Gründe
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) beantragten für ihre im Dezember 1999 erworbene und eigengenutzte Wohnung neben dem Fördergrundbetrag eine Kinderzulage gemäß § 9 Abs. 5 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) für drei Kinder. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) lehnte die Kinderzulage für die Söhne A und B ab, weil sie nicht zum Haushalt der Kläger gehörten.
Nach vergeblichem Einspruch erhoben die Kläger Klage, mit der sie geltend machen, zwar hätten ihre Söhne nicht mehr in der elterlichen Wohnung, sondern in studentischen Wohngemeinschaften, etwa zwei Minuten zu Fuß von der elterlichen Wohnung entfernt, gewohnt. Es hätten aber noch vielfältige enge Verbindungen zum elterlichen Haushalt bestanden. Beide Söhne seien regelmäßig wirtschaftlich unterstützt worden, hätten einen Teil ihrer Wäsche zu Hause waschen lassen und seien dort auch nicht selten beköstigt worden. Ihre Schlafstellen hätten sie wie zuvor nutzen können.
In dieser Sache hat am ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter X stattgefunden. Im Anschluss daran haben die Kläger mit Schriftsatz vom auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Im Streitfall hätten die Söhne der Kläger nicht in dem Familienhaushalt, sondern jeweils in einer studentischen Wohngemeinschaft in…gelebt. Die Nutzung der elterlichen Wohnung durch die Söhne zu Übernachtungszwecken —etwa wie ein auswärts studierendes Kind, das an Wochenenden oder in Semesterferien an seinen Heimatort zurückkehrt— hätten die Kläger nicht vorgetragen. Da sich die Wohnungen der Söhne in unmittelbarer Nähe zur elterlichen Wohnung befunden hätten, sei auch nicht davon auszugehen. Vielmehr sprächen die örtlichen Gegebenheiten dafür, dass sie aus dem elterlichen Haushalt ausgezogen seien, um einen eigenen Haushalt zu führen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision haben die Kläger Beschwerde eingelegt, mit der sie u.a. Verletzung rechtlichen Gehörs rügen. In dem Erörterungstermin am habe der Berichterstatter X keinen Zweifel daran gelassen, dass die Klage Erfolg haben werde. Unter diesem Eindruck hätten sie nicht vorgetragen, dass nicht nur die Wohnung der Kläger groß genug gewesen sei, um den Söhnen Schlafmöglichkeiten zu bieten, sondern dass die Söhne auch immer wieder bei ihnen, und zwar bei verschiedenen Gelegenheiten, geschlafen hätten. Auf die mündliche Verhandlung hätten sie unter dem Eindruck der vom Berichterstatter geäußerten Rechtsauffassung verzichtet.
Das FA ist der Ansicht, die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) seien nicht gegeben. Insbesondere sei der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Den Klägern sei aufgrund der Erörterung des Sach- und Streitstandes am bekannt gewesen, aus welchen Gründen das FA die Klage für unbegründet gehalten habe, die Auffassung des Berichterstatters nicht teilte und daher die Entscheidung des Senats des FG in der Form eines Urteils beantragt habe.
Die Beschwerde ist begründet. Sie führt gemäß § 116 Abs. 6 FGO zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
Das FG hat das Recht der Kläger auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) verletzt. Die Kläger tragen —vom FA unbestritten— vor, im Erörterungstermin am habe der Berichterstatter deutlich zu erkennen gegeben, dass er die Auffassung der Kläger über die Haushaltszugehörigkeit der beiden Söhne teile und die Klage deshalb für begründet halte. Darauf hätten sie auf weiteren Sachvortrag und auf die mündliche Verhandlung verzichtet.
Die Kläger konnten danach zwar nicht darauf vertrauen, dass die Rechtsauffassung des Berichterstatters, die er im Erörterungstermin zu erkennen gab, auch die des entscheidenden Senats sein würde. Sie konnten aber in diesem Fall davon ausgehen, dass ihr bisheriger Sachvortrag ausreichte, um im Klageverfahren zu obsiegen. Sie hatten unter diesen Umständen umso weniger Verlanlassung zu einem ergänzenden Vortrag, als die Initiative dazu vom Berichterstatter hätte ausgehen müssen (§ 76 Abs. 1 FGO).
Das Urteil des FG kann auch auf dem Verfahrensmangel beruhen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Kläger haben Tatsachen vorgetragen, z.B. die Übernachtungen der Söhne in der Wohnung der Eltern, die das FG in diesem Grenzfall zu einer anderen Entscheidung hätten führen können (vgl. dazu allgemein Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 119 Rz. 14).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 1606 Nr. 12
YAAAA-68977