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung, während die Beklagte mit der Anschlussrevision ihr Begehren weiterverfolgt, die Klage insgesamt abzuweisen.

Gründe

18Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils, soweit das Landesarbeitsgericht auf die Berufung der Beklagten die Klage hinsichtlich des Änderungsschutzantrags und der Differenzvergütung für die Zeit ab dem (Zugang der Änderungskündigung) im Umfang von 1.884,96 Euro brutto abgewiesen hat. Das Arbeitsgericht hat zutreffend feststellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom unwirksam ist. Soweit das Landesarbeitsgericht die Klage hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung einer Jahressonderzahlung für das Jahr 2010 abgewiesen hat, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Die zulässige Anschlussrevision der Beklagten ist unbegründet. Die Beklagte war nicht berechtigt, die Bruttomonatsvergütung der Klägerin im Streitzeitraum zu kürzen.

19A. Die Klage ist zulässig. Die deutsche Gerichtsbarkeit ist gegeben. Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 GVG liegen nicht vor. Die Beklagte genießt in Bezug auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Staatenimmunität. Andere Zulässigkeitshindernisse für die erhobene Klage bestehen nicht. Das hat der Senat in einem Parallelverfahren für eine Lehrkraft, die an der Ergänzungsschule der Beklagten in B beschäftigt wird, in seinem am ergangenen Urteil ( (F) - Rn. 19 ff.), auf dessen Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, entschieden. Insoweit weist der Sachverhalt des vorliegenden Verfahrens keine entscheidungserheblichen Unterschiede auf. Die Beklagte hat nicht geltend gemacht, dass die Klägerin im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses hoheitliche Tätigkeiten ausübt.

20B. Die Klage ist in Bezug auf den Feststellungsantrag begründet. Die der Klägerin im Zusammenhang mit der Änderungskündigung angetragene fristlose - nicht „überflüssige“ - Änderung der Vertragsbedingungen ist unwirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-L, § 626 Abs. 1 BGB.

21I. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet deutsches materielles Recht Anwendung. Mit der bei Begründung des Arbeitsverhältnisses vereinbarten Geltung des BAT haben die Parteien konkludent deutsches Recht gewählt. Hiervon ist das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler ausgegangen. Gegenteiliges macht auch die Beklagte in der Revisionsinstanz nicht geltend.

22II. Die Klägerin hat das ihr mit der Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot analog § 2 KSchG unverzüglich (zu diesem Erfordernis  - zu B III 2 der Gründe) unter Vorbehalt angenommen und - rechtzeitig - entsprechend § 4 Satz 2 KSchG Änderungsschutzklage erhoben.

23III. Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob die Änderungsschutzklage - wie die Beklagte meint - unter dem Gesichtspunkt der „Überflüssigkeit“ des Änderungsangebots ohne Weiteres abzuweisen wäre, wenn die Beklagte aufgrund der in den Gesetzen Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 enthaltenen Regelungen auch ohne Änderungskündigung berechtigt gewesen wäre, die Vergütung der Klägerin einseitig herabzusetzen. Eine solche Wirkung entfalten die vorgenannten griechischen Gesetze für das Vertragsverhältnis der Parteien nicht. Durch diese ist auch nicht die Geschäftsgrundlage der bisher mit der Klägerin getroffenen Vereinbarungen entfallen. Auch insoweit wird zur Begründung auf die vorgenannte Senatsentscheidung vom verwiesen ( (F) - Rn. 25 ff.).

24IV. Die fristlose Änderung der Arbeitsbedingungen ist nicht wegen eines Mangels in der Kündigungserklärung unwirksam. Die Beklagte hat der Klägerin im Zusammenhang mit der Änderungskündigung ein hinreichend bestimmtes Änderungsangebot in der gebotenen Form des § 623 BGB unterbreitet. Danach sollte das Gehalt der Klägerin monatlich um exakt 314,16 Euro gekürzt werden und der Anspruch auf eine Jahressonderzahlung entfallen. Bestandteil des Änderungsangebots ist ferner die Änderung der bisherigen vertraglichen Abreden dahingehend, dass künftig Gehaltserhöhungen nicht mehr „automatisch“ geleistet werden.

251. Das Landesarbeitsgericht hat den vor Zugang der Änderungskündigung bestehenden vertraglichen Vereinbarungen rechtsfehlerfrei entnommen, dass sich das Arbeitsverhältnis - einschließlich der Höhe der Vergütung - nach dem TV-L in seiner jeweils geltenden Fassung bestimmte. Zwar haben die Parteien im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich auf die „jeweils geltenden“ Tarifbestimmungen verwiesen. Die Formulierung „Die Regelung des Arbeitsverhältnisses erfolgt gemäß dem deutschen Bundesangestelltentarifvertrag BAT“ ist aber dahin zu verstehen, dass die Beklagte als nicht tarifgebundene Arbeitgeberin auf ein intern von ihr praktiziertes System verweist, welches sich in seiner Struktur, soweit im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich Abweichendes geregelt ist, an den genannten Tarifverträgen ausrichtet (ebenso  - Rn. 41). Die Verweisung schließt jedenfalls die tarifvertraglichen Gehaltsregelungen ein. Die Bestimmungen in Nr. 4 des Arbeitsvertrags haben insoweit lediglich informativen Charakter. Die darauf bezogene Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die (kleine) dynamische Bezugnahme erfasse nach der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst - im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung - die Bestimmungen des TV-L in ihrer jeweiligen Fassung, ist nachvollziehbar. Die Überleitung in den TV-L als solche entspricht der Vorstellung beider Parteien. Ein „Einfrieren“ der Vergütung auf dem Niveau des (letzten) Vergütungstarifvertrags Nr. 35 zum BAT vom ist - wie auch die geübte Vertragspraxis zeigt - nicht erfolgt.

