Regelmäßig keine Nichtigkeit einer überhöhten Schätzung
Sicherheitszuschlag
keine Rechnungsberichtigung bei unzureichender Bezeichnung des Leistungsempfängers
Überzeugungsbildung des FG vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung
Tatbestandsirrtum
Leitsatz
1. Verlässt eine überzogene Schätzung den durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen, hat dies die Rechtswidrigkeit
der Schätzung, nicht aber bereits ihre Nichtigkeit zur Folge. Nichtigkeit ist selbst bei groben Schätzungsfehlern nicht anzunehmen,
sondern kommt allenfalls bei Willkürmaßnahmen in Betracht, die mit den Anforderungen an eine ordnungsmäßige Verwaltung schlechterdings
nicht zu vereinbaren sind.
2. Bei einer Pflichtverletzung des Steuerpflichtigen ist es gerechtfertigt, einen Sicherheitszuschlag vorzunehmen. Der Sicherheitszuschlag
ist eine griffweise Schätzung, die in einem vernünftigen Verhältnis zu den erklärten oder nicht verbuchten Umsätzen steht.
3. Die Angabe des Leistungsempfängers in der Rechnung verfolgt das Ziel, sicherzustellen, dass der Vorsteuerabzug nur vom
Anspruchsinhaber geltend gemacht wird und dieser von der Finanzverwaltung ohne weiteres ermittelt werden kann. Hierfür ist
eine Bezeichnung erforderlich und ausreichend, die eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des Namens und der
Anschrift des Leistungsempfängers ermöglicht. Ohne diese Angabe kann ein Vorsteuerabzug nicht beansprucht werden.
4. Fehlen Angaben zum Leistungsempfänger gänzlich, wird dem Erfordernis des Besitzes einer Rechnung insoweit noch nicht einmal
formal entsprochen. Eine – ggf. rückwirkende – Rechnungsberichtigung kommt bei einem solchen Dokument nicht in Betracht.
5. Das FG hat gem. § 96 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 FGO aufgrund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen
Überzeugung zu entscheiden, ob für die Verlängerung der Festsetzungsfrist diejenigen Tatsachen vorliegen, die den Tatbestand
des § 370 AO ausfüllen. Eine Entscheidung nach den Regeln der Feststellungslast zu Lasten des Steuerpflichtigen ist hinsichtlich
der Tatbestandsvoraussetzungen einer Steuerhinterziehung jedoch nicht zulässig. Vielmehr muss das FG von dem Vorliegen der
Tatsachen, die den objektiven und den subjektiven Tatbestand (Vorsatz) des § 370 AO bilden, vollständig überzeugt sein.
6. Ein Tatumstandsirrtum scheidet aus, wenn der Steuerpflichtige es für möglich hält, dass er die Finanzbehörde über steuerlich
erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dass durch sein Verhalten Steuern verkürzt werden oder dass er oder ein anderer
nicht gerechtfertigte Vorteile erlangt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): BB 2018 S. 214 Nr. 5 DB 2018 S. 17 Nr. 3 DStR 2018 S. 8 Nr. 35 DStRE 2018 S. 1268 Nr. 20 EFG 2018 S. 328 Nr. 4 PStR 2018 S. 62 Nr. 3 LAAAG-71197
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