BFH Beschluss v. - V B 135/01

Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Mitglied der Erbengemeinschaft nach seinem 1972 verstorbenen Vater. Testamentsvollstrecker war zunächst ein vom Gericht bestellter Rechtsanwalt. Nachdem auch 10 Jahre nach dem Tod des Erblassers wegen außergewöhnlicher Umstände der Nachlass noch nicht abgewickelt war und der bestellte Testamentsvollstrecker gekündigt hatte, übernahm der Kläger 1983 im Einvernehmen mit der Erbengemeinschaft die weitere Testamentsvollstreckung, u.a. die Fortführung mehrerer Mietprozesse für die Erbengemeinschaft und die Wiedererrichtung eines Mietgebäudes, das den wesentlichen Teil des Nachlasses bildete.

Für diese Tätigkeit erhielt der Kläger als Honorar 24 000 DM (1992) und 68 000 DM (1993). Zusätzlich vereinbarten die Miterben in dem —vom Kläger entworfenen— Erbauseinandersetzungsvertrag vom Juni 1998, dass der Kläger für seine Mühe als Testamentsvollstrecker aus dem Verkaufserlös des Gebäudes eine um 400 000 DM erhöhte ”Quote” erhalten sollte. Dieser Betrag entsprach zwei Zahlungen über jeweils 200 000 DM, die der Kläger bereits 1995 und 1996 erhalten hatte.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) beurteilte diese Zahlungen als Entgelt für die Testamentsvollstreckertätigkeit und änderte deshalb die Umsatzsteuerbescheide für 1992, 1993, 1995 und 1996 entsprechend.

Einspruch und Klage, mit denen der Kläger geltend machte, es handele sich bei der einmaligen Tätigkeit eines Miterben als Testamentsvollstrecker für den Nachlass nicht um eine gewerbliche Tätigkeit und die erhöhte Erbquote sei kein Entgelt, hatten keinen Erfolg.

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

Das FA tritt der Beschwerde entgegen.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder

3. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Die Nichtzulassung der Revision kann gemäß § 116 Abs. 1 FGO mit der Beschwerde geltend gemacht werden. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Der Kläger hat keine Rechtsfragen aufgeworfen, die eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung rechtfertigten.

Nach ständiger Rechtsprechung hat eine Sache grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 1 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln, die klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärungsfähig sein muss (z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 61/01, BFH/NV 2002, 220; vom X B 112/01, BFH/NV 2002, 346; vom V B 45/01, noch nicht veröffentlicht, m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall.

a) Grundsätzliche Bedeutung hat nach Auffassung des Klägers die Frage, ob die Testamentsvollstreckung eines Mitgliedes der Erbengemeinschaft eine gegenüber einem anderen erbrachte Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sei. Noch nicht entschieden sei, ob die für Geschäftsführer einer Personengesellschaft geltenden Grundsätze auf die Testamentsvollstreckung eines Mitgliedes der Erbengemeinschaft anzuwenden seien.

aa) Durch die Rechtsprechung bereits geklärt ist, dass eine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker auch in nur einem Verfahren zur Auseinandersetzung eines Nachlasses nachhaltig sein kann. Maßgeblich sind alle Umstände des Einzelfalls, u.a. der für die Auseinandersetzung erforderliche Arbeitsaufwand und dessen Schwierigkeiten (, BFH/NV 1996, 938, m.w.N.). Das FG kann deshalb im Einzelfall ohne Rechtsverstoß zu dem Ergebnis kommen, dass ein Testamentsvollstrecker nachhaltig tätig war.

bb) Geklärt ist auch, das es für die Frage der Steuerbarkeit von Leistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft allein darauf ankommt, ob ein Leistungsaustausch i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegt (z.B. , BFH/NV 2001, 1621; , BFHE 180, 204, BStBl II 1996, 387); das Umsatzsteuerrecht enthält insoweit keine besonderen Regelungen für Personenvereinigungen. Steuerbare entgeltliche Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegen vor, wenn sie auf konkreten Leistungsbeziehungen der Gesellschafter zur Gesellschaft beruhen, die auf den Austausch der Leistungen gegen Entgelt gerichtet sind (z.B. , BFHE 179, 186, BStBl II 1996, 176; vom XI R 12/96, BFHE 182, 395, BStBl II 1997, 374, jeweils m.w.N.); d.h. zwischen der erbrachten Leistung und dem hierfür erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen (vgl. Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom Rs. C-16/93, Slg. 1994, 743, 753 —Tolsma—). Soweit die Rechtsprechung für entgeltliche Geschäftsführungstätigkeiten eines Gesellschafters eine Einschränkung gemacht hat, bezog sich diese Aussage ausschließlich auf Geschäftsführungstätigkeiten, die nur von den Gesellschaftern selbst und nicht von Dritten ausgeführt werden können (so ausdrücklich BFH-Urteil in BFHE 179, 186, BStBl II 1996, 176; vgl. auch , BFH/NV 1995, 356). Diese Voraussetzungen liegen bei der Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers einer Erbengemeinschaft offensichtlich nicht vor.

b) Auch die Frage, ob ein ”Voraus bei der Auflösung einer Erbengemeinschaft ein Entgelt sein könne”, hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Geklärt ist durch die Rechtsprechung, dass für die Annahme eines Leistungsaustausches Leistung und Gegenleistung in einem wechselseitigen Zusammenhang stehen müssen und die für die Annahme eines Leistungsaustausches erforderliche Zweckgerichtetheit des Handelns des Unternehmers u.a. auch dann vorliegt, wenn der Unternehmer leistet in der erkennbaren Erwartung auf eine Gegenleistung. Einer solchen Erwartung steht gleich, wenn der leistende Unternehmer eine Leistung erbringt, die —wie z.B. die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker (vgl. § 2221 des Bürgerlichen Gesetzbuches— ihrer Art nach üblicherweise vergütet wird oder die nach den Umständen eine Vergütung erwarten lässt (vgl. z.B. , BFH/NV 1998, 357, m.w.N.). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, beurteilt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles. Die vom Kläger zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des BFH betreffen offensichtlich andere Rechtsfragen.

3. Anhaltspunkte für eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

4. Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO nicht.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 1504 Nr. 11
ZAAAA-68407