BFH Beschluss v. - IX B 180/01

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist der Konkursverwalter über das Vermögen des X (Gemeinschuldner). Der Gemeinschuldner ist Arzt und erzielte im Streitjahr (1993) Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Über sein Vermögen wurde 1992 die Sequestration und im Streitjahr das Konkursverfahren eröffnet.

Der Gemeinschuldner hatte 1979 und 1980 je eine Eigentumswohnung erworben. 1989 erwarb er —zum Teil gemeinsam mit seiner Ehefrau— weitere elf Eigentumswohnungen und 1990 eine Eigentumswohnung. Die Wohnungen wurden ab Juni 1992 zwangsversteigert oder verkauft, in einem Fall, nachdem ein Zwangsversteigerungsantrag zurückgenommen wurde.

Erstmals im Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom trug der Kläger vor, der Gemeinschuldner habe einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben. Die daraus im Streitjahr entstandenen Verluste von ... DM seien steuerrechtlich zu berücksichtigen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) vertrat die Auffassung, gewerblicher Grundstückshandel liege wegen der unfreiwilligen Veräußerungen nicht vor und wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos.

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger einen Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend, weil der als Zeuge benannte Steuerberater vom Finanzgericht (FG) nicht vernommen worden sei. Überdies weiche die Vorentscheidung vom (BFH/NV 1990, 440) ab (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), wonach es auf die Beweggründe für die Veräußerung nicht ankomme. Die BFH-Entscheidung vom X R 170/87 (juris STRE915024060) betreffe einen besonderen Fall, der hier nicht vorliege. Schließlich habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Es gebe ersichtlich noch keine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, ob bei einer Verwertung im Rahmen einer Zwangsversteigerung ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegen könne.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

1. Die vom Kläger herausgehobene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Sie ist im Streitverfahren nicht klärungsfähig und auch nicht klärungsbedürftig.

Nach der im Beschluss des Großen Senats des (BFH/NV 2002, 587) wiedergegebenen ständigen Rechtsprechung des BFH wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt. Zur Konkretisierung dieser Unterscheidung im Bereich des gewerblichen Grundstückshandels hat der VIII. Senat des (BFHE 148, 480, 483, BStBl II 1988, 244) die sog. Drei-Objekt-Grenze eingeführt. Sie besagt, dass regelmäßig kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, sofern weniger als vier Objekte veräußert werden. Haben danach die Zahl der Objekte und der zeitliche Abstand der maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Verkauf) für die Beurteilung, ob eine gewerbliche Betätigung gegeben ist oder nicht, eine indizielle Bedeutung, so kommt es auf diese Indizienmerkmale dann nicht an, wenn sich bereits aus anderen —ganz besonderen— Umständen zweifelsfrei eine von Anfang an bestehende oder aber fehlende Veräußerungsabsicht ergibt. Daraus folgt, dass trotz Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze ein gewerblicher Grundstückshandel nicht anzunehmen ist, wenn eindeutige Anhaltspunkte gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht sprechen. Dabei ist nicht auszuschließen, dass die Umstände im Einzelfall derartig gewichtig erscheinen, dass einer im Grunde stets bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht keine Bedeutung zukommt (so BFH GrS 1/98, a.a.O., C. III. 5. der Entscheidung, m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben kommt es auf die vom Kläger herausgehobene Rechtsfrage, ob Veräußerungen in der Zwangsversteigerung als Beweisanzeichen für eine Verkaufsabsicht bei Erwerb herangezogen werden können, oder ob sie ähnlich wie im BFH-Fall vom X R 170/87 wegen der besonderen Zwangslage von vornherein als Indizien ausscheiden, allein nicht an. Denn das FG hat seine Entscheidung, einen gewerblichen Grundstückshandel abzulehnen, auch auf weitere, allein tragende Indizien gestützt. So hat es zutreffend als Beweisanzeichen gegen die Zugehörigkeit der Grundstücke zu einem Betriebsvermögen die Umstände gewertet, dass der Gemeinschuldner bis 1993 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt und die hohen Verluste aus der Versteigerung seines Grundbesitzes nicht in 1992 geltend gemacht hat. Überdies hat es gegen eine Veräußerungsabsicht die Tatsache als Indiz herangezogen, dass der Grundbesitz des Gemeinschuldners vorwiegend aus sog. Bauherrenmodellen stammt.

2. Aus diesen Gründen ist auch eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) nicht erforderlich.

Das FG hat —wie unter 1. ausgeführt— nicht nur auf die besondere Situation bei der Veräußerung abgestellt (zur Unbeachtlichkeit von persönlichen Beweggründen vgl. z.B. , BFHE 161, 543, BStBl II 1990, 1060), sondern weitere Beweisanzeichen herangezogen, um die Zugehörigkeit der versteigerten Grundstücke zu einem Betriebsvermögen des Gemeinschuldners zu verneinen. Demgemäß kann dahinstehen, ob das nur einen Sonderfall betraf, in dem sich der Kläger der Veräußerung nicht entziehen konnte.

3. Der herausgehobene Verfahrensmangel kann nicht mehr geltend gemacht werden. Der steuerlich beratene Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem FG ausweislich des Protokolls nicht gerügt, dass das FG den benannten Zeugen nicht vernommen hat.

Die Beschwerdeschrift erfüllt insoweit bereits nicht die Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Das Übergehen des Beweisantrages kann nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn der Beteiligte den Verfahrensmangel in der mündlichen Verhandlung vor dem FG —wie hier— nicht gerügt hat, obwohl dort zu erkennen war, dass das Gericht von der Beweiserhebung in einem neuen Termin Abstand nehmen werde (ständige Rechtsprechung vgl. , BFH/NV 2002, 204, m.w.N.). Demgemäß gehört zu einer ordnungsgemäßen Rüge, das FG habe zu Unrecht einen Beweisantrag übergangen, u.a. die Darlegung, dass die Nichterhebung des Beweises vor dem FG rechtzeitig gerügt worden sei oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem habe gerügt werden können. Daran fehlt es im Streitfall.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 1297 Nr. 10
WAAAA-68956