Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden in den Streitjahren (1989 und 1992) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte dabei die eine Ferienwohnung betreffenden Aufwendungen bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht in vollem Umfang als abziehbare Werbungskosten. Dagegen erhoben die Kläger nach erfolglosem Vorverfahren Klage. Mit Schreiben vom erklärten sie sich auf gerichtliche Anfrage mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden. Berichterstatter war zu diesem Zeitpunkt Richter am Finanzgericht A. Ab 1999 trat als Bearbeiter der Sache in mehreren Schreiben an die Beteiligten der Vorsitzende Richter am Finanzgericht B auf, der am ein klageabweisendes Urteil erließ.
Hiergegen richtet sich die auf § 116 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO a.F.) gestützte Revision der Kläger. Zur Begründung führen sie aus, ihre Einverständniserklärung habe nicht die Zustimmung zu einer Entscheidung durch den Vorsitzenden umfasst. Überdies hätte den Beteiligten ein Berichterstatterwechsel in dieser Sache bekannt gegeben werden müssen.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück zu verweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
II. Die Revision unzulässig. Sie ist nicht als zulassungsfreie Verfahrensrevision wegen eines Verfahrensmangels i.S. von § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO a.F. statthaft.
Ohne Zulassung durch das Finanzgericht (FG) oder den Bundesfinanzhof (BFH) ist die Revision zuzulassen, wenn wesentliche Mängel des Verfahrens i.S. des § 116 Abs. 1 FGO a.F. gerügt werden. Ein solcher wesentlicher Verfahrensmangel ist nur dann schlüssig nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO gerügt, wenn die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen —ihre Richtigkeit unterstellt— einen der in § 116 Abs. 1 FGO a.F. genannten Mängel ergeben (st. Rechtsprechung des BFH, vgl. Beschluss vom II R 3/00, BFH/NV 2001, 1129).
Die Kläger haben den Verfahrensmangel der unvorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO a.F.) in der Revisionsbegründung nicht schlüssig dargelegt. Aus ihrem Vortrag, das Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter umfasse nicht die Zustimmung zu einer Entscheidung durch den Vorsitzenden anstelle des Senats, folgt kein Besetzungsmangel.
Die Kläger haben durch ihre Einverständniserklärung den Berichterstatter ermächtigt, über den Rechtsstreit anstelle des Senats zu entscheiden. Damit ist er gesetzlicher Richter i.S. von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG). Als Prozesserklärung ist die Zustimmungserklärung bedingungsfeindlich und kann wegen Willensmängeln nicht angefochten werden (vgl. List in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 79a FGO Rz. 12; Stöcker in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 79a FGO Rz. 44). Der Senat kann offen lassen, ob das Einverständnis beschränkt erteilt werden kann, z.B. auf Entscheidungen durch einen bestimmten Vorsitzenden oder Berichterstatter (vgl. dazu Stöcker in Beermann, a.a.O., § 79a FGO Rz. 43, m.w.N.). Denn im Streitfall haben die Kläger ihr Einverständnis nicht begrenzt. Sie haben sich im Schreiben vom ganz allgemein gemäß § 79a Abs. 4 FGO mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt. Diese prozessuale Willenserklärung bezieht sich nach ihrem Erklärungsgehalt auf den im Zeitpunkt der Entscheidung gemäß der senatsinternen Geschäftverteilung zuständigen Berichterstatter. Dies kann auch der Vorsitzende des Senats sein, wenn er —wie hier— die Berichterstattung übernimmt.
Der Senat kann auch unerörtert lassen, ob das Einverständnis unwiderrufbar erteilt wird; denn im Streitfall haben die Kläger ihre Zustimmung nach § 79a Abs. 4 FGO nicht widerrufen. Zwar wird im Schrifttum vertreten, das Einverständnis nach § 79a Abs. 4 FGO sei ebenso wie die Zustimmung nach § 90 Abs. 2 FGO widerruflich, wenn sich die Verfahrenslage wesentlich geändert hat (so Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 79a Anm. 15; von Wedel, in Schwarz, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 2. Aufl., § 79a Rz. 23; a.A. Stöcker in Beermann, a.a.O., § 79a FGO Rz. 44; Buciek in Deutsches Steuerrecht 1993, S. 118, 121). Ob dieser Fall gegeben ist, wenn nach erklärtem Einverständnis geschäftsplanmäßig ein anderes Senatsmitglied oder der Vorsitzende die Berichterstattung übernimmt, kann der Senat ebenso offen lassen wie die Frage, ob die Beteiligten hiervon benachrichtigt werden müssen (so von Wedel, in Schwarz, a.a.O., § 79a Rz. 23). Denn die Kläger haben ihr Einverständnis nicht widerrufen, obwohl ihnen durch mehrere richterliche Verfügungen nach Erklärung des Einverständnisses erkennbar war, dass der Vorsitzende Richter am Finanzgericht B anstelle des Richters am Finanzgericht A die Berichterstattung in ihrer Sache übernommen hatte.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 357 Nr. 3
UAAAA-69061