Der Beitrag der US-Steuerreform zum internationalen Ideenwettbewerb
Liebe Leserinnen und Leser,
seit Monaten sind alle Augen auf Amerika gerichtet. Erst hat die Trump Administration in Rekordzeit eine Steuerreform durchgepeitscht, auf die die USA 30 Jahre lang gewartet haben. Nun droht der 45. Präsident der USA mit Strafzöllen auf Stahl und Aluminium. Fiskalpolitik ist Wirtschaftspolitik, Wirtschaftspolitik ist Fiskalpolitik. Was in Deutschland, nicht nur wegen der Aufteilung in zwei unterschiedlichen Ressorts, oft streng getrennt wirkt, wird in den USA als Einheit betrachtet. Die US-Steuerreform ist, jedenfalls in ihren internationalsteuerlichen Aspekten, pure Standortpolitik. In Deutschland wird dagegen regelmäßig auf außersteuerliche Standortfaktoren verwiesen: Bildung, Infrastruktur, Rechtssystem. Reicht das? Oder löst der TCJA, der Tax Cut and Jobs Act, eine ähnliche Kettenreaktion aus wie FATCA? Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die USA mit ihrer einseitigen Gesetzgebung, mit der sie außerhalb der USA ansässige Banken zur Offenlegung von Kundenkonten gezwungen haben, die weltweite Transparenzinitiative des automatischen Informationsaustauschs (AEIO) angestoßen haben, an der sie selbst sich freilich offiziell nicht beteiligen.
Um die Frage zu beantworten, ob es nun infolge der Trumpschen Steuerreform zu einer neuen Runde im internationalen Steuerwettbewerb kommen wird, muss man sich deren Zutaten anschauen. Da ist zunächst die massive Senkung des KSt-Satzes von 35 % auf 21 % (inkl. State Taxes rd. 26 %) kombiniert mit einer Sofortabschreibung auf Anlagegüter. Da ist des Weiteren das amerikanische Modell einer IP-Box. Danach unterliegen im Ausland erzielte Gewinne aus der Nutzung immaterieller Wirtschaftsgüter, sog. FDII (foreign- derived intangible income), einer ermäßigen Besteuerung. Systematisch bedeutsam ist ferner der Wechsel von der Anrechnungs- zur Freistellungsmethode für Dividenden ausländischer Tochtergesellschaften. Freilich stand das System weltweiter Besteuerung vorher in erster Linie auf dem Papier. Bekanntermaßen haben die USA zugelassen, dass niedrigbesteuerte Auslandsgewinne offshore, z. B. auf den Bermudas, geparkt und damit dauerhaft vor der hohen US-Besteuerung abgeschirmt wurden. Diese Altgewinne werden jetzt einer niedrigen Einmalbesteuerung von 8 % bzw. 15,5 % unterworfen. Im zukünftigen Freistellungssystem könnten niedrigbesteuerte Gewinne grds. ungehindert in die USA fließen. Um dies zu verhindern, wurde eine 10,5%ige Mindestbesteuerung für Auslandsgewinne oberhalb der Normalverzinsung eingeführt, die sog. GILTI. Und schließlich soll die sog. Base Erosion and Profit Tax (BEAT) verhindern, dass ausländische Tochtergesellschaften durch hohe Zahlungen an ihre Muttergesellschafen ihren in den USA steuerpflichtigen Gewinn mindern.
Das alles klingt vertraut – und doch ganz neu. Die BEAT ähnelt den deutschen Instrumenten der Zins- und Lizenzschranke – und geht doch deutlich weiter. GILTI erinnert an die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung, aber ohne die klassische Aktiv-/Passiv-Unterscheidung. Mit den OECD BEPS-Vorschlägen oder der EU- Anti Tax Avoidance Directive (ATAD) hat das alles wenig zu tun. Die USA gehen – wie so oft – eigene Wege. Das macht die US-Steuerreform im internationalen Ideenwettbewerb um steuerliche Standortmaßnamen bei gleichzeitiger Abwehr von Gewinnverlagerungen so interessant.
Und Deutschland? Wartet ab. Beruhigt sich damit, dass der Tarifabstand gar nicht so dramatisch ist, und diskutiert die Notwendigkeit neuer Abwehrgesetzgebung. Anders als in den USA: Only stick, no carot. Steuerpolitik, die auch Wirtschaftspolitik ist, sieht anders aus.
Herzliche Grüße
Ihre
Johanna Hey
Fundstelle(n):
SteuerStud 4/2018 Seite 221
LAAAG-70964