262. Hiervon ausgehend erweist sich die Auslegung des Berufungsgerichts, wonach die Klägerin die Erklärung im Kündigungsschreiben, „setzen wir Sie in Kenntnis davon, dass die Gehaltserhöhungen gemäß der (TV-L) nicht automatisch umgesetzt werden, sondern“ nur als Angebot verstehen konnte, die vertraglich vereinbarte Dynamik hinsichtlich künftiger Tariflohnerhöhungen aufzuheben, als rechtsfehlerfrei.

27V. Die der Klägerin angetragene fristlose Änderung der Arbeitsbedingungen ist unwirksam, da es hierfür an einem wichtigen Grund iSv. § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-L, § 626 Abs. 1 BGB fehlt.

281. Die Klägerin genoss aufgrund der vertraglichen Bezugnahme auf die Tarifwerke für den öffentlichen Dienst unter Berücksichtigung ihrer Beschäftigungszeit besonderen Kündigungsschutz nach § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-L. Der dort geregelte Ausschluss der ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gilt auch für eine Änderungskündigung.

292. Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Änderungskündigung iSv. § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-L, § 626 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass die alsbaldige Änderung der Arbeitsbedingungen unabweisbar notwendig ist und die geänderten Bedingungen dem gekündigten Arbeitnehmer zumutbar sind ( - Rn. 32). Diese Voraussetzungen liegen entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht vor (ausführlich dazu  (F) - Rn. 40 ff.). Zwar bestand im Kündigungszeitpunkt nach der der Beklagten in Art. 2 (1) Buchst. f des Beschlusses des Rates der Europäischen Union 2010/320/EU auferlegten Verpflichtung zur Beschränkung der dort genannten Sonderzuwendungen sowie den in den Gesetzen Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 festgelegten Entgeltkürzungen ein berechtigter Anlass für eine außerordentliche Änderungskündigung zur Reduzierung des Bruttomonatsentgelts der Klägerin (vgl.  (F) - aaO). Das dieser unterbreitete Änderungsangebot ist aber unverhältnismäßig. Die Beklagte hat sich nicht darauf beschränkt, der Klägerin die Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses mit den Vertragsbedingungen anzubieten, die den Vorgaben der im Kündigungszeitpunkt geltenden Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 entsprechen ( (F) - Rn. 63 ff.). Diese verhalten sich nicht zu Vereinbarungen über die Gehaltsentwicklung nach dem Jahr 2010. Die Änderung der bisherigen vertraglichen Abreden dahingehend, dass künftig Gehaltserhöhungen nicht mehr „automatisch“ geleistet werden sollen, beruht nicht auf normativen Vorgaben. Das Änderungsangebot erweist sich in dem fraglichen Punkt auch nicht aus anderen Gründen als verhältnismäßig. Insbesondere hat die Beklagte nicht dargelegt, aus welchen Gründen - unabhängig vom Inhalt der von ihr erlassenen Gesetze - eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Gehaltserhöhungen nach dem (deutschem) TV-L auf Dauer mit griechischem Recht und den sich daraus ergebenden Maßnahmen zur Bewältigung ihrer Finanzkrise unvereinbar sein werde ( (F) - Rn. 70).

30C. Der Zahlungsantrag ist begründet, soweit die Beklagte die laufenden Monatsbezüge der Klägerin im Jahr 2010 teilweise einbehalten hat. Auch insoweit ist die Revision der Klägerin erfolgreich, während die Anschlussrevision der Beklagten zurückzuweisen ist.

311. Der Klägerin steht für den streitgegenständlichen Zeitraum (Januar 2010 bis April 2011) aus § 611 Abs. 1 BGB die Differenz zwischen dem vereinbarten und dem von der Beklagten tatsächlich gezahlten Bruttomonatsentgelt zu. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte nicht aufgrund der in den Gesetzen Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 enthaltenen Regelungen berechtigt war, die Vergütung der Klägerin einseitig herabzusetzen (so mit ausführlicher Begründung in einem Parallelverfahren  - Rn. 30 bis 38). Da sich auch die streitgegenständliche Änderungskündigung aus den vorgenannten Erwägungen als unwirksam erweist, hat die Klägerin Anspruch auf Nachzahlung des im Kündigungsschreiben genannten Betrags iHv. 314,16 Euro brutto. Dementsprechend steht ihr über den ihr vom Landesarbeitsgericht zuerkannten Betrag von 3.373,69 Euro brutto ein weiterer Anspruch auf Differenzvergütung für die Zeit von November 2010 bis April 2011 iHv. 1.884,96 Euro brutto (6 x 314,16 Euro brutto) zu. Die mit dem Klageantrag zu 2. beanspruchten Entgeltdifferenzen sind - soweit sie die Bruttomonatsvergütung erfassen - zwischen den Parteien unstreitig.

322. Der Anspruch auf die Zinsen folgt teils aus § 291 BGB, teils aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. den Fälligkeitsregeln des § 24 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 TV-L.

33D. Der Rechtsstreit war an das Landesarbeitsgericht wegen der von der Klägerin beanspruchten Sonderzahlung für 2010 iHv. 2.688,00 Euro brutto (80 vH aus 3.360,00 Euro brutto) zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt. Das Landesarbeitsgericht, dem hinsichtlich der Beurteilung der im Arbeitsvertrag vom getroffenen Vereinbarungen ein tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zukommt, hat sich mit dem Anspruch nicht befasst und sowohl zur Reichweite des Freiwilligkeitsvorbehalts wie auch zu den Begleitumständen der von der Beklagten geleisteten Zahlungen keine Feststellungen getroffen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2017:201017.U.2AZR785.16F.0

Fundstelle(n):
HAAAG-77195